undkinder Nummer 91, Juni 2013



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undkinder Nummer 91, Juni 2013 Editorial Geschätzte Leserinnen und Leser Um junge Kinder in prekären Lebensverhältnissen geht es im vorliegenden undkinder. Und um die Frage, was manche von ihnen innerlich und äusserlich stärkt, um trotz allem mehr als zu überleben. Das Themenheft bewegt sich damit auf einer Gratwanderung zwischen der guten Botschaft, dass trotz widriger Umstände individuell positive Lebensverläufe möglich sind, und einer Blindheit gegenüber strukturellen Problemen, die dazu neigt, diese zu individualisieren. Zwei Beiträge dieser undkinder Nummer beleuchten die Themen Kinderarmut und Gegenmassnahmen. Armut geht mit konkreten Entbehrungen, mit eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten und mit einer belasteten Entwicklung einher. Auch in der Schweiz sind bestimmte Gruppen von Kindern besonders stark von Armut und ihren weitreichenden Auswirkungen betroffen. Die von Marie Meierhofer initiierte und durchgeführte Hospitalismusforschung in Zürcher Kinderheimen Mitte des letzten Jahrhunderts belegte und machte öffentlich, wie verheerend sich emotionale, soziale und sensorische Deprivationen auf Kinder auswirken. Sie zeigte überdies auch, wie entscheidend es sein kann, als Lieblingskind etwas mehr Zuwendung und Anregung zu erhalten als die anderen Kinder. Sie beleuchtete überdies bereits, welche Umstände es begünstigen, ein bevorzugtes und resilientes Kind zu werden. Ein zeitgenössisches Projekt in den USA sucht und erprobt Möglichkeiten, obdachlose Vorschulkinder für den Eintritt ins Schulsystem fit zu machen. Sie werden vermittelt durch ihre Eltern beim Aufbau bestimmter handlungssteuernder Kompetenzen unterstützt. Das Projekt bezieht sich auf die Erkenntnis, dass Resilienz gegenüber Kinder in prekären Lebensverhältnissen widrigen Umständen bereichsspezifisch aufgebaut wird und wirkt. Ein Beitrag schildert eindrücklich die bereichernden Erfahrungen zweier Familien, die eine für einen europäischen Staat beschämende Notlage buchstäblich für eine gewisse Zeit unter ein Dach gebracht hat. Ein weiterer Beitrag beschreibt, wie Fachpersonen in einer ausweglosen Situation das Menschenmögliche versuchen, um von ihren Familien ausgesetzte Kinder 3 bis 5 treffen jede Woche im betreffenden Heim ein zu helfen. Ein letzter Aufsatz schliesslich führt uns vor Augen, wie präsent starke Mädchen und Knaben, die widrigen Umständen trotzen, während einer gewissen Zeit in der Literatur waren. Der zeitliche Bogen der Beiträge zeigt erstens ganz unterschiedliche Gründe und Umstände psychosozialer Notlagen und zweitens thematisiert er, wie sich Fragestellungen und Konzepte von Fachpersonen verändert haben und verändern. Marie Meierhofer, die 1909 geboren und 1998 gestorben ist, hat zeitlebens beides beschäftigt. Im Text, der dieses Editorial ergänzt, skizziert sie wenige Jahre vor ihrem Tod, wie die in manchen Gegenden Afrikas wegen der grassierenden Aidsseuche in grosser Zahl verwaisten Kinder mit Weitsicht also nachhaltig begleitet werden könnten. Heidi Simoni Leiterin Marie Meierhofer Institut für das Kind 1

