Praxisticker Nr. 587: Sonderausgabenabzug bei selbst getragenen Krankheitskosten

Ähnliche Dokumente
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 25. Januar K 864/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Sonderausgabenabzug bei Basisschutz durch zeitgleiche gesetzliche und private Krankenversicherung

Leitsätze. Tenor. Tatbestand

2. Der Abzug der nicht als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge als außergewöhnliche Belastung scheidet ebenfalls aus.

Finanzgericht Köln, 14 K 2643/16

Zur mehrfachen Nutzung des Höchstbetrages in 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG i.d.f. des JStG 2010

Finanzgericht Münster, 5 K 149/14 E

Negative Unterschiedsbeträge bei Wegen zwischen Wohnung und Betriebsstätte

EStG 40b Abs. 1 und Abs. 2, 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LStDV 2 Abs. 2 Nr. 3

Doppelte Haushaltsführung Hauptwohnung am Beschäftigungsort

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: III R 29/07

DNotI. Dokumentnummer: letzte Aktualisierung: BFH, IX R 24/03. EStG 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 7, 7 Abs.

Kindergeld i.s. des 33a Abs. 1 Satz 3 EStG umfasst auch nach ausländischem Recht gezahlte kindergeldähnliche Leistungen.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 23. September 2013, 7 K 1549/13 E. T e n o r

Ein Leiharbeitnehmer verfügt typischerweise nicht über eine regelmäßige Arbeitsstätte. EStG 9 Abs. 5, 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.

Abzug von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung

BFH Urteil vom IX R 46/14 (veröffentlicht am )

BUNDESFINANZHOF. EStG 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 19 Abs. 1 Nr. 1. Urteil vom 17. August 2005 IX R 10/05

BUNDESFINANZHOF. Urteil vom 11. März 2009 XI R 69/07. Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 7. April K 5764/04 U (EFG 2008, 495)

BUNDESFINANZHOF. EStG 7g Abs. 3, 5, 34 UmwStG 20, 22. Urteil vom 10. November 2004 XI R 69/03

Einlage: Ermittlung der kapitalertragsteuerpflichtigen Einkünfte bei steuerrechtlichem Verlustvortrag eines Betriebs gewerblicher Art

BUNDESFINANZHOF. EStG 3 Nr. 9. Urteil vom 10. November 2004 XI R 51/03. Vorinstanz: FG Sachsen-Anhalt vom 5. Dezember K 10881/98

Berichtigungsmöglichkeit nach 129 AO bei Abweichen des erklärten Arbeitslohns von dem elektronisch beigestellten Arbeitslohn

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: XI R 10/04

Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrags beim Abzug von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VI R 78/10

BUNDESFINANZHOF. EStG 9 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, 21 Abs. 2, 52 Abs. 21 Satz 2. Urteil vom 12. Oktober 2005 IX R 28/04

Leitsätze. Tenor. Tatbestand

Kürzung des Vorwegabzugs beim Gesellschafter-Geschäftsführer im Fall einer arbeitnehmerfinanzierten Unterstützungskassenzusage

Geschäftsanteil: Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber bei Anteilsveräußerung

BGH, Urteil vom 5. März VI R 58/06. Aus den Gründen:

Rechtsprechung der niedersächsischen Justiz

Ausland: In den Niederlanden erzielte Einkünfte eines Belastingadviseurs unterliegen dem Progressionsvorbehalt

BUNDESFINANZHOF. EStG 8 Abs. 1, 8 Abs. 2 Satz 2, 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1. Urteil vom 18. Dezember 2008 VI R 34/07

Sonderausgabenabzug nach 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG für vom Erben nachgezahlte Kirchensteuer

Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung durch 56 Satz 2 EStDV

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: XI R 55/01

FG Köln Urteil vom K 2892/14

Berechtigung zur Vornahme von AfA bei mittelbarer Grundstücksschenkung

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: IX R 18/02

2. Die Kürzung des Vorwegabzugs ist nicht rückgängig zu machen, wenn eine Pensionszusage in späteren Jahren widerrufen wird.

