FLEDERMÄUSE SCHÜTZEN. Nationale und internationale Initiativen



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Transkript:

FLEDERMÄUSE SCHÜTZEN Nationale und internationale Initiativen 1

Impressum Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Referat Öffentlichkeitsarbeit D 11055 Berlin E-Mail: service@bmu.bund.de Internet: www.bmu.de Redaktion: Fotos: Gestaltung: Druck: Thomas Kappe, Joachim Schmitz (beide BMU) Titel: K. Bogon/naturepix Seite 3: Kranz/naturepix Seite 4: Dietmar Nill/Picture Press Seite 6: K. Bogon/naturepix Seite 8: K. Bogon/naturepix Seite 9: A. Wiermann Seite 10: K. Bogon/naturepix Seite 11: E. Rogée/naturepix Seite 12: K. Bogon/naturepix Seite 13: K. Bogon/naturepix Seite 14: K. Bogon/naturepix Seite 15: T. Stephan Seite 16: T. Stephan Seite 17: K. Bogon/naturepix Seite 20: E. Menz/blickwinkel Seite 22: E. Menz/blickwinkel design_idee, büro_für_gestaltung, Erfurt Köllen Druck & Verlag GmbH Stand: Juli 2006 2. Auflage: 30.000 Stück 2

Graues Langohr INHALT Vorwort... 4 Mit den Händen fliegen, mit den Ohren sehen... 6 Wanderflüge quer durch Europa... 8 Gebäude: mehr Rücksicht auf die fliegenden Mitbewohner... 10 Wald: je älter die Bäume, desto besser...12 Fledermausschutz: erfolgreicher Naturschutz im In- und Ausland... 14 Fledermäuse erleben...16 Fledermausschutz zu Hause... 19 Hilfe und Kontakte... 21 3

Bechsteinfledermaus 4

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, Fledermäuse sind faszinierende Tiere. Ihre Sinnes- und Flugleistungen machen sie zu regelrechten Hightech-Wesen, von denen immer mehr Menschen begeistert sind. Nicht zuletzt aufgrund der verdienstvollen Aufklärungsarbeit zahlreicher Fledermaus-Fans und der einschlägigen Verbände sind diese erstaunlichen Tiere zu wahren Rennern in der Publikumsbeliebtheit geworden. So wird 2006 schon zum 10. Mal in den verschiedensten Staaten Europas und an weit über 100 Veranstaltungsorten die European Bat Night begangen. Allein in Deutschland darf mit 10.000 Mitwirkenden gerechnet werden. Allen Beteiligten möchte ich herzlich für ihr Engagement danken und sie ermutigen, auch weiterhin Partei für die schutzbedürftigen Kleinsäuger zu ergreifen. Aufgrund der hohen Bedrohung zahlreicher Fledermausarten in Deutschland und Europa hat die Bundesregierung schon früh einen rechtlichen Schutz für die Fledermäuse, ihre Quartiere und Lebensräume geschaffen. Deutschland hat auch die internationale Zusammenarbeit unterstützt, denn die Fernwanderer unter ihnen legen 1.500 2.000 km zwischen Sommer- und Winterquartier zurück und überqueren dabei verschiedene Staatengrenzen. Mit deutscher Unterstützung wurde daher im Dezember 1991 das Abkommen zur Erhaltung der europäischen Fledermauspopulationen (UNEP/ EUROBATS) geschlossen, das in diesem Jahr seinen 15. Geburtstag feiert. Hierzu meine Glückwünsche! Das Bundesumweltministerium wird auch weiterhin an der erfolgreichen europäischen Kooperation zum Schutz und zur Erforschung der Fledermäuse engagiert mitwirken. In dieser Broschüre finden Sie zahlreiche Tipps, wie Sie auch bei sich zu Hause zum Schutz dieser großartigen Tiere beitragen können. Sigmar Gabriel Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 5

Nordfledermaus MIT DEN HÄNDEN FLIEGEN, MIT DEN OHREN SEHEN Fledermäuse sind Säugetiere wie wir Menschen. Sie haben ein Fell aus Haaren und bringen lebende Junge zur Welt, die von der Mutter mit Milch gesäugt werden. Ihre Hände haben sehr lange Finger, zwischen denen Haut gespannt ist, die auch zu den Füßen und zum Schwanz reicht. Das ist die Flughaut, mit der die Tiere fliegen, indem sie die Arme schnell auf und ab bewegen. In Deutschland leben 24 verschiedene Fledermausarten, die sich alle von Insekten und anderen Gliedertieren ernähren. Ihr Jahreslauf ist unterteilt in eine Zeit des Winterschlafs, die Aufzucht der Jungen im Frühling und Sommer und eine Zeit des Umherstreifens im Spätsommer und Herbst. Die Jungen werden nur von ihrer Mutter betreut und wachsen in Weibchenkolonien, den so genannten Wochenstuben, heran. Balz und Paarungen finden im Herbst statt. Die einzelnen 6

