Südthüringer Suchthilfekonferenz Hildburghausen, 05.11.2014



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Südthüringer Suchthilfekonferenz Hildburghausen, 05.11.2014 Workshop Der methodenspezifische Ansatz How to do- Wie bewirke ich Motivation zur Suchtbehandlung? Dipl.-Soz.-Päd. J. Heinrich, Sucht-und Sozialtherapeutin 1

Die Anatomie einer Nachricht Friedemann Schulz von Thun 4 Seiten einer Nachricht 1.Sachinhalt (Worüber ich informiere) 2.Selbstoffenbarung (Was ich von mir selbst kundgebe) 3.Beziehung (Was ich von Dir halte bzw. wie wir zueinander stehen) 4.Appell (Wozu ich Dich veranlassen möchte) 2

Die Anatomie einer Nachricht Sachinhalt Sender- Selbstoffenbarung- Nachricht Appell Empfänger Beziehung 3

Mit 4 Ohren hören: Die Anatomie einer Nachricht 1. Was ist das für einer? Was ist mit ihm? 2. Wie redet der eigentlich mit mir? Wen glaubt er vor sich zu haben? 3. Wie ist der Sachverhalt zu verstehen? 4. Was soll ich tun, denken, fühlen aufgrund seiner Mitteilung? 4

Die Anatomie einer Nachricht Beispiel: Du, da vorn ist grün! Inhalt: Die Ampel ist grün. Selbstoffenbarung: Ich habe eilig. Beziehung: Du brauchst Hilfe. Appell: Gib Gas! 5

Die Anatomie einer Nachricht Beispiel: Ehepaar beim Fernsehen. Sagt er: Erna, das Bier ist alle. Inhalt: Selbstoffenbarung: Beziehung: Appell: Ihre Vorschläge? 6

Inneres Team 2 Seelen wohnen in meiner Brust nur 2? Es gibt eine innere Gruppe, ein inneres Team In dem Team existieren unterschiedliche Meinungen, Dialoge, Streit sowie Gruppendynamik 7

Inneres Team z.b. die Vorstellung eines inneren Kindes, das als Anteil der Persönlichkeit genutzt wird Viele Teilpersönlichkeiten sprechen mit verschiedenen Motiven, mit 4 Mündern und stoßen beim Gegenüber auf 4 Ohren bei jeder Teilpersönlichkeit 8

Inneres Team Teilpersönlichkeiten drücken oft bedeutsame Lebenserfahrungen/ Grundüberzeugungen aus Teilpersönlichkeiten stehen in unterschiedlichem Kontakt untereinander Aus dieser Sicht machen Sie also stets ein Gruppengespräch und sind selbst ein Beraterteam 9

Inneres Team/ Teilpersönlichkeiten 10

Definition: Motivational Interviewing MI ist ein von Miller und Rollnick (1991) entwickeltes Beratungskonzept. Klienten werden dabei unterstützt, die positiven und negativen Seiten ihres (Problem-)Verhaltens deutlich zu erleben und gegeneinander abzuwägen und Konkrete Änderungsziele zu formulieren und das konkrete Vorgehen zu planen. 11

Motivational Interviewing Genutzt wird dabei das Stufen-der-Veränderung - Modell von Prochaska und Di Clemente MI kann das Nachdenken über eine Veränderung sowie die Entscheidung über eine Veränderung unterstützen 12

Motivational Interviewing MI ist klientenzentriert, d.h., die Sichtweise des Klienten und dessen Erleben sind entscheidend MI ist direktiv, d.h., zielgerichtet, die positiven und negativen Seiten des Konsums werden berücksichtigt 13

Motivational Interviewing MI soll die intrinsische Motivation für eine Veränderung erhöhen, d.h., die Veränderungsimpulse des Klienten werden freigesetzt und er wird zum Fürsprecher seiner Veränderung MI kann die Änderungsambivalenzen des Klienten erkunden und auflösen, d.h., die innere Zwiespältigkeit wird analysiert 14

Motivational Interviewing Jede suchtmittelabhängige Person verfügt über Veränderungspotential MI respektiert die Autonomie des Klienten Widerstandsverhalten ist nicht Ausdruck eines Persönlichkeitsmerkmals des Klienten, sondern Folge von (realen oder antizipierten) Autonomieverletzungen des Therapeuten ( Rechthaber- Reflex )- also ein interaktionelles Problem 15

