Johannes Proksch Oktober 2007 Universität Würzburg, VWL Erfahrungsbericht über meinen Studienaufenthalt in Uppsala (Schweden) Von August 2006 bis Juni 2007 (Fach Volkswirtschaftslehre) 1.An- und Einreise 2.Unterbringung und Verpflegung 3.Sprachkurs 4.Studium 5.Freizeit 1.An-und Einreise Die Einreise nach Schweden unterliegt mittlerweile aus EU-Staaten wie Deutschland keinerlei besonderen Bestimmungen mehr, sie ist völlig problemlos und ohne Auflagen und Kontrollen. Wer länger als 3 Monate in Schweden bleiben möchte muss sich allerdings beim Migrationsverket melden und dort eine Bestätigung der Universität Uppsala über den Studienaufenthalt sowie den Ausweis vorlegen, man bekommt dann automatisch eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt. Zur Anreise: Der beste Weg nach Uppsala ist auf jeden Fall das Flugzeug. Am besten fliegt man den Stockholmer Hauptflughafen Arlanda an (Zwischen Stockholm und Uppsala), der sogar näher an Uppsala liegt als an Stockholm. Von dort kann man mit dem Zug (Upptâget) in 20 Minuten für 95 SEK (Schwedische Kronen) oder mit dem Bus in ca. 40 Minuten für 90 SEK (Abfahrt von jedem der fünf Terminals) nach Uppsala fahren. Der Flughafen Arlanda wird unter anderem von folgenden Airlines aus Deutschland zu günstigen Preisen angeflogen: TUIfly, Lufthansa, Air Berlin und German Wings. Der Flughafen Skavsta, der von Ryan Air angeflogen wird, befindet sich dagegen ca. 100 km südlich von Stockholm und ist daher meiner Meinung nach zumindest bei der Anreise nicht zu empfehlen, weil man von dort noch eine lange Reise (mit viel Gepäck) bis Uppsala hat. Zunächst mit dem Bus nach Stockholm und dann weiter mit Zug oder Bus nach Uppsala. 2.Unterbringung und Verpflegung Es gibt mehrere Möglichkeiten für Austauschstudenten in Uppsala zu wohnen: Hotel Uppsala: Hier habe ich selbst den ganzen Zeitraum über gewohnt. Es handelt sich hierbei tatsächlich um ein Hotel (sehr zentral gelegen!), das einen abgetrennten Bereich vom normalen Hotelbetrieb mit zwei ausschließlich für Austauschstudenten reservierten Gängen hat. Diese haben je ca. 20 Zimmer (davon ein Doppelzimmer für 2 Studenten) für insgesamt 49 Studenten. Es liegt sehr zentral in der Stadt in der Nähe des Bahnhofes oder der Einkaufsstrasse und ist allein von der Lage her die beste Wohnalternative. Im Hotel Uppsala
wohnen ausschließlich Austauschstudenten, wer also zusammen mit schwedischen Studenten wohnen möchte, der sollte nicht ins Hotel Uppsala ziehen. Andererseits hat es wieder einen besonderen Reiz, denn so lernt man gerade am Anfang jede Menge Leute aus verschiedenen Ländern kennen, mit denen man schnell Kontakte knüpft und Freundschaften schließt. Die Miete beträgt für jedes Einzelzimmer (ca. 20m², möbliert mit kleiner Küche und eigenem, abgetrenntem Bad) 3350 SEK im Monat (ca. 400 ). Studentstaden: Die beliebteste Wohnmöglichkeit Rackarberget gehört zu Studentstaden. Es befindet sich direkt hinter dem Ekonomikum, also dem Universitätsgebäude für Wirtschaftsstudenten und liegt noch einigermaßen zentral im Stadtgebiet. Hier wohnt man meist zusammen mit schwedischen Studenten zusammen in einer WG, was für schwedisch lernen natürlich eine sehr gute Alternative darstellt. Der Mietpreis liegt etwas unter dem vom Hotel Uppsala. (ab 2700 bis ca. 3100 SEK). Tipp: Wer gerne in Rackarberget wohnen möchte, sollte dies bei der Anmeldung dazuschreiben, weil man sich normal nur für Studenstaden bewerben kann, das aber neben Rackarberget noch zahlreiche andere, aber weniger attraktivere Wohnmöglichkeiten beinhaltet! Flogsta: Flogsta ist ein riesiges Studentenviertel mit zahlreichen großen Häusern in denen auch nur