e-mailbox: comments-mrlpaper@cec.eu.int GZ 39.185/10-IV/B/7/04 23. März 2004 Betreff: Reflection Paper on Residues in foodstuffs of animal origin Stellungnahme Österreichs Bundesministerium für Gesundheit und Frauen erlaubt sich folgende Stellungnahme zu dem von der Kommission vorgelegtem Diskussionspapier zu übermitteln. Es ist sehr begrüßenswert, dass von Seiten der Kommission Überlegungen zur Überarbeitung beziehungsweise Neugestaltung der Legislative den Gesamtbereich der Arzneimittelanwendung sowie die Überwachung der Rückstände von Tierarzneimittel betreffend, getroffen werden. Entwicklungen der letzten Jahre, Erkenntnisse, die aus dem Umgang mit der bestehenden Gesetzgebung gewonnen worden sind, erfordern eine Weiterentwicklung und Neubewertung, um ein harmonisiertes Vorgehen in der erweiterten Europäischen Union aber auch in Hinblick auf den wirtschaftlichen Wettbewerb (WTO) zu gewährleisten Richtlinie 96/23/EG: Die Richtlinie über die Rückstandskontrolle (96/23/EG) ist ohne Zweifel ein bewährtes Kontrollinstrument, welches aber zu Recht kritisiert wird und den Erfordernissen der Zeit anzupassen ist. Die Kriterien der Rückstandsüberwachung sind neu zu definieren, wobei Risikobewertung ein Kriterium sein könnte. Es darf aber nie übersehen werden, dass Überwachungspläne durchführbar sein müssen und die Laboratorien immer eine gewisse Vorlaufzeit benötigen, um neue Aufgaben (neue Substanzen zu analysieren) übernehmen zu können (siehe auch spätere Anmerkungen). Derzeit ist die Richtlinie im Grunde auf die Überwachung lebender Tiere und Frischfleisch aufgebaut und lässt konkrete Vorgangsweisen bei Rückständen in Milch, Eiern und Honig vermissen. Hier sind EU-einheitliche Regelungen zu schaffen, um gleiche Bedingungen für den innergemeinschaftlichen Handel (auch in Hinblick auf die Erweiterung der Europäischen Union) und dem Handel mit den Drittstaaten zu schaffen. Die Richtlinie ermöglicht in der derzeitigen Form - dem Mitgliedstaat keine flexible Gestaltung des jährlich zu erstellenden Überwachungsplanes hinsichtlich der zu untersuchenden Rückstandsgruppen (Anhang II). Es ist anzustreben, dass neben Rückstandsgruppen, deren Untersuchung zwingend vorgeschrieben ist, die Möglichkeit von Variablen bestehen sollte, um länderspezifische Probleme und einzelstaatliche Maßnahmen verbessert berücksichtigen zu können! Abteilung IV/B/7, Auskunft: Dr. Mikula, DW 4352 A-1031Wien, Radetzkystraße 2, Tel: (01) 711 00-0, Fax (01) 710 41 51, DVR: 2109254 e-mail: marina.mikula@bmgf.gv.at./2
- 2 - Dies ist einerseits unter dem Aspekt Verbraucherschutz und andererseits unter dem Gesichtspunkt budgetärer Überlegungen, denn Rückstandsüberüberwachung ist kostenintensiv, zu sehen. Neben der Forderung nach vermehrter Flexibilität und der damit verbundenen Überarbeitung des Anhanges II der Richtlinie 96/23/EG, ist unbedingt auch der Anhang I der Richtlinie neu zu überdenken. Die Einordnung von Stoffgruppen ist neu zu überlegen, denn oft gibt es pharmakologisch wirksame Stoffe, deren Anwendung am Tier bzw. bestimmten Zieltierarten nicht zulässig ist, gleichzeitig aus der gleichen Stoffgruppe stammend gibt es Stoffe, die im Anhang I oder III der VO 2377/90/EWG angeführt sind. Ein Beispiel wäre hier die Bewertung der Glucocorticoide, ob die der Untergruppe A 3 Steroide oder B 2f sonstige Stoffe mit pharmakologischer Wirkung zuzuordnen sind. Derzeit wird dies in den Mitgliedstaaten unterschiedlich gehandhabt. Die Bewertung sogenannter Cocktails, die illegalerweise zur Wachstumsförderung eingesetzt werden, bedarf einer klaren Regelung. In diesen Cocktails ist oft auch Dexamethason, ein synthetisches Derivat des Glukokortikoides Hydrokortison enthalten, welches in der VO (EWG) Nr. 2377/90 für einige Zieltierarten geregelt und somit erlaubt ist. Der immer wieder kehrende Wunsch auch Stoffe, die im Anhang II der VO (EWG) Nr. 2377/90 aufgelistet sind, in den Überwachungsplan aufzunehmen, erscheint widersinnig und nicht gerechtfertigt, da es sich hier um Stoffe handelt, für die keine Höchstmengen für Rückstände gelten. Wie sollte dies bewertet werden? Risikobewertung: Hinsichtlich Risikobewertung wird europaweit eine strenge organisatorische und personelle Trennung zwischen Risikobewertung und Risikomanagement angestrebt. Diese Trennung