Gedenkkultur nach 1945 in Floridsdorf Mag. Gerhard Jordan Veranstaltung des Bezirksmuseum Floridsdorf aus Anlass des 95. Todestags von Joseph Samuel Bloch und des 80. Jahrestags der Reichspogromnacht 23. Oktober 2018 FOTOS/BILDER: Bezirksmuseum Floridsdorf, Buch Erinnerungen aus meinem Leben (J.S.Bloch), Buch Schauplätze der Geschichte. Floridsdorf 1905-1955 (P.Schubert), Die Grünen Floridsdorf, DÖW, Gerhard Jordan, Johann Schrammel, Günter Wild.
Nationalsozialistischer Terror ab 1938 Reibepartien Plünderungen und Arisierungen Diskriminierung Vertreibung Deportation Zwangsarbeit in (Rüstungs-)Betrieben KZ-Nebenlager in Floridsdorf Todesmärsche Nazi-Schmiererei Reif für Dachau (1938) an der Kunsttischlerei Sinai in der Floridsdorfer Hauptstraße. In der Hopfengasse, beim heutigen FAC-Platz, befand sich das Tor zum KZ-Nebenlager Jedlesee. Auch jüdische ZwangsarbeiterInnen aus Ungarn mussten 1944/45 beim Bau des Hochbunkers in der Gerichtsgasse Sklavenarbeit leisten.
Vergessen und verdrängt - Auslöschung der Jüdische Gemeinde Floridsdorfs - Die Täterschaft wird verdrängt, in Erinnerung bleiben Bombentreffer - Das Jüdische Erbe gerät in Vergessenheit für Jahrzehnte Erste Mahnmale nach dem Zweiten Weltkrieg auf Initiative kommunistischer und sozialistischer Betriebsräte für Opfer des Widerstands in der ArbeiterInnenschaft der Großbetriebe: Straßenbahnremise Gerichtsgasse, Siemens-Werk, Lokomotivfabrik, Nordbahn (ÖBB)-Hauptwerkstätte, Gaswerk Leopoldau
Verkehrsflächen-Benennungen Benennung von Verkehrsflächen nach Opfern des Nazi-Terrors: Matthias-Wagner-Gasse, Mörthgasse (1949), Matthias-Ernst-Pista-Gasse (1960) Erst spät auch nach Frauen: Else Feldmann (1994/2011), Leopoldine Padaurek (2010), Elise und Helene Richter (2008) 1964 Gedenktafel für drei ermordete Angehörige des militärischen Widerstands - Major Karl Biedermann, Hauptmann Alfred Huth, Oberleutnant Rudolf Raschke - beim Eingang des Amtshauses Am Spitz.
Späte Erinnerung an die jüdische Vergangenheit 1988: Die Waldheim-Affäre beschäftigt die Öffentlichkeit. 50 Jahre nach der Reichspogromnacht werden an zahlreichen Standorten zerstörter Synagogen in Wien Gedenktafeln angebracht auch in Floridsdorf. Später stellt sich heraus, dass das Gebäude der ehemaligen Synagoge Ecke Freytaggasse/Holzmeistergasse schon kurz vor dem November 1938 der Jüdischen Gemeinde entzogen wurde. 2010 verschwindet die Tafel bei einem Umbau und wird 2012 durch eine neue ersetzt, die dem aktuellen Forschungsstand Rechnung trägt.
Pionierarbeit des Gymnasiums Ödenburger Straße Ab 1996 Projekt Schulen adoptieren Monumente SchülerInnen und Lehrer (Mag. Johann Schrammel, Mag. Karl Wurm) des Gymnasiums Ödenburger Straße 74 beschäftigen sich mit dem fast in Vergessenheit geratenen (1877 eröffneten) Jüdischen Friedhof in der Ruthnergasse: Befreiung von Unkraut, Kartierung mit Hilfe von Johann Orth, Erforschung des Schicksals der auf dem Friedhof beerdigten Gemeindemitglieder, Kontaktaufnahme mit Nachkommen, Präsentation des Projekts national und international
Der erste Floridsdorfer Rabbiner wird gewürdigt 1993: Vorschlag, eine Verkehrsfläche im Zentrum von Floridsdorf nach Joseph Samuel Bloch (1850-1923), ab 1880 erster Rabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Floridsdorf, zu benennen, eingebracht. 2002: Die Benennung der Parkanlage auf dem Hoßplatz wird beschlossen, Gedenkfeier am 8. Mai 2002.
Ab 1990er Jahre: Benennungen von Parks und Schulen 1997: Friessnegg-Park an der Leopoldauer Straße und Paul-Grüninger-Schule in der Hanreitergasse benannt nach Gerechten, die einer ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiterin bzw. jüdischen Flüchtlingen aus Österreich das Leben retteten. 2006: Die Benennung des Gymnasiums in der Gerasdorfer Straße 103 ehrt mit Ella Lingens eine Retterin und Verfolgte. 2007: Der Grete und Otto Ascher-Park beim Karl-Seitz-Hof erinnert an Verfolgte, die Ende 1938 in die Schweiz flüchten konnten und nach ihrer Rückkehr viele Jahrzehnte in Floridsdorf lebten und sich sozial engagierten.
Niemals vergessen! Der Verein Niemals vergessen errichtete im Mai 2000 einen Gedenkstein vor dem Bezirksmuseum in der Prager Straße 33, der an die KZ-Nebenlager im 21. Bezirk erinnern soll, und eine Metall-Stele beim Brunnen Am Spitz mit dem Hinweis auf die Hinrichtung von Biedermann, Huth und Raschke am 8. April 1945. Auch Metallplatten vor Häusern (z.b. Brünner Straße 45 und Leopoldauer Straße 12) machen Opfer der NS-Diktatur sichtbar.
Kulturell-wissenschaftliche Beiträge Zu der Aufarbeitung und Bewusstmachung der Vergangenheit tragen sowohl wissenschaftliche Arbeiten als auch kulturelle Veranstaltungen bei, z.b. - mehrere Bücher des Historikers Dr. Peter Schubert, - das Projekt Memento Floridsdorf des DÖW (2018) mit der Dokumentierung aller jüdischen Opfer des NS-Regimes im 21. Bezirk, - die Jüdischen Impressionen und andere Aktivitäten des Kulturverein Transdanubien.
Zivilgesellschaftliche Initiativen - Der Verein Steine der Erinnerung hat auch im 21. Bezirk zwei Stationen der Erinnerung eröffnet beim Joseph Samuel Bloch-Park (2013) und in der Donaufelder Straße 19 (2017). - Die 2011 gegründete Überparteiliche Gedenkplattform Transdanubien organisiert alljährlich im Frühjahr Veranstaltungen, bei denen Themen der Floridsdorfer und Donaustädter Bezirks- Geschichte mit dem Engagement gegen Rechtsextremismus verbunden werden (z.b. im Jahr 2015 eine Gedenkwanderung zum 70. Jahrestag der Befreiung Transdanubiens entlang der Prager Straße).