ANHANG II WISSENSCHAFTLICHE SCHLUSSFOLGERUNGEN UND BEGRÜNDUNG DER EMA FÜR DEN WIDERRUF BZW

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Transkript:

ANHANG II WISSENSCHAFTLICHE SCHLUSSFOLGERUNGEN UND BEGRÜNDUNG DER EMA FÜR DEN WIDERRUF BZW. DIE ÄNDERUNG DER RELEVANTEN ABSCHNITTE DER ZUSAMMENFASSUNGEN DER ARZNEIMITTEL-EIGENSCHAFTEN, DER ETIKETTIERUNG UND DER PACKUNGSBEILAGE, JE NACH ALTERSANGABE FÜR DIE ZUGELASSENE ZIELPOPULATION 12

Wissenschaftliche Schlussfolgerungen Komplette Zusammenfassung der wissenschaftlichen Beurteilung von Terpenderivate enthaltenden Suppositorien (Zäpfchen) (siehe Anhang I) Terpenderivate enthaltende Zäpfchen wurden in Europa seit den 1950er Jahren über nationale Verfahren zugelassen und sind derzeit in sieben EU-Mitgliedsstaaten zugelassen und auf dem Markt. Diese Arzneimittel sind gewöhnlich indiziert zur unterstützenden Behandlung harmloser (leichter) akuter bronchialer Erkrankungen, insbesondere bei produktivem und trockenem Husten. Nach einer Sicherheitsüberprüfung, die die nationale französische Behörde im Mai 2010 zur Abklärung potenzieller neurologischer Risiken hauptsächlich Krampfanfällen durchführte, wurden Suppositorien, die Terpenderivate (einschließlich Kampfer, Cineol, Niaouli, Wildthymian, Terpineol, Terpin, Citral, Menthol und ätherische Öle aus Kiefernnadel, Eukalyptus und Terpentin) enthalten, in Frankreich für Kinder unter 30 Monaten und Kinder mit anamnestisch bekannten Fieberkrämpfen oder Epilepsien kontraindiziert. Anschließend machten die französischen Behörden am 27. Oktober 2010 eine entsprechende Meldung und leiteten ein Befassungsverfahren gemäß Artikel 31 Absatz 2 der Richtlinie 2001/83/EG ein, um die potenziellen neurologischen Risiken und ihre Auswirkungen auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Terpenderivate enthaltenden Zäpfchen bei Kindern unter 30 Monaten zu bewerten. Das Verfahren begann im November 2010. Der CHMP bewertete die Gesamtheit der von den Inhabern der Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegten Daten. Insbesondere prüfte der CHMP die Daten zu Suppositorien mit den Inhaltsstoffen Kampfer, Cineol (Eukalyptol) und Menthol, Niaouli, Thymus vulgaris und Cineol, Citral, Cineol (Eukalyptol), ätherisches Kiefernöl und Guaiakol, Terpentin - und Kiefernessenz. Der CHMP berücksichtigte daneben auch die 2010 von der nationalen französischen Behörde durchgeführte Sicherheitsüberprüfung. Nutzen In den Mitgliedsstaaten, in denen sie zugelassen sind, werden Terpenderivate enthaltende Zäpfchen seit Jahrzehnten zur Behandlung von harmlosen akuten bronchialen Erkrankungen und Schleimhautschwellungen im Mund- und Rachenbereich angewendet, insbesondere bei trockenem Husten. Kampfer, Menthol und Eukalyptol sind die aus präklinischer und klinischer Sicht am besten untersuchten Substanzen. Die Wirksamkeit wird hauptsächlich mit der traditionellen Anwendung dieser Arzneimittel begründet und durch Daten zu den pharmakodynamischen Eigenschaften und den Wirkungen als Hustenstiller und Entzündungshemmer in präklinischen Modellen gestützt. Die meisten klinischen Daten stammen aus offenen Studien oder aus der klinischen Praxis und Expertenmeinungen. Es gibt jedoch keine klinischen Daten aus Vergleichsstudien (randomisierten, kontrollierten Doppelblindstudien), gepoolten Analysen oder Metaanalysen zum Vergleich der Wirksamkeit von Terpenderivaten bei rektaler Anwendung, und es sind keine Studien verfügbar, die insbesondere die Anwendung bei Säuglingen und Kindern untersuchen. Risiken Die Daten wurden im Wesentlichen Spontanmeldungen, der wissenschaftlichen Literatur sowie präklinischen Daten entnommen. Der CHMP prüfte eine Reihe von Veröffentlichungen, die bestätigten, dass Terpenderivate beim Menschen Krampfanfälle auslösen können. Bei pädiatrischen Patienten wurden verschiedene unerwünschte Arzneimittelreaktionen (UAR) (einschließlich schwerwiegender Störungen des Nervensystems) beschrieben, so z. B. Krampfanfälle, Agitation, Somnolenz, Hypersomnie, Hypotonie, Desorientiertheit und Halluzinationen. Unter Berücksichtigung aller Systemorganklassen betrafen die beschriebenen unerwünschten Arzneimittelreaktionen hauptsächlich das Nervensystem, aber auch andere Erkrankungen, z. B. der Haut und der Atemwege, wurden festgestellt. Von besonderer Bedeutung sind dabei rektale Läsionen, wie z. B. rektales Brennen, wegen ihres Schweregrades und weil sie einen limitierenden Faktor für die Therapiedauer darstellen. Der CHMP stellte auch fest, dass von einer unvollständigen Erfassung solcher Ereignisse ausgegangen werden kann, da die Arzneimittel rezeptfrei erworben werden können. Darüber hinaus 13