ist jedoch in vielen Fällen nicht hundertprozentig möglich, da zwischen den Teilbereichen der Risikoanalyse (Risikobewertung, Risikomanagement und Risikokommunikation) zwangsläufig und auch sinnvollerweise Überlappungen gegeben sind. Die Risikobewertung sollte jedoch objektiv, transparent und unabhängig durchgeführt werden. Die Risikobewertung beschäftigt sich im wesentlichen mit der Gefahrenidentifizierung (z.b. um welchen Stoff handelt es sich? ), der Gefahrencharakterisierung (z.b. toxikologische Eigenschaften), aber auch der Expositionsabschätzung ( In welchen Mengen ist der Konsument mit dem Stoff exponiert ) bzw. Risikocharakterisierung ( Was bedeutet die Exposition mit dem Stoff bei den gegebenen toxikologischen Eigenschaften für die Bevölkerung oder spezifische Bevölkerungsgruppen ). Als Ergebnis der Risikobewertung resultieren Risikomanagementvorschläge, die im wesentlichen zur Risikominimierung führen sollten. Im Bereich der Risikobewertung sind mehrere Aspekte von Bedeutung: Die Bewertung der Tierarzneimittel erfolgt für die vorgesehene Anwendung, jedoch nicht für nicht vorgesehene Anwendungen. Die missbräuchliche Anwendung an Nichtzieltieren kann ebenfalls in Rückständen resultieren, deren Auswirkung auf die Gesundheit von Mensch (über Lebensmittel) und Tier (unmittelbar) ebenfalls einer Risikobewertung zu unterziehen ist. Im Normalfall werden seitens der Arzneimittel-produzierenden Firmen nur Unterlagen an Zielorganismen erarbeitet und es fehlen in vielen Fällen entsprechende Studien./3
- 3 - zu toxikologischen Eigenschaften bzw. toxikokinetischen Verhalten in anderen Organismen. Insbesondere bei der Risikobewertung führt dieses Manko immer wieder zu Problemen. Man behilft sich im Normalfall durch worst case Scenarios, doch sind diesen auch Grenzen gesetzt. Speziell bei der ungewollten Kontamination von Futtermitteln sind oft keine Transferfaktoren von Futtermittel in Lebensmittel tierischer Herkunft bekannt. Es ist natürlich verständlich, dass die Produzenten von Tierarzneimitteln lediglich Daten zu jenen Indikationen beibringen wollen, die von Ihnen angestrebt werden. Überlegenswert wäre deshalb die Einrichtung eines entsprechenden Netzwerkes, die in allgemein zugängliche Unterlagen und Studien gesammelt werden, um die Risikobewertung derartiger Fälle zu erleichtern. Denkbar und sinnvoll wäre möglicherweise eine entsprechende zentrale Befassung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in dieser Angelegenheit. Eine Problematik ist sicher auch die (Nicht)Festlegung von Rückstandshöchstmengen (MRLs) für ungeregelte Stoffe bzw. für Lebensmittel von Tieren, bei denen eine Anwendung des entsprechenden Tierarzneimittels nicht vorgesehen ist. Für viele Antibiotika-Substanzgruppen sind für einige Matrices Rückstandshöchstmengen (MRLs) festgelegt, aber nicht für die Matrix Honig. Dies bedeutet, dass für diese Matrix die Nulltoleranz gilt. Eine Nulltoleranz ist aber in vielen Fällen aus der Sicht der Gefährdung des Konsumenten nicht zwingend begründet, wenn bei Milch ein MRL von 100 µg/kg Sulfadimidin zulässig ist, aber für Honig die Nulltoleranz gilt und mit dem Verbot der Anwendung bei der Honigbiene einhergeht. Erfahrungen der letzten Jahre zeigten, dass in der Europäischen Gemeinschaft eine harmonisierte Vorgangsweise zu vermissen ist, auch hinsichtlich der Importe aus Drittstaaten. Für diese Problematik gibt es einerseits die MRPL-Werte, die Leistungskriterien für die Analytik darstellen, aber nicht als Höchstgehalte zu sehen sind, da sie weder aufgrund toxikologischer Daten noch aufgrund des Auftretens in Lebensmitteln tierischer Herkunft festgelegt sind. Es ist eine Harmonisierung der Mindestleistung der analytischen Labors. Grundsätzlich wäre zu überlegen, inwieweit man nicht entsprechende Default-MRLs für ungeregelte Analyten bzw. Lebensmittel festlegt, wie es in anderen Regelungen teilweise üblich ist. Diese Default-MRLs wären auch für das Krisenmanagement von Vorteil, da dann im Falle von Rückständen Sofortmaßnahmen, ungeachtet einer rasch durchzuführenden Risikobewertung, getroffen werden können. Bezüglich des Krisenmanagements wäre es auch vorteilhaft, europaweit nicht nur entsprechende Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln, sondern auch Eingreifwerte bzw. Aktionswerte festzulegen, ab denen bestimmte Maßnahmen zu treffen wären. Die Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit haben gezeigt, dass derartige Werte für den Anlassfall notwendig sind, insbesondere aufgrund der sich ständig verbessernden analytischen Möglichkeiten. Hier ist insbesondere an Futtermittel-Zusatzstoffe wie z.b. Kokzidiostatkia zu denken. Nach Ablauf der vorgegebenen Wartezeit ist die Gewinnung tierischer Lebensmittel (Milch, Fleisch, Eier,..) möglich. - 4 -./4
