Regierungspräsidium Gießen. Sicherer Umgang mit Asbest im privaten Bereich

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Transkript:

Regierungspräsidium Gießen Sicherer Umgang mit Asbest im privaten Bereich

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Was ist Asbest? Asbest ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene, natürlich vorkommende, faserförmige Silikat-Minerale, die an vielen Stellen der Erde in der Erdkruste eingebettet sind. Die Faser des Magnesioriebeckits oder Krokydoliths aus der Gruppe der Hornblenden ist bläulich und wird Blauasbest genannt, die Faser des Klinochrysotils (Serpentingruppe) ist weiß oder grün und wird Weißasbest genannt. Weitere zum Asbest zählende Minerale sind Grunerit (Amosit, Brauner Asbest), Anthophyllit und Aktinolith. Ca. 95% aller Asbestprodukte werden aus Weißasbest hergestellt. Asbest leitet sich vom griechischen Wort asbestos ab, dies bedeutet unvergänglich und steht für die wichtigste Eigenschaft der Faser: Sie verbrennt nicht, übersteht größte Hitze bis 1.000 C und nicht nur das: Asbest isoliert gegen Wärme, Feuchtigkeit, Schall und Säuren. Außerdem ist Asbest leicht, zugfest, elastisch, fäulnisresistent, rostet nicht und ist besonders witterungsbeständig. Vor allem aber ist es billig und in großen Mengen verfügbar. Asbest in seiner ursprünglichen Form (Foto: www.beguma.de) Krokydolith (Blauasbest) (Foto: www.wikipedia.de) Chrysotil (Weißasbest) (Foto: www.wikipedia.de) 3

Geschichte der Asbestverwendung 300 Jahre v. Chr. (Antike) wurde Asbest in Dochten, Tüchern und Netzen verwendet, Ärzte benutzten Tücher aus Asbest, da sie im Feuer gereinigt werden konnten. Aufgrund der hervorragenden technischen Eigenschaften wurde Asbest nach dem 2. Weltkrieg zu einem universell eingesetzten Stoff, bis heute sind über 3.000 Produkte bekannt, in denen Asbestfasern verwendet wurden. Der Asbestjahresverbrauch in Deutschland hatte seine Hoch-Zeit zwischen 1960 und 1970 und lag Ende der 70er Jahre bei ca. 170.000 t und das obwohl die Gefahren von Asbest schon lange bekannt waren. 1980 produzierten über 1.000 Firmen asbesthaltige Produkte in Deutschland. Bereits 1898 warnte ein Londoner königlicher Fabrikinspektor erstmals vor Asbest, 1932 dokumentierten Ärzte, dass die Arbeiter der britischamerikanischen Asbestfabrik Turner & Newall auffällig häufig an Tumoren erkrankten. 1936 wurde Asbestose in Deutschland als Berufskrankheit anerkannt. Aufgrund der starken Faserfreisetzung wurden 1979 Spritzasbest und 1982 alle schwachgebunden Asbestprodukte verboten, ein Verbot für Asbestzement im Hochbau folgte 1991. Ein generelles Herstellungsund Verwendungsverbot für Asbest wurde 1993 von der damaligen Bundesregierung erlassen. Gesundheitsgefahren durch Asbest Die Gefahren von Asbest entstehen durch lungengängige Asbestfasern, die vom Menschen eingeatmet werden, dabei sind die kritischen Fasern meist mit bloßem Auge nicht erkennbar. Die große Gefahr besteht in eben dieser Unvergänglichkeit, die die Industrie so schätzte. In Deutschland sterben jährlich rund 1.500 Menschen, weil sie Asbest eingeatmet haben und die Zahl der Todesopfer steigt weiter. Die inhalierten Asbestfasern haben eine hohe Biobeständigkeit (mehr als 100 Jahre) und werden von den körpereigenen Abwehrmechanismen nicht abgebaut. Sie üben aufgrund ihrer Faserstruktur einen ständigen Reiz auf das Lungengewebe aus und führen so zu Asbestose und im schlimmsten Fall zu einer Krebserkrankung der Lunge und/oder des Rippen- und Bauchfells. Asbestose: Die Asbestose ist eine unheilbare Asbeststaublungenerkrankung und kann in schweren Fällen zum Tod führen. Die eingeatmeten Fasern verletzen das Lungengewebe und lassen dieses durch Narbengewebsbildung verhärten, als Folge davon wird die Sauerstoffaufnahme erschwert. Betroffene Personen leiden unter Atemnot und verringerter körperlicher Leistungsfähigkeit. 4

