Deutsch-schweizerische Schulpartnerschaften Von der Nordsee aufs Matterhorn Beispiele guter Praxis 2001-2005



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Transkript:

Deutsch-schweizerische Schulpartnerschaften Von der Nordsee aufs Matterhorn Beispiele guter Praxis 2001-2005 Jugendaustausch Echange de Jeunes Scambio di Giovani Barat da Giuvenils Youth Exchange 1

Titel Foto rechts: Die Matterhornspitze. Präsens Schweiz Foto links: Der Leuchtturm Westerheversand www.nordseetourismus.de

Deutsch-schweizerische Schulpartnerschaften Von der Nordsee aufs Matterhorn Beispiele guter Praxis 2001-2005 3

Das folgende Zitat des schweizerischen Pfarrers und Schriftstellers Kurt Marti (* 1921) wählten Schüler des Holbein- Gymnasiums Augsburg im Jahre 2003 zum Motto ihres Austauschprojekts mit der Ecole de commerce in Sierre.» Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und niemand ginge, um zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.«4

Liebe Leserinnen und Leser, als die Schweizerische Botschaft in Berlin im Frühjahr 2000 den Anstoß zur Schaffung des Programms Deutsch-schweizerische Schulpartnerschaften gegeben hatte und alle Beteiligten die Botschaft selbst, die Organisationen Präsenz Schweiz (PRS) und Schweiz Tourismus, ch Jugendaustausch und der Pädagogische Austauschdienst der Kultusministerkonferenz (PAD) sich über das Konzept einig geworden waren, stand noch nicht fest, ob sich für das neue Programmangebot auch Interessenten finden würden. Bis dahin war über die Zusammenarbeit zwischen deutschen und schweizerischen Schulen wenig bekannt, und auf Erfahrungswerte konnte man deshalb nicht zurückgreifen. Doch wir sollten und wollten den Versuch machen, und heute können wir sagen: Schulpartnerschaften zwischen Schulen in Deutschland und Schulen in der Schweiz sind ein voller Erfolg geworden. Im Jahr 2000 waren ursprünglich drei bis vier Jahre für das aus Schweizer Mitteln geförderte Programm vorgesehen, wegen seines Erfolges wurde es schließlich bis zum Sommer 2005 verlängert und wir würden uns freuen, wenn es noch weiter hätte verlängert werden können. Der Schweizer Regierung ist sehr herzlich zu danken, dass sie durch die Bereitstellung der Mittel das Programm ermöglicht hat. Dass es so erfolgreich werden konnte, ist vor allem den Schulen, den Lehrkräften und den Schülerinnen und Schülern zu verdanken, die sich daran beteiligt haben, nicht zuletzt aber auch den Eltern, die Gastschüler bei sich aufnahmen und ihrerseits zum Gelingen beitrugen. Die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen, die die Steuergruppe für das Programm bildeten, war eine solide Grundlage. PAD und ch Jugendaustausch erreichte im Laufe des Förderzeitraums eine große Zahl engagierter Erfahrungsberichte, aufwändig gestalteter Projektbroschüren, Reisetagebücher, CD- Roms und anderer Materialien, die vom außerordentlichen persönlichen Einsatz aller Beteiligten auf schulischer Seite zeugen. Aus diesen Zusendungen, für die wir den Schulen hier nochmals ganz besonders danken, wurden für die vorliegende Broschüre zu sieben Themenbereichen jeweils drei Beiträge ausgewählt, die als Beispiele guter Praxis Anregungen bieten und Interessenten die eine oder andere Idee für die eigene Projektgestaltung vermitteln können. Entstanden ist auf diese Weise ein Lesebuch in vier Teilen: Die ersten beiden Teile enthalten Hintergrundinformationen zum Programm und praktische Hinweise zur Planung und Durchführung von Unterrichtsprojekten im Rahmen von Schulpartnerschaften, der dritte und umfangreichste Teil ist der Beschreibung der ausgewählten Projekte gewidmet, im vierten schließlich finden sich Projekt- und Adresslisten, die für Schulen in beiden Ländern von Interesse sein mögen. Dass die Projektlisten nach den deutschen Ländern und innerhalb dieser Kategorie wiederum chronologisch nach den Besuchen der deutschen Schulen in der Schweiz geordnet sind, hat seinen Grund darin, dass die Fördermittel an die deutschen Schulen gingen und deren Daten für die verwaltungsmäßige Erfassung entscheidend waren. 5

Lehrkräfte, die noch keine Erfahrungen mit schulischen Austauschprojekten hatten, erkundigten sich im Laufe des Förderzeitraums immer wieder nach dem zeitlichen Rahmen und der Vorgehensweise im Einzelnen. Bei der Beschreibung der Projekte wurde daher versucht, eine Einteilung in Vorbereitungs-, Durchführungs- und Nachbereitungsphase vorzunehmen, um sowohl Zeitaufwand als auch Arbeitsschritte der einzelnen Phasen deutlicher zu markieren. Lediglich in Einzelfällen waren die Kurzberichte der Projektleiter so strukturiert, dass sie diesem Schema nicht angepasst werden konnten. Um die Projektbeschreibung so umfassend wie möglich zu gestalten, wurden außer den Kurzbeschreibungen der Schulen auch die jeweilige Zeitplanung aus den Förderanträgen, die Stundenpläne für die Austauschphasen und die Reisetagebücher der Klassen herangezogen. Ergänzt werden diese Beschreibungen durch Zitate von Schülern und Lehrkräften, die häufig geäußerte Meinungen zum deutsch-schweizerischen Austausch widerspiegeln. Diese Broschüre ist also ein Lesebuch, das ohne die Mitwirkung der Schulen nicht denkbar gewesen wäre und das dazu einladen soll, Neues auszuprobieren, was andere bereits für gut befunden haben. Ausgewählt aus der oben beschriebenen Vielzahl von Zusendungen und zusammengestellt hat dieses Lesebuch Dr. Caroline Baumgarten, die im PAD für das Programm verantwortlich war. Auch ihr sei für die gute Arbeit herzlich gedankt. Anregung wird aber nicht nur den Schulen geboten, die auf der Suche nach neuen Projektideen für Schulpartnerschaften zwischen der Schweiz und Deutschland sind, sondern auch solchen, die andere internationale Partnerschaften pflegen. Wir hoffen, liebe Leserinnen und Leser in der Schweiz und in Deutschland, dass Sie sich bei der Lektüre von den Beispielen und Tipps inspirieren lassen, dass Sie die eine oder andere nützliche Information entdecken werden und es Ihnen gelingt, die Partnerschaft zwischen Ihren Schulen auch in Zukunft aufrecht zu erhalten. Ilse Brigitte Eitze-Schütz Leiterin des Pädagogischen Austauschdienstes 6