Gebäude-AfA - Wechsel von der degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: X R 32/07

Quelle: Normen: (Bewirtungsaufwendungen eines Arbeitnehmers als Werbungskosten - Anwendung des 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG)

BUNDESFINANZHOF. UmwStG Abs. 2 Satz 1 Nr. 1. Urteil vom 31. Mai 2005 I R 28/04

Organschaft: Grundlagenbescheid gegenüber Organgesellschaft ist kein Grundlagenbescheid für Organträger

Beendigung der Steuerbefreiung bei Übertragung des Kassenvermögens einer Unterstützungskasse

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VIII R 92/98

NLP-Kurse steuerlich absetzbar.

Entschädigungen für die ehrenamtliche Tätigkeit als Versichertenberater und Mitglied eines Widerspruchsausschusses

Abzug der Aufwendungen eines nebenberuflich als Sporttrainer tätigen Übungsleiters

BUNDESFINANZHOF. Häusliches Arbeitszimmer eines Selbständigen

Krankenversicherungsschutz für Saisonarbeitskräfte ist Arbeitslohn

Finanzgericht Düsseldorf, 12 K 1073/14 E

Im Namen des Volkes U R T E I L. In dem Rechtsstreit. als Beteiligte der ehemaligen Grundstücksgemeinschaft GbR,

Leitsatz: Tenor: Tatbestand: Dok.-Nr.: Bundesfinanzhof, IX-R-41/17 Urteil vom Fundstellen

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: IX R 68/02

1. Auch Schulgeld für den Besuch eines englischen Internats kann unter den Voraussetzungen des 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG abziehbar sein.

6 Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglos eingelegtem Einspruch erhobenen Klage statt.

Nur per . Oberste Finanzbehörden der Länder. Bundeszentralamt für Steuern - Referat Q 7 -

BFH Urteil vom VI R 48/11 (veröffentlicht am )

Entfernungspauschale bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Finanzgericht Münster, 11 K 2574/12 E

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VI R 89/13

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VI R 46/01

BUNDESFINANZHOF. EStG 17 Abs. 1 und 2 HGB 255 Abs. 1 Satz 2. Urteil vom 4. März 2008 IX R 78/06

Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 18. Juni K 11055/11. T e n o r

Zur ehrenamtlichen Tätigkeit des Vorstandes eines Sparkassenverbandes

BFH Urteil vom I R 88/03

BFH, , III R 86/09

Verschmelzung: Rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist durch das StEntlG 1999/2000/2002 bezüglich Anschaffung neuer Anteile

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VI R 44/07

UStG 4 Nr. 16 Buchst. e Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g

HVBG. HVBG-Info 26/2000 vom , S , DOK

Erbschaftsteuerrechtliche Gleichbehandlung von Geschwistern mit Ehegatten oder Lebenspartnern verfassungsrechtlich nicht geboten

Einkünfte aus Leistungen - "Break Fee"

6 Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: X R 5/13

Schlagworte: Aussetzungszinsen, Fälligkeit, Steuerschuld, Treu und Glauben, Zahlung, Zinsen

Auslandsbeteiligung: Kein prinzipieller Abzug von Verlusten einer luxemburgischen Betriebsstätte nach DBA-Luxemburg

Anspruch auf Kindergeld während der Untersuchungshaft eines Kindes setzt u. a. voraus, dass die Ausbildung nur vorübergehend unterbrochen ist

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: XI R 13/02

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: IX R 34/07

Abziehbarkeit von Repräsentationsaufwand durch das Halten von Reitpferden. FG Baden-Würtemberg Urteil vom K 3408/13 -rechtskräftig

BUNDESFINANZHOF. EStG 10 Abs. 1 Nr. 1 a, 17, 20, 22 Nr. 1. Urteil vom 21. Juli 2004 X R 44/01