Motivational Interviewing Respekt und Achtung vor dem Klienten Sicht des Klienten wird als sinnhaft handelnd gesehen (es gibt gute Gründe für und gegen eine Veränderung, Ambivalenz ist der Normalzustand des Menschen ) Berater versteht sich als Partner ( Hebammentechnik ) Sucht wird primär durch die Psychodynamik des Klienten (er ist gefangen in seiner Ambivalenz) aufrecht erhalten, nicht durch biologische Prozesse, Willensschwäche oder Uneinsichtigkeit 16

Motivational Interviewing Eigene Grundhaltung/ Menschenbild reflektieren 1. Jeder Suchtmittelkonsum so destruktiv er von außen aussehen mag- hat auch positive Seiten. Die positiven Seiten sind eine wichtige Krücke für den Klienten: sie aufzugeben, bedeutet ein Risiko für ihn. 2. Ich weiß nicht, was der Klient wollen sollte bzw. was für ihn am besten ist. (eigene Bescheidenheit des Therapeuten ist gefragt) 17

Motivational Interviewing 3. Jede abhängige Person hat ein Veränderungspotential in sich, das freigesetzt werden kann (Eigenmotivation) 4. Der Klient hat gute Gründe für eine Fortsetzung seines Suchtmittelkonsums. (Wenn der Klient keine Gründe für eine Veränderung hat, was äußerst unwahrscheinlich ist, wird er auch nichts verändern.) 18

Motivational Interviewing 5. Der Klient muss sich nicht ändern- er darf so bleiben wie er ist. Er ist auch so okay (d.h. keine Vorwürfe von Seiten des Beraters, wenn der Klient sich nicht für Veränderung entscheidet) 6. Auch den positiven Seiten des Konsums Wertschätzung entgegenbringen! Diese explizit würdigen! 7. Ambivalenz ist der Normalzustand. 19

Motivational Interviewing 8. Die Verantwortung für eine Änderung liegt beim Klienten. Er (nicht ich!) ist es auch, der die Konsequenzen seiner Entscheidung tragen muss. 9. Ich habe Achtung vor meinem Gegenüber (seinem Gewordensein, seiner Art sich durch das Leben zu schlagen usw.), auch wenn ich seine Lebensweise nicht annehmen möchte. 20

Motivational Interviewing/ Stufen der Veränderung (Prochaska und Di Clemente) 1. Kein Nachdenken über eine Veränderung (Precontemplation) 2. Nachdenken über eine Veränderung (Contemplation) 3. Entscheidung über Ziel und Weg (Decision) 21

Motivational Interviewing/ Stufen der Veränderung (Prochaska und Di Clemente) 4. Umsetzung der Entscheidung (Action) 5. Aufrechterhaltung der Veränderung (Maintenance) 6. Ausrutscher/ Rückfall (Lapse/Relapse) 22

Motivational Interviewing/ Stufen der Veränderung (Prochaska und Di Zu 1. (Absichtslosigkeit): Clemente) Kein Problembewusstsein vorhanden Neue Informationen für Klienten wichtig Zu 2. (Absichtsbildung): Wahrnehmung des Problems Erkunde das Pro und Kontra 23

Motivational Interviewing/ Stufen der Veränderung (Prochaska und Di Clemente) Zu 3. (Vorbereitung der Entscheidung) Entscheidungsfindung Kläre und festige das Ziel und den Weg Zu 4. (Handlung) Erwerb neuer Kompetenzen Setze evidenzbasierte Interventionen ein (u.a. zur Rückfall-prävention) 24

Motivational Interviewing/ Stufen der Veränderung (Prochaska und Di Zu 5. (Aufrechterhaltung): Integration in den Alltag Halte Kontakt (z.b. Nachsorge) Clemente) Zu 6. (Vorfall/Rückfall): Erneuter Suchtmittelkonsum Ermögliche Rückkehr zur Abstinenz (Rückfallmanagement) 25

Prinzipien des MI 1. Empathie ausdrücken 2. Diskrepanzen entwickeln ( change talk ) 3. Änderungszuversicht stärken ( confidence talk ) 4. Widerstand aufnehmen ( dancing statt wrestling ) statt sich gegen ihn zu stellen 5. Selbstwirksamkeit fördern 26

Methoden des MI 1. Offene Fragen stellen: -Fragen, die nicht mit Ja oder Nein bzw. mit wenigen Worten zu beantworten sind, sondern den Klienten zu einer ausführlichen Schilderung seiner Sichtweise einladen. - z.b.: Wie verläuft so ein typischer Tag bei Ihnen? - Wie denken Sie im Moment über Ihren Konsum? - Übung 27