wurden auch Abgabe- oder Anwendungsfehler festgestellt, sodass das verabreichte/verordnete Zäpfchen in einigen Fällen für das Alter oder Gewicht des Kindes nicht geeignet war. Der CHMP befasste sich auch mit der im Mai 2010 durchgeführten französischen Sicherheitsüberprüfung zur Anwendung von Terpenderivate enthaltenden Suppositorien bei Kindern. Dabei wurden in der nationalen Pharmakovigilanz-Datenbank und in den regelmäßig aktualisierten Sicherheitsberichten insgesamt 92 Fälle von unerwünschten Arzneimittelreaktionen gefunden; etwa 82 % (76/92) davon waren bei Kindern unter 30 Monaten aufgetreten. 30 Fälle betrafen neurologische Störungen, und es wurden 21 schwerwiegende Fälle mit plausiblem Zusammenhang gemeldet. In den Fällen, in denen ein Zeitintervall angegeben war, waren die neurologischen unerwünschten Arzneimittelreaktionen am Tag des Behandlungsbeginns aufgetreten. Medikationsfehler betrafen 5 neurologische unerwünschte Arzneimittelreaktionen; meistens waren Präparate für Kinder anstelle von Präparaten für Säuglinge verwendet worden. 6 Fälle einer lokalen Reizung und ein Fall einer Rektorrhagie mit unproblematischem Verlauf wurden festgestellt, außerdem 12 Fälle kutaner und 2 Fälle respiratorischer unerwünschter Arzneimittelreaktionen. Der CHMP stellte ferner fest, dass Terpenderivate, die auf anderen Wegen (kutan oder inhalativ) angewendet werden, ebenfalls mit dem Risiko neurologischer, kutaner und lokaler toxischer Reaktionen verbunden sind. Zwar gibt es bezüglich der genannten Aspekte keine direkten Vergleiche der Terpenderivate enthaltenden Suppositorien, und Zäpfchen können für Kinder, die eine Behandlung mit Salben nicht vertragen, eine brauchbare therapeutische Alternative darstellen, dennoch bestätigen die verfügbaren Daten nach Auffassung des CHMP, dass das Sicherheitsprofil der Terpenderivate bei rektaler Anwendung bei Säuglingen und Kindern problematisch ist. Betrachtet man die pharmakologischen Eigenschaften der Terpenderivate aus mechanistischer Sicht, so handelt es sich um unpolare (lipophile) Verbindungen mit einer Affinität zu unpolaren Strukturen im menschlichen Körper. Bei Säuglingen und Kindern, die wenig Fettmasse besitzen, ist dies besonders problematisch, weil die Substanzen stattdessen in das Zentralnervensystem (ZNS) übertreten, das in dieser Altersgruppe praktisch die einzige unpolare Struktur darstellt. Außerdem ist bekannt, dass als Zäpfchen verabreichte Arzneimittel aufgrund der Resorption durch die besonders stark vaskularisierte Rektalschleimhaut systemisch verteilt werden. Der CHMP stellte außerdem fest, dass es aufgrund der begrenzten Datenlage unmöglich ist zu belegen, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen der zugeführten Dosis und den beobachteten unerwünschten Arzneimittelreaktionen gibt. Dies erachtete der CHMP als problematisch, insbesondere bei der Betrachtung der Fälle, in denen Kinder eine nicht angemessene Dosierung oder Zäpfchenzubereitung erhielten, beispielsweise weil die Eltern Zäpfchen, die für ältere Kinder verordnet worden waren, bei jüngeren Kindern oder Säuglingen in der Familie anwandten. Maßnahmen zur Risikominimierung Im Rahmen seiner Untersuchung forderte der CHMP die Inhaber der Genehmigungen für das Inverkehrbringen auf, Risikominimierungsmaßnahmen zur Behebung der festgestellten Risiken vorzuschlagen. Nach Prüfung der von den Inhabers der Genehmigungen für das Inverkehrbringen eingereichten Vorschläge (wie Aufnahme spezifischer Warnhinweise oder niedrigerer Gewichtsgrenzen, Begrenzung der Therapiedauer, Kontraindikation