Lungenkrebs und Mesotheliom des Rippen- und Bauchfells: Die jahrzehntelange Reizwirkung der eingeatmeten Fasern kann im Lungengewebe zur Tumorbildung führen (Latenzzeit ca. 25 bis 30 Jahre). Wandern Asbestfasern von den Lungenbläschen zum Brust- und Bauchfell, kann sich ein Mesotheliom bilden. Diese Tumorart kann nur durch eingeatmete Asbestfasern hervorgerufen werden und führt innerhalb kurzer Zeit zum Tod. Bei der Inhalation von Asbest gibt es keine eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung, es gilt das Minimierungsgebot, denn theoretisch können schon geringe Asbestfaserkonzentrationen ausreichen, um eine Tumorbildung herbeizuführen. Man unterscheidet in Abhängigkeit von der Rohdichte zwischen schwach gebundenen (i.d.r. < 1.000 kg/m³) und fest gebundenen Asbestprodukten (i.d.r. > 1.400 kg/m³). Röntgenbild Asbestose (Foto: Prof. Dr. Hans-Holger Jend) CT - 3D Bild Bronchialkarzinom (Foto: www.wikipedia.de) Mesotheliom des Rippenfells Mesotheliom des Bauchfells (Fotos: DRK Kliniken Berlin PD Dr.Paul Schneider) 5

Asbestanwendungen Typische Anwendungsgebiete von fest gebundenen Asbestprodukten im Hochbau sind: Asbestzement-Wellplatten (Eternit) Asbesthaltige Kunstschieferplatten für Dachdeckungen und Fassadenverkleidungen Asbestzement-Platten für Balkon-, Rohr- und Wandverkleidungen Asbestzement-Fensterbänke Fußboden-Flexplatten mit asbesthaltigem Bitumenkleber Asbestzement-Rohre für Abwasserund Regenwasserleitungen Asbestzement-Rauchabzüge Asbestzement-Kanäle für Luftschächte Asbestzement-Blumenkästen Schnur- und Pappdichtungen an Herden, Öfen und Kaminen Cushion-Vinyl-Bodenbeläge mit Asbestpappe als Trittschalldämmung Heizrohrisolierungen (i.d.r. asbesthaltige Kieselgurrohrisolierung) Flanschdichtungen von Heizungsanlagen (Gattungsname: Klingerit) Flanschdichtungen von Wasserleitungen Wichtiger Hinweis Neueste Untersuchungen haben gezeigt, dass das Ausmaß der Anwendung von Asbestfasern in Putzen und Spachtelmassen um ein vielfaches höher ist als bislang angenommen. Betroffen sind vornehmlich Gebäude die zwischen 1960 und 1990 errichtet oder umgebaut wurden, Aufschluss hierüber gibt nur eine Probenahme der unter Verdacht stehenden Bauteile. Typische Anwendungsgebiete von schwach gebundenen Asbestprodukten im Hochbau sind: Asbestpappen unter Holzfensterbänken Asbestpappen an Heizkörperverkleidungen Asbestpappen unter Elektro-Speicherheizgeräten (Nachtspeicheröfen) Asbesthaltige Putze, Fugen- und Spachtelmassen an Wänden und Decken Asbesthaltiger Mörtel 6

Asbestzement-Wellplatten Asbestkunstschieferplatten Nachtspeicherofen Fensterbank Abwasserleitung Floor-Flexplatten Cushion-Vinyl-Bodenbeläge Balkonverkleidung Lüftungsschacht Wandverkleidung Rohrverkleidung Blumenkästen (Fotos: RP Gießen) 7