Grußwort Die Schweiz als kleines Land mitten in Europa grenzt an insgesamt fünf Nachbarländer. Mit Deutschland, dem grössten ihrer Nachbarn, verbindet die Schweiz nicht nur die gemeinsame Sprache, die beiden Länder pflegen auch intensive wirtschaftliche, kulturelle und institutionelle Beziehungen. Auch im Bildungsbereich bestehen vielfältige Verbindungen. So verfügt beispielsweise ein grosser Teil jener rund 150 schweizerischen Schulen, die regelmässig internationale Austauschaktivitäten betreiben, über teilweise langjährige Partnerschaften mit Schulen in Deutschland. Um so erstaunlicher waren von daher Forschungsergebnisse 1 im Rahmen einer Nationalfondsstudie, die belegen, dass deutsche Jugendliche weder über nennenswerte Kenntnisse über die Schweiz noch einen konkreten Bezug zu unserem Land verfügen. Die Idee, das Interesse von jungen Leuten am jeweils anderen Land zu wecken und dazu Klassenfahrten und Schulpartnerschaften anzuregen und zu fördern, muss vor diesem Hintergrund als besonders wertvoll angesehen werden. Zumal es sich beim vorliegenden Programm um das erste Austauschprogramm dieser Art handelt, das schweizerische Institutionen aus den Bereichen Bildung und Aussenpolitik gemeinsam mit Partnerinstitutionen aus einem anderen Land umgesetzt haben. Die in dieser Publikation enthaltenen Projektbeispiele zeigen auf, dass die Ziele der Projektträger erreicht, ja oft gar übertroffen wurden. Die Zusammenarbeit der beteiligten Schulen anhand von ausgewählten Projektthemen trug wesentlich dazu bei, dass sich die Schüler und Schülerinnen differenziert mit Unterschieden und Gemeinsamkeiten beider Länder auseinandersetzten. Im Vordergrund der Arbeiten stand dabei stets das Verbindende, der Dialog und das gemeinsame Lernen. Dass diese Art der Kooperation eine nachhaltige Wirkung entfaltet, beweist die Tatsache, dass die Mehrheit der in den 5 Projektjahren entstandenen rund 100 deutsch-schweizerischen Schulpartnerschaften auch in Zukunft fortgeführt werden sollen. Ich danke den beteiligten Lehrkräften und Jugendlichen, aber auch allen Trägerorganisationen aus beiden Ländern für die engagierte Mitarbeit. Sie haben viel Energie, grosszügige Fördermittel, beeindruckende Kompetenz und ansteckenden Enthusiasmus in die deutsch-schweizerischen Schulpartnerschaften gesteckt. Ich bin überzeugt, dass all dies, vor allem aber die unvergesslichen Austauscherlebnisse noch lange wirken werden. Regierungsrat Hans Ulrich Stöckling Vorsteher des Erziehungsdepartements des Kantons St. Gallen Präsident der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren EDK 1 Arend, Michal/Lamprecht, Markus/Stamm, Hanspeter, Die Wahrnehmung der Schweiz durch das Ausland, Bern 2000 (Synthesebericht im Rahmen des NFP 42). 7

Grußwort Im zusammenrückenden Europa sollten aktive und gute nachbarschaftliche Beziehungen eine Selbstverständlichkeit sein. Dennoch erscheint uns das weiter Entfernte häufig als das Interessantere, weil vermeintlich Unbekanntere. Es ist das Verdienst der Initiatoren des Pilotprogramms»Deutsch-schweizerische Schulpartnerschaften«, auf die vorhandenen Wissenslücken deutscher und schweizerischer Jugendlicher über das jeweils andere Land aufmerksam gemacht und mit dem Programm zugleich Abhilfe geschaffen zu haben. Die vorliegende Broschüre veranschaulicht, wie persönlicher Einsatz, Ideenreichtum, Sachverstand, Kreativität und Begeisterung das Programm mit Leben erfüllt und dabei Ergebnisse hervorgebracht haben, die sich sehen lassen können. Sie zeigt aber auch, wie beide Seiten Lehrer wie Schüler und unabhängig von den Unterrichtsfächern von der deutsch-schweizerischen Zusammenarbeit profitieren. Dies ist nicht nur an Inhalten und Fertigkeiten festzumachen, die im gemeinsamen Lernprozess erarbeitet werden, und gilt nicht nur für Austausche mit Schulen des frankophonen Sprachgebiets, sondern es ist auch an deutschsprachigen Partnerschaftsprojekten zu beobachten: Deutsche erfahren, dass die ihnen vertraute Sprache andere, ebenso gültige Varianten aufweist. Der Vergleich des Gewohnten nicht nur in sprachlicher Hinsicht mit den Gewohnheiten anderer führt zugleich dazu, die eigene Kultur und das bis dahin Gültige zu hinterfragen. Damit wird ein Prozess der Auseinandersetzung mit dem Eigenen und dem Fremden in Gang gesetzt, der letztlich die Achtung von Unterschieden und den Respekt vor dem Andersartigen zur Folge hat. Somit unterstützt der deutsch-schweizerische Schüleraustausch auch den Erwerb interkultureller und sozialer Kompetenzen, der als zentrales Ziel erfolgreicher Austauschprogramme zu betrachten ist. Darüber hinaus lernen deutsche Schülerinnen und Schüler in der Schweiz mancherorts eine fast selbstverständlich erscheinende Mehrsprachigkeit kennen, die im Europa der Zukunft eine Schlüsselqualifikation sein wird. Junge Menschen werden diese brauchen, um für das Leben in einer Welt der Mobilität und der global agierenden Wirtschaft gerüstet zu sein. Schweizerische Lehrkräfte wiederum heben hervor, dass für ihre Schülerinnen und Schüler, ganz gleich, in welchem Teil des Landes sie zu Hause sind, das»eintauchen in Sprache und Kultur der deutschen Nachbarn«eine willkommene Gelegenheit ist, das Hochdeutsche in natürlichem Umfeld anzuwenden, das im schweizerischen Alltag seit einiger Zeit an Bedeutung verloren hat. Mit der vorliegenden Broschüre sollen dem Leser nicht nur beispielhafte Projekte vorgestellt werden, die im Rahmen des Programms durchgeführt wurden, sondern es soll auch die Lust an Schüleraustausch und Projektarbeit geweckt werden. Ich wünsche den schon älteren und den im Rahmen dieses Programms neu entstandenen Schulpartnerschaften auch in Zukunft eine erfolgreiche Zusammenarbeit, die weiter zur Festigung der guten Beziehungen beider Länder zueinander beitragen wird. 8 Prof. Dr. Johanna Wanka Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg Präsidentin der Kultusministerkonferenz 2005

Inhalt Einführung Die Entstehung des Programms Ziele des Programms Die Finanzierung des Programms Spezifika des deutsch-schweizerischen Austauschs Programmspezifika Die Pilotphase des Programms Einschätzungen und Auswirkungen Neue Wege in der Vermittlungsarbeit Austausch und Projektarbeit Was ist ein Projekt? Praktische Hinweise zur Planung und Durchführung eines Projekts Beispiele aus der Praxis 1. Kultur und Geschichte Schloss Burg an der Wupper und das Leben im Mittelalter/ Le château de Chillon et la vie au Moyen Age Genf-Berlin: Auf der Suche nach historischen Spuren und gemeinsamen Erfahrungen Denkmäler in Natur und Stein. Ein Vergleich der Kulturräume Marburg und Aarberg 2. Kunst und Architektur Arts visuels: Kunst entdecken rezeptiv und produktiv Bauwerke in ihrer äußeren Erscheinung und ihrer räumlichen Qualität innen Ausbau der Winterräume der Albigna-Hütte im Bergell 3. Literatur und Theater Das Groteske im Werk von Friedrich Dürrenmatt Die Brüder Grimm Tell-Projekt 2004 4. Politik und Gesellschaft Mittendrin und nicht dabei? / Strukturwandel im Ruhrgebiet Genève vivre dans une ville internationale et dans une société multiculturelle Der Blick durch die Kamera Vorstellungen, Einstellungen, Richtigstellungen. Vom Umgang mit Klischees und Erwartungen 11 11 11 11 11 12 13 13 13 14 14 14 17 17 18 20 21 23 24 25 26 28 29 31 33 34 35 36 38 9

