Spielentwicklung im ersten Lebensjahr Martina Wolf



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Transkript:

Spielentwicklung im ersten Lebensjahr Martina Wolf Obwohl das Kind nach der Geburt mit fast allem ausgestattet ist, was es zum Denken und Handeln braucht, hat es jedoch zunächst nur eingeschränkte Möglichkeiten sich mit sich selbst und seiner Umwelt spielerisch zu befassen, einströmende Impulse von außen zu interpretieren oder geplante Handlungen durchzuführen. In den ersten Tagen nach der Geburt kämpft es mit der Anpassung an die veränderten Bedingungen in seiner neuen Umgebung. So muss es sich z.b. mit der Schwerkraft auseinandersetzen, Atem- und Kreisraufregulation übernehmen, sowie einen Schlaf-Wachrhythmus finden. Seine Bewegungen sind eher zufällig oder folgen bestimmten Mustern als Reaktion auf einen Reiz. Effekte die dabei durch das eigene Handeln erzielt werden, können oft noch nicht in einen Zusammenhang gebracht werden oder erschrecken das Kind, weil es nicht in der Lage ist vorwegzunehmen was passieren wird. Sobald sich das Kind an die neue Situation einigermaßen adaptiert hat, beginnt es sich selbst und seine nähere Umgebung zu explorieren, bei Geräuschen innezuhalten oder visuelle Angebote zu fixieren und diese schon bald zu verfolgen. Das eigene Tun und die Interaktion mit Bezugspersonen bewirken, dass das Kind zunehmend besser einzuordnen vermag, was gerade geschieht. Dabei spielen Wiederholungen eine wichtige Rolle, denn je häufiger Gleiches oder etwas ähnliches erlebt werden desto klarer strukturieren sich die Erfahrungen des Babys, da es an bereits bekanntem anknüpfen, Effekte seinen eigenen Aktionen zuordnen und sich somit als selbstwirksam erleben kann. Neurophysiologisch führt dies in der Folge zu stärkerer Ausprägung und weiterer Vernetzung in den immer wieder angesprochenen neuronalen Netzwerken Je häufiger und wichtiger der Input, umso mehr Fläche bekommt er zugewiesen bzw. nimmt er sich heraus. (Spitzer 2000) Wie uns insbesondere die Forschungen des Ehepaares Papouŝek gezeigt haben, ist das selbst initiierte Spiel des Kindes und das durch Intuition geleitete Spiel der Bezugspersonen genau darauf ausgelegt. Wird das Kind von den Eltern mit Lautmalereien, Worten oder kurzen Sätzen angesprochen, zeichnet sich die Kontaktaufnahme z.b. durch viele Wiederholungen mit kleinen Veränderungen aus. Die Mimik wird intuitiv akzentuiert und die Stimme gehoben. Die Äußerungen des Kindes werden von den Eltern aufgegriffen und variiert oder neue Elemente hinzugefügt. Dieses auf den Dialog ausgerichtete Spiel geschieht auch schon in den ersten Monaten in ständiger Rückversicherung der gegenseitigen Aufmerksamkeit, so dass die Eltern grundsätzlich in der Lage sind wahrzunehmen, wenn das Kind sein Interesse am Spiel verloren hat und eine Veränderung oder aber auch eine Pause notwendig werden. Die Kinder hingegen suchen Blickkontakt und zeigen sich irritiert oder zum flirten animiert, wenn das Gegenüber seine Zusprache einstellt und den Blick für längere Zeit abwendet. Bei Vorliegen einer Behinderung oder wenn Eltern keinen Zugang zu ihren intuitiven Fähigkeiten finden, können Störungen in der Interaktion auftreten, die auch in den frühen sozialen Spielen zu beobachten sind. ( Aster & Aster 2003,267-284, Sarimski 2003, 216) Spielaktivitäten im 1.Lebensjahr ermöglichen dem Kind in erster Linie das es sich und seine Handlungsmöglichkeiten innerhalb der dinglichen und personellen Umwelt erforschen kann. 1.