Ex-Zertifikat wird europäisch



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Transkript:

Zertifizierung für explosionsgeschützte Elektromotoren Ex-Zertifikat wird europäisch Explosionsgeschützte elektrische Betriebsmittel gibt es schon seit vielen Jahren. Das Zertifizierungsverfahren lag bis jetzt in der Schweiz in den Händen des SEV und des Eidg. Starkstrominspektorates (EStI). Seit 1994 gibt es eine europäische Richtlinie für elektrische Betriebsmittel in explosionsgefährdeten Bereichen. Was selbst viele Branchen-Insider nicht wissen: ab Juli 2003 wird die europäische Richtlinie ATEX 100a für Schweizer Hersteller und Anwender verbindlich und löst das nationale Zertifizierungs- und Zulassungsverfahren ab. Dies hat weitreichende Konsequenzen im Bereich der Ex-geschützten Betriebsmittel. Bis jetzt haben erst wenige Schweizer Hersteller von elektrischen Maschinen die Zulassung erlangt, welche zum Bau von Geräten und Schutzsystemen zur Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen nach der EU-Richtlinie ATEX 100a berechtigt. Einer davon ist das Elektromotorenwerk Brienz (EMWB). B. Herzog, Redaktor Technica. Elektrische Betriebsmittel, die in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden, stellen ein erhöhtes Risiko dar. Sicherheitsvorschriften und Zertifikate für die Herstellung und Anwendung von Betriebsmitteln in explosionsgefährdeten Bereichen sind daher nicht neu. Technische Anforderungen für Ex Das Ziel dieser Vorschriften ist klar: Durch den Betrieb elektrischer Betriebsmittel, also zum Beispiel von Elektromotoren, darf die Sicherheit in Räumen, in denen eine gefährliche, explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann, nicht beeinträchtigt werden, d.h. der Betrieb solcher Geräte darf keine Explosion oder Verpuffung von Gasen oder Staub verursachen. Dies wird im Wesentlichen durch zwei Massnahmen erreicht: 1. Die Vermeidung von Funken. 2. Die Betriebstemperatur der Maschine muss ständig unter einer bestimmten Grenztemperatur liegen. Explosionsgeschützte elektrische Betriebsmittel werden nach 3 Hauptmerkmalen unterschieden: Gruppen: Unter explosionsgefährdete Bereiche fallen elektrische Betriebsmittel der Gruppe II. Die Gruppe I umfasst die Betriebsmittel für schlagwettergefährdete Grubenbauten (Bergbau). Entsprechend diesen Gruppen wird der Explosionsschutz heute korrekterweise als EEx II (früher Ex) bezeichnet, während der Schlagwetterschutz als EEx I (früher Sch) gekennzeichnet wird. Zonen: Für den Explosionsschutz elektrischer Maschinen massgebend sind die Zone 1, d.h. Bereiche, in denen damit zu rechnen ist, dass gefährliche explosionsfähige Atmosphäre gelegentlich auftritt sowie die Zone 2, d.h. Bereiche, in denen damit zu rechnen ist, dass eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre selten und/oder kurzzeitig auftritt. Temperaturklassen: Die Temperaturklassen definieren die höchstzulässige Oberflächentemperatur in Abhängigkeit der Zündtemperatur der brennbaren Stoffe. Für explosionsgeschützte elektrische Betriebsmittel gelten die Temperaturklassen T1 bis T6 (siehe Abb. 2). Im weiteren wird auch nach Gasgruppen A, B und C unterschieden. Für die technisch, konstruktive Ausführung der Betriebsmittel ist im weiteren die Zündschutzart massgebend. Für Explosionsschutz EEx II von elektrischen Maschinen gilt