Gleichgeschlechtliche Elternschaft im Abstammungsrecht

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Transkript:

Gleichgeschlechtliche Elternschaft im Abstammungsrecht 2017 Deutscher Bundestag

Seite 2 Gleichgeschlechtliche Elternschaft im Abstammungsrecht Aktenzeichen: Abschluss der Arbeit: 20. November 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen.

Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Überblick 4 2. Rechtslage in Deutschland 5 2.1. Elternschaft 5 2.2. Sonstige Bezugspersonen 5 2.3. Ersatz- bzw. Leihmutterschaft 7 3. Reformvorschläge des Arbeitskreises Abstammungsrecht 8

Seite 4 1. Überblick Personen gleichen Geschlechts konnten seit 2001 eine sog. eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. 1 Mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 2 ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) 3 dahin gehend geändert worden, dass auch zwei gleichgeschlechtliche Personen eine Ehe eingehen können 4. Paare, die bereits eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen sind, können diese in eine Ehe umwandeln. 5 Ansonsten besteht die eingetragene Lebenspartnerschaft fort. Neue eingetragene Lebenspartnerschaften können aber nicht mehr geschlossen werden. 6 Eingetragene Lebenspartner wie auch gleichgeschlechtliche Ehepaare können durch Adoption Eltern eines gemeinsamen Kindes werden, allerdings mit Unterschieden im Verfahren. Die Zuordnung eines Kindes zu zwei gleichgeschlechtlichen Personen bei oder unmittelbar nach der Geburt ist von den Regelungen des deutschen Abstammungsrechts aber ebenso wenig vorgesehen wie die Zuordnung von mehr als zwei Elternteilen. Dieses geht von Mutter, einer Frau, und Vater, einem Mann, aus (siehe unten bei 2.1). Ein vom Bundesjustizministerium eingesetzter Arbeitskreis hat im Juli 2017 einen Bericht 7 vorgelegt, in dem empfohlen wird, dass Abstammungsrecht dahin gehend zu ändern, dass dem Kind unter bestimmten Voraussetzungen eine Mit-Mutter anstelle eines Vaters als Elternteil zugeordnet wird (siehe unten bei 3.). 1 Vgl. 1 des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz LPartG] vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2787). 2 Vgl. Art. 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2787). 3 In der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2787); online auch auf Englisch, wenn auch nur auf dem Stand vom 1. Oktober 2013 abrufbar unter http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/index.html (letzter Zugriff 20. November 2017). 4 Vgl. 1353 Absatz 1 Satz 1 BGB. 5 20a LPartG. 6 Art. 3 Absatz 3 des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2787). 7 Arbeitskreis Abstammungsrecht, Abschlussbericht, Empfehlungen für eine Reform des Abstammungsrechts, hrsg. vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Köln 2017 (online abrufbar unter https://www.bmjv.de/shareddocs/downloads/de/artikel/07042017_ak_abstimmung_abschlussbericht.pdf? blob=publicationfile&v=4; letzter Zugriff 20. November 2017).

Seite 5 2. Rechtslage in Deutschland 2.1. Elternschaft Die Zuordnung eines Kindes zu Eltern gleichen Geschlechts bei oder unmittelbar nach der Geburt ist nach den im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Vorschriften des deutschen Abstammungsrechts 8 nicht möglich. Hiernach kann das Kind nur zwei Eltern haben, nämlich eine Mutter und einen Vater. 9 Die Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat. 10 Der Vater ist der Mann, der entweder mit der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet war, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist. 11 Eine gleichgeschlechtliche Elternschaft kann aber durch Adoption 12, durch Geschlechtsumwandlung eines der beiden Elternteile 13 oder aufgrund der Anerkennung ausländischer Gerichtsentscheidungen 14 zustande kommen. 2.2. Sonstige Bezugspersonen Die rechtliche Zuordnung weiterer Elternteile ist im geltenden Recht nicht vorgesehen. Personen, die aus bestimmten Gründen eine besondere Nähe zu dem Kind aufweisen, können jedoch verschiedene im weitesten Sinne elternähnliche Rechte 15 in Bezug auf das Kind haben. So hat der leibliche Vater, der nicht zugleich der rechtliche Vater ist, ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient und er ein ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat. Unter der letztgenannten Voraussetzung hat er ferner ein Recht auf Auskunft 8 1591 bis 1600d BGB. 9 1591, 1592 BGB. 10 1591 BGB. 11 1592 BGB. 12 Vgl. 1741 Absatz 2, 1353 Absatz 1 Satz 1 BGB; 9 Absätze 5 und 6 LPartG. 13 Vgl. 11 des Transsexuellengesetzes vom 10. September 1980 (BGBl. I. S. 1654), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 3 des Gesetztes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2787). 14 Vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10. Dezember 2014 XII ZB 463/13; online abrufbar unter http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?gericht=bgh&art=pm&datum=2014&sort=3&nr=69759&linked=bes&blank=1&file=dokument.pdf; letzter Zugriff 20. November 2017); Arbeitskreis S. 37. 15 Der Arbeitskreis Abstammungsrecht spricht von [e]rste[n] Ansätze[n] für einen [ ] subsidiären Elternstatus (a.a.o. S. 77).