5. Schule und Ausbildung Unsere Schule eure Schule Interkulturelles Lernen im Klassenverband und innerhalb der Schule Vorbereitung körperbehinderter Jugendlicher auf die Integration in Arbeitswelt und Gesellschaft. Ein deutsch-schweizerischer Vergleich 6. Natur und Umwelt Le volcanisme en Allemagne et les montagnes en Suisse GLOBE-Projekt: Our Rhine/Neckar Energieversorgung in Deutschland und in der Schweiz 7. Wirtschaft und Industrie Wirtschafts- und Lebensräume der Partnerschulen im Vergleich Tourismus und Wirtschaft gegenseitige Bedingtheit oder grundsätzliche Unverträglichkeit in den Partnerregionen Industriekultur im Wandel der Zeiten. Ein deutsch-schweizerischer Vergleich Anhang Projektlisten der Schuljahre 2000-01 2004-05 Liste der Publikationen zum Programm in den Medien Adresslisten der Schulen Die Länder der Bundesrepublik Deutschland und die Kantone der Schweiz Nützliche Links Bildnachweis Impressum 40 41 42 43 44 45 47 48 49 50 51 52 53 53 53 60 64 65 66 67 10

Einführung Manch einem, der vom Programm»Deutsch-schweizerische Schulpartnerschaften«zum ersten Mal hört, scheint es erklärungsbedürftig. Deutsche und Schweizer sollen etwas auszutauschen haben? Ist denn dort nicht alles ungefähr so wie bei uns und klingt nur etwas anders? Einige Lehrkräfte, die bereits über Erfahrungen im Schüleraustausch zwischen der Schweiz und Deutschland verfügen, würden hier deutlich widersprechen. Wie kam es aber überhaupt zu diesem Programm? Die Entstehung des Programms Ins Leben gerufen wurde das Programm durch eine im Jahr 2000 entstandene Initiative des damaligen Schweizer Botschafters, Thomas Borer-Fielding, der Organisation»Schweiz Tourismus Deutschland«und der Einrichtung»Präsenz Schweiz«(PRS), die im schweizerischen Außenministerium in Bern angesiedelt ist und zu deren Aufgaben u.a. die Vermittlung von Kenntnissen über die Schweiz im Ausland gehört. Eine damals aktuelle Umfrage unter deutschen Jugendlichen hatte ergeben, dass für die Mehrzahl der jüngeren Deutschen die benachbarte Schweiz ein fast unbekanntes Land war. Diesen Umstand galt es zu ändern. So wurde das Programm in Zusammenarbeit mit ch Jugendaustausch in Solothurn und dem Pädagogischen Austauschdienst in Bonn entwickelt, beides Organisationen mit langjähriger Erfahrung, die im Auftrag der Länder bzw. Kantone für den Austausch im schulischen Bereich tätig sind und sich auf diese neue Aufgabe freuten. Ziele des Programms Das auf vier Jahre angelegte Programm sollte Lehrkräfte und Klassen bzw. Schülergruppen aus Deutschland und der Schweiz im Rahmen von Austauschaktivitäten zusammenführen, um Schülern aus beiden Ländern ein differenziertes Bild von Kultur, Geschichte und Gesellschaft des jeweils anderen Landes zu vermitteln. In Zeiten eines immer enger zusammenrückenden Europa, in denen den Schulen der EU-Mitgliedsstaaten durch das SOKRATES-Programm eine Vielfalt von Kooperationsmöglichkeiten in europäischem Rahmen angeboten wird, wuchs in der Schweiz das Bewusstsein dafür, dass sie bei der Förderung innereuropäischer Bildungsinitiativen nicht abseits stehen darf, wenn auch junge Schweizer sich in Zukunft als gleichberechtigte Gesprächspartner in einem vereinten Europa verstehen und von ihren europäischen Nachbarn als solche wahrgenommen werden sollen. Die Finanzierung des Programms Die gesamten Projektmittel für die Pilotphase stellten die schweizerischen Initiatoren PRS und»schweiz Tourismus«bereit. Aus diesen Mitteln wurden sowohl die beiden Beratungs- und Antragsstellen bei ch Jugendaustausch und im PAD finanziert als auch die Projektzuschüsse für die deutschen Schulen.»Schweiz Tourismus«übernahm zusätzlich die Kosten und die Organisation für eine journalistische Begleitung derjenigen Klassen, deren Projekte als besonders interessant für eine breitere Öffentlichkeit in der Schulregion eingestuft wurden. PRS stellt auch in Zukunft vielfältige Informationsmaterialien über die Schweiz zur Verfügung, die die Projektschulen zur Unterstützung ihrer Arbeit erhalten. Spezifika des deutsch-schweizerischen Austauschs Die Frage, ob sich der Schüleraustausch zwischen der Schweiz und Deutschland von demjenigen mit anderen Ländern unterscheidet, wurde in einer von PAD und ch Jugendaustausch unter den jeweiligen Teilnehmerschulen durchgeführten Umfrage häufig verneint. Dies war vor allem dann der Fall, wenn der Austausch zwischen Deutschland und der Suisse romande stattfindet. Viele deutsche Lehrkräfte empfinden keinen Unterschied zwischen einem Austausch mit einer Klasse in Genf oder einer Klasse in Toulouse. In beiden Fällen sollen Schüler die Gelegenheit erhalten, ihre Fremdsprachenkenntnisse in authentischen Begegnungssituationen praktisch anzuwenden. Andere Lehrkräfte dagegen meinen, es bestünden auch dabei durchaus Unterschiede, da zum einen die Zusammenarbeit zwischen schweizerischen und deutschen Lehrern besonders konstruktiv und positiv verlaufe, zum anderen auch die frankophonen schweizerischen Schüler zumeist über gute Deutschkenntnisse verfügten. Vor allem da ergeben sich jedoch Unterschiede und eröffnen sich neue Perspektiven, wo der Austausch zwischen Partnerschulen gepflegt wird, die das Deutsche als gemeinsame Arbeitssprache haben. Ob es sich um Schüler eines Deutsch- Leistungskurses der 11. Jahrgangsstufe handelt, eines Physik-, Politik-, Geschichts- oder Erdkundekurses der 10. oder 12. Jahrgangsstufe, sie alle haben die einmalige Chance, sich in der Mutter- oder Schulsprache auch über komplexere Thematiken miteinander zu verständigen und ins Gespräch zu kommen. Wie einige Lehrkräfte unterstreichen, besteht der Vorteil eines solchen rein deutschsprachigen Austauschs unter anderem auch darin, dass Projekte durch die bessere Verständigung der Schüler untereinander nicht verflachen. Vor allem ermögliche aber die gemeinsame Sprache auch eine besonders intensive Beschäftigung und Auseinandersetzung mit den Austauschpartnern, mit ihren Einstellungen und Sichtweisen. Davon profitieren auch Berufsschüler in der dualen Ausbildung, zu deren primären Ausbildungszielen nicht unbedingt die Beherrschung einer Fremdsprache gehört. Auch sie finden hier Gelegenheit,»über den Tellerrand«der eigenen Berufsausbildung zu schauen und zu entdecken, was jenseits der 11