In diesem Zusammenhang muss auch auf überschneidende Regelungen verwiesen werden, die in Zukunft unbedingt vermieden werden müssen, da sie große Rechtsunsicherheit mit sich bringen. Als Beispiel sei die Bewertung von Streptomycin in Honig erwähnt: Grenzwertregelung (20 µg/kg) nach der Richtlinie 86/362/EWG, da Streptomycin im Obstbau zur Bekämpfung des Feuerbrandes erlaubt ist und es gilt, da in der VO (EWG) 2377/90 nicht angeführt, die Nulltoleranz. Eine verbesserte Zusammenarbeit der einzelnen Kommissionsdienststellen ist die Basis dafür, solche Überschneidungen zu verhindern! Wichtig erscheinen auch die harmonisierten Regelungen im Hinblick auf Nachfolgeprobenziehungen sowie Begleitmaßnahmen, um den Eintrag von unerwünschten Substanzen in die Lebensmittelkette zu minimieren bzw. sogar zu verhindern. Ausnahmeregelungen: Mit Entscheidung der Kommission vom 22. Dezember 1999, 2000/68/EG, wurde durch die Definition der zur Nahrungsmittelerzeugung genutzte Tiere die Möglichkeit geschaffen, bestimmte Gruppen der betreffenden Tierart von den in der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 festgelegten Arzneimittelanwendungsverboten auszunehmen, wenn die Tiere hinreichend gekennzeichnet sind und kontrolliert werden. Deutlich gekennzeichnete Equiden, aus deren Equidenpass eindeutig hervorgeht, dass sie nicht zur Schlachtung bzw. sie zur Schlachtung unter gemeinschaftlichen Bedingungen bestimmt, kommen für diese Ausnahmeregelung in Frage. Es ist zu überlegen diese Art der Regelung auch für andere Tierarten in sehr restriktiver Weise zu ermöglichen. Zu denken wäre z.b. an Minischweine (Minipigs), welche im Haushalt als Heimtier gehalten werden. In Hinblick auf sehr wertvolle Zuchttiere sollte nur in klar definierten Ausnahmefällen die Möglichkeit bestehen, Behandlungen mit pharmakologisch wirksamen Stoffen, die nicht in den Anhängen I bis III der VO (EWG) Nr. 2377/90 genannt sind, durchzuführen, um sie wieder als Zuchttier einsetzen zu können, aber nicht mehr als ein zur Nahrungsmittelerzeugung genutztes Tier! Importkontrolle: Eine Besonderheit stellen die Rückstandskontrollen dar, die im Rahmen der grenztierärztlichen Untersuchung bei Sendungen durchgeführt werden. Es wäre zu überlegen, die Koordination der Stichroben von einer zentralen Stelle in der EG durchführen zu lassen. Der Stichprobenplan sollte für alle Grenzkontrollstellen der EG zentral festgelegt werden und diese Koordinationsstelle sollte auch alle Ergebnisse der Stichproben erfassen. Daraus resultierend ergibt sich, dass im Falle positiver Stichproben ( non compliant ) die zentrale Koordination der weiteren Maßnahmen an allen EU-Außengrenzen in optimaler Form erfolgen kann. Bei der Neubewertung des vom jeweiligen Drittstaat vorgelegten Rückstandskontrollplanes sollten diese zentral erfassten Ergebnisse in die Bewertung aufgenommen werden. - 5 -./5 Eine weitere Aufgabe dieser zentralen Behörde wäre eine risikobasierte Importkontrolle (zentrale Planerstellung) unter Heranziehung der Erfahrungen
der vergangenen Jahre zu erarbeiten, um zielgerichtet die problematischen Warenströme zu erfassen (targeted sampling). Informationsnetzwerk: Anzuregen ist ein europaweites Informationsnetzwerk (über Europäische Kommission, CIRCA oder EFSA) zu überlegen, in den nicht nur analytische Informationen wie zwischen CRLs und nationalen Laboratorien ausgetauscht werden, sondern auch andere Fragestellungen und Informationen, wie z.b. toxikologische Studien, den Mitgliedstaaten und deren Institutionen zugänglich sind. Vorliegende Stellungnahme spricht nur einige wesentliche Punkte an und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen begrüßt den ersten Schritt der Kommission und hofft, dass es gelingen wird Verbesserungen zu schaffen. Für die Bundesministerin: DI GAUGG