Seite 6 von jedem Elternteil über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, soweit er ein berechtigtes Interesse hat und dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. 16 Ein Recht auf Umgang mit dem Kind haben auch die Großeltern und Geschwister, wenn der Umgang dem Wohl des Kindes dient. 17 Unter dieser Voraussetzung haben auch enge Bezugspersonen ein Umgangsrecht, wenn sie für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben. 18 Eine derartige sozial-familiäre Beziehung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat. 19 Personen, die mit einem allein sorgeberechtigten Elternteil verheiratet sind oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft führen, aber nicht Elternteil des Kindes sind, können im Einvernehmen mit ihrem Ehegatten bzw. Lebenspartner in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes mitentscheiden. 20 Dieses sog. kleine Sorgerecht 21 besteht nicht bzw. entfällt, wenn die Ehegatten bzw. Lebenspartner nicht nur vorübergehend getrennt leben. 22 Hat ein Kind längere Zeit in einem Haushalt mit einem Elternteil und dessen Ehegatten bzw. Lebenspartner gelebt und will der andere Elternteil, z.b. nach dem Tod des ersten Elternteils, das Kind dem Ehegatten oder Lebenspartner, mit dem das Kind zusammengelebt hat, wegnehmen, so kann das Familiengericht anordnen, dass das Kind bei Letzterem verbleibt. 23 Voraussetzung ist, dass die Wegnahme das Wohl des Kindes gefährden würde. 24 Entsprechendes gilt, wenn das Kind längere Zeit in einem Haushalt mit einem Elternteil und Großeltern oder volljährigen Geschwistern gelebt hat. 25 Lebt ein Kind seit längerer Zeit in Familienpflege und wollen die Eltern das Kind von der Pflegeperson wegnehmen, so kann das Familiengericht ebenfalls anordnen, dass das Kind bei der Pflegeperson verbleibt, wenn und solange das Kindeswohl durch die Wegnahme gefährdet würde. 26 16 1686a BGB. 17 1685 Absatz 1 BGB. 18 1685 Absatz 2 Satz 1 BGB. 19 1685 Absatz 2 Satz 2 BGB. 20 1687b Absatz 1 Satz 1 BGB; 9 Absatz 1 Satz 1 LPartG. 21 Arbeitskreis S. 77. 22 1687b Absatz 4 BGB; 9 Absatz 4 LPartG. 23 1682 BGB. 24 1682 BGB. 25 1682 Satz 2, 1685 Absatz 1 BGB. 26 1632 Absatz 4 BGB.

Seite 7 2.3. Ersatz- bzw. Leihmutterschaft Ersatz- bzw. Leihmutterschaft 27 ist in Deutschland verboten. 28 Wer es es unternimmt, bei einer Frau, welche bereit ist, ihr Kind nach der Geburt Dritten auf Dauer zu überlassen (Ersatzmutter), eine künstliche Befruchtung durchzuführen oder auf sie einen menschlichen Embryo zu übertragen, begeht eine Straftat. 29 Gleiches gilt für die Vermittlung von Leih- bzw. Ersatzmüttern, 30 wobei hier auch die Variante der natürlichen Befruchtung erfasst ist 31. Nicht bestraft werden allerdings die Leih- bzw. Ersatzmutter und die Personen, die das Kind auf Dauer bei sich aufnehmen wollen, die sog. Bestelleltern. 32 Die abstammungsrechtliche Zuordnung von Kindern, die auf diese Weise entstanden sind, richtet sich nach den allgemeinen Regeln 33. Mutter des Kindes ist hiernach die Leih- bzw. Ersatzmutter, da sie das Kind geboren hat, 34 nicht die Frau, welche das Kind bestellt hat und deren Eizelle der Leihmutter gegebenenfalls eingepflanzt wurde. 35 Die Regelung, dass Mutter des Kindes stets die Frau ist, die es geboren hat, wurde 1998 auch mit dem Ziel geschaffen, Leihmutterschaften zu verhindern. 36 Wurde die Leihmutterschaft legal im Ausland durchgeführt und wurden dem Kind nach dem anwendbaren ausländischen Recht andere Eltern zugeordnet als die nach deutschem Recht zuzuordnenden, so ist es grundsätzlich jedoch möglich, dass diese ausländische Zuordnung auch in Deutschland maßgebend bleibt. 37 So hat der Bundesgerichtshof bei einer in Kaliforniern durchgeführten Leihmutterschaft die Entscheidung eines kalifornischen Gerichts anerkannt, wonach die 27 Der Gesetzgeber spricht von Ersatzmutterschaft (siehe Fn. 29 f.), der Arbeitskreis Abstammungsrecht von Leihmutterschaft (a.a.o. S. 37). 28 Arbeitskreis S. 37. 29 1 Absatz 1 Nummer 7 des Gesetzes zum Schutze von Embryonen (ESchG) vom 13. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2746), zuletzt geändert durch Art. 1 des Präimplantationsdiagnostikgesetzes vom 21. November 2011 (BGBl. I S. 2228). 30 Vgl. 14b Absätze 1 und 2 des Gesetzes über die Vermittlung der Annahme als Kind und über das Verbot der Vermittlung von Ersatzmüttern (Adoptionsvermittlungsgesetz AdVermiG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Dezember 2001 (BGBl. 2002 I S. 354), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010). 31 13a Nr. 1 AdVermiG. 32 1 Absatz 2 Nummer 2 ESchG; 14b Absatz 3 AdVermiG. 33 Oben bei 2.1. 34 Vgl. 1591 BGB. 35 Arbeitskreis S. 36 f. 36 Bundestagsdrucksache 13/4899 S. 82; Arbeitskreis S. 33. 37 Vgl. Arbeitskreis S. 37.