-3. In den ersten Lebenswochen beginnt sich die Eltern-Kind Beziehung zu entwickeln und zu gestalten, für die schon in der Schwangerschaft wichtige Grundlagen gelegt wurden. Die Eltern lernen die Zeichen des Kindes für Wohlbefinden, Missbehagen, Hunger oder Müdigkeit zu interpretieren und mit entsprechenden Maßnahmen darauf zu reagieren. Sie haben ein intuitives Repertoire die Aufmerksamkeit des Kindes zu erregen, es zum Lachen zu bringen oder zu beruhigen. Dieses innere Wissen wird durch die tägliche Erfahrung

miteinander ständig erweitert, so dass die gegenseitige Kompetenz sich zu verstehen und sich verständlich zu machen ständig zunimmt. Sich gegenseitig zum Lachen bringen zu können und das Gefühl des zunehmenden Verstehens trägt die Situation und führt dazu, dass sich eine Bindung entwickeln kann. Das Kind lernt wiederkehrende Reize einzuordnen. Sie tun dies beispielsweise in dem sie das Kind mit Lautmalereien oder in einer sehr vereinfachten Sprache ansprechen. Sie benutzen immer wiederkehrende Kitzelspiele oder bewegen das Kind rhythmisch oft mit einer kleinen Melodie die sie dazu singen. Dabei entstehen, z.b. in der Situation auf dem Wickeltisch, in der die Partner einander zugewendet sind, kleine Dialoge. Diese Form der Interaktion wird in erster Linie um ihrer selbst willen geführt und unterscheidet sich von den Handlungen der einfachen Versorgung des Kindes, so dass man durchaus von einer frühen Form des Spiels oder zumindest des spielerischen Umgangs miteinander sprechen kann. Das feine Wechselspiel, das zunächst noch stärker durch den Erwachsenen bestimmt wird, ist in der Entwicklung von entscheidender Bedeutung, weil sich eine gegenseitige Bindung entwickelt, die wiederum eine grundlegende Ausgangsbasis für weiteres Lernen darstellt. Nur ein Kind, dass sich prinzipiell angenommen und geborgen fühlt und das Verhalten seiner Umwelt mehr oder weniger einschätzen kann, entwickelt ein angemessenes Erkundungsverhalten, das sich in diesem Alter beispielsweise durch das Betrachten der Hände, intensives Körperspiel mit Hand-Hand-, Hand-Bauch-, Fuß-Fuß-, oder Hand-Mund-Kontakt zeigt. Das Explorieren geschieht in diesem Alter jedoch noch kaum über gezieltes Handeln. Vermutlich lernt der Säugling seine Hände und deren Funktionsmöglichkeiten besonders über das Betrachten kennen. An jungen Schimpansen konnte gezeigt werden, dass die Greifentwicklung stark verzögert war, wenn sie am Betrachten ihrer Hände gehindert worden waren (Held& Bauer Visually guided reachingin infant monkeys after restricted rearing Sience155/1967). Beim symmetrischen und asymmetrischen Einstemmen der Füße oder auch der Unterarme in die Unterlage wird spielerisch der Umgang mit Gewichtsverlagerungen geübt und die Beschaffenheit des Untergrundes sowie der stabilen Seite exploriert. Das Kind reagiert auf Berührungsspiele, getragen oder geschaukelt werden durch aufmerksam werden oder Beruhigung. Ablehnung oder Überforderung wird z.b. durch Weinen oder vermehrte Unruhe gezeigt. Visuelle Angebote werden zuerst nur kurz fixiert dann auch verfolgt. Bei Geräuschen hält das Kind inne und antwortet am Ende des Quartals mit ersten Kehllauten und wendet den Kopf zur Geräuschquelle. 