Grenze genau so oder vielleicht völlig anders gemacht wird und wie die Austauschpartner über dieses oder jenes allgemeine oder fachliche Problem denken. Nicht zu unterschätzen sind schließlich bei einem rein deutschsprachigen Austausch auch die Lernchancen für jüngere Schüler von 14 oder 15 Jahren, die altersbedingt häufig sehr stark mit der eigenen Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt sind. Die gemeinsame deutsche Arbeitssprache bietet ihnen einerseits eine Orientierungshilfe, die hüben wie drüben gesprochene Mundart erscheint andererseits so schwierig, dass sie nahezu wie eine Fremdsprache wirkt und das Fremde ebenso erfahrbar macht. So wird das Bewusstsein auch für Unterschiede in Nuancen geschärft, ohne dass echte fremdsprachliche Barrieren dies erschweren. Dass diese kulturellen Unterschiede vorhanden sind, betonen besonders solche Lehrkräfte, die unweit der gemeinsamen Grenze unterrichten. Sie sehen dementsprechend auch für diejenigen Schüler eine Chance, sich interkulturelle Kompetenzen zu erwerben, deren Fremdsprachenkenntnisse dazu sonst vielleicht noch nicht ausreichen würden. Programmspezifika Was gehörte außerdem zu den Besonderheiten des deutschschweizerischen Schulpartnerschaftsprogramms? Sicherlich waren dies die spezifischen Bestimmungen, die die teilnehmenden Schulen erfüllen mussten, um in den Genuss einer Förderung zu kommen: Als Kernstück der Austauschbegegnungen war jeweils die gemeinsame Bearbeitung eines Unterrichtsprojekts (s.u.) vorgesehen, das einen inhaltlichen Bezug zur Schweiz und zu Deutschland haben musste, Teil des Lehrplans sein und damit in den regulären Unterricht integriert sein sollte. Vorausgesetzt wurden ebenfalls eine sorgfältige Vor- und Nachbereitung der Begegnungen, um die Nachhaltigkeit des Austauschs zu sichern. Dem einen oder anderen Lehrer mag diese Form des Schüleraustauschs angesichts der ohnehin zu leistenden organisatorischen Mehrarbeit zu aufwändig erscheinen. Die Mehrzahl der Lehrkräfte schätzte aber gerade diese Komponente, die ja auch im Comenius-1-Programm und in anderen Schüleraustauschprogrammen enthalten ist. Durch die gemeinsame Arbeit in gemischten Schülergruppen gewinnen die Begegnungen nicht nur inhaltlich an Substanz, sie werden auch als intensiver und tiefgründiger empfunden, da nicht nur das leicht in die Oberflächlichkeit abgleitende»kennenlernen von Land und Leuten«auf dem Programm steht. Für die Schüler bildet die Arbeit an einem schweiz- oder deutschlandbezogenen Thema zudem einen Ansporn, sich eingehender mit dem Partnerland zu befassen. Schließlich bieten sich auf Grund gemeinsamer Arbeitserfahrungen weitere Anknüpfungspunkte für die Kooperation der Schulen, wie die in dieser Broschüre enthaltenen Beispiele guter Praxis zeigen werden. 12

Die Pilotphase des Programms Die ersten regulären Austausche im Rahmen des Programms fanden im Schuljahr 2001-02 statt. Seitdem nahm die Zahl der beteiligten Schulen stetig zu, und nun blicken wir auf vier erfolgreich verlaufene Programmjahre zurück. In dieser Pilotphase haben ca. 90 deutsche und 70 schweizerische Schulen unterschiedlicher Schulformen rund 160 Projekte durchgeführt und gezeigt, wie vielfältig die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen deutschen und schweizerischen Schulen sein können. Ob Gymnasium, Berufsschule, Gesamtschule, Schule für Hörgeschädigte, Realschule oder Berufskolleg: Berücksichtigt wurden beinahe alle Schulfächer, so dass die Projekte ein breites thematisches Spektrum abdeckten und von Geschichte, Politik, Philosophie und Religion, Geographie und Sozialkunde über Kunst, Architektur, Theater, Literatur, Musik und Landeskunde bis hin zu Wirtschaft, Energie, Strukturwandel und Luftfahrtgeschichte reichten. Zudem setzten einige Berufsschulen praktische Akzente, indem sie in schweizerisch-deutscher Zusammenarbeit etwa eine Skihütte von Grund auf renovierten oder selbst konzipierte Holzplastiken bauten. Erste Einschätzungen und Auswirkungen Die überwiegende Mehrheit der Lehrkräfte berichtete im Nachhinein nicht nur von einem Zuwachs an Fachkenntnissen, sondern auch von enormen Motivationsschüben, die sie an ihren Schülerinnen und Schülern nach den Austauschphasen beobachten konnte, aber auch von erweiterten sozialen Kompetenzen, gestiegener Eigenverantwortlichkeit, von größerer Offenheit gegenüber dem Fremden und von mehr Respekt und Toleranz dem Andersartigen gegenüber. Eine keineswegs geringere Bedeutung kommt jedoch den Lernzuwächsen zu, die viele Lehrerinnen und Lehrer an sich selbst feststellen konnten. Eine Woche an der Partnerschule im Ausland heißt nicht nur mit dem Kollegen oder der Kollegin gemeinsamen Unterricht in anderer Form gestalten, die eigenen interkulturellen Kompetenzen erweitern und neue landeskundliche Eindrücke aufnehmen. Eine Woche an der ausländischen Partnerschule gewährt auch Einblicke in einen anderen Schulalltag und ermöglicht dadurch eine kritische Sicht auf das eigene System, auf die eigenen Methoden, Inhalte und Maßstäbe. Im Zeitalter von PISA nutzen immer mehr engagierte Lehrkräfte die sich ihnen bietende Gelegenheit, Erfahrungen an der Partnerschule im Nachbarland zu sammeln und im gemeinsamen Dialog Anregungen zu empfangen, um diese in die heimischen Diskussionen mit einzubringen und zum Entwicklungsprozess der eigenen Schule beizutragen. Auf diese Weise sind in einigen Fällen auch Formen ständiger Kooperation zwischen den Partnerschulen vereinbart worden, die hier wie dort der Weiterentwicklung dienen sollen. Durch solche zusätzlichen Austauschaktivitäten auf der Ebene der Lehrkräfte können Synergien geschaffen werden, die sich zum Zweck einer beiderseitigen und nachhaltigen Qualitätssteigerung nutzen lassen. Dass darüber hinaus sowohl auf der Schüler- als auch auf der Lehrerebene auch längerfristige persönliche Bindungen an Ort und Region der Partnerschule und an das Partnerland insgesamt entstehen, ist ein ebenfalls nicht zu vernachlässigender Aspekt. Häufig entstehen lang anhaltende Freundschaften, und es können auch länger andauernde Individualaustausche oder Hospitationen auf Schüler- und auf Lehrerebene arrangiert werden. Neue Wege in der Vermittlungsarbeit Nach Ausschreibung des Programms in Deutschland meldeten so viele deutsche Schulen Interesse an einer Partnerschaft mit der Schweiz an, dass die deutsche Nachfrage das schweizerische Angebot bei weitem übertraf. Hauptsächlich liegt dies an den unterschiedlichen Größenverhältnissen beider Länder, die sich natürlich auch in der jeweiligen Anzahl vorhandener Schulen widerspiegeln. So entstand auf deutscher Seite eine Warteliste, die durch kontinuierliche Neuanmeldungen beinahe konstant etwa 100 Schulen umfasste. Dieser Umstand führte dazu, dass sich der PAD in der Vermittlungsarbeit zwischen der Schweiz und Deutschland für ein ungewöhnliches Verfahren entschied. Anders als bei anderen Ländern wurde der Austausch von Schülern, Lehrern, Praktikanten und Hospitanten nicht getrennt nach Zielgruppen bearbeitet, sondern dies geschah nach Möglichkeit stets auf der Grundlage der deutschen Warteliste. Ob eine Sportlehrerin aus Lausanne ihre Stelle für ein Jahr mit einer Kollegin in einer deutschen Großstadt tauschen wollte, ob der Leiter einer schweizerischen Berufsschule durch Gespräche mit deutschen Kollegen neue Anregungen für seine Einrichtung suchte, ob eine frankophone schweizerische Schule mehrwöchige Schülerindividualaustausche mit einer deutschen Schule anstrebte fast immer konnte an Hand der Warteliste eine im Profil passende Schule als direkter Ansprechpartner gefunden werden. Diese Vorgehensweise verlangte den deutschen Schulen zwar ein hohes Maß an Flexibilität ab, so konnten jedoch schweizerische Wünsche zumeist schnell erfüllt werden, und die deutschen Schulen erhielten die Möglichkeit eines direkten Kontakts, aus dem sich unter günstigen Bedingungen eine Partnerschaft entwickeln lässt. 13