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: III R 57/99

Steuerliche Berücksichtigung von selbst getragenen Kraftstoffkosten bei Anwendung der 1 %-Regelung

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: III R 32/02

Im Kaufpreis enthaltene Kosten für Erschließung und Naturschutz-Ausgleichsmaßnahmen

Abweichende Steuerfestsetzung bei außergewöhnlichen Belastungen - maßgeblicher Veranlagungszeitraum

Vorinstanz: FG des Saarlandes vom 1. Juli K 395/99 (EFG 2003, 385)

DBA FRA Art 2 Abs 1 Nr 4; DBA AUT Art 15 Abs 1; DBA AUT Art 4 Abs 2; FGO 100 Abs 1 Satz 4; DBA FRA Art 13 Abs 5

Ermäßigt zu besteuernder Arbeitslohn für eine mehrjährige Tätigkeit

Leitsätze. Tatbestand

Finanzgericht München.

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VI R 147/00

Werbungskostenabzug bei alleiniger beruflicher Nutzung einer im Miteigentum von Ehegatten stehenden Wohnung

Nutzung zu eigenen Wohnzwecken Begünstigung von Zweit- und Ferienwohnungen

Tatbestand. FG Nürnberg, Urteil v K 1836/15. Titel: Normenketten: EStG 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG 9 Abs. 4

Transkript:

Praxisticker Nr. 587: Sonderausgabenabzug bei selbst getragenen Krankheitskosten Trägt ein privat krankenversicherter Steuerpflichtiger seine Krankheitskosten selbst, um dadurch die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung zu schaffen, können diese Kosten nicht als Beiträge zu einer Versicherung i.s. des 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a des EStG steuerlich abgezogen werden. Mit dem Urteil vom 29. November 2017 X R 3/16 führte der seine Rechtsprechung zur insoweit vergleichbaren Kostentragung bei einem sog. Selbstbehalt fort. Im Urteilsfall hatten der Kläger und seine Ehefrau Beiträge an ihre privaten Krankenversicherungen zur Erlangung des Basisversicherungsschutzes gezahlt. Um in den Genuss von Beitragserstattungen zu kommen, hatten sie angefallene Krankheitskosten selbst getragen und nicht bei ihrer Krankenversicherung geltend gemacht. In der Einkommensteuererklärung kürzte der Kläger zwar die Krankenversicherungsbeiträge, die als Sonderausgaben angesetzt werden können, um die erhaltenen Beitragserstattungen, minderte diese Erstattungen aber vorher um die selbst getragenen Krankheitskosten, da er und seine Ehefrau insoweit wirtschaftlich belastet seien. Weder das Finanzamt noch das Finanzgericht folgten seiner Auffassung. Der BFH sah das ebenso. Es könnten nur die Ausgaben als Beiträge zu Krankenversicherungen abziehbar sein, die im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stünden und letztlich der Vorsorge dienten. Daher hatte der BFH bereits entschieden, dass Zahlungen aufgrund von Selbst- bzw. Eigenbeteiligungen an entstehenden Kosten keine Beiträge zu einer Versicherung sind (z.b. Urteil vom 1. Juni 2016 X R 43/14, BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55). Zwar werde bei den selbst getragenen Krankheitskosten nicht - wie beim Selbstbehalt - bereits im Vorhinein verbindlich auf einen Versicherungsschutz verzichtet, vielmehr könne man sich bei Vorliegen der konkreten Krankheitskosten entscheiden, ob man sie selbst tragen wolle, um die Beitragserstattungen zu erhalten. Dies ändere aber nichts daran, dass in beiden Konstellationen der Versicherte die Krankheitskosten nicht trage, um den Versicherungsschutz als solchen zu erlangen. Ob die Krankheitskosten als einkommensmindernde außergewöhnliche Belastungen gemäß 33 EStG anzuerkennen seien, musste der BFH nicht entscheiden: Da die Krankheitskosten der Kläger die sog. zumutbare Eigenbelastung des 33 Abs. 3 EStG wegen der Höhe ihrer Einkünfte nicht überstiegen, kam bereits aus diesem Grunde ein Abzug nicht in Betracht. Pressemitteilung des s Nr. 19 vom 11. April 2018 Sie finden das Urteil des BFH auf den folgenden Seiten. Autor: Marianne Kottke, LSWB-Bibliothek Der LSWB-Praxisticker ist ein Service des LSWB für seine Mitglieder. LSWB, Hauptgeschäftsstelle München, Hansastraße 32, 80686 München Tel 089 / 273 214 17, Fax 089 / 273 06 56, E-Mail: praxisticker@lswb.de Seite 1 von 1 Versand am 20.04.2018 Anlage BFH-Urteil: Seite 2 bis 6