Seite 8 in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft lebenden Männer, für die die Leihmutter das Kind ausgetragen hatte, dessen Eltern seien. 38 3. Reformvorschläge des Arbeitskreises Abstammungsrecht Im Februar 2015 hat der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz einen aus elf Sachverständigen bestehenden Arbeitskreis eingesetzt, um Reformbedarf im Abstammungsrecht zu prüfen. Anlass waren die Vielfalt der heutigen Familienkonstellationen und die Entwicklungen im Bereich der Reproduktionsmedizin. 39 Im Juli 2017 hat der Arbeitskreis einen Bericht vorgelegt, in dem Reformvorschläge unterbreitet werden, deren Umsetzung eine gleichgeschlechtliche Elternschaft bei oder unmittelbar nach der Geburt ermöglichen würde. Die Empfehlungen des Arbeitskreises sind bis jetzt nicht in einen Gesetzentwurf überführt und in den Bundestag eingebracht worden. Nach den Empfehlungen des Arbeitskreises soll es zwar auch künftig dabei bleiben, dass ein Kind höchstens zwei Eltern hat 40 und dass ein Elternteil stets die Frau ist, welche das Kind geboren hat 41. Als zweiter Elternteil neben der Mutter soll dem Kind jedoch anstelle eines Vaters auch eine Frau als sog. Mit-Mutter zugeordnet werden können. 42 In Anlehnung an die bestehenden Regelungen über die Vaterschaft soll Mit-Mutter die Frau sein, die entweder bei Geburt des Kindes mit der Mutter eine Lebenspartnerschaft 43 führt, die die Elternschaft anerkannt hat oder deren Elternschaft gerichtlich festgestellt worden ist. 44 Bei der zuletzt genannten Variante, der gerichtlichen Feststellung, ist an Fälle ärztlich assistierter Fortpflanzung unter Verwendung einer Samenspende gedacht. 45 Als zweiter Elternteil gerichtlich festgestellt werden soll in diesen Fällen die Person Mann oder Frau, die in die ärztlich assistierte Fortpflanzung eingewilligt hat, 46 da sie damit ihre Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung für das gezeugte Kind erklärt habe 47. 38 Vgl. Bundesgerichtshof (Fn. 14). 39 Arbeitskreis S. 13. 40 Arbeitskreis S. 16, 30, 75 ff. 41 Arbeitskreis S. 30, 34 ff. 42 Arbeitskreis S. 15, 70 ff. 43 Die letzte Sitzung des Arbeitskreises war im April 2017 (Arbeitskreis S. 19), also vor der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare im Juli 2017 (siehe oben Fn. 1). 44 Arbeitskreis S. 15, 70 ff. 45 Arbeitskreis S. 68 f., 70 (These 51), 72 (These 57). 46 Arbeitskreis S. 72. 47 Vgl. Arbeitskreis S. 70, 72 (These 57) in Verbindung mit S. 57, 61 (Thesen 34 ff., 41 f.).

Seite 9 Am Verbot der Leihmutterschaft soll sich nach dem Willen des Arbeitskreises nichts ändern. Allerdings empfiehlt er, die Frage der Anerkennung einer im Ausland vorgenommenen rechtlichen Eltern-Kind-Zuordnung im Anschluss an eine nach dortigem Recht legal durchgeführte Leihmutterschaft klarer als bisher zu regeln. 48 *** 48 Arbeitskreis S. 38 f.