Jahreszeiten können Fledermäuse in ganz unterschiedlichen Lebensräumen verbringen. Je nach Art fliegen sie zwischen den Plätzen, an denen sie den Sommer verbringen, und denen, wo sie Winterschlaf halten, regelmäßig hin und her. Die Entfernungen können dabei einige Kilometer oder sogar über 1000 Kilometer betragen. Wer sich mit Fledermäusen beschäftigt, lernt die Welt ganz anders als mit unseren Augen zu betrachten. Denn die kleinen Nachtkobolde sehen mit den Ohren. Während ihres Fluges stoßen sie ständig Rufe aus, die so hoch sind, dass wir Menschen sie nicht hören können. Diese Ultraschallrufe werden von allen Strukturen und Hindernissen in der Flugbahn der Tiere reflektiert. Aus den gehörten Echos wissen die fliegenden Säugetiere, wie ihre Umgebung aussieht und wo eine Mücke oder ein Käfer zu fangen ist. Dabei sind Fledermäuse keineswegs blind, aber zur schnellen Insektenjagd in dunklen Nächten taugen ihre kleinen Augen wenig. Aufgrund ihrer Lebensweise sind Fledermäuse anspruchsvoll: Sie brauchen vor allem sichere Verstecke für den Tagesschlaf, insektenreiche Jagdgebiete und frostfreie Plätze zur Überwinterung. Manche sind darüber hinaus auf Gewässer angewiesen, manche orientieren sich im Fluge an Hecken und ähnlichen Strukturen, wieder andere scheuen helle Beleuchtung. Zudem sind alle Arten empfindlich gegenüber Giftstoffen. So wundert es nicht, dass Fledermäuse selten geworden sind und in Deutschland zu den am stärksten bedrohten Tierarten gehören. LITERATURTIPP: Gebhard, J. (1997): Fledermäuse. Basel, Boston und Berlin (Birkhäuser Verlag 360 S.). Schober, W. & Grimmberger, E. (1998): Die Fledermäuse Europas kennen, bestimmen, schützen. 2. Aufl., Stuttgart (Kosmos-Verlag 265 S.). Richarz, K. & Limbrunner, A. (1999): Fledermäuse, fliegende Kobolde der Nacht. 2. Aufl., Stuttgart (Kosmos-Verlag 192 S.). Richarz, K. (2004): Fledermäuse beobachten, erkennen und schützen. Stuttgart (Kosmos-Verlag 126 S.). Siemers, B. & Nill, D. (2000): Fledermäuse. Das Praxisbuch. München (BLV Verlag 127 S.) 7

WANDERFLÜGE QUER DURCH EUROPA Die Wechsel zwischen den Lebensräumen im Sommer und den Winterschlaf-Quartieren sind bei einigen Fledermäusen mit weiten Wanderungen verbunden. Ähnlich Zugvögeln fliegen sie im Herbst nach Süden und kehren im Frühling zurück. Diese Wanderungen werden erforscht, indem einzelne Tiere kleine Flügelmarken aus Aluminium bekommen. Wer eine Fledermaus mit einer solchen Armklammer findet, sollte das einer der Fledermaus-Beringungszentralen in Deutschland melden. Sehr hohe Flugleistungen vollbringen beispielsweise der Große Abendsegler und die Rauhautfledermaus. Beide Arten haben ihre Kinderstuben hauptsächlich in den Wäldern des nordöstlichen Europas, z. B. in Nordostdeutschland, Polen und den baltischen Republiken. Im Winter ist es dort zu kalt für eine Überwinterung in Baumhöhlen. Deshalb ziehen die Tiere im Herbst nach Südwesten. An Deutschlands großen Flüssen und Seen, wo es auch viele Insekten als Nahrung gibt, treffen sie ihre Artgenossen wieder und paaren sich. Dann suchen sie sich Plätze für den Winterschlaf. Die Abendsegler versammeln sich dazu meist in Baumhöhlen und wärmen sich in über 100-köpfigen Gruppen gegenseitig. Mausohr-Schlafgruppe 8

