Mikroplastik im Abwasser verschiedene Aspekte aus Sicht der Wasserwirtschaft

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Die Wasserverbände in NRW - Gründung per Gesetz ab 1899

Wasserwirtschaftsraum Wupper Flussgebietsmanagement Größe Einzugsgebiet: 813 km² Fließlänge Wupper: 115 km alle Gewässer: ca. 2300 km Niederschlag: bis zu 1400 mm / Jahr Einwohner: ca. 900.000

Aufgaben des Wupperverbandes Betrieb von 14 Talsperren für Rohwasser zur Trinkwasseraufbereitung Hochwasserschutz / Niedrigwasseraufhöhung Gewässerunterhaltung /Gewässerrenaturierung für 2300 km Gewässer Betrieb von 11 Kläranlagen zur Reinigung von 120 Millionen Kubikmeter Abwasser jährlich, 63 km Leitungsbauwerke, 60 Sonderbauwerken zur Mischwasserbehandlung

Plastik in der ARD Mediathek Verbote, Verzicht, Verbreitung

Das Thema Kunststoff in der Umwelt ist nicht neu Kunststoffemissionen wurden bereits vor über 40 Jahren als Problem der marinen Umwelt erkannt. Heute sind Mikro- und Makroplastik ähnlich relevant wie die anderen großen Umweltthemen (Klimawandel, Überdüngung ). Quelle: [Beyer-2013] [Fraunhofer UMSICHT 2018]

Wie gelangen Kunststoffe in die Gewässer? Punktuelle Einträge: Gereinigte Abläufe der Kläranlage Niederschlagsentwässerung/ Mischwasserüberlaufe Direkt einleitende Haushalte/Industrien Direkteintrage von Schiffen und wasserbaulichen Einrichtungen Haushalt Havarien & illegale Entsorgung Regenüberlaufbecken (RÜB) Abrieb und Verwitterung Diffuse Einträge: Atmosphärischer Transport (Wind, Regen) Abschwemmungen Grundwasser Transport durch Tiere Littering Littering & Verwehungen Landseitiger Eintrag Bildquellen: Wupperverband, auslandsimmobilien.de 2013, spiegel.de 2012, sueddeutsche.de 2011, SYS

Konsortialstudie Kunststoffe in der Umwelt Ziele des Projekts Aufarbeitung und kritische Reflexion von Wissensstand und Debatte Ableitung von Innovationspfaden Vorgehen Auswertung von Studien, Literatur, Internetrecherche, Experteninterviews 4 Workshops Ergebnisse UMSICHT-Studie (Veröffentlichung Juli 2018) Partner Evonik, BASF, Beiersdorf, RWTH, FKuR, DSD, Gelsenwasser, Nestlé, Wupperverband, Emschergenossenschaft/Lippeverband Fraunhofer UMSICHT/Leandra Hamann

Mikroplastik, was ist das? Größe alle Kunststoffpartikel und -fasern mit einer Teilchengröße von weniger als 5 mm. Herkunft Primäres Mikroplastik wird gezielt hergestellt (Typ A z.b. Pellets) oder entsteht während der Nutzung (Typ B, z.b. Abrieb) sekundäres Mikroplastik entsteht aus größeren Plastikteilen in der Umwelt (Littering) Varianz Partikel und Fasern; verschiedene Größen, Formen, Farben und Materialien [Fraunhofer UMSICHT 2018]

Häufige Typen von Mikroplastik Microbeads (z. B. Körperpflegemittel) Resin Pellets (Basismaterial für Kunststoffprodukte) Polymere Feinstpartikel (Alltagsprodukte, z. B. Automotive) Mikrofasern (z. B. Fleece-Kleidung) Fragmente (Bruchstücke aus größeren Kunststoffteilen) [Fraunhofer UMSICHT 2018]

Mikroplastik in der Abwasserreinigung - Beispiel Kläranlage Wuppertal Quelle: Masterarbeit Bhawani Regmi Kläranlagen als mögliche Pfade für Mikroplastik in die Umwelt - Beispielhafte Untersuchung von Mikroplastik im Schlammkreislauf

Arten und Elimination von Mikroplastik in Kläranlagen 5 häufige Stoffe indentifiziert PE, PP, PET, PS, PA 10% 10% 35% > 95% Reduktion der Teilchen zwischen Zulauf und Ablauf der Kläranlage 10% 20% 15% PE PP PET PS PA Unknown

Eintragspfad Kläranlage und Klärschlamm Kläranlagen halten einen Großteil der zuströmenden Kunststoffemissionen zurück. Rechen- und Sandfanggut = Senke für Mikro- und Makroplastik Klärschlamm ist die Senke für kleine, partikuläre Kunststoffe in der KA Bei signifikanten Kunststoffmengen im Klärschlamm ist eine vollständige Verbrennung des Klärschlamms sinnvoll landwirtschaftliche Ausbringung bringt Kunststoff zurück in die Umwelt