Austausch und Projektarbeit Viele Lehrkräfte, besonders wenn sie beispielsweise an Schulen unterrichten, die sich im Rahmen von»comenius 1«engagieren, verfügen bereits über Erfahrungen mit der bi- oder sogar trilateralen Projektarbeit. Es wenden sich aber auch immer wieder solche Lehrkräfte an ch Jugendaustausch und PAD, die keine genaue Vorstellung davon haben, was von ihnen im Einzelnen erwartet wird. Daher seien im Folgenden die Grundzüge eines erfolgreichen Unterrichtsprojekts dargelegt. Was ist ein Projekt? Im vorliegenden Kontext wurde unter einem Projekt ein Arbeitsvorhaben verstanden, das sich vertiefend einem Thema oder einer Fragestellung widmet und bei dem innerhalb einer definierten Zeitspanne ein zuvor klar definiertes Ziel erreicht werden soll. Das Thema oder die Fragestellung sollte Teil des regulären Unterrichts sein und damit dem Lehrplan gerecht werden. Im allgemeinen gliedert sich die Arbeit in eine Vorbereitungs-, eine Durchführungsund eine Auswertungsphase, wobei eine aktive Schülerbeteiligung wünschenswert ist. Als besondere Merkmale sind demnach hervorzuheben: Die Schüler werden von Beginn an in die Planung und idealerweise auch in die Themenfindung mit einbezogen. Sie sollen sich für Organisation, Durchführung und Auswertung mit verantwortlich fühlen. Im Rahmen einer Schulpartnerschaft muss das gemeinsame Projektthema mit den Austauschpartnern ausgehandelt werden. Es sollte darauf geachtet werden, dass von Anfang an gemischte Arbeitsgruppen gebildet werden oder sich Paare aus beiden Klassen zusammenfinden, damit die deutsch-schweizerische Zusammenarbeit gewährleistet ist. Nach Möglichkeit wird fächerübergreifend gearbeitet, d.h. das Projektthema wird aus der Perspektive mehrerer Unterrichtsfächer untersucht. Abschließend werden die im Arbeitsverlauf gewonnenen Resultate in sichtbarer Form aufgearbeitet, damit das Arbeitsergebnis als ganzes für die Gruppe deutlich wird und der Schulöffentlichkeit präsentiert werden kann. Praktische Hinweise zur Planung und Durchführung eines Projekts Allgemein Organisatorisches 1. 6-9 Monate zuvor mit der Planung und Vorbereitung beginnen. 2. Dabei auf möglichst enge Zusammenarbeit zwischen Schulleitung, Lehrkräften und Eltern achten. 3. Freiwillige aus Kollegium, Eltern- und Schülerschaft für einzelne Aufgaben einbeziehen, von der Planung des Transports bis zum Abschlussabend für die Gäste. Ggf. hierfür Vorbereitungsteams bilden, so dass die Vorbereitungen nicht in der alleinigen Verantwortung des Fachlehrers liegen. 4. Möglichst 4-6 Monate zuvor um die Organisation und Sicherstellung ausreichender Geldmittel kümmern, evtl. vorhandene Beziehungen der Schule zu Institutionen und zur Wirtschaft für Programmgestaltung und Sponsoring nutzen. 14 Arbeitstechnisches 1. Bei der Themenfindung die Schüler nach Möglichkeit einbeziehen. 2. Mit der Partnerschule das gemeinsame Projektthema aushandeln. 3. Möglichst 4-6 Monate vor der Reise Kontakte auf Schülerebene herstellen, um das gegenseitige Kennenlernen vor der ersten Begegnung schon zu befördern (z. B. durch die Erstellung von Steckbriefen der Schüler über sich selbst, durch Schülerkorrespondenz per Post oder per E-Mail etc.). 4. Die Lerngruppe inhaltlich auf das Projektthema vorbereiten, nach Möglichkeit unter Einbeziehung anderer Fächer (Einbettung in den regulären Unterricht). 5. Dabei auch möglichst schon mit gemischten Kleingruppen oder Paaren via Internet arbeiten. 6. Möglichst 2 Monate zuvor die genauen Inhalte und das jeweilige Programm in den Begegnungsphasen durch klare Absprachen mit den ausländischen Lehrkräften festlegen. Dabei