Grundlagen der Gesprächsführung Carl Rogers (1902-1987) entwickelte die klientenzentrierte Therapie (Gesprächspsychotherapie) Therapeutische Grundhaltungen: 1. Empathie (einfühlendes Verstehen) 2. Unbedingte Wertschätzung (Akzeptanz) 3. Kongruenz (Echtheit) 28

Unbedingte Wertschätzung, Akzeptanz Positive Wertschätzung der Person Eine Person zu schätzen, ungeachtet der verschiedenen Bewertungen, die man selbst ihren verschiedenen Verhaltensweisen gegenüber hat Akzeptiert und angenommen, unabhängig davon, wie Klient sich äußert D.h. persönliche Bewertung einer Verhaltensweise ändert nichts am Wert der Person 29

Echtheit/ Kongruenz Authentisch sein Keinesfalls: Klienten mit eigenen Problemen belasten! 30

Echtheit/ Kongruenz Durch Echtheit fasst Klient Vertrauen Nur bei Kongruenz kann Wertschätzung angenommen werden Diese Variable erschien Rogers als die wichtigste 31

Fallen in der Gesprächsführung Frage-Antwort-Falle: Therapeut stellt geschlossene Fragen und Klient beantwortet diese (kurz). Klient bleibt dabei in passiver Haltung, wenig Auseinandersetzung mit sich erfolgt. Therapeut kontrolliert das Gespräch sehr stark und kommt eventuell unter Druck, das Gespräch mit immer neuen Fragen in Fluss halten zu müssen. Besser: offene Fragen stellen und aktiv zuhören, statt neuer Frage 32

Fallen in der Gesprächsführung Schuld-Falle: Berater schiebt Klient die Schuld für das Suchtproblem zuklient geht in Widerstand Besser: offene Fragen stellen und aktiv zuhören Übung: offene und geschlossene Fragen 33

Fallen in der Gesprächsführung Konfrontations-Leugnungs-Falle: Berater konfrontiert Klienten mit Problem, Klient geht in Widerstand endet häufig in Machtkampf Beispiel: T: Sie haben offensichtlich ein schweres Alkoholproblem! K: Viele Leute, die ich kenne, trinken mehr als ich! T: Sie hatten nur Glück, dass Sie bisher niemanden tot gefahren haben! K: Ich fahre schon viel länger Auto als Sie und habe mit dem Autofahren noch nie Probleme gehabt! 34

Übung Dreiergruppen: A erzählt, B hört zu und fasst mit eigenen Wort ab und zu zusammen, C ist Beobachter Themenvorschläge: 1. Wie geht es mir, wenn ich jemandem über längere Zeit zuhören soll? Wie geduldig/ ungeduldig bin ich dabei? Wovon hängt das ab? 2. Passiert es mir manchmal, dass ich so tue, als ob ich zuhöre, während ich in Wirklichkeit mit meinen Gedanken ganz woanders bin? 3. Gab/gibt es in meiner Lebensgeschichte jemanden, der gut zuhören konnte/kann? 35

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 36

Kanfers 11 Gesetze der Therapie 1. Verlange niemals von Klienten, gegen ihre eigenen Interessen zu handeln! Versuchen, die Perspektive der Klienten einzunehmen, um sie zu verstehen Sich empathisch in die Welt der Klienten einfühlen (selbst wenn wir mit deren Sichtweise nicht einverstanden sind oder ihre Reaktion für unvernünftig und unangemessen halten!) 37

Kanfers 11 Gesetze der Therapie Erst wenn die subjektive Lage nachvollzogen werden kann besteht die Chance auf Änderung von Verhaltensweisen, Zielen und Motiven Assistiere Klienten dabei, andere mögliche Sichtweisen zu etablieren Behutsam mit eigenen Widersprüchlichkeiten oder Inkongruenzen konfrontieren Minimale Änderungsschritte registrieren 38

Kanfers 11 Gesetze der Therapie 2. Arbeite zukunftsorientiert, suche nach konkreten Lösungen und richte die Aufmerksamkeit auf die Stärken von Klienten! Die Fähigkeiten und Stärken der Klienten nutzen, um mit Blickrichtung auf die Zukunft konkrete Ziele zu verwirklichen Nicht mit verschwommenen Zielen arbeiten, nicht in vagen oder allgemeinen Begrifflichkeiten arbeiten (z.b. Mein Ziel ist ein glückliches Leben. ) 39

Kanfers 11 Gesetze der Therapie 3. Spiele nicht den lieben Gott, indem Du Verantwortung für das Leben von Klienten übernimmst! Wir können den Klienten bestenfalls bei der Lösung ihrer Probleme und dem Erreichen ihrer Ziele assistieren Dinge können nicht stellvertretend für Klienten erledigt werden 40