Studenten wohnen (vergleichbar mit Studentenstadt in München), sowohl schwedische als auch Austauschstudenten. Flogsta liegt ca. 3km ausserhalb vom Stadtzentrum, was vor allem im Winter den Nachteil hat, dass man aus der Stadt einen weiten Nachhauseweg mit Bus oder Fahrrad hat. Allerdings ist in Flogsta selbst auch enorm viel los aufgrund der Vielzahl von Studenten. Hier finden zahlreiche Partys statt, im Sommer meist auf den Dächern der Häuser. Darüber hinaus gibt es hier eine alte Tradition: Jeden Abend um 22 Uhr werden die Fenster geöffnet und der Flogsta-Skriket vollzogen: der sog. Flogsta-Schrei. Wohnmöglichkeiten wie Lilla Sunnersta kann ich nicht empfehlen. Man wohnt viel zu weit ausserhalb der Stadt und hat somit kaum Anschluss an das eigentliche Leben in Uppsala. Man muss jedes mal mit dem Bus in die Stadt fahren was nicht nur Zeit sondern auch eine Menge Geld kostet. Verpflegung: In Uppsala gibt es keine Mensa wie es sie in Deutschland in den meisten Universitäten gibt. An den jeweiligen Fakultäten, die meist eigene Gebäude haben, gibt es aber meist Cafeterias, an denen man auch warm essen kann. Allerdings sind diese auch nicht gerade billig. Es gibt aber meistens die Möglichkeit, mitgebrachte Speisen dort in Mikrowellen zu erwärmen, was viele Studenten auch nutzen. 3.Sprachkurs Jeder Erasmusstudent erhält kostenlos die Möglichkeit für 1 Semester an einem Schwedischkurs teilzunehmen. Dieses Angebot nimmt normalerweise auch so gut wie jeder wahr, weil es wirklich eine gute Gelegenheit ist nicht nur die Sprache zu lernen, sondern auch etwas über das Land an sich und man auch hier wieder neue Leute kennen lernt, die ein ganz anderes Fach studieren und woanders wohnen als man selbst. Für Studenten, die bereits Schwedischkenntnisse haben, gibt es zuvor einen Einstufungstest (schriftlich), der festlegt, in welchem Kurs man aufgenommen wird: Schwedisch 1, 1+, 2 oder 3. Der Anfängerkurs ohne jegliche Vorkenntnisse ist Schwedisch 1.
Am Ende des Kurses muss man einen Hör- und Versteh-Test ablegen (mit Kopfhörern) sowie eine schriftliche Klausur. Der bestandene Kurs wird mit 7,5 ECTS Punkten bewertet. Die Kurse finden zwei mal wöchentlich statt (entweder Montag und Mittwoch oder Dienstag und Donnerstag). 4. Studium Allgemein: In Schweden ist das Semester in 4 (Zeit-) Perioden aufgeteilt, von denen jede ca. 4-5 Wochen dauert. Pro Periode wird entweder nur ein Kurs mit 10 schwedischen Punkten (15 ECTS) oder ein/zwei Kurse mit je 5 schwedischen Leistungspunkten (je 7,5 ECTS) belegt. Es gibt also keinen festen Stundenplan wie in Deutschland, bei dem pro Woche zu einer festen Zeit Vorlesungen von jedem Fach stattfinden, sondern es gibt einen fertigen Kursplan mit verschiedenen festgelegten Zeiten der Vorlesungen und Seminare. BWL und VWL Kurse finden im Ekonomikum statt. Dieses Gebäude für Wirtschaftswissenschaften ist recht neu und mit einer modernen Bibliothek und zahlreichen PC s ausgestattet. Man erhält zu Studiumsbeginn eine Plastik-Karte, mit der man auch an Wochenenden oder nachts immer Zutritt zur Uni hat. Betriebswirtschafts-Kurse: Die BWL-Kurse haben oft keine typischen Vorlesungen, sondern finden oft in Form von Seminaren statt, in denen man viel Präsentationen und Referate zu machen hat, oft Gruppenarbeit bewältigen muss und Papers/Articles verfassen und präsentieren muss. Dies fliesst meist in die Notengebung für den Kurs mit ein. Aber auch Vorlesungen mit anschließender Klausur sind je nach Fach möglich. Volkswirtschafts-Kurse: VWL-Kurse sind meist in Form von Vorlesungen mit anschließender Klausur über den gesamten Stoff. Vorlesungen dauern meistens ca. 3-4 Stunden (mit Pausen).