eine Mischung aus Arbeit und Erlebnis entwickeln und möglichst viele gemeinsame Aktivitäten vorsehen, detaillierte Zeitpläne für beide Begegnungswochen erstellen. 7. Während der Begegnungsphasen die gemischte Paar- oder Gruppenarbeit am Projektthema fortsetzen. 8. Diskussions- und Reflexionsmöglichkeiten während der Projektarbeit bieten. 9. Gemeinsame Auswertungsphase ansetzen, in der die Projektergebnisse der jeweiligen Austauschphase zusammengefasst werden. Zu Gast an der Partnerschule 1. 3 Monate vor der Reise zu den Partnern Planung des Transfers vom Heimatort zum Zielort. Je nach Projektvorhaben und Entfernung beider Partnerschulen voneinander können bestimmte Transportmittel eventuell ungeeignet sein. Rechtzeitig in die Überlegungen mit einbeziehen, um ggf. in den Genuss günstigerer Bahnfahrkarten zu kommen. 2. Die Gruppe auf Landesspezifisches und auf die besondere Situation eines Austauschschülers in einer Gastfamilie vorbereiten (interkulturelle Schulung, ggf. kritische Reflexion der eigenen Kultur und Gepflogenheiten durch Beobachtungsaufgaben, s. Tipp, S. 39). 3. Dabei ggf. auch auf mundartliche Besonderheiten vorbereiten. 4. 3-4 Wochen zuvor kleine Gastgeschenke besorgen. 5. Während der Austauschphase Zeit für informelle Gespräche geben; eventuell auftretende Konflikte sofort diskutieren und klären, bevor sie sich zu Problemen auswachsen. Empfang der Gäste 1. 2-3 Monate vor Eintreffen der Gäste ebenfalls Transfers der beiden Gruppen im Rahmen von Besichtigungen vor Ort planen und ggf. buchen oder bestellen. 2. Ggf. Eltern und Schüler landeskundlich und sprachlich vorbereiten (mundartliche Eigenheiten etc.). 3. Durch Einbeziehung der Schulleitung bei der Begrüßung der Gäste den Besuch zu einem integralen Bestandteil des Schullebens machen, an dem auf diese Weise alle Anteil haben können. 4. Durch Beteiligung der Gemeinde (z.b. Empfang, Stadtführung o.ä.) den Besuch aufwerten, Lokalpresse zum Empfang o.ä. einladen und Informationen zum Projekt oder Formulierungen für einen Artikel bereit halten, um dem Projekt eine größere Öffentlichkeit zu verschaffen. 5. Den Gästen Einblick in den Schulalltag geben (Rundgang, Unterricht, schulische Veranstaltungen). 6. Möglichst viele Aktivitäten gemeinsam durchführen (s.o., Freistellung der Schüler vom Unterricht). 7. Auch hier wieder Zeit für informelle Gespräche geben; eventuell auftretende Konflikte sofort diskutieren und klären, bevor sie sich zu Problemen auswachsen. 8. Gemeinsamen Abschiedsabend veranstalten, an dem auch die Eltern und ggf. andere Schüler der gastgebenden Schule teilnehmen können. Nach den Begegnungsphasen 1. Die Austauschwoche unter den Teilnehmern beider Gruppen jeweils getrennt auswerten. 2. Ggf. Gegenüberstellung von Befürchtungen und Erwartungen mit tatsächlichen Erlebnissen. 3. Die Projektphasen rekapitulieren. 4. Die Thesen und Arbeitsschritte im Einzelnen festhalten. 5. Die Arbeitsergebnisse festhalten. 6. Die Ergebnisse der Schulöffentlichkeit vorstellen (Ausstellung, Web-Site, CD-Rom, Broschüre, Dia-Abend o.ä.). 7. Nach Möglichkeit eine Aufrechterhaltung des Kontakts zur Partnergruppe anregen, z. B. durch die Fortsetzung in Brieffreundschaften, E-Mails, per Internet o.ä.; die persönlichen Bindungen ausnutzen, um eventuelle Korrespondenzen zu befördern und so ggf. die Motivation zum weiteren Erlernen der Fremdsprache zu nutzen. 15

Wie die Übersicht der zu beachtenden Punkte zeigt, ist die Vorbereitungsphase die aufwändigste und diejenige, von der das Gelingen des Projekts hauptsächlich abhängt. Dies ist der Grund dafür, dass der PAD seit dem Schuljahr 2003/04 detaillierte Zeitpläne bereits bei Einreichen des Förderantrags verlangte. Der genaue Zeitplan diente nicht nur der leichteren Beurteilung des Projekts und seiner Förderwürdigkeit, sondern er dient auch den Projektleitern dazu, sich über den genauen Verlauf der Austauschbegegnung klar zu werden und eventuell vorhandene Schwierigkeiten selbst rechtzeitig zu erkennen. Nur sehr vereinzelt äußerten Projektleiter im Nachhinein eine gewisse Unzufriedenheit über den Verlauf und die Ergebnisse der Projektarbeit. Dies war vor allem dann der Fall, wenn den Schülern im Vorhinein keine Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen gegeben worden war. Unter diesen Bedingungen fällt es ihnen naturgemäß schwer, aufeinander zuzugehen und sich, möglicherweise auch noch in einer Fremdsprache, miteinander zu verständigen. Es entsteht Verlegenheit, und die Teilnehmer versuchen, sich möglichst in der eigenen Gruppe zu»verstecken«, die ihnen das Gefühl einer gewissen Sicherheit gibt. Zu Unzufriedenheit kann es aber auch dann kommen, wenn die Kommunikation zwischen den Projektleitern in der Vorbereitungsphase nicht gelingt und keine präzisen Absprachen getroffen werden. In der Anfangsphase des Programms kam es immer wieder vor, dass deutsche Projektleiter nicht wussten, welches Programm sie in der Schweiz erwartete, da dies von der schweizerischen Partnerschule allein vorbereitet wurde und umgekehrt das Programm in Deutschland von den deutschen Gastgebern. Selbstverständlich trägt die gastgebende Schule die Hauptverantwortung für die Planung vor Ort, doch dies entbindet die Gäste keineswegs von einer gewissen Mitverantwortung und die Gastgeber nicht davon, die Partner mit einzubeziehen. Je sorgfältiger die Absprachen zwischen den Schulen im Vorfeld sind, desto besser können sich auch die Schüler vorbereiten und desto mehr Verantwortung spüren auch sie für das Gelingen des gesamten Unternehmens. Zu guter Letzt darf auch eine Aufbereitung, etwa in Form einer Broschüre, eines Tagebuches oder einer Schulausstellung nicht fehlen, denn erst dadurch wird für die Teilnehmenden und auch die Mitschüler und Kollegen im Nachhinein anschaulich, was die Gruppen zusammen erarbeitet und erlebt haben. Dafür ist es notwendig, im Vorhinein sogenannte Beobachtungsaufgaben zu vergeben, damit Schülerinnen und Schüler gezielt und reflektiert Eindrücke aufnehmen. In seltenen Fällen deuten Projektleiter schließlich Unbehagen darüber an, dass ihr Engagement für den Austausch an der Schule kaum gewürdigt oder von Kollegen sogar mit Argwohn betrachtet wird. Daher sei nochmals darauf hingewiesen, dass es erheblich zum Gelingen der Schulpartnerschaft beiträgt, wenn Schulleitung, Kollegium, Schüler- und Elternschaft den Austausch als integralen Bestandteil des Schullebens begreifen. Mancher engagierte Schulleiter, dem eine neue schweizerische Partnerschule vermittelt werden konnte, wusste dies und machte sich selbst auf den Weg in die Schweiz, um sich dem Schulleiter oder der Schulleiterin der neuen Partnerschule vorzustellen, Vereinbarungen über Ziele und Inhalte der neuen Partnerschaft zu treffen und sich seinerseits an der Partnerschule umzusehen. Damit sind die besten Voraussetzungen für die Zukunft einer neuen Partnerschaft gegeben, die hoffentlich auch über den Förderzeitraum hinaus weiter bestehen wird. 16

