Bedeutung und Zukunft der Freiwilligenarbeit im Rahmen gesellschaftlichen Wertewandels. Peter Addor, Lions Think Tank März 2008



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Transkript:

Bedeutung und Zukunft der Freiwilligenarbeit im Rahmen gesellschaftlichen Wertewandels Peter Addor, Lions Think Tank März 2008

Wertewandel der vergangenen 60 Jahre 3), 13) 50er 60er 1968 70er 80er 90er 2000er Vorrang der Wirtschaft Wirtschafts -wachstum Alternativen zur Norm Pluralisierung Individuali- sierung Internationali- sierung Recht + Ordnung Leistung+ Disziplin Pflicht Pflicht zur Neigung machen Aufbauen, Erhalten Prosperität Materieller Wohlstand Aufsteigen Prestige Soziale Sicherheit Kalter Krieg Haben, Zeigen Protest, Zäsur, Bruch Unabhängige ngige Lebensweise Bewegungen: Umwelt, Frauen, Frieden, Psycho Selbst- darstellung Sein, Selbst- bestimmung Hedonismus Erlebnisorien -tierung Unabhängig ngig- keit Selbstverwirk- lichung Ich- Bezogenheit Neigung zur Pflicht machen Geniessen, Exponieren Beziehung Kommuni- kation Authentizität Realismus Flexibilität Prosperität t + Leistung Reichtum vs. Armut Erlebtes Sein Ökologische Nachhaltigkeit Verständigung der Kulturen Gesundheit Ernährung Innovation, Erfolg Bildung/Lernen Geiz ist geil Traditionell Materiell Postmateriell Postmodern Globalisiert

Was ist Individualisierung? Individualisierung heisst, dass jeder auf seine eigene Weise glücklich werden muss Pflicht- und Akzeptanzwerte verlieren zugunsten Selbstentfaltungswerten an Boden Kein höherer Sinn verpflichtet absolut

Individualisierung Managen des eigenen Lebens Selbstentfaltung Selbstbeziehung Selbstverwirklichung Selbstmanagement Design des Lebensstils / Lebensentwurf Realisierung des eigenen Lebensgefühls Selbstentfaltung hat keine Anonymisierung zu Folge, was durch das Entstehen ganz neuer sozialer Netzwerke bewiesen ist 12)

1. Lebenswelt der Zukunft 4) 5) Unterwegs sein wird zum Lebensstil gehören Sowohl physisch, geistig als auch virtuell Reisen Orts- und Stellenwechsel Flexible Lebensläufe Kontinuierlich verändernde Interessen Laufende Ausbildungen Verzweigende Familienbanden

1. Konsequenzen Frei gewählte Communities ersetzen lokal gebundene Beziehungen Neue Selbstständige mit Portfolio von Tätigkeiten und unterschiedlichen Bindungsverhältnissen Beziehungen sind Kapital und Bereicherung in einer individualisierten Gesellschaft

2. Lebenswelt der Zukunft 4) 5) Morgen wird reich sein, wer Erlebnisse hat, die für Geld nicht zu kaufen sind Suche nach Sinn, Gemeinschaft und Erlebnissen Wunsch nach eigener Entfaltung Spass in der Gemeinschaft mit anderen Selbstinszenierung

2. Konsequenzen Neue Medien stülpen die Informationshierarchie um Wellness - high tech high touch Technik zwischen Freakness und Noise Down-Aging und Up-Aging

3. Lebenswelt der Zukunft 4) 5) The Healing Power of Doing Good Die Welt zum Besseren führen Verbindet Eigeninteresse und Gemeinnützigkeit

3. Konsequenzen Ego-Altruismus: Während das Katastrophen-Bewusstsein steigt, wächst zunehmend die Einsicht, dass jeder Einzelne etwas bewegen kann und will Ein projektbezogenes Engagement löst die lebenslange Mitgliedschaften in Vereinen und Organsiationen ab Übereinstimmung mit dem Lebensgefühl Konsens-Werte wie Freundschaft, Partnerschaft, soziale Kontakte werden wieder wichtiger