1 von 5 20.04.2018, 10:11 BUNDESFINANZHOF Urteil vom 29.11.2017, X R 3/16 ECLI:DE:BFH:2017:U.291117.XR3.16.0 Selbst getragene Krankheitskosten können nicht im Rahmen des Sonderausgabenabzugs für Krankenversicherungsbeiträge berücksichtigt werden - Ermittlung der zumutbaren Belastung Leitsätze Verzichtet ein Steuerpflichtiger auf die Erstattung seiner Krankheitskosten, um von seiner privaten Krankenversicherung eine Beitragserstattung zu erhalten, können diese Kosten nicht von den erstatteten Beiträgen abgezogen werden, die ihrerseits die Höhe der abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge gemäß 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 3 EStG reduzieren (Anschluss an die Senatsrechtsprechung zum Selbstbehalt, vgl. Urteile vom 18. Juli 2012 X R 41/11, BFHE 238, 103, BStBl II 2012, 821, und vom 1. Juni 2016 X R 43/14, BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55). Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 25. Januar 2016 6 K 864/15 wird als unbegründet zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen. Tatbestand 1 Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde im Streitjahr 2013 zusammen mit seiner --nicht am vorliegenden Verfahren beteiligten-- Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Beide Ehegatten sind privat krankenversichert. Zur Erlangung ihres Basisversicherungsschutzes gemäß 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) hatten sie Beiträge in Höhe von 1.794 EUR bzw. 1.593 EUR zu entrichten. Gleichzeitig erhielten die Ehegatten im Streitjahr eine Beitragserstattung in Höhe von 597,79 EUR bzw. 482,65 EUR. 2 Zur Ermittlung der als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge kürzte der Kläger die gezahlten Beiträge um die erhaltenen Beitragserstattungen, rechnete aber Krankheitskosten in Höhe von 634,53 EUR gegen. Diese hatte er selbst getragen, um die Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge zu erlangen. Demgegenüber minderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die abziehbaren Versicherungsbeiträge um die Beitragserstattungen, ohne die Krankheitskosten in Abzug zu bringen. Das FA war der Auffassung, die Aufwendungen des Klägers, die zu der Beitragserstattung im Streitjahr 2013 geführt hätten, seien bereits im Veranlagungszeitraum 2012 gemäß 11 Abs. 2 EStG abgeflossen. Sie seien demzufolge im Jahr der Zahlung als Krankheitskosten, nicht aber im Streitjahr als Minderung der Beitragserstattung beim Sonderausgabenabzug und damit letztlich als Sonderausgaben steuerlich zu berücksichtigen. I.

