Neue Westfälische vom 30. Juli Das Mittelalter ist unter uns

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Neue Westfälische vom 30. Juli 2018 Das Mittelalter ist unter uns Sparrenburgfest: Historiker würden sich bei vielen Aktionen demütig abwenden es gehört jede Meng Folklore dazu, heute einen auf Mittelalter zu machen. Aber: In der Sprache lebt diese dunkle Zeit in uns weiter Jörg Krüger und Markus Neumann stoßen mal so richtig an und leben das Mittelalter auf die derbere Art. Foto: Sarah Jonek Bielefeld. Ist das Sparrenburgfest ein Mittelalterfest? Nicht wirklich, wir wissen doch alle, dass das alles Folklore ist im Vergleich zum echten Mittelalter. Und trotzdem: So kurz vor dem Urlaub kann ich ja doch mal locker rüber schlendern. Stopp, was war das? Urlaub?

Das Wort Urlaub stammt laut Historiker Joachim Wibbing vom Wort Orlogh ab. So nannten die Mittelaltermenschen ihre Heeres- und Kriegszüge. Und die fanden gerne zum Sommer hin statt, denn im Winter war es auf den Burgen und drum herum einfach so unwirtlich, dass niemand Lust hatte, auch noch Krieg zu führen. Wibbing: Man traute sich kaum raus. Lieber hockte man am wärmenden Feuer. Ab in den Orlogh hatte also eine andere Bedeutung als das heutige Ab in den Urlaub. Nun, ich geh aufs Gelände und erst einmal der Nase nach zu den Fressbuden. Aber halt. Immer der Nase nach? Dieser Satz wurde zu Händlern und Gauklern gesagt, wenn sie nach der nächsten Burg fragten. An diesen wurden die Fäkalien in den Burggraben gekippt und so ging es tatsächlich immer der Nase nach, aber in einem weniger appetitlichen Sinne als heute auf dem Fest. Ich ziehe den heutigen Duft vor, stehe in der langen Schlange, warte. Können die denn nicht einen Zahn zulegen? Mitch Verdonck und Jennifer Heybrok schauen schon einmal, wo der Pfeil einschlagensoll. Im Mittelalter wäre das eine blutige Sache gewesen, hier eher weniger. Foto: Sarah Jonek Oh, wie bitte? Einen Zahn zulegen? In den Burgküchen hingen die Töpfe über dem Feuer und die Distanz zum Feuer wurde über eine Art Sägezahnblatt geregelt. Einen Zahn zulegen

hieß, den Topf dichter an die Hitze heranzubringen, das Essen war also schneller fertig, wenn ein Zahn zulegt wurde. Hier aber wird kein Zahn zugelegt. Und heiß ist es. Das geht ja echt auf keine Kuhhaut. Moment mal, wie war das? Das geht auf keine Kuhhaut? Damals, vor 800 Jahren, schrieb man auf Pergament, oft aus Kuhhaut. Da der Teufel ja alles aufschrieb, was so verzapft wurde, musste bei echt bösen Menschen schon ein sehr großes Pergament her. Maximal in der Größe der Kuh, versteht sich. Und reichte auch das nicht, musste der Typ ein übler Schurke sein seine Verbrechen passten auf keine Kuhhaut. Endlich, lecker gegessen, aber zu lange gewartet. Noch einmal darf es nicht so lange dauern das schreibt euch hinter die Ohren! Auch der größte Sparrenburgfest-Fan ist ungeduldig am Futterstand. Halt: Hinter die Ohren schreiben? Früher war das mit dem Lesen und Schreiben so eine Sache. Wie also Verträge schließen? Mündlich. Am besten mit Zeugen. Die wurden bei der Vertragsschließung geohrfeigt und an den Ohren gezogen, weil sich Menschen unter Schmerzen angeblich Dinge besser merken können und so vor Gericht auch bessere Zeugen sein sollten. Quasi wurde der Vertrag also hinter die Ohren geschrieben. Aber Verträge werden hier heute nur im Kleinen geschlossen, mal geht es ums Essen, mal um ein Holzschwert für die Kleinen, mal um prächtigen Schmuck mit Mittelalterflair. Hier gräbt keiner dem anderen das Wasser ab, alles harmoniert und passt zueinander. Oh je, wie war das? Das Wasser abgraben? Wer früher eine Burg einnehmen wollte, hatte viel zu tun, brauchte Geduld und Glück und vor allem viele gesunde Kämpfer mit großem Herz. Im Weg stand vieles, darunter auch der leidige Burggraben. Den aber konnte man über eine gebuddelte Rinne gut auslaufen lassen. Man grub der Burg also das Wasser ab auf dem Weg zur Erstürmung. Erstürmt wird die

Sparrenburg auch an diesem Wochenende. Zehntausende Mittelalter-Fans gönnen sich die vermeintliche Zeitreise. Natürlich legt keiner der Besucher die Hand dafür ins Feuer, dass Büttel und Co. alles echt mittelalterlich ist. Auf dem T-Shirt vorne rechts ist zu sehen, dass beides gar nicht so weit auseinanderliegt auch in Wacken geht es manchmal fast schon mittelalterlich zu. Foto: Sarah Jonek Upps, stopp. Die Hand ins Feuer legen? Diese Strafe war eine Gottesstrafe, je fieser die Tat, desto länger musste die Hand damals im Feuer brutzeln und nur, wer danach schnell geheilt war, galt im Nachhinein doch als unschuldig. Bei solchen Strafen bleibt mir echt der Bissen im Munde stecken. Wie war das? Der Bissen, der im Munde stecken bleibt? Auch das war eine Strafe: Ein trockenes großes Stück Brot musste geschluckt werden. Freigelassen wurde nur derjenige, dem das problemlos gelang. Weil aber dieses Jahr keinem auf dem Sparrenburgfest ein Bissen im Halse stecken blieb, durften alle die Burg als freie Menschen verlassen. Keiner hatte Pech. Oh je, na klar: Pech gehabt?

Ja, auch das ist aus dem Mittelalter. Es kam von oben. Und war meist tödlich. Mehr Fotos: www.nw.de Kurioses und Zahlen 25.000 Besucher gab es, 10.000 weniger als 2017. Wegen Hitze und unsicherem Wetter schwächelten Freitag und Samstag, der Sonntag war dann mit 13.000 voll im Rahmen. 80 Prozent nutzten die obere Kasse, 20 Prozent die untere. Gesprächsstoff lieferte ein Rheinländer: Er ließ Frau und Kinder an der MuKu raus (ohne Geld und Handy) und war dann zwei Stunden lang verschollen. Die Polizei suchte ihn mit zwei Wagen und vier Beamten. Suchmeldung: roter Bart, Glatze, bullig. Am Ende war es ein Mix aus Parkplatzsuche, verfahren und Hin und Her zu den beiden Eingängen des Festes. Bielefeld Marketing zählte die Schwertwitze also: Gebückt unter dem Schwertmaß durch (damit gratis aufs Fest) und Das Schwert hochheben, um drunter durchzupassen. Sebastian Wappelhorst: Freitag und Samstag waren es 243 unter dem Strich dürften es fast 1.000 gewesen sein. Etwa 8.000 Becher der Stadtwerke wurden von Bielefeld Marketing gratis mit Stadtwerke-Wasser befüllt auch von Chef Martin Knabenreich. Hinzu kamen Tausende eigene Gefäße. Knabenreich: Das sollten wir 2019 wieder machen. Der einkalkulierten Evakuierung wegen des angekündigten Unwetters entkam das Fest am Samstag; knapp. Von Kurt Ehmke Neue Westfälische