Die Zukunft ehrenamtlicher Tätigkeit T 7) Ehrenamtliche Tätigkeit eröffnet neue Perspektiven, schafft Erfahrungen und gibt Zufriedenheit sowie ein Gefühl der Zusammengehörigkeit Traditionelle Leitbilder einer ehrenamtlichen Betätigung decken sich immer weniger mit den Erwartungen an ein freiwilliges Engagement Die Zeiten, in denen mit einem Ehrenamt keinerlei berufliche Ambition verbunden waren, sind vorbei

Motive für Freiwilligenarbeit

Warum spenden Leute Geld? 11) Spenden ist ein Austausch: Man spendet und erhält etwas dafür. Leute fühlen sich gut, wenn sie spenden. Spenden fördert Gruppenzugehörigkeit und soziales Netzwerk Spender suchen Ideen, Vision, Nachhaltigkeit. Erfolgreiches Portieren der Vision ist wichtig. Multimedial kommunizieren, was die Organisation verändern will ( Fünfzig Franken ermöglichen eine Staroperation wird nicht mehr ausreichen). Spendenzweck (89%), Vertrauen in die Organisation und ihre Kernethik (84%), alles Geld dem Zweck zukommen (66%)

Hat ein Serviceclub noch Zukunft? Entwicklung in den nächsten 10-20 Jahren 6) 8) : Individualisierung der Gesellschaft Working Poors / Ausgesteuerte Verhältnis Reiche : Arme The Healing Power of Doing Good Freiwilligenarbeit ohne beruflichen Bezug Spendenfreudigkeit Interesse an lebenslanger Clubmitgliedschaft Lokal gebundene Beziehungen Die Gesellschaft wird älter, multi-kultureller, polarisierter in der Vermögensstruktur, flexibler in der Arbeitsgestaltung, mobiler. Mehr Unternehmertum. Elektronische Kommunikation eröffnen neue Netzwerke 11)

Quellenangaben 1) B. Meier, Sozialkapital in Deutschland - eine empirische Skizze. Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialpolitik. Köln: Institut der deutschen Wirtschaft, 1996. 2) Werner Wyss im Trend Report 1993 vom Marktforschungsinstitut DemoScope, welches seit 1974 die Psychologische Karte der Schweiz herausgibt. 3) H. Keupp, Gesellschaftlicher Umbruch und seine Konsequenzen für die individuelle Lebensbewältigung, Vortrag Juli 2003, www.gestalt-institut-frankfurt.de/download/keupp.pdf 4) Georges T. Roos, Lifestyle 2020 Die Werte der Kunden von morgen, in IndustrieKommunikation Juni 2006 http://www.kultinno.ch/wsetup/pdf-dokumentation/lifestyle_industriekommunikation.pdf 5) Georges T. Roos, Hat Freiwilligkeit Zukunft?, Vortrag an der 8. Rotkreuzversammlung, Juni 2006 http://www.kultinno.ch/wsetup/pdf-dokumentation/hat_freiwilligkeit_zukunft.pdf 6) Georges T. Roos, Wertewandel in der Schweiz 2004 2014 2024, Schweizerische Vereinigung für Zukunftsforschung, März 2004 7) Georges T. Roos, Lyfestyle 2020 Die Werte von morgen Ein Versuch über die Zukunft,, ROOS Büro B für f r kulturelle Innovation, Juli 2006 8) Georges T. Roos, Hat Spenden noch Zukunft? Vortrag an der Kundentagung des Deutschen Rotes Kreuzes, Mai 2004 www.kultinno.ch/wsetup/pdf-dokumentation/spenden.pdf 9) Johannes Kunz, Strategiefindung von Non-Profit Profit-Organisationen,, Dissertation Universität t St. Gallen, Nov. 2005 www.unisg.ch/www/edis.nsf/wwwdisplayidentifier/3136/$file/dis3136.pdf 6.pdf 10) Helmut Klages, Thomas Gensicke, Wertewandel und bürgerschaftliches Engagement an der Schwelle zum 21. Jahrhundert. Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung der Universität Speyer, 2002 11) Catherine Walker, Cathy Pharoah, A Lot of Give Trends in Charitable Giving for the 21st Century. Hodder & Stoughton, London 2002 12) http://de.wikipedia.org/wiki/wertewandel 13) Barz, H., Kampik, W., Singer, T. & Teuber, S. Neue Werte, neue Wünsche, Verlag Metropolitan, Regensburg 2001