2 von 5 20.04.2018, 10:11 3 Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1515 veröffentlichten Urteil ab. 4 Der Kläger begründet seine Revision mit der Verletzung materiellen Rechts. Es bestehe sowohl ein rechtlicher als auch ein wirtschaftlicher Kausalzusammenhang zwischen den selbst getragenen Krankheitskosten in Höhe von 634,53 EUR und der dadurch erlangten Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 1.088,44 EUR, die zur Kürzung der abziehbaren Sonderausgaben gemäß 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG geführt habe. Wirtschaftlich habe er nur den Saldo in Höhe von 453,91 EUR als Erstattung erhalten. Es sei nicht gerechtfertigt, einerseits erstattete Beiträge von den Vorsorgeaufwendungen für die Krankenversicherung im vollen Umfang abzuziehen, anderseits aber die dafür notwendigen "Anstrengungen" (Kostenaufwand/Eigenzahlungen) unberücksichtigt zu lassen. Der Verzicht auf eine Einnahme (Erstattung von Krankheitskosten) führe nicht zu einem Abfluss nach dem Abflussprinzip. Er werde dadurch "negativ honoriert", dass dem Steuerpflichtigen ungeachtet dieses Verzichts die vollständige ungeschmälerte Beitragsrückerstattung angerechnet werde, die ihm im Ergebnis jedoch nicht verbleibe. 5 Auch ansonsten werde bei sämtlichen Einkunftsarten akzeptiert, dass gewisse Aufwendungen für die Erzielung von Einkünften notwendig und unumgänglich seien, so dass sie steuerlich abgesetzt werden dürften und nur der Überschuss der Besteuerung unterliege. Eine Beitragserstattung müsse ebenso behandelt werden, um eine Verletzung des Art. 3 des Grundgesetzes zu vermeiden. 6 Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liege zudem darin, dass ein Steuerpflichtiger, der Ausgaben für Krankheitskosten gehabt habe, diese aber bei seiner Krankenversicherung nicht geltend mache, sich die Erstattungen im selben Maße anrechnen lassen müsse wie ein Steuerpflichtiger, der keinerlei Krankheitskosten getragen habe, um eine Beitragserstattung zu erhalten. 7 Die Rechtsprechung des s (BFH) zur Tragung von Krankheitskosten im Rahmen eines Selbstbehalts (vgl. Urteil vom 1. Juni 2016 X R 43/14, BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55) sei weder zwingend, rechtlich noch rechtslogisch auf die streitgegenständlichen Krankheitskosten zum Erhalt einer Beitragserstattung zu übertragen. 8 Zudem stelle sich die Frage, ob die Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen gemäß 33 EStG anzusehen seien. 9 Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 3. März 2015 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2013 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 19. Juni 2015 so zu ändern, dass die vom Kläger selbst getragenen Krankheitskosten in Höhe von 634,53 EUR steuerlich berücksichtigt werden. 10 Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Entscheidungsgründe 11 Die Revision des Klägers wird gemäß 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als unbegründet zurückgewiesen. II.

