GEFÄHRDUNG VON PERSONEN AUF EISENBAHNKREUZUNG am 1. April 2009 Österreichische Bundesbahnen Strecke 11401 EK km 71,031 Die Untersuchung erfolgt in Übereinstimmung mit dem mit 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen Bundesgesetz, mit dem die Unfalluntersuchungsstelle des Bundes errichtet wird (Unfalluntersuchungsgesetz BGBl. I Nr. 123/2005) und das Luftfahrtgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Schifffahrtsgesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden, sowie auf Grundlage der Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 29. April 2004. Zweck der Untersuchung ist ausschließlich die Feststellung der Ursache des Vorfalles zur Verhütung künftiger Vorfälle. Die Untersuchung dient nicht der Feststellung des Verschuldens oder der Haftung. Bei den verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter. Ohne schriftliche Genehmigung der Bundesanstalt für Verkehr darf dieser Bericht nicht auszugsweise wiedergegeben werden. Besuchsadresse: A-1210 Wien, Lohnergasse 9 Postadresse: A-1000 Wien, Postfach 207 Homepage: http://vers.bmvit.gv.at Unfalluntersuchungsstelle des Bundes Fachbereich Schiene Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung
Bundesanstalt für Verkehr Seite 2 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung Inhalt Seite Verzeichnis der Abkürzungen...2 Verzeichnis der Regelwerke...2 Verzeichnis der Abbildungen...3 1. Allgemeine Angaben...3 1.1. Ort... 3 1.2. Zeitpunkt... 3 1.3. Witterung, Sichtverhältnisse... 3 1.4. Beteiligte Fahrten... 4 1.5. Zulässige Geschwindigkeit des Zuges... 4 1.6. Meldung des Tfzf Z 2348... 4 2. Sachverhaltsdarstellung...4 3. Ursache...7 4. Verletzte Personen und Sachschäden...7 5. Untersuchungsverfahren...7 6. Sonstige, nicht vorfallkausale Unregelmäßigkeiten...7 7. Sicherheitsempfehlungen...8 Beilage Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung Zl.: I/7-3310/1-1977 vom 10. August 1977...10 Beilage Auszug aus EKVO...18 Verzeichnis der Abkürzungen EK Hst Hbf IM ÖBB RU Stwg Tfz Tfzf UUB VzG Z Eisenbahnkreuzung Haltestelle Hauptbahnhof Infrastruktur Manager (Eisenbahn Infrastrukturunternehmen) Österreichische Bundesbahnen Railway Undertaking (Eisenbahnverkehrsunternehmen) Steuerwagen Triebfahrzeug Triebfahrzeugführer Unfalluntersuchung des Bundes Verzeichnis zulässiger Geschwindigkeiten Zug Verzeichnis der Regelwerke EKVO Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 Richtlinie 2004/49/EG Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit UUG - Unfalluntersuchungsgesetz, österreichisches Bundesgesetzblatt aus 2005, Teil I, 123. Bundesgesetz
Bundesanstalt für Verkehr Seite 3 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung Verzeichnis der Abbildungen Abbildung 1 Skizze Eisenbahnlinien Österreich... 3 Abbildung 2 Auszug aus Bescheid... 5 Abbildung 3 Blick auf EK von links der Bahn... 5 Abbildung 4 Blick auf den ersten Zwischenraum der Tragwerke des Fußgängerüberganges... 6 Abbildung 5 Blick auf den zweiten Zwischenraum der Tragwerke des Fußgängerüberganges... 6 Abbildung 6 Blick auf den Zwischenraum neben EK... 7 1. Allgemeine Angaben 1.1. Ort IM ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG Strecke 11401 EK km 71,031 (niveaugleicher Zugang zur Hst Rabensburg, Gleis 1) Hst Rabensburg Abbildung 1 Skizze Eisenbahnlinien Österreich 1.2. Zeitpunkt Mittwoch, 1. April 2009, um 17:53 Uhr 1.3. Witterung, Sichtverhältnisse Sonnig, + 15 C, keine Einschränkung der Sichtverhältnisse
Bundesanstalt für Verkehr Seite 4 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung 1.4. Beteiligte Fahrten R 2348 Regionalzug des RU ÖBB-Personenverkehr AG Zuglauf: von Wiener Neustadt Hbf über Wien Mitte-Landstraße nach Bernhardsthal Zusammensetzung: Stwg 50 81 8633 117-4 4 Zwischenwagen Tfz 1116 281-5 schiebend 153,6 m Gesamtzuglänge 386 t Gesamtgewicht (Masse gemäß Maß- und Eichgesetz) 148 % Bremshundertstel erforderlich gemäß ÖBB-Buchfahrplan 158 % Bremshundertstel vorhanden Zug durchgehend und ausreichend gebremst 1.5. Zulässige Geschwindigkeit des Zuges Gemäß VzG der ÖBB-Strecke 11401 ist im betroffenen Streckenabschnitt eine Höchstgeschwindigkeit von v max = 120 km/h zulässig. Für Z 2348 ist im betroffenen Streckenabschnitt gemäß ÖBB-Buchfahrplan, Heft 800, Muster M 9292 eine Fahrplangeschwindigkeit von 120 km/h zulässig 1.6. Meldung des Tfzf Z 2348 Der Tfzf leitete nach dem Anfahren in der Hst Rabensburg bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 10 km/h eine Betriebsbremsung ein. Dazu erfolgte die Abgabe von Signal Achtung, da sich ausgestiegene Fahrgäste in den Gefahrenbereich, zwischen Schranken und Gleis begaben. Der Tfzf gibt weiter an, dass bei dieser EK Gefahrsituationen durch ausgestiegene Fahrgäste häufig produziert werden. 2. Sachverhaltsdarstellung Unmittelbar nach der Hst Rabensburg (km 70,905) befindet sich nach einer Fußgängerüberführung die EK im km 71,031. Statt den Fußgängerübergang zu benützen, wird von den Fahrgästen von Zügen auf Gleis 1 der Gefahrenraum der technisch gesicherten EK unerlaubterweise betreten.