Rauhautfledermaus Die kleineren Rauhautfledermäuse überwintern dagegen eher einzeln. Manche von ihnen fliegen vielleicht auch noch weiter nach Süden bis ans Mittelmeer, weil sie dort keinen monatelangen Winterschlaf machen müssen. Die größte bisher festgestellte Flugstrecke einer Rauhautfledermaus reichte von Lettland nach Südfrankreich über etwa 1900 km. Extrem weit fliegen vor allem die Weibchen. Männliche Abendsegler wären den Müttern im Sommer nur Konkurrenten um die Nahrung, denn bei der Aufzucht der Jungen können sie nicht helfen. Sie bleiben deshalb im Frühjahr irgendwo in Mitteleuropa und warten dort bis zum Herbst, wenn die Weibchen mit ihren Jungen aus dem Norden zurückkehren. Dann balzen sie kräftig und locken so nicht nur Weibchen in ihre Paarungsquartiere, sondern sie zeigen gleichzeitig allen durchziehenden Artgenossen die zur Rast geeigneten Plätze an. Literaturtipp: Hutterer, R., Ivanova, T., Meyer-Cords C. & Rodrigues L. (2005): Bat Migrations in Europe A Review of Banding Data and Literature. Bonn (Bundesamt für Naturschutz) Naturschutz und Biologische Vielfalt 28. 9

Braunes Langohr GEBÄUDE: MEHR RÜCKSICHT AUF DIE FLIEGENDEN MITBEWOHNER Mehr als die Hälfte unserer Fledermausarten bezieht in menschlichen Bauwerken ihr Quartier. Vom Keller bis zum Dachboden werden je nach Jahreszeit die unterschiedlichsten Verstecke genutzt. Findet man im Sommer größere Fledermauskolonien in einem Gebäude, dann handelt es sich in der Regel um Weibchen, die gemeinsam ihre Jungen aufziehen. Ein fingerdickes Einschlupfloch genügt der winzigen Zwergfledermaus, um in einen Mauerhohlraum oder hinter Fassadenverkleidungen zu gelangen. Im Gegensatz zu diesem Spaltenbewohner mögen Große Mausohren mit ihren 40 cm Flügelspannweite lieber große Dachböden, wo sie sich frei sichtbar an den Dachlatten in typischer Fledermausmanier aufhängen. Eines haben aber alle Fledermäuse gemeinsam: Sie mögen es gerne warm und ohne Zugluft. Ein neu gebautes Haus bietet deshalb eher geeignete Quartiere als ein windschiefer Schuppen. Fledermäuse sind unauffällige Mitbewohner, die keine Krankheiten übertragen und nichts anfressen oder zerreißen. Ihre kleinen Kotkrümelchen bestehen aus den Resten zerkauter Insekten und sind ein hervorragender Blumendünger. Zuweilen verursachen sie am Einschlupfloch zu ihrem Versteck etwas Schmutz. Das kann jeder tolerieren! Außerdem sind 10

die Tiere meistens nur ein paar Wochen in einem Quartier und wechseln dann woandershin. Wenn doch einmal größere Probleme mit Fledermäusen am Haus auftreten, dann können Fledermausexperten helfen, die über die zuständige Naturschutzbehörde erreichbar sind. Die größte Gefahr für Gebäude bewohnende Fledermäuse geht von Renovierungen aus. In den vergangenen Jahrzehnten wurde leider wenig auf die Schutzbedürftigkeit der kleinen Nachtschwärmer geachtet. Vielerorts sind Fledermauskolonien infolge von Baumaßnahmen oder gezielten Vertreibungen erloschen. Die Wohnstätten der Fledermäuse auch in Gebäuden unterliegen einem rechtlichen Schutz. Dabei gibt es viele Wege, modernes Bauen und Sanieren mit Maßnahmen zum Fledermausschutz zu verbinden. Solcherlei Möglichkeiten wurden im Rahmen eines Forschungsvorhabens untersucht, das vom Bundesumweltministerium gefördert wurde. Als Ergebnis liegt das»baubuch Fledermäuse«vor, das Hausbesitzer, Architekten und alle am Bau beschäftigten Handwerker informiert und erprobte Lösungen detailliert darstellt. LITERATURTIPP: Dietz, M. & Weber, M. (2000): Baubuch Fledermäuse. Eine Ideensammlung für fledermausgerechtes Bauen. Gießen, 228 S. + Kopiervorlagen oder als CD-ROM. Erhältlich beim BUND Naturschutzzentrum Westlicher Hegau (siehe S. 16). Mausohr 11