Kanfers 11 Gesetze der Therapie Für Handeln (oder Nichthandeln) der Klienten haben wir keine Verantwortung Immer die Lebensgeschichte des Klienten bzw. die Gegenkräfte der Umgebung als Grenzen der Möglichkeiten der Einflussnahme berücksichtigen Klienten müssen andere (bessere?) Möglichkeiten haben, um ihre Ziele zu erreichen oder die Einsicht gewonnen haben, dass die bisherigen Verhaltensweisen nicht mehr nötig sind, um ihre Interessen zu verfolgen 41

Kanfers 11 Gesetze der Therapie 4. Säge nicht den Ast ab, auf dem die Klienten sitzen, bevor Du ihnen geholfen hast, eine Leiter zu bauen! Die Funktion des problematischen Verhaltens für den Klienten muss klar sein (im gesamten Lebenskontext des Klienten) 42

Kanfers 11 Gesetze der Therapie Erst dann ist konstruktive Zusammenarbeit mit Beratern/ Therapeuten möglich 43

Kanfers 11 Gesetze der Therapie 5. Klienten haben immer Recht! Klienten haben lange Zeit für die Entwicklung ihrer Probleme benötigt und gute Gründe, sich schnellen Änderungsversuchen zu widersetzen Nicht über die Wahrheit ihrer subjektiven Überzeugungen diskutieren 44

Kanfers 11 Gesetze der Therapie Nicht die Unsinnigkeit bestimmter Verhaltensweisen thematisieren Sicht der Klienten als verständlich auf der Basis ihrer Erfahrungen ansehen 45

Kanfers 11 Gesetze der Therapie 6. Bevor Du ein problematisches Verhalten nicht plastisch vor Augen hast, weißt Du nicht, worum es eigentlich geht! Alltagsbegriffe sind missverständlich, (eine Blamage vor allen Leuten war vielleicht nur eine minimale Ungeschicklichkeit) oder: Versagen auf allen Lebensgebieten ist vielleicht nur eine Absage einer Bewerbung (Familie Kennedy: Sei immer der erste, schon der zweite Platz ist eine Niederlage ) Wenn nötig, fremdanamnestisch arbeiten 46

Kanfers 11 Gesetze der Therapie 7. Du kannst nur mit Klienten arbeiten, die anwesend sind! Ziel ist immer, die Klienten zum Wiederkommen (und zur Therapie) zu bewegen, sie in der Therapie zu halten und Abbrüche zu verhindern Arbeit mit Teilen des Systems ist möglich, häufig aber nicht ausreichend Nur die Probleme der anwesenden Person können bearbeitet werden, nicht zum Beispiel die der Mutter, des Partners o.ä. 47

Kanfers 11 Gesetze der Therapie 8. Peile kleine, machbare Fortschritte von Woche zu Woche an und hüte Dich vor utopischen Fernzielen! Globale Ziele müssen in konkrete und realisierbare Teilziele zerlegt werden (chinesisches Sprichwort: Auch eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit dem ersten Schritt) Kleine Schritte auf dem Therapieweg Probleme/ Ziele fluktuieren im Verlauf einer Therapie 48

Kanfers 11 Gesetze der Therapie 9. Bedenke, dass die Informationskapazität von Menschen begrenzt ist! Gib Klienten nicht mehr Informationen, als sie verarbeiten können Behandle nicht mehrere Punkte auf einmal Passe Deine Sprache den Klienten an Sei lieber redundant, als die Aufnahmekapazität von Klienten zu überfordern 49

Kanfers 11 Gesetze der Therapie 10. Wenn Du in der Therapiestunde härter arbeitest als Deine Klienten, machst Du etwas falsch! Therapiestunden dienen dazu, die Klienten zu aktivieren Klienten müssen sich mit sich auseinandersetzen Nicht zulassen, dass Klienten dem Therapeuten ihre Probleme aufbürden und erwarten, dass dieser an der Lösung arbeitet (dann kann ihm auch die Schuld an den Misserfolgen gegeben werden) 50

Kanfers 11 Gesetze der Therapie 11. Spare nicht mit Anerkennung für die Fortschritte von Klienten! Der Erfolg ist die Mutter des Erfolgs! Klienten brauchen mehr positive Bestätigung als ihr Therapeut Minimale Fortschritte beachten und würdigen (aus: Kanfer, F.H., Reinecker, H. &Schmelzer, D., 2000, Selbstmanagementtherapie. Ein Lehrbuch für die Klinische Praxis, 3. Auflage, Springer-Verlag) 51