Bundesanstalt für Verkehr Seite 5 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung Die EK km 71,031 ist gemäß Bescheid des Amtes der niederösterreichischen Landesregierung Zl.: I/7-3310/1-1977 vom 10. August 1977 gesichert (Auszug aus dem Bescheid, von der ÖBB-Infrastruktur Bau AG als letztgültiger vorgelegt). Abbildung 2 Auszug aus Bescheid Gleis 2 Gleis 1 Weg vom Bahnsteig Gleis 1 Abbildung 3 Blick auf EK von links der Bahn Nach dem Fahrgastwechsel in der Hst Rabensburg erfolgte die Anfahrt von Z 2348 am Regelgleis (Gleis 1) in Richtung Bernhardsthal. Fahrgäste aus Z 2348 versuchten trotz ordnungsgemäß gesicherter EK noch vor Z 2348 die Gleise zu überschreiten und begaben sich in den Gefahrenraum. Als der Tfzf die Gefahrensituation erkannte leitete er eine Betriebsbremsung ein und gab Signal Achtung.
Bundesanstalt für Verkehr Seite 6 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung Unbefugte Personen können die Gleisanlagen zwischen dem Bahnsteigende und der EK von rechts der Bahn an mehreren Stellen betreten: Abbildung 4 Blick auf den ersten Zwischenraum der Tragwerke des Fußgängerüberganges Abbildung 5 Blick auf den zweiten Zwischenraum der Tragwerke des Fußgängerüberganges
Bundesanstalt für Verkehr Seite 7 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung Möglichkeit eines unbefugter Zugangs in den Gefahrenraum Abbildung 6 Blick auf den Zwischenraum neben EK 3. Ursache Nichtbeachten der technisch gesichterten EK durch ausgestiegene Fahrgäste aus Z 2348 entgegen EKVO, 18, Absatz 1. 4. Verletzte Personen und Sachschäden Keine Personen- oder Sachschäden 5. Untersuchungsverfahren Es erfolgte am 10. April 2009 ein Lokalaugenschein vor Ort durch die UUB. Die Untersuchung wurde gemäß UUG, 9 mit einer Vorfallanzeige abgeschlossen. 6. Sonstige, nicht vorfallkausale Unregelmäßigkeiten keine
Bundesanstalt für Verkehr Seite 8 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung 7. Sicherheitsempfehlungen Gemäß EU Richtlinie 49/2004, Artikel 25 - Absatz 2 werden die Empfehlungen an die Sicherheitsbehörde und, sofern es die Art der Empfehlung erfordert, an andere Stellen oder Behörden in dem Mitgliedstaat oder an andere Mitgliedstaaten gerichtet. Die Mitgliedstaaten und ihre Sicherheitsbehörden ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Sicherheitsempfehlungen der Untersuchungsstellen angemessen berücksichtigt und gegebenenfalls umgesetzt werden. Punkt Sicherheitsempfehlung richtet sich an 7.1 Bahn- und straßenseitige Überprüfung der EK. Dies umfasst IM insbesondere die Evaluierung des Bescheides (aus 1977) in Bezug auf derzeit geltende Bestimmungen wie zum Beispiel: Die Art der Sicherung (z.b. bescheidgemäß ausgeführt, vorhandene Sicherung unter Berücksichtigung bestehender Verkehrsverhältnisse sowie möglicher geänderter Parameter wie Zug- und Straßenfahrzeugfrequenz, udgl.). Die Situierung der technischen Einrichtungen und Straßenverkehrszeichen bzw. Signale (z.b. Aufstellungspunkte, Sichtbarkeit der Einrichtungen, udgl.) Abhalten von besonderen Informationsveranstaltungen vor Ort über EK im Allgemeinen und das richtige Verhalten der Straßenverkehrsteilnehmer im Besonderen (z.b. in Gemeinden, in Schulen, direkt bei Eisenbahnkreuzungen udgl.). Schwerpunktaktion der Exekutive direkt vor Ort bei der EK. 7.2 Überprüfung, ob durch die Anbringung eines Schutzzaunes zwischen dem Ende der Bahnsteige bis zur EK das Betreten des Gefahrenraumes verhindert wird. IM Die getroffenen Maßnahmen werden vom betroffenen Unternehmen an die Eisenbahnsicherheitsbehörde gemeldet. Die Sicherheitsbehörde und andere Behörden oder Stellen sowie gegebenenfalls andere Mitgliedstaaten, an die die Empfehlungen gerichtet sind, unterrichten die Untersuchungsstelle mindestens jährlich über Maßnahmen, die als Reaktion auf die Empfehlung ergriffen wurden oder geplant sind (EU Richtlinie 49/2004, Artikel 25 - Absatz 3).