bei anamnestisch bekannten Anfällen/Epilepsien und Hervorhebung des Risikos von Wechselwirkungen mit anderen Terpenderivate enthaltenden Arzneimitteln, durch die das Risiko für neurologische Nebenwirkungen zunimmt) gelangte der CHMP zu der Auffassung, dass neben den vorgeschlagenen Maßnahmen eine Kontraindikation für Kinder unter 30 Monaten erforderlich ist, um das Risikoprofil von Terpenderivate enthaltenden Suppositorien adäquat zu gestalten. Der CHMP hielt es außerdem für erforderlich, die Behandlungsdauer in der verbleibenden pädiatrischen Population, in der das Arzneimittel zugelassen ist, aufgrund des Risikos von rektalem Brennen und den mit der Speicherung der Terpenderivate in Geweben und dem Gehirn (aufgrund ihrer lipophilen Eigenschaften sind Metabolisierungs- und Eliminierungsrate unbekannt) verbundenen Risiken, die zu neuropsychologischen Störungen führen können, auf 3 Tage zu befristen. 14

Nutzen-Risiko-Verhältnis Nach Durchsicht aller von den Inhabern der Genehmigungen für das Inverkehrbringen zur Anwendung Terpenderivate enthaltender Zäpfchen bei Kindern unter 30 Monaten vorgelegten Daten und unter Berücksichtigung der bei der französischen Sicherheitsüberprüfung 2010 erhobenen Daten gelangte der CHMP zu der Auffassung, dass Terpenderivate enthaltende Suppositorien bei Kindern unter 30 Monaten aufgrund der Unreife ihres Zentralnervensystems mit entsprechend erhöhter Anfälligkeit für neurologische toxische Wirkungen zu neurologischen Störungen, insbesondere Krampfanfällen, führen können. Daneben besteht bei Anwendung der Suppositorien auch das Risiko für rektales Brennen. Die von den Inhabern der Genehmigungen für das Inverkehrbringen vorgeschlagenen Risikominimierungsmaßnahmen wurden als unzureichend beurteilt, um das neurologische Risiko bei Kindern unter 30 Monaten auf ein akzeptables Maß zu reduzieren. In der pädiatrischen Population wurde nur eine begrenzte klinisch relevante Wirksamkeit nachgewiesen, für Kinder unter 30 Monaten liegen keine Daten zur Wirksamkeit vor. Infolgedessen vertrat der CHMP unter Berücksichtigung der neurologischen Toxizität sowie anderer unerwünschter Ereignisse in der pädiatrischen Population die Auffassung, dass das Nutzen-Risiko- Verhältnis von Terpenderivate enthaltenden Suppositorien bei Kindern unter 30 Monaten unter normalen Anwendungsbedingungen nicht positiv ist. Änderung der Produktinformation Der CHMP bewertete die von den Inhabern der Genehmigungen für das Inverkehrbringen vorgelegten Vorschläge für eine Überarbeitung der Produktinformation. Insbesondere schwankten die Mindestaltersempfehlungen bei einigen Arzneimitteln von der Neonatalzeit bis hin zu 1 Monat oder sogar 6 Monaten bei anderen. Um diese Diskrepanzen zu beheben und unter Berücksichtigung des Risikos altersbezogener Medikationsfehler beschloss der CHMP, bestimmte Textabschnitte der Produktinformationen zu harmonisieren. Die wesentliche vom CHMP formulierte Änderung, die je nach Relevanz für den Altersbereich der Zielgruppe in die Produktinformation aller Terpenderivate enthaltenden Suppositorien einzuarbeiten ist, betrifft in Abschnitt 4.3 die Aufnahme von Kontraindikationen bei Kindern unter 30 Monaten aufgrund des Risikos neurologischer Störungen, insbesondere von Krampfanfällen, als auch bei Kindern mit anamnestisch bekannten Fieberkrämpfen oder Epilepsien sowie bei Kindern mit erst kurz zurückliegenden anorektalen Läsionen. Außerdem wurde die Anwendungsdauer aufgrund der Risiken durch die Einlagerung von Terpenderivaten in Geweben und Gehirn sowie dem Risiko für rektales Brennen auf 3 Tage begrenzt. Schlussfolgerungen Zur Erstellung seines Gutachtens berücksichtigte der CHMP die Gesamtheit der verfügbaren Daten zur Sicherheit von Terpenderivate enthaltenden Suppositorien in der pädiatrischen Population und stellte dabei fest, dass die Daten zur Wirksamkeit in der pädiatrischen Population begrenzt sind, für Kinder unter 30 Monaten klinische Studien zum Nachweis eines therapeutischen Nutzens fehlen, Terpenderivate bekanntermaßen neurologische Toxizität aufweisen und das Risiko potenziell schwerwiegender neurologischer