die Anforderung erhöhte Sicherheit «e». Das bedeutet, es sind Massnahmen getroffen, um mit einem erhöhten Mass an Sicherheit das Entstehen von Funken oder gefährlichen Temperaturen an Teilen des elektrischen Betriebsmittels zu vermeiden. Diese Zündschutzart ist anwendbar für elektrische Betriebsmittel, die unter normalen und gestörten Betriebsbedingungen weder Funken oder Lichtbogen erzeugen, noch gefährliche Temperaturen annehmen und deren Nennspannung den Wert 11kV nicht überschreitet. Der grundsätzliche Unterschied zur Zündschutzart druckfeste Kapselung «d» ist folgender: Während bei der Zündschutzart «d» mit einer Explosion im Gehäuse gerechnet und ihre Übertragung nach aussen unterbunden wird, beruht die Zündschutzart «e» darauf, dass ein Entstehen von Zündquellen, die eine Explosion auslösen können, verhindert wird. 14 TECHNICA 1-2/2002

ELEKTROTECHNIK Bei Elektromotoren besteht eine der konstruktiven Massnahmen zur Erreichung dieser Anforderung in der Verwendung von fixierten Anschlussklemmen mit erhöhten Luft- und Kriechstrecken (Abb. 3). Betrachten wir im folgenden das Zertifizierungsverfahren für Ex am Beispiel von Elektromotoren. Ablauf der Zertifizierung Nach dem bisherigen und noch gültigen System wird aufgrund der vorliegenden Prüfung für explosionsgeschützte Elektromotoren auf Antrag des Herstellers durch das Eidg. Starkstrominspektorat (EStI) zuerst eine Zulassung erteilt. Diese entspricht einer Rahmenzulassung für eine bestimmte Motorenreihe (Grösse, Art, Lagerung, Kühlungsart etc.). Im weiteren erfolgt eine sicherheitstechnische Prüfung auf dem Laborprüfstand. Hierfür ist der Schweiz. Elektrotechnische Verein (SEV) als akkreditierte Prüfstelle zuständig. Dabei wird eine Prüfung für jede Anwendungsvariante (Leistung, Drehzahl) durchgeführt, wobei verschiedene Parameter (Leistung, Stromaufnahme, Temperaturen) gemessen und protokolliert werden. Die Motoren werden hierbei mit den zulässigen oberen und unteren Spannungswerten gefahren. Als zentraler Bestandteil der Prüfung wird ein so genannter «thermischer Nachweis» erbracht. Mit diesem wird nachgewiesen, dass unter den ungünstigsten Bedingungen und der ungünstigsten Bemessungsspannung der elektrischen Abb. 2, Für explosionsgeschützte elektrische Betriebsmittel gelten die Temperaturklassen T1 bis T6, abhängig von der Zündtemperatur der brennbaren Stoffe. 0499 Abb. 1, Das Elektromotorenwerk Brienz bietet komplette explosionsgeschützte Antriebssysteme an, mit europäischer EG-Baumusterprüfbescheinigung (ATEX 100a). Temperaturklasse Höchstzulässige Oberflächen- Zündtemperatur Temperatur der Betriebsmittel der brennbaren Stoffe C C T1 450 >450 T2 300 >300 T3 200 >200 T4 135 >135 T5 100 >100 T6 85 >85 T1 T2 T3 T4 T5 T6 450 C 300 C 200 C 135 C 100 C 85 C I Menthan II A Aceton Aethyalkohol Benzine Acetaldehyd Aethan i-amylacetat Dieselkraft- Aethyläther Aethylacetat n-butan stoff Ammoniak n-butylakohol Flugzeug- Benzol (rein) kraftstoff Essigsäure Heizöle Kohkenoxyd n-hexan Methanol Propan Toluol II B Stadtgas (Leuchtgas) II C Wasserstoff Acethylen Schwefel- Aethylnitrat kohlenstoff TECHNICA 1-2/2002 15

