Einführung in systemisches Denken - Systemisches Denken und systemische Praxis - Tagung des Verbands der Pädagogiklehrer am 4.9.



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Transkript:

Einführung in systemisches Denken - Systemisches Denken und systemische Praxis - Tagung des Verbands der Pädagogiklehrer am 4.9.07 in Dortmund Arist v.schlippe Universität Witten/Herdecke Wittener Institut für Familienunternehmen 1 1

A g e n d a 1. Was ist eigentlich ein Problem? - Beschreibungen verändern das Beschriebene 2. Der systemische Ansatz: angewandte Erkenntnistheorie 2.1 Der Gegenstandsbereich systemischer Therapie: sozial erzeugte Realitäten 2.2 Ordnung ist wichtiger als Glück 2.3 Ordnung systemisch: Erwartungs-Erwartungen 3. Systemische Methoden als Zugang zu Erwartungs-Erwartungen 3.1 Skulpturarbeit 3.2 Zirkuläres Fragen 3.3 Spiel mit reflektierenden Positionen 4. Exkurs (je nach Zeit): Elterliche Präsenz und gewaltloser Widerstand 5. Schluss 2 2

A g e n d a 1. Was ist eigentlich ein Problem? - Beschreibungen verändern das Beschriebene 2. Der systemische Ansatz: angewandte Erkenntnistheorie 2.1 Der Gegenstandsbereich systemischer Therapie: sozial erzeugte Realitäten 2.2 Ordnung ist wichtiger als Glück 2.3 Ordnung systemisch: Erwartungs-Erwartungen 3. Systemische Methoden als Zugang zu Erwartungs-Erwartungen 3.1 Skulpturarbeit 3.2 Zirkuläres Fragen 3.3 Spiel mit reflektierenden Positionen 4. Exkurs (je nach Zeit): Elterliche Präsenz und gewaltloser Widerstand 5. Schluss 3 3

Was ist ein Problem? Vergleichen Sie folgende Sätze: Ich habe eine Armbanduhr Ich habe zwei Kinder, eine Frau bzw. einen Mann Ich habe ein Problem 4 4

Denken wir uns drei Personen, die so zueinander stehen: A B C Was sehen wir? Ein Dreieck 5 5

Wo ist das Dreieck nun? A B C 6 6

Beschreibungen verändern das Beschriebene oder... Alles, was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt! (Maturana) Alles, was wir überhaupt beschreiben können, könnte auch anders sein. (Wittgenstein) 7 7

A g e n d a 1. Was ist eigentlich ein Problem? - Beschreibungen verändern das Beschriebene 2. Der systemische Ansatz: angewandte Erkenntnistheorie 2.1 Der Gegenstandsbereich systemischer Therapie: sozial erzeugte Realitäten 2.2 Ordnung ist wichtiger als Glück 2.3 Ordnung systemisch: Erwartungs-Erwartungen 3. Systemische Methoden als Zugang zu Erwartungs-Erwartungen 3.1 Skulpturarbeit 3.2 Zirkuläres Fragen 3.3 Spiel mit reflektierenden Positionen 4. Exkurs (je nach Zeit): Elterliche Präsenz und gewaltloser Widerstand 5. Schluss 8 8

Zitate und Geschichten Menschen sind unverbesserliche und geschickte Geschichtenerzähler und sie haben die Angewohnheit, zu den Geschichten zu werden, die sie erzählen. Durch Wiederholung verfestigen sich Geschichten zu Wirklichkeiten, und manchmal halten sie die Geschichtenerzähler innerhalb der Grenzen gefangen, die sie selbst erzeugen halfen (Jay Efran et al. 1992, Sprache, Struktur und sozialer Wandel, S.115) "In gewissem Grad sind wir wirklich das Wesen, das die anderen in uns hineinsehen, Freund wie Feinde. Und umgekehrt. Auch wir sind die Verfasser der anderen; wir sind auf eine heimliche und unentrinnbare Weise verantwortlich für das Gesicht, das sie uns zeigen." (Max Frisch, Tagebücher) 9 9

Zitate und Geschichten Wie konnte (das)... aussehen, dass das Erzählen die Erinnerungen erst schuf? Ging es darum, dass die verschiedenen Erzählungen sozusagen immer mehr zusammenwuchsen? Sich etwas zu eigen machen (stand da) - da dachte man zunächst an ein Stück Substanz, einen festen Kern, der um das Neue, das bisher draußen geblieben war, erweitert wurde. Aber einen solchen festen Kern...konnte es... nicht geben, denn was für das eine Stück Erinnerung galt, galt für alle. War er bereit zu der Behauptung, dass ein Selbst, eine Person im psychologischen Sinne des Wortes, gar keinen festen Kern besaß und überhaupt nichts von einer Substanz an sich hatte, sondern ein dauernd sich erweiterndes und einer fortwährenden Umschichtung unterworfenes Gespinst von Geschichten war ein bisschen wie ein Gebilde aus Zuckerwatte auf dem Jahrmarkt, nur ohne Materie? Perlmann wurde schwindelig bei dem Gedanken, und aufgeregt nahm er den nächsten Absatz in Angriff. (Pascal Mercier 1997, Perlmanns Schweigen, S.151) 10 10

