Universität Regensburg Institut für Anorganische Chemie: Lehrstuhl Prof. Dr. A. Pfitzner Demonstrationsvorträge im Wintersemester 2012/13 23.11.2012 Dozentin: Dr. M. Andratschke Referentinnen: Stefanie Sauer, Anna Jobst REDOXPROZESSE Sachanalyse Die Redoxreaktion setzt sich aus einer Oxidation und einer Reduktion zusammen. [1, 2] Tab. 1: Übersicht zu den Begriffen Oxidation, Reduktion, Oxidationsmittel und Reduktionsmittel [1, 2] Oxidation Erhöhung der Oxidationszahl Elektronenabgabe Sauerstoffaufnahme Reduktion Erniedrigung der Oxidationszahl Elektronenaufnahme Sauerstoffabgabe Oxidationsmittel wird selbst reduziert Elektronenaufnahme Sauerstoffabgabe Reduktionsmittel wird selbst oxidiert Elektronenabgabe Sauerstoffaufnahme Unter Oxidation verstand man ursprünglich die Aufnahme von Sauerstoff durch andere Substanzen. Im Gegensatz dazu bedeutete die Reduktion die Sauerstoffabgabe aus einer Verbindung. Die heutige Definition nimmt Bezug zu den Oxidationszahlen. Bei einer Oxidation erhöht sich die Oxidationszahl und Elektronen werden entzogen, wohingegen sich bei einer Reduktion die Oxidationszahl erniedrigt und Elektronen zugeführt werden. [2] Wegen dieser stets vorhandenen Kopplung von Oxidation und Reduktion sprechen wir von Reduktions Oxidations Reaktionen und nennen sie kurz Redox Reaktionen. [2] Ein Oxidationsmittel wird selbst reduziert, entzieht dem Reaktionspartner Elektronen. Es ist im herkömmlichen Sinne der Stoff, der Sauerstoff abgibt. Ein Reduktionsmittel wird selbst oxidiert und Elektronen werden abgegeben. Ein Reduktionsmittel ist nach der anfänglichen Vorstellung die Verbindung, die Sauerstoff aufnimmt. [2] 1
Lehrplanbezug Realschule In der 8. Jahrgangsstufe des naturwissenschaftlich technischen Zweiges I wird im Kapitel Ch 8.5 Oxidation und Reduktion als Sauerstoffübertragung [3] mittels einfacher Verbrennungsexperimente der Oxidationsvorgang veranschaulicht. [3] Dieses Wissen wird in der 9. Jahrgangsstufe im Kapitel Ch 9.2 Redoxreaktion [4] erweitert. Dabei werden die Vorgänge in der Elektronenhülle genauer betrachtet. Bei einer Elektronenabgabe spricht man von einer Oxidation und bei einer Elektronenaufnahme spricht man von einer Reduktion. Zusätzlich werden die Begriffe Reduktionsmittel und Oxidationsmittel wiederholt bzw. neu eingeführt. [4] Im wirtschaftlich / sprachlichen Zweig II / III wird lediglich das Thema Ch 9.5 Oxidation und Reduktion als Sauerstoffübertragung [4] in der 9. Jahrgangsstufe unterrichtet. [4] Versuch 1: Verbrennung von Aluminiumpulver [1, 5, 6] Aluminiumpulver (Al) Bunsenbrenner gebogenes Glasrohr Man gibt etwas Aluminiumpulver in das gebogene Glasrohr. Der Bunsenbrenner wird entzündet. Wenn möglich, den Raum abdunkeln. Nun pustet man das im Glasrohr befindliche Aluminiumpulver kräftig in die Flamme. Vorsicht: Die Schüler sind vor des Versuches in Kenntnis zu setzen, bei der Verbrennung nicht direkt in die Flamme zu schauen. Dies kann zur Schädigung der Netzhaut führen. Das Aluminiumpulver verbrennt unter heller Lichterscheinung zu einer weiß gepulverten Substanz Aluminiumoxid. Das Aluminiumpulver (Al) wird unter Sauerstoffaufnahme zu Aluminiumoxid (Al 2 O 3 ) oxidiert. Oxidation: Al Al 3+ + 3e / x4 Reduktion: O 2 + 4e 2 O 2 / x3 Gesamt: 4 Al + 3 O 2 2 Al 2 O 3 2
