Information 4: Mediation in Familie und Partnerschaft 1. Anwendungsfelder 2. Besonderheiten und Anforderungen 3. Beispiele 3.1. Bei Trennung/Scheidung 3.2. Bei Eltern-Kind-Konflikten 4. Ansprechpartner 1. Anwendungsfelder Bei Mediation in Familie und Partnerschaft geht es um Konflikte im sozialen Nahraum. Beteiligt sind Menschen, die verwandtschaftlich oder verwandtschaftsähnlich miteinander verbunden sind. Konflikte können entstehen Zwischen Paaren im Zusammenleben und bei Trennung und Scheidung Für Eltern und Kinder infolge von Trennung und Scheidung Bei schwierigen Verhältnissen in Patchwork-Familien Zwischen leiblichen Eltern und Adoptiv- oder Pflegefamilien Zwischen verschiedenen Generationen wie z.b. Schwiegersohn und Schwiegermutter, Kindern/Jugendlichen und ihren Eltern Beim Erben und Vererben Bei Ehen und Familien aus verschiedenen Kulturen Zwischen Geschwistern Wenn alte Eltern oder kranke Familienangehörige betreut werden müssen In gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und bei deren Auflösung In Wohn- und Lebensgemeinschaften 2. Besonderheiten und Anforderungen Grenzbereich Therapie Streitigkeiten im sozialen Nahraum belasten die Betroffenen besonders schwer, da sie durch enge Bindungen stärker voneinander abhängen, als dies in anderen Gemeinschaften der Fall ist. Konflikte haben häufig eine lange Geschichte. Die starke Zukunftsorientierung des Mediationsverfahrens kann durchaus alte Kreisläufe durchbrechen. Für manche Situationen ist jedoch eine psychologische Beratung oder therapeutische Aufarbeitung besser geeignet oder zusätzlich notwendig. Um dies beurteilen und angemessen intervenieren zu können, sind psychologische oder therapeutische Grundberufe oder Kenntnisse von Vorteil.
Erziehungsprobleme und Generationengrenze Bei der Bearbeitung von Konflikten zwischen Jugendlichen und ihren Eltern spielt die Dynamik der besonderen Entwicklungs- und Abgrenzungsphase der Jugendlichen eine wichtige Rolle. Die Grundhaltung der Mediation, die jede und jeden gleich wichtig nimmt und jedes Interesse gleich wertet, kommt den Bedürfnissen der Jugendlichen entgegen und kann die Mauer von Rückzug, Nicht-Miteinander-Reden oder aggressiv ausfälligen Verhaltens durchbrechen. Eine neue Gesprächsbasis zwischen Heranwachsenden und ihren Eltern kann aufgebaut werden. Bei Eltern-Kind-Konflikten gilt es außerdem die Generationengrenze zu beachten. Auch wenn Bedürfnisse und Interessen von Kindern und Jugendlichen erst einmal gleichwertig neben denen der Eltern behandelt werden, gibt es unterschiedliche Verantwortlichkeiten und ungleiche Ressourcenverteilung. Nicht alles ist verhandelbar. Eine ähnliche Situation treffen wir auch bei Mediation im Schulbereich an. Interessen von Kindern und Jugendlichen Bei Mediationen in Trennungs- und Scheidungssituationen haben wir es zuerst mit den Eltern zu tun. Die Kinder sind in solchen Situationen stark belastet. Oft fehlt ihnen die nötige Unterstützung. Je nachdem, ob ihre Interessen in der Mediation verhandelt werden und abhängig vom Alter der Kinder, können sie in die Mediation mit einbezogen werden. Darüber gilt es mit den Eltern zu sprechen und eine Vorgehensweise zu entwickeln, die der besonderen Situation der Kinder und Jugendlichen gerecht wird. Dort wo Kinder und Jugendliche nicht direkt an der Konfliktbearbeitung beteiligt sind, kommt der Mediatorin die Rolle als Interessenvertretung der Kinder/Jugendlichen zu. Der Schaden für die Kinder soll möglichst gering gehalten werden, indem beide Eltern in der Mediation lernen, das Wohl der Kinder im Blick zu haben, sich kooperativ zu verhalten und die Kinder aus dem Loyalitätskonflikt zu entlassen. Recht, Steuern, Wirtschaftlichkeit In der Trennungs- und Scheidungsmediation und bei Erbauseinandersetzungen sind rechtliche, steuerliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu beachten. Aufgabe der Mediatorin ist es nicht, hier die Medianten zu beraten. Sie muss jedoch einschätzen können, wo entsprechende Fachleute einbezogen werden sollten und die Medianten dazu auffordern. Ziel der Mediation sind tragfähige und realisierbare Vereinbarungen. Mitverantwortung der Mediatorin ist es, gesetzeswidrige Vereinbarungen zu verhindern, ebenso wie ungünstige Regelungen aufgrund ungenügender Kenntnisse.