Empfehlungen zum Umgang mit Asbest Grundsatz: Bei sämtlichen Arbeiten muss gewährleistet sein, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit, nicht gefährdet werden. Die Vorschriften der Gefahrstoffverordnung, der Technischen Regeln für Gefahrstoffe 519 Asbest Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten (TRGS 519) und des LAGA-Merkblattes M 23 müssen eingehalten werden. Von Asbestzement geht keine Gefahr für die Gesundheit aus, solange er keinen thermischen oder mechanischen Einwirkungen unterliegt. Zahlreiche Luftmessungen haben ergeben, dass von bemoosten und verwitterten Asbestzementplatten auf Dächern keine bedeutende Gesundheitsgefahr ausgeht. Bei schwach gebunden Asbestzementprodukten ist die Bewertung der möglichen Gesundheitsgefahren schwieriger. Diese muss von einem Asbestsachverständigen gemäß der europäischen Asbestrichtlinie (EU-Richtlinie 2009/148/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest ) am Arbeitsplatz vorgenommen werden. In besonderen Fällen geben Asbestfaserkonzentrationsmessungen in der Raumluft Aufschluss über mögliche Gefahren. Das 1993 erlassene Herstellungs- und Verwendungsverbot verbietet auch die Bearbeitung von Asbestprodukten, wie z. B. Bohren, Schleifen, Sägen, Brechen Fräsen, Schneiden und Trennschneiden (ugs. Flexen) sowie Reinigen mit Hochdruckwasserstrahl. ist, um einen haftfähigen Untergrund zu erzielen, wird von einer Erneuerung der Beschichtung abgeraten. Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten) sind vom Verwendungsverbot ausgenommen. Sie sind auch im privaten Bereich so durchzuführen, dass eine Freisetzung bzw. Verschleppung von Asbestfasern vermieden wird. Sicherheitstechnische Schutzmaßnahmen für den Umgang mit Asbest be-schreibt die TRGS 519. Die dort genannten oder mindestens gleichwertige Schutzmaßnahmen sind zwingend umzusetzen. Um sich selbst und Dritte nicht zu gefährden, sollten Abbruch-, Sanierungs-, und Instandhaltungsarbeiten i.v.m. Asbest immer nur von zugelassenen Fachfirmen vorgenommen werden. Werden Abbruch-, Sanierungs-, und Instandhaltungsarbeiten i.v.m. Asbest gewerblich ausgeführt, muss die Tätigkeit 7 Tage vor Beginn der Arbeitsschutzbehörde (in Mittelhessen: Regierungspräsidium Gießen) mitgeteilt werden. Allerdings dürfen diese Arbeiten im eigenen Haushalt auch vom Eigentümer selbst durchgeführt werden. Ist dies der Fall, entfällt die Anzeigepflicht bei der Arbeitsschutzbehörde. Auch für Privatpersonen gilt: Die Entstehung und Freisetzung von Asbestfasern ist wirksam zu verhindern. Die sicherheitstechnischen Schutzmaßnahmen der TRGS 519 oder mindestens gleichwertige Schutzmaßnahmen sind strikt einzuhalten Dachreinigungsarbeiten an unbeschichteten Asbestzementdächern sind grundsätzlich verboten, beschichtete Asbestzementdächer dürfen nur dann mit drucklosem Wasserstrahl gereinigt werden, wenn dabei keine asbesthaltigen Schichten freigelegt werden und die vorhandene Beschichtung intakt ist. Da die drucklose Reinigung meist unzureichend 8

Beispiele von Schutzmaßnahmen gemäß TRGS 519 Alle oberflächenabtragenden Bearbeitungsverfahren, wie z.b. Schleifen, Bürsten und Reinigen mit Hochdruck oder Niederdruck, sind verboten. Alle strukturzerstörenden Bearbeitungsverfahren, wie z.b. Brechen, Bohren, Schneiden, Trennschneiden (ugs. Flexen) und Fräsen, sind verboten. Beim Abbruch- und Instandhaltungsarbeiten von Asbestzementplatten sind Fenster und Türen geschlossen zu halten, die Nachbarschaft ist ggf. zu informieren. Abbruch- und Instandhaltungsarbeiten an festgebundenen Asbestprodukten haben mit persönlicher Schutzausrüstung, bestehend aus mindestens P2-Atemschutzmaske und Kategorie- 3-Einweg-Schutzanzug zu erfolgen. Asbestzementplatten sind vor dem Ausbau mit entspanntem Wasser (z.b. mit Spülmittel versetzt) auf der Außenseite zu befeuchten oder mit Restfaserbindemittel zu besprühen. Asbestzementplatten sind zerstörungsfrei auszubauen und dürfen nicht zerbrochen, über Schuttrutschen transportiert oder geworfen werden. Werden beim Ausbau andere Bauteile (z.b. die Dachunterkonstruktion) mit Asbeststaub kontaminiert, sind diese unverzüglich durch feuchtes Abwischen oder Saugen zu reinigen. Das Wischwasser ist der Kanalisation zuzuführen. Demontierte Asbestzementplatten, die Befestigungsmittel (Klammern, Nägel, Schrauben) sowie die persönliche Schutzausrüstung (Maske, Schutzanzug, evtl. Handschuhe) sind bis zur ordnungsgemäßen Entsorgung in Deckelcontainern zu sammeln und feucht zu halten oder in Kunststofffoliensäcken luftdicht zu verpacken und zu kennzeichnen. Die Verwendung von Bigbags mit Asbestkennzeichnung (int. FIBC) ist im privaten Bereich natürlich auch möglich, aber nicht zwingend erforderlich, wenn die Faserfreisetzung auf andere Weise verhindert werden kann. 9