Bundesanstalt für Verkehr Seite 9 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung Diese Vorfallanzeige ergeht an: Unternehmen / Stelle ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Funktion IM Behörde Nachrichtlich an: Unternehmen / Stelle Funktion Herr Landeshauptmann von Niederösterreich Behörde ÖBB-Personenverkehr AG RU ÖBB-Traktion GmbH Traktionsleister ÖBB-Infrastruktur Bau AG - Wien, am 11. Mai 2009 Der Untersuchungsleiter: Ing. Johannes Piringer eh. Beilagen: Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung Zl.: I/7-3310/1-1977 vom 10. August 1977 Auszug aus EKVO
Bundesanstalt für Verkehr Seite 10 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung Beilage Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung Zl.: I/7-3310/1-1977 vom 10. August 1977
Bundesanstalt für Verkehr Seite 11 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung
Bundesanstalt für Verkehr Seite 12 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung
Bundesanstalt für Verkehr Seite 13 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung
Bundesanstalt für Verkehr Seite 14 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung
Bundesanstalt für Verkehr Seite 15 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung
Bundesanstalt für Verkehr Seite 16 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung
Bundesanstalt für Verkehr Seite 17 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung
Bundesanstalt für Verkehr Seite 18 / 18 Vorfallanzeige mit Sicherheitsempfehlung Beilage Auszug aus EKVO 18. Verhalten bei Eisenbahnkreuzungen, die durch Schrankenanlagen gesichert sind. (1) Die Straßenbenützer haben bei Annäherung an Eisenbahnkreuzungen, die durch Schrankenanlagen gesichert sind, auf die Stellung der Schrankenbäume sowie auf allfällige optische und akustische Zeichen, die ein Schließen der Schranken ankündigen, und, soweit dies die örtlichen Verhältnisse zulassen, auf die Annäherung eines Schienenfahrzeuges zu achten. (2) Wenn optische oder akustische Zeichen ein Schließen der Schranken ankündigen, wenn sich Schrankenbäume abwärts bewegen oder wenn Schranken auch nur über einen Teil der Fahrbahn geschlossen sind, ist vor den Schranken anzuhalten. Wenn ein sicheres Anhalten bei Aufleuchten des gelben Lichtes nicht mehr möglich ist, so haben die Fahrzeuglenker weiterzufahren. Auf Freilandstraßen haben die Lenker von Lastkraftanlagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t sowie von Zugmaschinen, Fuhrwerken und Motorkarren, sofern die Notwendigkeit zum Anhalten vor der Eisenbahnkreuzung bereits aus einer entsprechenden Entfernung erkennbar ist, in einem Abstand von etwa 20 m vor dem Standort der mit einem Balken versehenen Straßenverkehrszeichen,,Baken'' und, wo solche fehlen, in einem Abstand von etwa 100 m vor der Eisenbahnkreuzung anzuhalten, damit die Lenker anderer Fahrzeuge in der Lage sind, sich vor ihnen einzureihen. (3) Die Eisenbahnkreuzung darf erst übersetzt werden, wenn die Schrankenbäume wieder vollkommen geöffnet sind und bei Einrichtungen zur Abgabe von Lichtzeichen das gelbe und das rote Licht erloschen sind. (4) Wenn die Stellung der Schrankenbäume nicht eindeutig ist oder wenn bei offenen Schranken das Straßenverkehrszeichen,,Halt'' angebracht ist oder die Annäherung eines Schienenfahrzeuges wahrgenommen wird, ist vor den Schranken anzuhalten. Die Eisenbahnkreuzung darf erst und nur dann übersetzt werden, wenn sich die Straßenbenützer durch alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel überzeugt haben, daß ein gefahrloses Übersetzen möglich ist.