4.-6. Im 4. hat das Kind bereits einfache Konzepte über seine Umwelt entworfen. Wie das Ehepaar Papouŝek schon in den siebziger Jahren zeigen konnte, reagieren vier Monate alte Kinder bereits darauf, wenn die Mütter nicht in gewohnter Weise mit ihnen umgehen. (Papouŝek & Papouŝek 1977, 21) Außerdem unterscheidet das Baby in seinem Verhalten, ob es von einer fremden oder einer vertrauten Personen angesprochen wird. Ist es in einer sicheren Ausgangsposition flirtet es auch mit ihm unbekannten Menschen und animiert diese zu vorsprachlichen Dialogen. Die Kinder haben zunehmend Spaß daran und freuen sich besonders, wenn sie erleben können, dass sie es sind, die das elterliche Verhalten durch ihre Lautäußerung, ihren Blick, die Mimik oder Gestik auslösen können. Im Umgang mit Spielzeug werden bewegliche Gegenstände in der Umgebung zunehmend interessanter. So setzt das Kind z.b. Klangstäbe in Bewegung um ihnen ein Geräusch zu entlocken. Im 5. Monat beginnen die meisten Babys zu greifen. Sie tun dies in Rückenlage zunächst mit beiden Armen, die nach vorne gebracht werden, Annäherung von ulnarer Seite und Beteiligung aller Finger. Die Eltern unterstützen das Kind indem sie das begehrte Spielzeug festhalten, wenn das Kind sich dem Gegenstand mit tapsigen Bewegungen nähert. Der Gegenstand wird dann bei den meisten Kindern zum Mund gebracht und dort ausführlich exploriert. Im Zuge der Nahrungsumstellung experimentiert das Kind auch mit breiiger Kost

vom Löffel und festeren Lebensmitteln wie Brot. Das Betrachten des Gegenstandes spielt zu diesem Zeitpunkt eine untergeordnete Rolle. (Largo 2000, 267) In Rückenlage erreicht das Kind nun auch seine Füße mit denen es gerne spielt und die manchmal sogar zum Mund gebracht werden. In der Bauchlage kann das Kind die Position meist noch nicht gut genug halten um mit Spielzeug zu hantieren. 7.- 9. Im 3. Quartal des ersten Lebensjahres zeigen die Kinder deutliche Autonomiebestrebungen. Sie wollen beim Anziehen helfen oder alleine essen und haben nur wenig Verständnis für die Erwachsenen, die nun beginnen Regeln wie Mit Essen spielt man nicht oder Komm lass dich schnell anziehen, dann gehen wir zum Spielen. aufzustellen. Jeder Moment ist der Richtige um die physikalischen Gesetze des Alltags und die Reaktionen der Umwelt auf das eigene Tun zu erproben. Werden die Brotstückchen zum x ten Mal zu Boden geworfen, nachdem der erste Hunger gestillt ist, zweifeln selbst die geduldigsten Eltern an der Sinnhaftigkeit dieser Erfahrungen und fühlen sich unter Umständen provoziert. Der Wunsch des Kindes selbständig zu handeln und Kausalitäten zu erforschen führt nicht selten zu Konflikten und Missverständnissen bei deren Bewältigung Erziehungsvorstellungen und gesellschaftliche Aspekte stärker wie bisher zum tragen kommen. Innerhalb der dabei abzusteckenden Grenzen des kindlichen Handlungsspielraums kann sich das Kind jedoch zunehmend als selbstwirksam erleben, wenn es sich beispielsweise in vielfältiger Weise mit der Kausalität beschäftigt: Das schütteln der Rassel entlockt ihr ein Geräusch, das entfernte Spielzeug kann an der Schnur herangezogen werden, usw.. Großen Spaß haben die Kinder ab ca. 9 Monaten an Spielen, die Merkfähigkeit voraussetzen. Kuck-Kuck-Da ist ein Beispiel dafür. Eine vertraute Person verschwindet aus dem Blickfeld. Das Kind sucht danach wissend, das auch Dinge, die nicht mehr zu sehen sind noch vorhanden sein müssen. Die Bewegungsmöglichkeiten und Positionen als Grundlage für das Spiel sind vielfältig. Der Raum kann robbend, kreiselnd oder rollend erkundet werden. Als stabile Ausgangspositionen eigenen sich nun Bauchlage, Seitenlage und Rückenlage. Die meisten Kinder können kurz frei sitzen. 