Allgemeine Schutzmaßnahmen und Hinweise Asbestzement-Wellplatten sind nicht durchtrittsicher. Um ein Durchbrechen zu verhindern sollten Laufbohlen auf den Asbestzementplatten ausgelegt werden. Auf die Tragfähigkeit der Dachunterkonstruktion ist zu achten. Asbestzementplatten sind leichter als z.b. Betondachsteine oder Tonziegel, oft wurde die Dachunterkonstruktion dementsprechend weniger tragfähig ausgebildet. Absturzhöhen sollten begrenzt werden z.b. durch Aufstellen von Fanggerüsten, Hängen von Fangnetzen oder durch Absperrung der Dachkanten. Informationen hierzu können beim örtlichen Gerüstbauer oder Dachdecker eingeholt werden. min. Schutzausrüstung (Foto: RP Gießen) Beim Rückbau asbesthaltiger Produkte ist trockenes Kehren zu vermeiden. Anfallender Staub ist mit feuchten Reinigungsverfahren zu binden, z.b. durch feuchtes Wischen oder mit zugelassenem Staubsauger (Staubklasse H) zu erfassen. Werden beim Rückbau Nachbargrundstücke mit Asbestfasern verunreinigt kann der Nachbar eine Sanierung seines Grundstücks verlangen, die Kosten hierfür liegen oft im fünfstelligen Bereich. min. Atemschutz (FFP2) (Foto: RP Gießen) 10

Entsorgung asbesthaltiger Abfälle Werden asbesthaltige Abfälle aus Privathaushalten durch Privatpersonen zur Entsorgung auf eine hierfür zugelassenen Deponie verbracht (zu erfragen bei den abfallwirtschaftlichen Diensten oder Betrieben, die für die Landkreise als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger fungieren oder beim RP Gießen Dez. 42.2 Kommunale Abfallwirtschaft/Abfallentsorgungsanlagen), so ist hierfür keine Beförderungserlaubnis und kein Entsorgungsnachweis erforderlich. Asbesthaltige Abfälle sind zwingend zeitnah als gefährlicher Abfall mit der AVV-Nummer: 170605* ( Asbesthaltige Baustoffe ) zu beseitigen.. Auf das veröffentlichte Merkblatt Entsorgung von Bauabfällen (Baumerkblatt) wird auf der Internetseite des RP Gießen im Bereich Abfall hingewiesen. Desweiteren sind die Vorschriften des LAGA- Merkblattes M 23 einzuhalten. Hinweis auf strafrechtliche Folgen in Verbindung mit Asbest Vorsätzliche oder leichtfertige Verstöße stellen nach 325 Strafgesetzbuch (StGB) einen Straftatbestand dar. 325 Abs. 3 und 5 StGB beschreibt unter anderem die möglichen strafrechtlichen Folgen einer Schadstofffreisetzung in bedeutendem Umfang in die Luft. Dazu gehören z.b. Asbestzementdächer bürsten, mit Schleifgeräten reinigen oder mittels Hochdruckreiniger reinigen. Dies gilt auch für private Unternehmungen auf dem eigenen Grundstück durch den Eigentümer und kann empfindliche Freiheitsstrafen von bis zu 3 Jahren oder eine hohe Geldstrafe nach sich ziehen. 326 Abs. 1 StGB beschreibt unter anderem die möglichen strafrechtlichen Folgen einer unerlaubten Beförderung, Behandlung, Verwertung, Lagerung, Ablagerung oder Beseitigung asbesthaltiger Abfälle. Dies gilt auch für private Unternehmungen auf dem eigenen Grundstück durch den Eigentümer und kann empfindliche Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren oder eine hohe Geldstrafe nach sich ziehen. Vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße stellen nach 24 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) einen Straftatbestand dar. 24 Abs. 2 Nr. 6 GefStoffV verbietet Überdeckungs-, Überbauungs-, Aufständerungs-, Reinigungs- und Beschichtungsarbeiten auf Asbestzementdächern. 24 Abs. 2 Nr. 7 GefStoffV verbietet die Weiterverwendung asbesthaltiger Gegenstände oder Materialien zu anderen Zwecken. Abschließend wird nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten zwar von privaten Personen im/am Eigenheim durchgeführt werden dürfen, diese jedoch meist nicht über das nötige Fachwissen und die Schutzausrüstung verfügen. Beim Umgang mit asbesthaltigen Produkten wird empfohlen, immer eine Fachfirma zu beauftragen. Unsachgemäßer Umgang mit Asbest kann auch für private Personen sowohl ordnungsrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Die Wiederverwendung asbesthaltiger Produkte ist verboten. 11