2 undkinder Nummer 91

Kinder in prekären Lebensverhältnissen 3

Seite 7 Michael Marugg Kinderrechte gegen die Armut Seit Jahren zeigen die Sozialstatistiken konstant, dass Kinder überdurchschnittlich stark von Armut betroffen sind. Es trifft nicht alle Kinder gleich. Vielmehr sind klare Gruppen besonders betroffener erkennbar: Kinder mit alleinerziehenden Eltern, Kinder mit mehr als zwei Geschwistern und Kinder mit Migrationshintergrund. Es gibt zudem den räumlichen Befund, wonach sich die statistisch erfasste Armut in den urbanen Zentren konzentriert. Kinderarmut ist nicht nur ein individuelles, sondern auch ein strukturelles Problem. Seite 15 Gabi Ryffel Resilienz und Vulnerabilität nach einem risikoreichen Start im Säuglingsheim Sowohl die klassische Hospitalismusforschung als auch die aktuelle Resilienzforschung setzen sich mit den möglichen Folgen für die Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern auseinander, deren Lebensanfänge durch massive Einschränkungen bei der Erfüllung elementarer Bedürfnisse wie emotionale Zuwendung und sensorische Stimulation geprägt sind. Die Hospitalismusforschung, indem sie die Wahrscheinlichkeit des Auftretens diverser Entwicklungsdefizite unter solchen Bedingungen belegt, die Resilienzforschung, indem sie diejenigen Kinder in den Fokus nimmt, welche sich trotz aller Schwierigkeiten gut entwickeln. Seite 49 Adolf Windorfer Die Kinder des Mygoma Home die Betreuung unehelich geborener Kinder in Khartum/Sudan Jeden Tag werden drei bis fünf Kinder ins Mygoma Home in Khartum gebracht. Dies stellt das Personal vor grosse Herausforderungen. Dank der Unterstützung durch die Stiftung EINE CHANCE FÜR KINDER sind die Nannies vor Ort in der Lage, ihre Arbeit Schritt für Schritt zu entwickeln und den Bedürfnissen der Kinder anzupassen. 4 undkinder Nummer 91

Seite 61 Max, Jasmin, Jennifer und Christina Iuri, Jessica und Robert Braun Der Anfang war schwierig, und dann ging es besser Wird dem Risiko der Kindeswohl-Gefährdung in Obdachlosen- Unterkünften, in Asylbewerber-Zentren oder Durchgangs-Heimen genügend Beachtung geschenkt? Nimmt die Öffentlichkeit dieses Risiko überhaupt wahr? Aus einer Notlage heraus finden sich zwei Familien, die sich im Alltag kaum begegnet wären. Dieser Bericht beschreibt den Prozess, der sich daraus entwickelt. Seite 69 Ann S. Masten, Angela Kimball, Marie Lister und Nichol Siedow Förderung von Schulerfolg bei kleinen Kindern aus Obdachlosenfamilien Weltweit wächst die Sorge über die Auswirkungen von Armut, ökonomischen Krisen und anderem Stress auf die kindliche Entwicklung. In den USA erhöhte sich die Zahl der obdachlosen Familien massiv, weil es während der letzten ökonomischen Rezession einen Mangel an Billigwohnangeboten für in Armut lebende Familien gab. Das amerikanische Erziehungsdepartement meldete für das Schuljahr 2010/2011 mehr als eine Million obdachlose Schülerinnen und Schüler. Dazu kommen die Vorschulkinder, welche nicht in den Schulen erfasst wurden. Seite 81 Elisabeth Wöran Existenz- und Teilhabesicherung für jedes Kind Kindergrundsicherung bedingungslos, existenzsichernd, gerecht Modell der Österreichischen Plattform für Alleinerziehende (ÖPA) Kinder kosten Geld. Das wissen alle, die Kinder haben, Kinder betreuen, für Kinder verantwortlich sind. Gefühlsmäßig hat man den Eindruck, dass es eine ganze Menge ist. Wie viel dies genau ist, ist in Österreich offiziell nirgends zu finden. Es gibt keinen Kinderwarenkorb, kein ausgewiesenes Existenzminimum für Kinder, keine aktuelle Kinderkostenerhebung. Kinder in prekären Lebensverhältnissen 5

Seite 85 Claudius Natsch Kleine HeldInnen am Rand der Gesellschaft Die Bücher von Charles Dickens, Marie von Ebner Eschenbach, Johanna Spiri, Kurt Held und Lisa Tetzner haben für Generationen den Begriff der Kinderarmut in glaubwürdige Bilder übersetzt. Die Bücher hatten Wirkung, bleiben aber ohne Fortsetzung. 6 undkinder Nummer 91