3. Beispiele 3.1. Mediation bei Trennung/Scheidung Bei einer offiziellen Scheidung, die nach geltendem Recht in der BRD durch ein Familiengericht erfolgen muss, wird die Aufhebung der Ehe verfügt und der Versorgungsausgleich (Ausgleich der Alterssicherung) durchgeführt. Die elterliche Sorge für Kinder üben die Eltern i.d.r. weiterhin gemeinsam aus, wenn kein Antrag auf alleiniges Sorgerecht gestellt wird. Alle anderen Angelegenheiten können die Paare in eigener Regie regeln oder z. B. in einer Mediation. Dazu gehören Fragen des Wohnens, Verbleib oder Auszug aus der ehelichen Wohnung/dem gemeinsamen Haus. Aufenthaltsort der Kinder Fragen des Kontaktes zwischen Eltern und Kindern Aufteilung des Hausrats Aufteilung des Vermögens Zeitpunkt des Scheidungsantrages Ablauf einer Scheidungsmediation Ilse und Werner K. wollen sich nach 15 Jahren Ehe scheiden lassen. Der erste Schock über das endgültige Scheitern ihrer Beziehung ist vorbei. Jetzt sollen alle Voraussetzungen für die Scheidung getroffen werden. Über viele Dinge sind sie sich noch nicht einig, aber sie wissen genau, dass sie eine faire Trennung wollen. Trotz aller Unstimmigkeiten wollen sie sich auch nach der Scheidung noch in die Augen sehen können und vor allen Dingen weiterhin Eltern für ihre 12-jährige Tochter und den 9-jährigen Sohn bleiben. In dieser Situation hat ihnen eine Bekannte das Verfahren der Mediation empfohlen. Bei einem Telefonat mit der Mediatorin vereinbaren sie einen Termin für ein Informationsgespräch, bei dem beide Partner anwesend sind. Hier wird das Verfahren der Mediation erläutert und geklärt, ob es das Richtige für das Paar ist. Werner und Ilse K. haben sich für die Mediation entschieden. Nach dem ersten Informationsgespräch lassen sich beide über ihre rechtlichen Möglichkeiten bei getrennten Anwälten beraten. In der Mediation steht das Recht zwar nicht im Vordergrund. Doch nur wer sich umfassend informiert hat, kann eigenverantwortlich verhandeln. Danach werden alle strittigen Punkte aufgelistet und nach Prioritäten geordnet. Bei Ilse und Werner K. geht es um die Ausübung des Sorgerechts und die Besuchsregelungen für die Kinder, die Verteilung des Hausrates, über Verkauf oder Nicht-Verkauf der Eigentumswohnung und darüber, was mit den Versicherungen geschehen soll. Als nächstes werden die eigentlichen Interessen und Bedürfnisse jedes Einzelnen Punkt für Punkt herausgearbeitet. Nun werden Ideen zur möglichen Lösung gesammelt und geprüft, ob diese realisierbar sind. Es sollen Lösungen gefunden werden, die Ilse und Werner K. also beide Parteien, mit dem Gefühl auseinander gehen lassen, für sich und die Kinder das Bestmögliche erreicht zu haben. Aufgabe der Mediatorin ist es, als neutrale Vermittlerin die Kommunikation konstruktiv zu gestalten und neue Sichtweisen einzubeziehen.
Sie erarbeitet gemeinsam mit den Konfliktpartnern Ilse und Werner K. maßgeschneiderte Lösungen, die in einer schriftlichen Vereinbarung festgehalten werden. Da die Entscheidung über ihre Eigentumswohnung gleichzeitig ihren Zugewinnausgleich regelt, suchen sie einen Notar auf, um sich abschließend über die Konsequenzen dieser Regelung beraten und dort ein entsprechendes Schriftstück über den Zugewinnausgleich aufsetzen zu lassen. Beide sind mit dem Erreichten zufrieden. Den Trennungsschmerz müssen sie immer noch überwinden, aber er wird nicht noch durch eine gerichtliche Auseinandersetzung verstärkt. 3.2. Mediation bei Eltern-Kind-Konflikten Konfliktthemen, die von Familien in der Mediationspraxis angesprochen werden, betreffen häufig Probleme zwischen Eltern und ihren jugendlichen Kindern. Uneinigkeit besteht z.b. bei Fragen wie Ausgehzeiten Schulabbruch oder weiterer Schulbesuch Lehre oder Studium gemeinsame Unternehmungen an den Wochenenden Urlaub alleine, mit der Familie oder mit Freunden der Jugendlichen. Bei Problemen im Zusammenhang mit der Ablösungsthematik oder bei der Bewältigung von Krankheiten ist zu prüfen, ob eine zusätzliche therapeutische Behandlung sinnvoll ist. Schulabbruch In die Mediation kam Familie Schulte mit dem 18jährigen David. Es kam zum Konflikt, weil David von der Schule abgehen will. Frage an David: David, was ist dir daran so wichtig, gerade jetzt die Schule abzubrechen, obwohl du einen Notendurchschnitt von 2,7 hast und durchaus Abitur machen könntest? Antwort David: Ich will ein Mofa. Ich will einen schönen Urlaub mit meiner Freundin verbringen, das kostet Geld. Ich will andere Kleidung kaufen. Ich will mein eigenes Geld haben. Frage an die Eltern: Weshalb glauben Sie, sollte ihr Sohn unbedingt Abitur machen? Antwort der Eltern: Er hat das Zeug dazu. Es wäre vergeudete Intelligenz.... Ich käme mir als Vater schlecht vor, wenn ich den Jungen nicht optimal fördern würde. Mit diesen zusammengefassten Aussagen hat die Mediatorin genügend Informationen, um im üblichen Mediationsschema nach und nach die Dialogfähigkeit der Parteien wiederherzustellen und anschließend von den Konfliktpartnern Lösungen erarbeiten zu lassen.
4. Ansprechpartner Projektgruppe Familie und Partnerschaft im Bundesverband Mediation e.v. Koordinatorin: Brigitte Komescher, T: 02104 234990, brigitte.komescher@bmev.de Mediator/innen aus diesem Fachbereich finden Sie auf unserer Website unter Menüpunkt MediatorIn suchen. Wir helfen Ihnen auch gerne telefonisch weiter. Kontaktdaten unserer MitarbeiterInnen finden Sie auf der Website unter Menüpunkt Kontakt.