WALD: JE ÄLTER DIE BÄUME, DESTO BESSER Alle Fledermausarten Deutschlands nutzen Wälder als Lebensraum. Elf Arten sind sogar ausgesprochen spezialisierte Waldbewohner, allen voran Bechsteinfledermaus, Rauhautfledermaus und Mopsfledermaus. Die verschiedenen Arten teilen sich die Verstecke und Jagdgebiete untereinander auf. So verbringen beispielsweise Abendsegler den Tag in Spechthöhlen und jagen nachts hoch über den Bäumen nach großen Käfern und Schmetterlingen. Bechsteinfledermäuse jagen dagegen zwischen den Zweigen. Braune Langohren wiederum verstecken sich gern in Spalten und lesen im Rüttelflug Kleininsekten von Blättern, Zweigen und Baumrinden ab. Besonders viele Fledermäuse kommen in Auwäldern an Flüssen vor, denn diese sind sowohl nahrungsreiche Jagdgebiete als auch Orientierungspunkte für wandernde Fledermäuse. Der Schutz von Fledermäusen und eine forstwirtschaftliche Nutzung der Wälder schließen einander nicht aus. Wenn mindestens sieben Bäume pro Hektar Waldfläche den natürlichen Alterungs- und Absterbeprozessen überlassen bleiben, können die gefährdeten fliegenden Säugetiere zumeist ausreichend Wohnraum finden. Das Problem besteht nämlich darin, dass der Zeitpunkt der forstlichen Holzernte vor der Altersstufe liegt, in der die Bäume Risse und Höhlen bekommen und damit für Fledermäuse interessant werden. Deshalb sollte die Forstwirtschaft in jedem Bestand nicht nur alte Höhlenbäume stehen lassen, sondern zusätzlich auch einige jüngere Bäume auswählen und vor der Axt verschonen. Diese können dann eines Tages die heutigen Höhlenbäume ersetzen. Als Faustregel mag gelten: Je älter die Bäume 12

Großes Mausohr und Mopsfledermaus (Mitte) sind, desto zahlreicher sind die Fledermäuse im Wald. Aber wegen der unterschiedlichen ökologischen Ansprüche der verschiedenen Arten sind die Empfehlungen für den Fledermausschutz im Wald je nach den vorkommenden Arten sehr differenziert. Sie sind im Einzelnen nachzulesen im Buch»Ökologie und Schutz von Fledermäusen in Wäldern«, das mit Mitteln des Bundesumweltministeriums entstanden ist. LITERATURTIPP: Meschede, A. & Heller, K.-G. (2000): Ökologie und Schutz von Fledermäusen in Wäldern unter besonderer Berücksichtigung wandernder Arten. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 66, Bonn, 374 S. Erhältlich beim BfN-Schriftenvertrieb (siehe S. 18). Meschede, A. (2000): Fledermäuse im Wald. Informationen und Empfehlungen für den Waldbewirtschafter. Schriftenreihe»Landschaft als Lebensraum«4, Ansbach und Bonn, 20 S. Erhältlich beim Deutschen Verband für Landschaftspflege e. V. (DVL), Feuchtwanger Straße 38, 91522 Ansbach. Wasserfledermaus 13

FLEDERMAUSSCHUTZ: ERFOLGREICHER NATURSCHUTZ IM IN- UND AUSLAND 2001 war das Internationale Jahr der Fledermaus. In diesem Jahr haben viele Länder verstärkte Anstrengungen unternommen, die Bevölkerung über ihre Fledermäuse, deren Gefährdung und notwendige Schutzmaßnahmen zu informieren. Das haben die Mitgliedsländer des Abkommens zur Erhaltung der Fledermäuse in Europa (EUROBATS) gemeinsam beschlossen. Denn heute wissen wir, welchen Fledermausarten wie geholfen werden kann. Jetzt müssen wir handeln in Deutschland und anderswo. In vielen deutschen Bundesländern wird die Erhaltung der Fledermäuse durch Schutzprogramme, spezielle Projekte und eine besondere Berücksichtigung dieser Tiere bei Eingriffen in Natur und Landschaft unterstützt. Die fliegenden Säugetiere spielen eine immer wichtigere Rolle bei der ökologischen Bewertung von Straßen, Flugplätzen, Windkraftanlagen und anderen Bauvorhaben. Wenn die vorhandenen Tierbestände sorgfältig erfasst werden und die Eingriffsplanung darauf Rücksicht nimmt, können in den meisten Fällen Kompromisse zwischen den Belangen des Fledermausschutzes und den wirtschaftlichen Interessen gefunden werden. Viele ehrenamtliche Naturschützer und Forscher tragen zur Erhaltung unserer Fledermäuse tatkräftig bei. Durch entsprechende Informationen und Ausbildung sollen noch Braunes Langohr 14