Eintragspfad Niederschlagswasser und Mischwasser Niederschlagswasser schwemmt Kunststoffemissionen von Flächen Mischwasserentlastungen leiten ungeklärtes Abwasser in Gewässer Die Mengen sind bisher wenig untersucht Sinkkästen an Straßen, Regenrückhaltebecken, Regenüberlaufbecken, Retentionsbodenfilter und Versickerungsanlagen haben unterschiedliche Rückhaltewirkungen für Kunststoffpartikel Mischsystem ist vermutlich effizienter als Trennsystem

Quellen für primäres Mikroplastik Emissionen [g/(cap a)] Nr. Quelle Werte anderer UMSICHT Autoren Min. Max. 1 Abrieb Reifen 1 228,5 49,6 1 357,0 2 Freisetzung bei der Abfallentsorgung 302,8 - - 3 Abrieb Bitumen in Asphalt 228,0 1,5 1,5 4 Pelletverluste 182,0 0,5 2 567,2 5 Verwehungen Sport- und Spielplätze 131,8 - - 6 Freisetzung auf Baustellen 117,1 - - 7 Abrieb Schuhsohlen 109,0 17,5 175,4 8 Abrieb Kunststoffverpackungen 99,1 - - 9 Abrieb Fahrbahnmarkierungen 91,0 19,3 121,1 10 Faserabrieb bei der Textilwäsche 76,8 17 Mikroplastik in Kosmetik 19,0 1,6 11 Fraunhofer UMSICHT 2018]

Freigesetzte Mengen primären Mikroplastiks (ohne Mikroplastik aus Littering) Quelle Geografischer Bereich Emissionen im Bereich [t/a] Pro Kopf- Emission [g/(cap a)] Konsortialstudie Deutschland 330 000 4 000 Essel et al. Deutschland 182 000-423 000 2 200-5 130 Sundt et al. Norwegen 8 300 1 590 Magnussen et al. Schweden 16 500-38 400 1 670-3 880 Lassen et al. Dänemark 5 500-13 900 965-2 440 Boucher et al. Welt 1 800 000-5 000 000 236-660 Fraunhofer UMSICHT 2018]

Ursache im Wesentlichen Emission durch Nutzung Primäres Mikroplastik vom Typ B ist in Bezug auf die emittierte Menge deutlich relevanter als Typ A ; Elastomere machen den größten Teil des Mikroplastiks aus [Fraunhofer UMSICHT 2018]

Verkehr, Infrastruktur und Gebäude emittieren die größten Mengen [Fraunhofer UMSICHT 2018]

2 Beispiele für mögliche Techniken zur Elimination OEMP: Optimierte Materialien und Verfahren zur Entfernung von Mikroplastik aus dem Wasserkreislauf https://machwas-material.de/verbundprojekte/materialien +f%c3%bcr+weitere+anwendungen+in+der+wassertechnik/oemp.html

Aktuell 18 Verbundprojekte zu Plastik in der Umwelt

Kunststoff hat ein Imageproblem [Fraunhofer UMSICHT 2018]

Ist Plastikherstellung aus Abwasser möglich? Wertstoffe aus Abwasser - Ziel im EU Verbundvorhaben WOW! (Wider business Opportunities for raw materials from Waste water) Laufzeit 2018-2022 3 Pilotanlagen auf Kläranlagen Wertschöpfungsketten für drei Rohstoffe mit fünf Produkten: Zellulose Lipide PHA Biokohle, Bioöl, Essigsäure Biodiesel Biokunststoff Wir suchen Ansprechpartner: Marktnachfrage Produktionsvolumen Marktteilnehmer Qualitätskriterien Aktuelle Marktpreise Kontakt: Katrin Krebber: kkr@wupperverband.de http://www.nweurope.eu/projects/project-search/wow-wider-business-opportunities-for-raw-materials-from-wastewater/

Vermeiden verbessern verbieten - was ist zu tun? Littering vermeiden, Abfälle einsammeln Langlebige Reifen nutzen, Produkte mit Microbeads und aufwendigen Kunststoffverpackungen vermeiden Straßenreinigung optimieren und ausweiten Rückhaltesysteme für Trennsysteme und Mischwasserabschläge ausbauen Abriebs-/verwitterungsarme Kunststoffe entwickeln Abbaubarkeit von Polymeren verbessern Rezyklierbarkeit von Kunststoffen steigern Pfandsysteme ausweiten Produkte, die häufig gelittert werden, verbieten Anreize für hohen Recyclinganteil schaffen

Es ist vieles im Fluss... Vielen Dank!!