Umstellung auf ATEX 100a Abb. 3, Bei Elektromotoren besteht eine konstruktive Massnahme zur Erreichung der Anforderung «Funkenvermeidung» in der Verwendung von fixierten Anschlussklemmen mit erhöhten Luft- und Kriechstrecken (links). Im Vergleich dazu ein «normales» Klemmenbrett (rechts). Maschine bei Nennbetrieb, Überlast und im Blockierfall keine zulässigen Grenztemperaturen überschritten werden. Dies gilt auch für die beim Frequenzumrichterbetrieb festgelegten sicherheitsrelevanten Einstellparameter. Im Fall des Elektromotorenwerks Brienz wird diese Prüfung im werkseigenen Prüflabor durchgeführt, d.h. das EMWB ist für diese Prüfung berechtigt. Ex-Prüfung nach altem System Der Prüfbericht der sicherheitstechnischen Prüfung wurde als Antrag an das Eidg. Starkstrominspektorat (EStI) geschickt, welches die Zulassung erteilte für die Anwendung in explosionsgefährdeten Bereichen, und zwar für den entsprechenden Motortyp und die überprüften Anwendungsfälle. Diese Zulassung des EStI galt aber nur für Ex-geschützte Motoren, welche in der Schweiz betrieben werden. Für Motoren, welche für den Export bestimmt sind oder in Maschinen eingebaut werden, welche im Ausland betrieben werden, hatte diese Zulassung keine Gültigkeit. In diesem Fall musste ein separater Antrag an die Prüfstelle des entsprechenden Landes gestellt werden. Das gleiche galt für Motoren, welche im Ausland Ex-zertifiziert sind und in die Schweiz importiert wurden. Diese durften in der Schweiz nur betrieben werden, wenn sie nochmals durch den SEV geprüft wurden und die Zulassung durch das EStI erhalten hatten. Hier zeigt sich der Vorteil einer europaweit gültigen Ex-Zulassung. Gideon Megert, Leiter Verkauf und Marketing bei EMWB, meint hierzu: «Der Kundenkreis des EMWB ist zwar vorwiegend in der Schweiz angesiedelt, nur rund 10% der Produkte werden direkt ins Ausland geliefert. Die Maschinen, in denen unsere Elektromotoren eingebaut sind, werden aber zum überwiegenden Teil ins Ausland exportiert, so dass dennoch rund 70% der EMWB- Produkte in den Export gehen. Ein europaweit gültiges Ex-Zertifikat bedeutet für diese Kunden eine erhebliche Erleichterung. Dies war für EMWB mit ein Grund, dass man relativ früh auf die europäische ATEX 100a-Richtlinie eingeschwenkt ist.» Seit 1994 gibt es das Konformitätsbewertungsverfahren, welches auf der EU-Richtlinie 94/9/EG (ATEX 100a) basiert. Die technischen Anforderungen für die Baumusterprüfung sind praktisch identisch mit denjenigen der Schweizer Zulassung. Neu und in wesentlichen Punkten anders sind aber das Verfahren für die Zertifizierung, die Nachweisbarkeit und die Produkte- Haftpflicht. Da es sich um eine europäische Richtlinie handelt, ist nur eine von der EU benannte Stelle für die Vergabe der Bescheinigung berechtigt. Das Eidg. Starkstrominspektorat scheidet aus den Reihen der europäischen Zertifizierungsstellen aus. Der SEV kann jedoch seine Funktion als Prüfstelle beibehalten, indem er mit verschiedenen anerkannten Zertifizierungsstellen im europäischen Raum Verträge abschliesst. Der Hersteller seinerseits kann eine dieser benannten Stellen irgendwo in Europa auswählen. Im Falle von EMWB ist dies SNCH (Société Nationale de Certification et d Homologation) in Luxemburg. Aufwändiges Nachweisverfahren Ähnlich wie beim bisherigen Verfahren, wird auch beim ATEX100a durch die Zertifizierungsstelle eine EG-Baumusterprüfbescheinigung ausgestellt. Durch die Prüfstelle ist ein Bericht über die sicherheitstechnische Prüfung zu erstellen. Der Hersteller muss aber weitere Anforderungen in Bezug auf die Dokumentation erfüllen, welche über diejenigen beim schweizerischen Zertifizierungsverfahren hinausgehen. So muss zu jedem Auftrag eine Bedienungsanleitung mit standardisierten Kapiteln an den Kunden mitgeliefert werden. Damit werden auch gewisse Forderungen bezüglich der EU-Produkte-Haft- 16 TECHNICA 1-2/2002