Zuständigkeiten Die Zuständigkeiten in Mittelhessen bei Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien sind folgendermaßen aufgeteilt: Umgang im privaten Bereich: Für die Überwachung von privaten Tätigkeiten auf Baustellen, auch dann wenn Asbestprodukte abgebrochen werden, sind die unteren Bauaufsichtsbehörden (Bauordnungsämter) zuständig. Für die Anordnung von Maßnahmen zur Untersuchung und Sanierung von Asbest belasteten Grundstücken sind die örtlichen Ordnungsbehörden (Ordnungsämter) zuständig. bei Asbestabfällen aus dem gewerblichen Bereich ist das Regierungspräsidium Gießen Dezernat 42.1 Industrielle Abfallwirtschaft und Abfallvermeidung zuständig, soweit die Abfälle nicht ausschließlich gelagert oder abgelagert wurden oder sich innerhalb einer nach sonstigem Recht zulassungs- oder genehmigungsbedürftigen Anlage befinden. Andernfalls sind die Gemeinden bzw. Städte zuständig. Sollte die zuständige Behörde nicht erreicht werden können, kann immer die örtliche Polizeibehörde eingeschaltet werden. Für die Durchsetzung des Verwendungsverbots von Asbestprodukten nach Gefahrstoffordnung ist das Regierungspräsidium Gießen Dezernat 25.2 25.3 zuständig. Sollte die zuständige Behörde nicht erreicht werden können, kann immer die örtliche Polizeibehörde eingeschaltet werden. Umgang im gewerblichen Bereich: Für die Überwachung von gewerblichen Tätigkeiten auf Baustellen, auch dann wenn Asbestprodukte abgebrochen werden, ist das Regierungspräsidium Gießen Dezernat 25.2 25.3 zuständig. Für die Anordnung von Maßnahmen zur Untersuchung und Sanierung von Asbest belasteten Grundstücken sind die örtlichen Ordnungsbehörden (Ordnungsämter) zuständig. Für die Durchsetzung des Verwendungsverbots von Asbestprodukten nach Gefahrstoffordnung ist das Regierungspräsidium Gießen Dezernat 25.2 25.3 zuständig. Für die Überwachung und Anordnung von Maßnahmen zur Abfallentsorgung 12

Das Regierungspräsidium Gießen überwacht den Arbeitsschutz auf Baustellen sowie Abbruch, Sanierung und Instandhaltung von asbesthaltigen Produkten in Mittelhessen. Weitere Fragen beantworten wir gerne. Sie erreichen uns in Gießen: Regierungspräsidium Gießen Liebigstraße 14-16 35390 Gießen Telefon: 0641 303-0 Telefax: 0611 3276 444 25 E-Mail:arbeitsschutz-giessen@rpgi.hessen.de Aufsichtsbezirk für den Bereich Bau sind die Landkreise Gießen, Marburg-Biedenkopf, Lahn-Dill-Kreis und der Vogelsbergkreis. und in Hadamar: Regierungspräsidium Gießen Gymnasiumstraße 4 65589 Hadamar Telefon: 0641 303-0 Telefax: 0641 303 8611 E-Mail: poststelle-afaslm@rpgi.hessen.de Aufsichtsbezirk für den Bereich Bau ist der Landkreis Limburg-Weilburg. Ausführliche und interessante Informationen rund um den Arbeitsschutz und die Produktsicherheit sowie das Regierungspräsidium Gießen finden Sie auch auf unserer Internetseite unter www.rp-giessen.de 13

Impressum: Regierungspräsidium Gießen Dezernate 25.1 bis 25.3 Postfach 10 08 51 E-Mail:arbeitsschutz-giessen@rpgi.hessen.de Telefon: 0641 303-0 Telefax: 0611 327644425 www.rp-giessen.de www.facebook.com/rp.giessen E-Mail: Oeffentlichkeitsarbeit@rpgi.hessen.de Stand: August 2018