1. Kultur und Geschichte Themen aus dem Bereich Kultur und Geschichte wurden selten gewählt, sieht man von der Vielzahl von Projekten zur schweizerischen und deutschen Landeskunde ab. Diese mag sich zwar auch mit Kultur und Geschichte befassen, hat dabei aber doch zumeist Gegebenheiten mehr grundsätzlicher Natur im Blick, mithin das Landestypische und die sogenannte Alltagskultur. Insofern enthalten die meisten in dieser Broschüre vorgestellten Projekte auch landeskundliche Aspekte. Kultur soll hier vor allem für geistige wie künstlerische Hervorbringungen einerseits, aber auch soziale Organisationsformen andererseits stehen und mit dem Epochenbegriff vereinbar sein. Als exemplarische Beispiele seien hier Projekte zum Mittelalter, zu Reformation und Aufklärung und zum Vergleich der Kulturräume zweier Partnerregionen vorgestellt. 17 17

Schloss Burg an der Wupper und das Leben im Mittelalter Le château de Chillon et la vie au Moyen Age Schule: Projektleitung: Internet: Klassen: Teilnehmer: Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium Bergisch Gladbach (NW) Elke Littmann (Stellv. Schulleiterin) www.dbg2-gl.de 7 und 8 (bilingual) 29 Beteiligte Fächer: Geschichte, Französisch bzw. Deutsch, Kunst Begegnungen: April / September 2002 Partnerschaft seit: 2000 Etablissement Scolaire de Genolier et Environs (VD) Olivier Mack, Yves Muller, Roger Glardon www.esge.ch 8 34 Gemeinsam mit den Schülern des bilingualen Zweigs, in dem Geschichte in französischer Sprache unterrichtet wird, kam die deutsche Projektleiterin auf das Thema»Leben im Mittelalter«, mit dem die Schweizer Partner sofort einverstanden waren. Ausgangspunkte waren die Besichtigungen von Schloss Burg in Solingen und dem Château de Chillon am Genfer See. Die Schweizer befassten sich ausführlich mit Schloss Burg, um von diesem Beispiel ausgehend ein Dossier über die Konstruktion und Funktion einer mittelalterlichen Burg zu erstellen. Über den rein anschaulichen Aspekt detaillierter Zeichnungen hinaus legten sie Wert auf die sprachliche Erschließung des Fachvokabulars. Beschreibende französische Sätze sollten von den deutschen Schülern aus der Betrachtung der Bilder heraus ins Deutsche übertragen werden. Die deutschen Schüler überlegten zu Beginn gemeinsam, welche Aspekte des mittelalterlichen Lebens sie interessierten. Eine Zuordnung der gefundenen Aspekte zu den einzelnen Schülergruppen erfolgte vor der Besichtigung der Burgen. Während des Besuchs in der Schweiz, im Unterricht danach sowie am Nachmittag bearbeiteten die Schüler dann ihre Themen. Als Grundlage dienten ihnen gut illustrierte französische Jugendbücher über das Mittelalter und deutsche Geschichtsbücher. Die Arbeit an den französischen Texten fiel den Schülern nicht leicht, wurde aber dennoch im allgemeinen gut gemeistert. Die Aufgabe der Projektleiter während des Projekts war es, bei der sprachlichen Erschließung der Texte und der Darstellung des Gelesenen behilflich zu sein. Grobe sprachliche Fehler wurden dabei, soweit es die knappe Zeit erlaubte, berichtigt; es sollte aber durchaus erkennbar bleiben, dass es sich um Schülerarbeiten handelt. Die Arbeit am Projekt bot gute Möglichkeiten, den Umgang mit dem Computer weiter einzuüben. Insgesamt erwies sich die Arbeit als interessant, ergiebig und vielgestaltig. Produkte: Je eine Broschüre von beiden Schulen. 18 Die Rolle der Frau im Mittelalter war eines der Themen, für das sich die Schüler interessierten.

» Das Augsburger Holbein-Gymnasium (BY) führt gemeinsame Projekte mit der Ecole de commerce in Sierre/ Siders (VS) durch. Nach ihrem Aufenthalt an der Partnerschule im März 2003 stellten Barbara und Anneke fest:»wir haben diese Woche sehr genossen und konnten «viel für unser Leben und unser Französisch mitnehmen. Als wir unsere Klassenkameraden in der Schule wieder trafen, waren wir alle überrascht, wie viel wir durch den Sprung ins kalte Wasser in dieser kurzen Zeit schon dazugelernt hatten.«t I P P Da es sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland eine Vielzahl von Burgen gibt, lässt sich dieses Projektthema beinahe überall sehr gut bearbeiten. Informationen dazu unter: www.burgen.ch, www.swissfot.ch, www.burgen-und-schloesser.net, www.burgenwelt.de. Das bei Montreux am Genfer See gelegene Schloss Chillon (12.-14. Jh.) ist die berühmteste Burganlage der Schweiz. 19

Genf Berlin: Auf der Suche nach historischen Spuren und gemeinsamen Erfahrungen Schule: Projektleiter: Internet: Klassen: Teilnehmer: Französisches Gymnasium Berlin (BE) Christine Hussel www.fg-berlin.de 8 27 Collège de la Golette Meyrin (GE) Christine Pasche www.edu.ge.ch/co/golette 8 23 Beteiligte Fächer: Französisch bzw. Deutsch, Geschichte, Sozialkunde, Kunst Begegnungen: März / Juni 2004 Partnerschaft seit: 2002 20 Vorbereitung: Die Vorbereitungsphase des Projekts setzte bereits im Oktober 2003 mit der Erarbeitung der Reformationsgeschichte (Luther, Calvin) ein, wobei die deutsche Klasse gemeinsam auch den Film»Martin Luther«sah. Im November ging es dann um das Thema»Aufklärung«, besonders um die Ideen Rousseaus, Voltaires Toleranzgedanken und Voltaires Rolle am Hofe Friedrichs II. Auch die Geschichte der Hugenotten wurde aufgegriffen, zumal sie mit der Entstehung des Französischen Gymnasiums eng verbunden ist. Austauschphasen: Gemeinsam mit den Genfer Partnern wurden die Themen im Unterricht vertieft, wobei die Besuche der historischen Stätten im Mittelpunkt standen: Cathédrale St. Pierre, Reformationsdenkmal, Wohnhaus Calvins, Rousseaus Geburtshaus, Rousseau-Museum, Ferney-Voltaire. Während in der Schweiz ergänzend noch die UNO, das Museum des Roten Kreuzes und das Olympische Museum besucht wurden, standen in Berlin außer dem Hugenottenmuseum auch noch wichtige Orte der jüngsten geschichtlichen Entwicklung auf dem Programm: Gedenkstätte Potsdam-Cecilienhof, der Reichstag und Checkpoint Charlie. Insgesamt ist eine große Aufmerksamkeit für das jeweilige Nachbarland geweckt worden. Nachbereitung: Die Schüler stellten in Gruppenarbeit eine Broschüre über den Besuch bei den Partnern in französischer Sprache zusammen. Darin sollten die Inhalte des Projekts zusammenfassend dargestellt, durch Fotos, Zeichnungen und Zeitungsartikel ergänzt und von einem kurzen Wochenbericht eingeleitet werden. Produkte: Broschüre, Fotodokumentation, Schulausstellung. Genf Blick von der Kathedrale über die Stadt.» Die Kantonsschule Wettingen (AG) und das Pestalozzi- Gymnasium Heidenau (SN) widmeten sich im Jahr 2005 dem Thema»Die beiden kulturellen Zentren Dresden und Zürich«. Das folgende Zitat stammt aus dem Bericht der deutschen Projektleiterin Marion Szymanski:»Die Unterrichtshospitationen warfen viele Fragen nach alternativen Unterrichtsgestaltungen auf, führten zu intensiven Diskussionen. Immer wieder überraschten die Schweizer mit interessanten Arbeitsmethoden, wobei alle einbezogen wurden. Das Fazit: Ein wohltuendes Miteinander «echte Freundschaften, lange abendfüllende Gespräche und einfach nur Spaß diese Gruppe ist sich sehr nah gekommen Achtung und Toleranz ganz neue Sichtweisen und neue Erkenntnisse gut, dass es solche Austauschprogramme gibt sie sind sehr wichtig. Danke!«Die Partnerklassen auf ihrer gemeinsamen Potsdam-Exkusion vor dem Schloss Cecilienhof.