Links zu den Betriebs- und Volkswirtschaftlichen Instituten: BWL: www.fek.uu.se VWL: www.nek.uu.se Eine Auswahl von Fächern: Business (BWL) Entrepreneurship International Marketing Marketing of Services Management and Organization Leadership Company Valuation Market Strategy Management Control and IT Economics (VWL) Public Economics International Macroeconomics Real Estate Economics Financial Economics Microeconomic Theory Macroeconomic Theory Gender and Economics Unter http://www.fek.uu.se/student/index.asp?page=english_programme_autumn kann man das gesamte Vorlesungsverzeichnis für Kurse auf Englisch im Wintersemester 2007 ansehen. Klausuren in Economics dauern in der Regel 5 Stunden. Sie finden meist in den Schreibsälen der Uni in der Straße Gimogatan statt. Ich selbst habe im Bereich der BWL den Kurs Entrepreneurship belegt, der mir bei Frau Prof. Meyer als ABWL Schein anerkannt wurde. Ebenso wäre mir Leadership bei Frau Prof. Meyer hierfür anerkannt worden. Die ersten vier in der Tabelle genannten VWL-Kurse habe ich ebenfalls belegt, wobei mir Financial Economics als ABWL Schein bei Herrn Prof. Wenger und International Macroeconomics als AVWL Schein bei Herr Prof. Wälde anerkannt wurden. Real Estate Economics konnte ich als AVWL Platzhalter ebenfalls anerkennen lassen und Public Economics bei Herrn Prof. Fehr als vierte Zusatzleistung im Schwerpunktfach Finanzwissenschaft. Die Vielzahl der BWL Kurse und vor allem das Angebot an Marketing Kursen ist vermutlich vor allem für Studenten interessant, die in Würzburg Marketing als Schwerpunktfach gewählt haben. Grundsätzlich sollte vor Belegung des Kurses mit den Professoren geklärt werden, ob eine Scheinanrechnung gewährleistet werden kann. 5.Freizeit Ausgehen/Partys/Kneipen: Studiert man in Uppsala, muss man verpflichtend in eine der 13 Studenten-Nationen eintreten. Diese sind jeweils nach Schwedischen Regionen oder Städten benannt. Schwedische Studenten wählen ihre Nation in der Regel nach ihrer Heimat aus, Austauschstudenten haben freie Wahl der Nation. Die Nationen organisieren für die Studenten Willkommens- und Einstiegsveranstaltungen, organisieren Partys und Bälle und betreiben alle einen Pub. Diese Pubs der 13 Nationen haben das Sonderrecht, Alkohol verbilligt abzugeben, allerdings ausschließlich an Studenten, weswegen dies auch strengstens kontrolliert wird. Ohne Mitgliedschaft in einer der Nationen kommt man also weder auf Partys, noch hat man Zutritt
zu den günstigen Kneipen (Bierpreise ab ca. 20 SEK, zum Vergleich: In den normalen Kneipen und Cafes der Stadt zahlt man für ein Bier immer mindestens 50 SEK). Manche Nationen bieten zudem einen einigermaßen günstigen Mittagstisch. Die Nationen sind keine Verbindungen wie man sie aus Deutschland kennt!! Sie sind Tradition in Uppsala und aus dem Studentenleben wirklich nicht wegzudenken! Solche Nationen gibt es im übrigen nur in Lund und in Uppsala. Einen Überblick über die Nationen erhält man hier: http://www.kuratorskonventet.se/index.php?id=4841 Sport: Es gibt zwei Sporthäuser, Stället und Svettis, bei denen man als Student verbilligt an Kursen teilnehmen kann, ins Fitnesstudio oder in die Sauna gehen kann sowie