und lokaler Schäden sowie das Risiko von Medikationsfehlern durch irrtümliche Anwendung der Kinderpräparate bei Säuglingen besteht. Nach Auffassung des CHMP bestätigen die Daten, dass Terpenderivate enthaltende Suppositorien bei Kindern unter 30 Monaten neurologische Störungen, insbesondere Krampfanfälle, auslösen können. Diese Bedenken werden noch verstärkt durch die Tatsache, dass kein direkter Zusammenhang zwischen der Menge der zugeführten Terpenderivate und dem Auftreten oder dem Schweregrad unerwünschter Ereignisse belegt werden konnte. Die klinischen Daten zeigen, dass neurologische Störungen gehäuft bei Kindern unter 30 Monaten aufgrund der Unreife ihres Zentralnervensystems mit entsprechend erhöhter Anfälligkeit für neurologische toxische Wirkungen auftreten. Außerdem wurde in der pädiatrischen Population nur eine begrenzte klinisch relevante Wirksamkeit nachgewiesen, für Kinder unter 30 Monaten liegen keine Daten zur Wirksamkeit vor. Der CHMP gelangte daher zu dem Schluss, dass Terpenderivate enthaltende Suppositorien bei Kindern unter 30 Monaten sowie bei 15

Kindern mit anamnestisch bekannten Epilepsien oder Fieberkrämpfen und bei Kindern mit erst kurz zurückliegenden anorektalen Läsionen kontraindiziert werden sollten. Nach Auffassung des CHMP sollten Genehmigungen für das Inverkehrbringen mit breitem zugelassenem Altersspektrum dahingehend geändert werden, dass die Anwendung bei Kindern unter 30 Monaten kontraindiziert ist, während Genehmigungen für das Inverkehrbringen, die sich ausschließlich auf Kinder unter 30 Monaten beziehen, widerrufen werden sollten. Die Inhaber der Genehmigungen für das Inverkehrbringen und der CHMP einigten sich ferner auf einen Wortlaut für eine Mitteilung an die Fachkreise ( Direct Healthcare Professional Communication, DHPC), die an die relevanten Berufsgruppen im Gesundheitswesen (einschließlich Apotheker) versandt werden sollte, um die Verordnenden über die beschlossenen Kontraindikationen zu informieren. Begründung für den Widerruf der Genehmigung für das Inverkehrbringen bzw. die Änderung relevanter Abschnitte der Zusammenfassungen der Merkmale des Arzneimittels, der Etikettierung und der Packungsbeilage (je nach Altersangabe für die zugelassene Zielpopulation) In Erwägung nachstehender Gründe: Der CHMP prüfte die gesamten verfügbaren Daten einschließlich der französischen Sicherheitsüberprüfung von 2010. Insgesamt sind die Daten zur Wirksamkeit für die pädiatrische Population dünn und für Kinder unter 30 Monaten nicht vorhanden, weshalb der therapeutische Nutzen insgesamt als begrenzt angesehen wurde. Schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelreaktionen (UAR) einschließlich neurologischer Ereignisse, hauptsächlich Krampfanfälle, wurden im Zusammenhang mit der Anwendung Terpenderivate enthaltender Zäpfchen bei Kindern unter 30 Monaten beobachtet. Eine verstärkte neurologische Toxizität bei Kindern unter 30 Monaten wurde als biologisch plausibel beurteilt, da die Unreife ihres Zentralnervensystems zu einer erhöhten Anfälligkeit führt. Eine Dosis-UAR-Beziehung konnte nicht belegt werden und das festgestellte Risiko unerwünschter neurologischer Ereignisse konnte nicht ausreichend durch andere Maßnahmen als eine Kontraindikation für diese Population behoben werden. Der CHMP gelangte zu der Auffassung, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Terpenderivate enthaltenden Suppositorien bei Kindern unter 30 Monaten unter normalen Anwendungsbedingungen nicht positiv ist und die Anwendung daher in dieser Altersgruppe sowie bei Kindern mit anamnestisch bekannten Epilepsien oder Fieberkrämpfen und bei Kindern mit erst kurz zurückliegenden anorektalen Läsionen kontraindiziert werden sollte. empfahl der CHMP den Widerruf bzw. die Änderung (je nach Altersangabe für die zugelassene Zielpopulation) der Genehmigungen für das Inverkehrbringen Terpenderivate enthaltender Suppositorien (siehe Anhang I). Die Änderungen der relevanten Abschnitte der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels, der Etikettierung und der Packungsbeilage sind in Anhang III enthalten. 16