ELEKTROTECHNIK pflicht abgedeckt (Sicherheitshinweise etc). Im weiteren muss dem Kunden eine sogenannte EU-Konformitätseklärung ausgestellt werden. Darin wird bestätigt, dass das Produkt mit den einschlägigen europäischen Richtlinien und Normen (zum Beispiel EN 60034-1:1998) übereinstimmt. Damit noch nicht genug. Die europäische Richtlinie ATEX 100a verlangt nun zusätzlich ein Verfahren betreffend die Qualitätssicherung des Betriebes und die Ausstellung einer Mitteilung über die Anerkennung der Qualitätssicherung «Produktion». Voraussetzung dazu ist, dass der Betrieb mit einem Qualitätsmanagement nach ISO 9001 arbeitet. Gideon Megert drückt es so aus: «Man braucht quasi ein Zertifikat, um nachzuweisen, dass man (ISO) zertifiziert ist.» Diese Anerkennung der Qualitätssicherung Produktion basiert auf regelmässigen Q-Audits, bei welchen die Einhaltung der ISO 9001 in der Produktion überprüft wird sowie auf Zusatzaudits zum Nachweis der Fachkompetenz in Ex-Belangen. Spezialfall Umrichter Abb. 4, Typenschild einer Antriebseinheit, bestehend aus Elektromotor und Frequenzumformer mit Ex-Kennzeichnung. Abb. 5, Das EMWB kann im werkseigenen Prüflabor sicherheitstechnische Prüfungen für die Ex-Zertifizierung durchführen. In Bezug auf das Antriebssystem muss eine Unterscheidung gemacht werden, ob es sich um einen Elektromotor mit direkter Netzanspeisung oder um Speisung über einen Umrichter mit veränderlicher Frequenz und Spannung handelt. Für die Zündschutzart «e», also für die Hauptanforderung für Ex-geschützt, muss nach europäischer Norm EN 50019:1994 sowie EN 60079-14: 1997 der Umrichter als Einheit zusammen mit dem Motor geprüft werden. Die EG-Baumusterprüfbescheinigung gilt nur, so lange der Motor mit dem geprüften Umrichter zusammen verwendet wird und keine Parameter (zum Beispiel Mindestfrequenz, Leistung) am Umrichter verändert werden. Die Umgehung der Umrichterprüfung durch Verwendung eines Motors mit druckfester Kapselung (Zündschutzart «d») ist nur zulässig, wenn der thermische Nachweis für den Elektromotor erbracht werden kann. Elektrische Betriebsmittel mit EG-Baumusterprüfbescheinigung werden auf dem Typenschild als solche gekennzeichnet. Abb. 4 zeigt das Typenschild für ein komplettes Antriebssystem, bestehend aus einem Elektromotor und Frequenzumrichter. Die für den Ex-Schutz massgebliche Kennzeichnung lautet: CE0049 Ex II 2 G EEx e II T3 Dies bedeutet im Einzelnen: CE0049 CE heisst europakonform und ist als solches keine geschützte Bezeichnung. Die Nummer CE0049 besagt aber, dass die Zertifizierung der «Qualitätssicherung Produktion» durch die bei der EU un- TECHNICA 1-2/2002 17