Ballsportarten wie Fussball, Volleyball, Basketball, Indoor Hockey, usw. spielen kann. Der Preis für ein ganzes Semester im Svettis bspw. Beträgt ca. 700SEK. Man kann dann so oft man will das Angebot dort nutzen. Stockholm: Wer in Uppsala studiert, wird auf jeden Fall des öfteren mal nach Stockholm fahren. Nur 40 Minuten mit dem Zug von Uppsala entfernt ist man mitten in der City in Skandinaviens Hauptstadt. Allein schon die traumhafte Lage Stockholms zwischen dem Mälarsee (Süßwasser-See) und der Ostsee bestimmt das einzigartige Flair dieser Stadt. Umgeben vom Wasser mit zahlreichen Inseln und Stadtteilen ist Stockholm vor allem im Sommer äußerst sehenswert. Einige der Sehenswürdigkeiten Stockholms: Gamla Stan (Altstadt), Königshaus, Vasa Museum, Schloss Drottningholm, Skansen, Tivoli, Schären, usw.: www.stockholm.se
Ausflüge: - Mälarsee, ca. 10km südlich von Uppsala und mit den Stadtbussen in ca. 25 min erreichbar, kann man hier im Sommer wunderschön baden, grillen oder angeln, im Winter kann man hier auch problemslos Eis laufen. - Der Flughafen Arlanda bietet einem natürlich hervorragende Möglichkeiten, Skandinavien mit Billig - Airlines zu erkunden. Flüge nach Kopenhagen, Oslo, Riga usw. gehen täglich u.a. mit folgenden Gesellschaften: www.sterling.dk, www.flynordic.com, www.norwegian.no, www.blue1.com - Mit seinen über 90 000 Seen kann man in Schweden natürlich wunderbar baden. Doch das Paradies ist Schweden mit Sicherheit für Angler. Das Meeresangeln und das Angeln an den 5 größten Seen (darunter auch der Mälarsee bei Uppsala) ist kostenlos, an allen anderen Seen ist meist eine Gebühr zu entrichten. Angelschein wird dazu keiner benötigt! - Es werden auch organisierte Trips nach Russland (St.Petersburg und Moskau) für Erasmusstudenten angeboten! - Zahlreiche Fähren bringen einen nach Finnland (Turku und Helsinki), Estland (Tallin), Lettland (Riga), Litauen (Vilnius) oder auf die größte schwedische Insel Gotland. - Nordschweden, nördlich des Polarkreises, bietet natürlich besondere Naturereignisse. Im Winter wird es hier fast gar nicht mehr hell, im Sommer dagegen gibt es hier eigentlich keine Dunkelheit. Reizvoller ist aber wohl der Winter. Man kann Polarlichter beobachten sowie Ausflüge mit Schneemobilen oder Hundeschlittentouren buchen! Von Uppsala aus kann man mit den Connex Zügen (Fahrtzeit 16 Stunden) über Nacht nach Kiruna fahren und dort den dunklen Winter hautnah miterleben. Es gibt wirklich zahlreiche Möglichkeiten für Ausflüge und Reisen von Uppsala aus, von denen man meiner Meinung nach so viele möglich machen sollte, denn Skandinavien und das Baltikum sind wirklich einzigartig. Einen Auslandsaufenthalt in Uppsala kann ich jedem nur empfehlen. Es war eine unvergessliche Zeit in einer sehr jungen, schönen Stadt. Ich würde allerdings jedem raten, nicht nur für ein Semester dort zu bleiben. Ich kenne einige Leute, die ihren eigentlich als halbjährig geplanten Aufenthalt auf ein Jahr verlängert haben oder es sehr bereuten, nicht länger dort bleiben zu können. Nach einem Semester Studium in Uppsala (von September bis Januar), hat man sich gerade gut eingelebt, so dass eine Rückkehr nach einem Semester wenig Sinn macht.