Große Hufeisennase mehr Menschen gewonnen werden, die beruflich zu einem verbesserten Fledermausschutz beitragen können, z. B. Lehrer, Förster, Landschaftsplaner, Architekten, Dachdecker und Kammerjäger. Dies hat das Bundesumweltministerium im Rahmen mehrerer Projekte gefördert. Mit Erfolg, denn die begeisterten Fledermausschützer werden immer mehr! Und das Schönste: Auch die Anzahl der Fledermäuse nimmt in manchen Gegenden wieder zu. Fledermausschutz erfordert aber Maßnahmen, die über die Grenzen Deutschlands hinausreichen. Da es in vielen Ländern bisher nicht genug Experten dafür gibt, finanziert das Bundesumweltministerium spezielle Schulungskurse, vor allem in ost- und südosteuropäischen Staaten. Darüber hinaus unterstützt es ein deutsch-polnisches Projekt zur Sicherung von Fledermaus-Winterquartieren im grenznahen Bereich. Neben EUROBATS gibt es weitere Regelwerke, die international zur Erhaltung der Fledermäuse verpflichten. Die EU-Staaten haben sich mit ihren»fauna-flora-habitat-richtlinien«geeinigt, Fledermäuse zu schützen und für die bedrohtesten Arten spezielle Schutzgebiete einzurichten. Die Berner Konvention, der fast alle Staaten Europas beigetreten sind, hat Aktionspläne zur Erhaltung von Großer Hufeisennase und Teichfledermaus aufgestellt. Das Bundesumweltministerium und die für Naturschutz zuständigen Ministerien der Bundesländer bemühen sich, diese Verpflichtungen in Zusammenarbeit mit unseren europäischen Nachbarn zu erfüllen. Letztlich kann der Fledermausschutz aber nur erfolgreich sein, wenn alle Bürgerinnen und Bürger mithelfen! 15

FLEDERMÄUSE ERLEBEN Als flatternde Schatten sind Fledermäuse wenig attraktiv. Aber wenn man einmal Gelegenheit hat, die Tiere genauer zu beobachten, entdeckt man ihr faszinierendes Leben und ihre bewundernswerten Fähigkeiten. Selbstverständlich darf man sie nicht durch die eigene Neugier stören oder gar gefährden. Ein nützliches Hilfsmittel für die Beobachtung der Flugakrobaten ist ein so genannter Fledermaus-Detektor, mit dem die Ultraschallrufe der Tiere für uns Menschen hörbar werden. Das EUROBATS-Sekretariat ruft alljährlich zu einer internationalen Fledermausnacht am letzten Wochenende im August auf. In allen Mitgliedstaaten des Abkommens veranstalten Fledermausschützer in dieser Nacht Informationstreffen und Exkursionen, damit interessierte Bürgerinnen und Bürger in ganz Europa mehr über ihre Fledermäuse, den Fledermausschutz und EUROBATS erfahren. In Deutschland koordiniert der Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU) die internationale Fledermausnacht. Nachtwanderungen zu den Fledermäusen sind besonders aufregend für Kinder. Aus der Begeisterung für die kleinen Säugetiere erwächst schnell ein Wissensdurst, der auch allge- 16

meine Fragen der Ökologie und des Naturschutzes berührt. Deshalb hat das Bundesumweltministerium ein Projekt gefördert, in dessen Rahmen Materialien zur Gestaltung einer Unterrichtseinheit über Fledermäuse erarbeitet wurden. Eine besondere Ausstellung über die Welt der Fledermäuse bietet das neue Museum Noctalis in Bad Segeberg (Schleswig-Holstein), ganz in der Nähe der Segeberger Kalkhöhlen, wo alljährlich tausende Fledermäuse überwintern. LITERATURTIPP: Dietz, M., Caspar, A. & Marburger, S. (2000): Fledermäusen auf der Spur. Eine Projekt- und Unterrichtsmappe. Gießen, 202 S. Erhältlich beim BUND Naturschutzzentrum Westlicher Hegau (siehe S. 16). Fransenfledermaus im Winterquartier 17