EMWB Antriebspower für hohe Qualitätsansprüche Ex II 2 G ter der Nummer 0049 registrierten Zertifizierungsstelle durchgeführt wurde. Es handelt sich um einen Ex-Schutz für Betriebsmittel der Gruppe II und Kategorie 2, geeignet für die Während andere Unternehmen auf die Massenproduktion in Billiglohnländern setzten, um im Preiswettbewerb zu bestehen, ging das Elektromotorenwerk Brienz AG (EMWB) andere Wege: Es steigerte die Qualität seiner selbst hergestellten Präzisionsprodukte. Den anspruchsvollen Kunden im Maschinenbau und der Klimatechnik, im Pumpen- und Getriebebau, in der Förder-, Prozessund Medizintechnik sowie der Land- und Bauwirtschaft werden massgeschneiderte Komplettsysteme aus Elektromotor, Getriebe, Frequenzumrichter und Steuerung angeboten. Mit Spindelmotoren, wassergekühlten und gasdichten Motoren, Reinraummotoren, Spezialmotoren in explosionssicherer Ausführung und Hohlwellenmotoren deckt das Unternehmen ein breites Spektrum der Kundenwünsche ab. EMWB verfolgte konsequent die Entwicklung von Komplettangeboten. Ein erster Schritt in diese Richtung war die Übernahme der Hermtech AG im Jahre 1985, einem Spezialisten für elektronische Motorsteuerungen, Medizinelektronik, Sensoren und Schrittmotorensteuerung. Entscheidend war auch die Partnerschaft zur Groupe Schneider, dem Hersteller von Telemécanique-Frequenzumrichtern. Mit dem gemeinsamen Knowhow der beiden Firmen können kompakte Antriebseinheiten für die einzelnen Anwendungsbereiche massgeschneidert werden. Mit rund 50 Mitarbeitern erwirtschaftet das Unternehmen zur Zeit einen Umsatz von ca. 12 Mio. CHF. Das EMWB hat neben ATEX 100a die folgenden Zertifikate erworben: Qualitätsmanagementsystem ISO 9001:1994. (N)EMP Nuklear elektromagnetischer Puls, für den Einbau von Motoren in Zivilschutzanlagen und militärischen Bauten. Canadian Standards Association, für Kunden, welche ihre Produkte und Anlagen nach Kanada exportieren. In den kommenden Wochen wird EMWB die Erweiterung CSA-US für den Export in die Vereinigten Staaten erhalten. Infos: Elektromotorenwerk Brienz AG 3855 Brienz Tel. 033/951 31 31 Fax 033/951 34 55 info@emwb.ch EEx e II T3 ATEX gilt ab 2003 Verwendung in Zone 1 und in explosionsfähigen Gasdämpfen. Der Explosionsschutz entspricht den harmonisierten europäischen CENELEC- Normen, die Zündschutzart ist «erhöhte Sicherheit», der Einsatz ist für explosionsgefährdete Bereiche geeignet und es handelt sich um die Temperaturklasse T3 (Oberflächentemperaturen bis 200 C). Ab 1. Juli 2003 müssen alle explosionsgeschützten Motoren wie auch alle übrigen elektrischen Betriebsmittel in der Schweiz und europaweit nach der neuen Richtlinie gefertigt und installiert werden. Auch Reparaturen und Revisionen sollen künftig die Anforderungen dieser Richtlinie erfüllen. Es lohnt sich daher, für alle Hersteller und Anwender von Ex-geschützten elektrischen Betriebsmitteln, sich mit der EG-Baumusterprüfbescheinigung nach ATEX 100a auseinanderzusetzen. Hersteller, welche diese Zulassung heute bereits haben und, wie im Falle von EMWB, bereits mehrere hundert Antriebssysteme nach europäischer Richtlinie bescheinigt haben, besitzen einen Wettbewerbsvorteil im Markt der Zukunft. Obwohl das jetzige Zertifizierungs- und Zulassungsverfahren noch bis Mitte 2003 gültig ist, hat die Umstellung auf ATEX längst begonnen. Gideon Megert sieht es so: «Die grossen, international tätigen Kunden, wie etwa die Basler Chemie, richten ihre Forderungen längst auf die neue Richtlinie aus. Niemand baut heute mehr einen Motor ein, welcher nach alter Norm zertifiziert ist, damit er ihn bei der nächsten Revision ausbauen und nach ATEX umrüsten muss.» 18 TECHNICA 1-2/2002