3 von 5 20.04.2018, 10:11 12 Das FG hat zu Recht entschieden, dass sich die vom Kläger getragenen Krankheitskosten im Streitjahr steuerlich nicht auswirken können. Sie sind weder als Sonderausgaben (unter 1.) noch als außergewöhnliche Belastungen (unter 2.) abziehbar. 13 1. Die vom Kläger selbst getragenen Krankheitskosten können die Beitragserstattungen nicht mindern, die er und seine Ehefrau im Streitjahr erhielten und die zu einer Reduzierung der als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge nach 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 3 EStG führten. 14 a) Nach 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG gehören zu den Sonderausgaben u.a. Beiträge zu Krankenversicherungen, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht. Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind dies die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die, mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile, in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vergleichbar sind. 15 b) Zu den Beiträgen zu Versicherungen i.s. des 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG gehören nicht nur die eigentlichen Prämien, sondern auch die üblichen mit dem Versicherungsverhältnis zusammenhängenden und vom Versicherungsnehmer zu tragenden Nebenleistungen. Nach dem Wortlaut des 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG muss es sich jedoch um Beiträge "zu" einer Krankenversicherung handeln. Daraus folgt, dass nur solche Ausgaben als Beiträge zu Krankenversicherungen anzusehen sind, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen und damit --als Vorsorgeaufwendungen-- letztlich der Vorsorge dienen. Aufgrund dessen hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass Zahlungen aufgrund von Selbst- bzw. Eigenbeteiligungen an entstehenden Kosten keine Beiträge zu einer Versicherung sind (vgl. Senatsentscheidungen vom 18. Juli 2012 X R 41/11, BFHE 238, 103, BStBl II 2012, 821, Rz 11, m.w.n.; vom 8. Oktober 2013 X B 110/13, BFH/NV 2014, 154, Rz 6 ff., und in BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55, Rz 18 ff.). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die gegen den Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 154 gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 16. Februar 2015 2 BvR 49/14, nicht veröffentlicht). 16 Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zur Begründung auf diese Senatsrechtsprechung verwiesen. 17 c) Auch die vom Steuerpflichtigen selbst getragenen Krankheitskosten sind keine Beiträge zu einer Versicherung. Der Unterschied zum Selbstbehalt liegt lediglich darin, dass dort bereits im Vorhinein verbindlich auf einen Versicherungsschutz verzichtet wird, während sich im Streitfall der Kläger erst bei Vorliegen der konkreten Krankheitskosten entscheiden kann, ob er sie selbst tragen will, um die Beitragserstattungen zu erhalten. Dies ändert aber nichts daran, dass in beiden Konstellationen der Versicherte die Krankheitskosten nicht trägt, um den Versicherungsschutz als solchen zu erlangen. 18 d) Das FG hat zutreffend erkannt, dass Krankheitskosten keinen Einfluss auf die Höhe des Sonderausgabenabzugs haben können. Dies widerspräche sowohl dem Gesetzeswortlaut des 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG ("Beiträge") als auch der Grundentscheidung des Gesetzgebers, Krankheitskosten lediglich im Rahmen des 33 EStG zu berücksichtigen. 19 e) Die Senatsrechtsprechung steht --soweit erkennbar-- nicht nur mit der finanzgerichtlichen Rechtsprechung im Einklang (neben der Vorinstanz s.a. Urteile FG Berlin-Brandenburg vom 19. April 2017 11 K 11327/16, EFG 2017, 1265; FG Düsseldorf vom 6. Juni