FLEDERMAUSSCHUTZ ZU HAUSE Wer Fledermäusen im eigenen Garten helfen möchte, der sollte sie mit Leckerbissen anlocken. Ein strukturreicher Garten mit vielen Blumen, Büschen und Laubbäumen kann viele Insekten und Spinnen beherbergen, auf die Fledermäuse großen Appetit haben. Gifte sind in einem Fledermaus-Garten tabu. Man kann Fledermäuse auch im oder am Haus ansiedeln. Allerdings sind die Nachtschwärmer ausgesprochen traditionsbewusst. Über viele Jahre hinweg suchen sie immer wieder dieselben Quartiere auf. Es kann deshalb etwas dauern, bis sie ein neu angebotenes Quartier entdecken und für gut befinden. Anlocken kann man die Tiere leider nicht. Eine einfache Hilfe für Fledermäuse am Haus ist ein an die Außenwand gehängtes Fledermausbrett. Es sollte aus sehr rauem, unbehandeltem Holz gefertigt werden. Die Konstruktion ist im Prinzip ein nach unten offener und nach oben schmaler werdender Spalt. Da die Vorderwand etwas kürzer ist als die hintere, können Fledermäuse leicht unter dem Spalt landen und nach oben ins Versteck klettern. Mit einer Taschenlampe kann man von unten sehen, ob jemand im Fledermausbrett wohnt. Ein Fledermausbrett sollte so am Haus angebracht werden, dass es möglichst hoch hängt und zeitweilig von der Sonne beschienen wird. Wenn es besiedelt wird, werden die neuen Bewohner ihre Kotkrümelchen nach unten aus dem Spalt fallen lassen das sollte man vorher bedenken. Handelsübliche Nistkästen für Fledermäuse sind im Garten wenig Erfolg versprechend. Sie werden von Tieren besiedelt, die Spechthöhlen suchen. Spechte hämmern aber meistens im Wald, weshalb die Fledermäuse in Dorf und Stadt gar nicht nach solchen Verstecken an Bäumen suchen. 18

FLEDERMAUSBRETT ZUM SELBERBAUEN 19

Bechsteinfledermaus 20

HILFE UND KONTAKTE Hilfe und Beratung bei Problemen mit Fledermäusen bieten die Naturschutzbehörden der Bundesländer. In Baden-Württemberg, Bayern und Thüringen gibt es staatliche Koordinationsstellen für Fledermausschutz, in Brandenburg eine darauf spezialisierte Naturschutzstation. Darüber hinaus sind in allen Bundesländern Verbände für Fledermausschutz tätig. Stellvertretend sei hier nur der NABU genannt, der mit dem Bundesumweltministerium in verschiedenen Projekten zusammenarbeitet: Naturschutzbund Deutschland e. V. Herbert-Rabius-Straße 26, 53225 Bonn http://www.nabu.de und http://www.fledermausschutz.de Umfassende Information über Fledermäuse bietet die neue Ausstellung in Schleswig-Holstein: Noctalis Welt der Fledermäuse Oberbergstraße 27 23795 Bad Segeberg Tel. 045 51 96 44 06 http://www.noctalis.de Die Schutz- und Forschungsprojekte des Bundesumweltministeriums werden durchgeführt und fachlich begleitet vom: Bundesamt für Naturschutz (BfN) Konstantinstraße 110, 53179 Bonn http://www.bfn.de 21

Wasserfledermaus 22

Informationsmaterialien und Produkte für Fledermausfreunde sind erhältlich beim: BUND Naturschutzzentrum Westlicher Hegau Erwin-Dietrich-Straße 3 78244 Gottmadingen Tel. 077 31 97 71 05 http://www.all-about-bats.net Die Veröffentlichungen des BfN sind erhältlich beim: BfN-Schriftenvertrieb im Landwirtschaftsverlag 48084 Münster Über das Abkommen zur Erhaltung der Fledermäuse in Europa informiert: EUROBATS Sekretariat, United Nations Premises Martin-Luther-King-Str. 8, 53175 Bonn http://www.eurobats.org 23

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen Grundgesetz, Artikel 20 A Kontakt: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) Referat Öffentlichkeitsarbeit D 11055 Berlin Fax: (01888) 3 05 20 44 Internet: www.bmu.de E-Mail: service@bmu.bund.de Diese Publikation ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. Der Druck erfolgt auf Recyclingpapier aus 100 % Altpapier.