Denkmäler in Natur und Stein Ein Vergleich der Kulturräume Marburg und Aarberg Schule: Projektleiter: Internet: Klassen: Teilnehmer: Elisabeth-Schule Gymnasium Marburg (HE) Roswitha Kraatz www.elisabethschule.de 9 26 Sekundar- und Realschule Aarberg (BE) Martin Hagi www.elisabethschule.de 8 17 Beteiligte Fächer: Geschichte, Politik, Geographie, Deutsch, Biologie Begegnungen: Juni / September 2004 Partnerschaft seit: 2001 Vorbereitung: Die Kontaktaufnahme zwischen den Lehrkräften erfolgte bereits im Oktober 2003. Im Dezember gab es zwischen beiden eine erste Zusammenkunft, bei der genaue Absprachen getroffen wurden. Danach wurde die Kontaktaufnahme zwischen den Schülern eingeleitet, und es begann die allgemeine Vorbereitung auf die Fahrt in die Schweiz bzw. nach Deutschland in den einzelnen Fächern Geschichte, Politik, Deutsch und Erdkunde. Austauschphasen: Die beiden Wochen hatten zwei Schwerpunkte: einerseits den Vergleich der beiden Orte, Landschaften und damit der Kultur- und Geschichtstraditionen ausgehend von bedeutenden Denkmälern, andererseits aber auch durch das Miteinander Gemeinsamkeiten und Unterschiede bewusst zu machen. In der Schweiz stand der Besuch des Bundeshauses in Bern, in Deutschland der im hessischen Landtag in Wiesbaden auf dem Programm. Waren für die Schweizer Geschichte die Rütliwiese und der Museumsbesuch in Schwyz zentral (Tell-Jubiläumsjahr), so für die deutsche Geschichte die Fahrt nach Point Alpha an der ehemaligen innerdeutschen Grenze bei Fulda. Der Sustenpass in der Schweiz und die Milseburg in der Rhön sollten jeweils typische Landschaften vor Augen führen. Marburg und Aarberg, beides mittelalterliche Städte mit Marktrecht, vermitteln europäische Stadttraditionen. Mit diesen Programmen verbanden sich zudem Vergleiche der politischen Systeme, geologischer und biologischer Aspekte, der Schulsysteme und der jeweiligen Schulgeschichte. Die Elisabethschule Marburg war das Mädchengymnasium in Mittelhessen, zu dem die jüdischen Bürger ihre Töchter schickten. Ein Denkmal, das im Kunstunterricht entwickelt wurde, erinnert an die Zeit des Nationalsozialismus und prägt das Schulbild. Nachbereitung: Die Dokumentation wurde gemeinsam während des Besuchs der Schweizer in Marburg erarbeitet und für die kurz nach dem Besuch liegende Jubiläumswoche der Elisabethschule fertig gestellt und dort präsentiert. Beide Schulen erarbeiteten außerdem eine Internetseite für die jeweilige Homepage der Schule. Produkte: Fotodokumentation, Schulausstellung, Internet- Seite auf der Schulhomepage. 21

Die geschwungene Rückfassade des Berner Bundeshauses (Ende 19. Jh.). Point Alpha. Die Schüler an der ehemaligen innerdeutschen Grenze bei Fulda, die mittlerweile Geschichte ist.» In ihrem begleitenden Bericht, in dem sie auf unterschiedliche Aspekte des Austauschprojekts detailliert eingeht, stellt Roswitha Kraatz fest:»dieser Austausch eignet sich besonders für Schüler der neunten Klasse, da sie in diesem Alter mit der eigenen Persönlichkeitsentwicklung sehr stark beschäftigt sind und sich als eigenständige Personen in der Abgrenzung und Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt finden müssen. Ein Austausch mit der Schweiz bietet dabei besondere Lernchancen. Die gemeinsame deutsche «Hochsprache ist einerseits Hilfe, um sich schnell zu orientieren und in gesellschaftlichen Zusammenhängen bewegen zu können, andererseits in der gesprochenen Mundart so schwierig, dass die Erfahrung der Fremde ebenso erlebbar ist. Das Bewusstsein für Unterschiede in Nuancen im Zusammenleben von Staaten wird so stärker geschärft als bei einem Austausch in ein Land mit einer völlig anderen Sprache.«22 T I P P Bei der Vorbereitung hatte jeder deutsche Schüler unter anderem die Aufgabe, Recherchen zu einer für die Schweiz wichtigen Persönlichkeit anzustellen und die Informationen auf einem Din-A-3-Blatt unter Angabe der Quellen zusammenzustellen. In Frage kommen z. B. folgende Personen: M.O. Bircher-Benner, Christoph Blocher, Arnold Böcklin, Mario Botta, Ulrich Bräker, Johannes Calvin, Erich von Dänicken, Friedrich Dürrenmatt, Henri Dunant, Albert Einstein, Roger Federer, Max Frisch, Alberto Giacometti, Friedrich Glauser, Jeremias Gotthelf, Hermann Hesse, Gottfried Keller, Paul Klee, J.C. Lavater, Kurt Marti, C.F. Meyer, Hermann Müller-Thurgau, J.H. Pestalozzi, Jean Piaget, J.J. Rousseau, Niki de Saint Phalle, Horace-Bénédicte de Saussure, Ferdinand de Saussure, Johanna Spyri, Wilhelm Tell, Jean Tinguely, Robert Walser. Der Besuch des Landtags in Wiesbaden gehörte zum politischen Teil des Programms.

2. Kunst und Architektur Zum Bereich Bildende Künste, Architektur und Musik arbeiteten wiederum nur wenige Schulen, obwohl sich gerade auch dieser Komplex für eine deutsch-schweizerische Zusammenarbeit sehr gut eignet. Unter anderem mag das daran liegen, dass die musischen Fächer für Austauschprojekte zumeist gar nicht in Erwägung gezogen werden. Dass aber auch hier ein gemeinsames Arbeiten mit vielfältigen Anregungen verbunden sein kann, zeigen die folgenden Projekte. Dabei fallen besonders auch Projekte von Berufsschulen ins Auge, die den Bereich Kunst und Architektur von der handwerklich-praktischen Seite her angehen. 23