4 von 5 20.04.2018, 10:11 2014 1 K 2873/13 E, EFG 2014, 1789, Rz 32; FG Münster vom 17. November 2014 5 K 149/14 E, Sozialrecht und Praxis 2015, 196, Rz 14 ff.; wohl auch Beschluss des FG Rheinland-Pfalz vom 31. Januar 2012 2 V 1883/11, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2013, 467), sondern auch mit der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. explizit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 19. August 2013, BStBl I 2013, 1087, Rz 69; wohl ebenso, wenn auch nicht ausdrücklich ausgeführt BMF-Schreiben vom 24. Mai 2017, BStBl I 2017, 820, Rz 87) sowie der überwiegenden Auffassung des Schrifttums (vgl. z.b. Kulosa in Herrmann/Heuer/ Raupach, 10 EStG Rz 155; Schmidt/Heinicke, EStG, 36. Aufl., 10 Rz 70; Stöcker in Bordewin/Brandt, 10 EStG Rz 170; Cöster in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, 10 Rz 272; Liess, Neue Wirtschaftsbriefe --NWB-- 2011, 1978; Myßen/Wolter, NWB 2011, 280; a.a. Neumann, Deutsches Steuerrecht 2013, 388; Neumann-Tomm, DStRE 2015, 337). 20 f) Der Senat verkennt nicht, dass es wirtschaftlich vernünftig sein kann, auf die Erstattung der gezahlten Krankheitskosten zu verzichten, um so eine betragsmäßig höhere Beitragserstattung zu erlangen. Es ist aber nicht Aufgabe des Steuerrechts dafür zu sorgen, dass dieser Vorteil auch nach Durchführung der Besteuerung erhalten bleibt (im Ergebnis ebenso Senatsurteil in BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55, Rz 27, zu vereinbarten Selbstbehalten). Der Steuerpflichtige hat die Freiheit zu wählen, ob er sich die Krankheitskosten erstatten lässt oder nicht. Er hat damit die Möglichkeit, sich für die --auch unter Berücksichtigung der steuerlichen Implikationen-- im Einzelfall voraussichtlich günstigste Variante zu entscheiden (vgl. z.b. die Berechnungsbeispiele in Liess, NWB 2011, 1978, und Myßen/Wolter, NWB 2011, 280). 21 g) Dass der Kläger ohne die von ihm getragenen Krankheitskosten höhere Sonderausgaben hätte abziehen können, spielt im Streitfall keine Rolle. Es handelt sich um einen fiktiven Sachverhalt; der Besteuerung ist indes der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt zugrunde zu legen (vgl. auch Senatsentscheidungen zum Selbstbehalt in BFH/NV 2014, 154, Rz 10, und in BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55, Rz 20). 22 h) Einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz vermag der angerufene Senat nicht zu erkennen. Es ist zwar zuzugeben, dass der Betrag der Beitragserstattung unabhängig davon ist, ob dem Versicherten gar keine Krankheitskosten oder aber Krankheitskosten bis zur Höhe der Beitragserstattung entstehen. Dies ändert aber nichts an dem entscheidenden --in beiden Fällen gleichen-- Umstand, dass im Beitrags- und Versicherungsverhältnis zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Versicherungsunternehmen lediglich die Beitragszahlungen und die Beitragserstattungen von Bedeutung sind. Die Zahlung von Krankheitskosten spielt sich außerhalb dieses Beitrags- und Versicherungsverhältnisses ab. 23 2. Die getragenen Krankheitskosten in Höhe von 634,53 EUR sind auch nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. 24 Offen bleiben kann, ob die Krankheitskosten --wie das FA vorgetragen hat-- nicht bereits im Veranlagungszeitraum 2012 abgeflossen sind. Jedenfalls überschreiten sie nicht die zumutbare Belastung gemäß 33 Abs. 3 EStG in Höhe von 1.849 EUR. 25 a) 33 EStG differenziert bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung nicht zwischen Krankheitskosten und anderen Aufwendungen, die als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind; der Wortlaut ist insoweit eindeutig (vgl. BFH-Urteil vom 2. September 2015 VI R 32/13, BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151, Rz 13). Der hiernach vorzunehmende Abzug einer zumutbaren Belastung auch bei Krankheitskosten ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. dazu u.a. BFH-Urteil in BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151; die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG-

5 von 5 20.04.2018, 10:11 Beschluss vom 23. November 2016 2 BvR 180/16; s.a. Senatsurteil in BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55, Rz 34 ff.). 26 b) Bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte der Kläger in Höhe von 40.033 EUR beträgt die zumutbare Belastung 1.849 EUR (vgl. zur geänderten Berechnungsmethodik BFH-Urteil vom 19. Januar 2017 VI R 75/14, BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684), sodass im Streitfall die zumutbare Belastung gemäß 33 Abs. 3 EStG nicht überschritten wurde. 27 c) Infolgedessen kann es der erkennende Senat dahinstehen lassen, ob überhaupt eine Zwangsläufigkeit der Aufwendungen i.s. des 33 Abs. 1 EStG in den Fällen bejaht werden kann, in denen der Steuerpflichtige auf die ihm zustehende Erstattung der Krankheitskosten verzichtet (s. dazu u.a. Urteil des FG Berlin-Brandenburg in EFG 2017, 1265, Rz 17 f., m.w.n.). 28 3. Die Kostenentscheidung folgt aus 135 Abs. 2 FGO. Siehe auch: Pressemitteilung Nr. 19/18 vom 11.4.2018