Ordnung ist wichtiger als Glück Bedeutung von Ordnung Wir alle haben Angst vor Chaos Sinnattraktoren: So ist die Welt! Komplettierungsdynamik: Ich weiß, wie die Welt ist, ich brauche gar nicht mehr genau hinzuschauen! Wir haben immer eine Geschichte, mit der wir für die Ordnung der Dinge sorgen... 11 11

Ordnung systemisch: Erwartungs-Erwartungen Was vermute ich, was du von mir denkst??? Ich schaue auf mich selbst durch die Augen das anderen Die Selbstorganisation zwischenmenschlichen Unglücks Wie sie mich anschaut... Ob sie mich wohl schätzt? Er runzelt so die Stirn, bestimmt findet er mich blöd! 12 12

Studie von Laing et al. Lieben Sie Ihre Frau? Glauben Sie, dass Ihre Frau Sie liebt? Glauben Sie, dass Ihre Frau sich von Ihnen geliebt fühlt? 13 13

Kernaussage der Ergebnisse: Störung zeigte sich nicht auf der Ebene der Perspektive, sondern auf der der Metaperspektive, der Erwartungs-Erwartungen. Vereinfachte Darstellung: Unglücklich (Klinische Gruppe) Glücklich (Nicht-klinische Gruppe) Lieben Sie Ihren Partner? ja ja Glauben Sie, dass Ihr Partner Sie liebt? nein ja 14 14

A g e n d a 1. Was ist eigentlich ein Problem? - Beschreibungen verändern das Beschriebene 2. Der systemische Ansatz: angewandte Erkenntnistheorie 2.1 Der Gegenstandsbereich systemischer Therapie: sozial erzeugte Realitäten 2.2 Ordnung ist wichtiger als Glück 2.3 Ordnung systemisch: Erwartungs-Erwartungen 3. Systemische Methoden als Zugang zu Erwartungs-Erwartungen 3.1 Skulpturarbeit 3.2 Zirkuläres Fragen 3.3 Spiel mit reflektierenden Positionen 4. Exkurs (je nach Zeit): Elterliche Präsenz und gewaltloser Widerstand 5. Schluss 15 15

Familienskulptur 16 16

Systemisches (zirkuläres) Fragen 17 17

Struktur des Reflektierenden Teams Beobachtergruppe: Das RT Ratsuchende/Klienten plus Berater BeraterIn II: Reflexionsgespräch I: Beratungsgespräch 18 18

A g e n d a 1. Was ist eigentlich ein Problem? - Beschreibungen verändern das Beschriebene 2. Der systemische Ansatz: angewandte Erkenntnistheorie 2.1 Der Gegenstandsbereich systemischer Therapie: sozial erzeugte Realitäten 2.2 Ordnung ist wichtiger als Glück 2.3 Ordnung systemisch: Erwartungs-Erwartungen 3. Systemische Methoden als Zugang zu Erwartungs-Erwartungen 3.1 Skulpturarbeit 3.2 Zirkuläres Fragen 3.3 Spiel mit reflektierenden Positionen 4. Exkurs (je nach Zeit): Elterliche Präsenz und gewaltloser Widerstand 5. Schluss 19 19

20 20

Elterncoaching praktisch ein Beispiel 21 21

Öffentlichkeit herstellen (nicht zur Nachahmung empfohlen ) 22 22

Öffentlichkeit wehrt sich... 23 23

Joining, Small- Talk, Kontaktaufbau, Rapport Wertschätzung, Ressourcenund Lösungsorientierung Affektabstimmung ( affektive Rahmung ) Klarer äußerer Rahmen (Zeit, Raum, Kontrakt). Metakontrakt: Keine neuen Verletzungen! Klare Gesprächsführung. Empathie, einfühlendes Verstehen, Feinfühligkeit Erzeugung von Metastabilität: ein Rahmen von Sicherheit, eine sichere Basis Herstellen und Aufrechterhalten einer konstruktiven Beratungsbeziehung Erzeugung von Instabilität: innerhalb dieses Rahmens ein Spannungsbogen von Interesse, Neugier und Aufregung Zirkuläres/hypothe tisches Fragen, Lösungsfragen, Skulpturarbeit Dekonstruktion ( Querdenken ) Schlusskommentar, Kontexterweiterung, Reframing (nicht ohne Empathie!), Musterunterbrechung, mach etwas anderes, oder auch No-Change- Intervention usw. Thema fokussieren (ggf. hidden agenda ); Unterschiede verdeutlichen ( Wer mehr, wer weniger? ) Konfrontation, Metakommunikation, Tabus ansprechen; Reflektierendes Team 24 24

A g e n d a 1. Was ist eigentlich ein Problem? - Beschreibungen verändern das Beschriebene 2. Der systemische Ansatz: angewandte Erkenntnistheorie 2.1 Der Gegenstandsbereich systemischer Therapie: sozial erzeugte Realitäten 2.2 Ordnung ist wichtiger als Glück 2.3 Ordnung systemisch: Erwartungs-Erwartungen 3. Systemische Methoden als Zugang zu Erwartungs-Erwartungen 3.1 Skulpturarbeit 3.2 Zirkuläres Fragen 3.3 Spiel mit reflektierenden Positionen 4. Exkurs (je nach Zeit): Elterliche Präsenz und gewaltloser Widerstand 5. Schluss 25 25