Anmerkung Kann auch als Versuch, der die Verbrennungsgeschwindigkeit verdeutlichen soll, verwendet werden, bzgl. des Faktors Oberflächenvergrößerung. Bei der Verbrennung von Aluminiumpulver findet eine Oxidation statt. Gemeinsam mit den Schülern kann erarbeitet werden, dass Aluminium drei Elektronen abgibt und, dass sich die Oxidationszahl des Aluminiums von null auf drei erhöht. Dieses Experiment eignet sich gut als Einstiegsversuch zum Stundenthema: Verbrennung als chemische Reaktion bzw. Oxidation als Sauerstoffaufnahme. Versuch 2: Halogene unter sich [5] 1 ml Chlorwasser (Cl 2 ) destilliertes Wasser (H 2 O) 1 Spatelspitze voll Kaliumiodid (KI) 4 ml Chloroform (CHCl 3 ) Reagenzglas + Stopfen Reagenzglasständer Pipette + Pipettenhütchen Spatel Man löst eine Spatelspitze voll Kaliumiodid im Reagenzglas mit destilliertem Wasser. Zuerst 1 ml Chlorwasser, dann ca. 4 ml Chloroform zugeben. Das Reagenzglas schwenken. Nach Zugabe des Chlorwassers färbt sich die Lösung braun. Nach Zugabe von Chloroform färbt sich die organische Phase (unten) violett. Die Wasserphase (oben) ist nach Zugabe von Chloroform nach wie vor braun gefärbt. Chlor ist in der Lage, aus Iodid Ionen Iod zu bilden, das sich mit violetter Farbe in Chloroform löst. Chlor (= Oxidationsmittel) wird zu Chloridionen reduziert. Iodidionen (= Reduktionsmittel) werden zu Iod oxidiert. Oxidation: 2 I I 2 + 2e Reduktion: Cl 2 + 2e 2 Cl Gesamt: 2 I + Cl 2 I 2 + 2 Cl Anmerkung Nach Zugabe von Chloroform, bilden sich zwei Phasen. Die organische Phase färbt sich violett, da sich Iod in unpolaren Lösungsmitteln mit violetter Farbe löst aufgrund freier Jod Moleküle. In der wässrigen Phase löst sich Iod mit brauner Farbe. 3
Versuch 3: Blaues Wunder [5, 7] 200 ml destilliertes Wasser (H 2 O) 10 g Glucose (C 6 H 12 O 6 ) 5 g Natriumhydroxyd Plätzchen (NaOH) 3 ml 0,2 % ige Methylenblau Lösung (C 16 H 18 ClN 3 S) 500 ml Rundkolben + Stopfen Korkring 5 ml Pipette Spatel 200 ml Becherglas 200 ml destilliertes Wasser in den Rundkolben geben. 10 g Glucose, 5 g Natriumhydroxid Plätzchen und 3 ml Methylenblau Lösung zugeben. Die Lösung wird kräftig geschüttelt, bis sich alle Bestandteile gelöst haben. Die Lösung ruhig stehen lassen. Wenn sich die Lösung entfärbt hat, den Kolben erneut kräftig schütteln. Um ein besseres Ergebnis zu erzielen, sollte vor dem Schütteln der Stopfen kurz entfernt werden. Die Lösung färbt sich nach Zugabe der Methylenblau Lösung blau. Einige Zeit später entfärbt sich die Lösung. Nach kräftigem Schütteln des Rundkolbens färbt sich die Lösung wieder blau. Methylenblau (Mb + Cl ) wird durch Glucose (R CHO) zum farblosen Leukomethylenblau (MbH) reduziert. Glucose wird zu Gluconsäure (R COOH) oxidiert. Reaktionen (schematisch): R CHO + H 2 O + Mb + Cl R COOH + MbH + HCl (1) 2 HCl + ½ O 2 + MbH Mb + Cl + H 2 O (2) Reduktionsmittel in Gleichung (1): Aldehydgruppe des Traubenzuckers Oxidationsmittel in Gleichung (2): Luftsauerstoff Der Luftsauerstoff oxidiert Leukomethylenblau (farblos) wieder zu Methylenblau. Hierfür muss die Lösung kräftig geschüttelt werden. Anmerkung Den Schülern wird deutlich vor Augen geführt, dass Redoxreaktionen auch im Bereich der organischen Chemie eine wichtige Rolle spielen. Dieser Versuch ist ebenso als Reagenzglasversuch für Schüler geeignet. 4
Literatur [1] P. Pfeifer, R. Reichelt, H 2 O & Co Anorganische Chemie, 1. Auflage, Oldenbourg Schulbuchverlag, München, Düsseldorf, Stuttgart, S. 56, 57, 60, 71, 73, 126, 127 [2] E. Mortimer, Chemie, 9. Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart, 2007, S. 230, 231 [3] http://www.isb.bayern.de/isb/download.aspx?downloadfileid=09bcb6c85ff0ae42140f75a330 808b43 (Stand: 22.11.2012) [4] http://www.isb.bayern.de/isb/download.aspx?downloadfileid=84d94f2b6516a878bd73df0d8 4d027dd (Stand: 22.11.2012) [5] K. Häusler, H. Rampf, R. Reichelt, Experimente für den Chemieunterricht, 2. Auflage, Oldenbourg Schulbuchverlag, München, Düsseldorf, Stuttgart, S. 75, 109, 110, 338 [6] H. Keune, W. Filbry, Chemische Schulexperimente, Band 2, Anorganische Chemie, erster Teil, Verlag Harri Deutsch, Thun, Frankfurt /Main, 1978, S. 167 [7] M. Just, A. Hradetzky, Chemische Schulexperimente, Band 4, Organische Chemie, Verlag Harri Deutsch, Thun, Frankfurt /Main, 1978, S. 332, 333 5