10. 12. Das was mit beginnendem Drang nach Selbständigkeit im letzten Quartal begonnen hat setzt sich nun fort. Die meisten Kinder essen zumindest teilweise selber. Sie versuchen beim anund auszuziehen zu helfen und können mit dem Löffel hantieren sowie aus der Tasse trinken. Da das Interesse der Kinder alles was ihnen unterkommt auch spielerisch zu nutzen keineswegs nachgelassen hat gibt es immer wieder gefährliche, lustige aber auch sehr anstrengende Momente für die Eltern, die das Kind kaum aus den Augen lassen können. Viele bedienen sich eines Laufstalls, der dem Kind zumindest zeitweise eine reale statt nur einer verbalen Grenze setzt innerhalb derer sich das Kind durchaus sicher fühlt und genügend Ruhe findet um zu spielen. Ihr Forscherdrang äußert sich einerseits in der Liebe zum Detail und andererseits in einer unerschöpflichen Lust zur Bewegung mit der sie den Raum und alle seine Ecken erkunden. Das Sprachverständnis ist soweit vorangeschritten, dass das Kind kleine Aufträge versteht und gerne Geben- Nehmen- Spiele spielt. Aufforderungen denen es nicht nachkommen möchte lehnt es mit Protest ab. Es zeigt mit dem Finder und lenkt die Aufmerksamkeit der Erwachsenen ist jedoch ebenso interessiert wenn die Eltern ihm bei etwas zeigen.

Übersicht Spielentwicklung 1.Lebensjahr (Wolf 2005) Spielräume Spielthemen Material Spielpositionen 1.- 3. 4.- 6. 7.-9. Lebens- monat- 10.-12. Bezugspersonen im Bett, in der Wiege, auf dem Wickeltisch, in der Bezugspersonen, im Bett, auf dem Wickeltisch, im Laufstall, in der Bezugspersonen, im Bett, auf dem Wickeltisch, im Laufstall, in der Auf dem Schoß der Bezugspersonen, auf dem Boden in verschiednen Zimmern und Ecken, auf dem Sofa, im Laufstall, im Autositz, am Tisch, im Kinderwagen, im Sandkasten, im Garten oder beim Spazieren gehen, auf dem Spielplatz Spielerischer Dialog zwischen Kind und Bezugsperson und die intensive Auseinandersetzung mit sich selbst und der näheren Umwelt durch Lageveränderung Spielerischer Dialog zwischen Kind und Bezugsperson sowie die intensive Auseinandersetzung mit sich selbst und seiner näheren Umwelt über Bewegungsspiele mit dem Körper, Greifen und oralem Erkunden Erkundung des Raumes sowohl körperlich als auch im Umgang mit der dinglichen und personellen Umwelt Spiele mit der Merkfähigkeit, Erforschen von Kausalitäten, Hantieren auch mit kleineren Gegenständen und vermehrt visuelles Explorieren. Singspiele Erkundung des Raumes durch den Einsatz des ganzen Körpers und durch Spielaktivitäten wie Aus- und Einräumen (beginnend) Interesse an kleinen Dingen und Details, die es im Pinzettengriff greifen kann Spaß an Dialogen oder Singspielen mit Einsatz von Gesten u. oft ersten Worten Interesse an Bilderbüchern. Geben und Nehmen; Zeigen und zeigen lassen Das Kind braucht kaum eigens dafür vorgesehenes Spielmaterial. Es beschäftigt sich mit allem was sich in seiner unmittelbaren Umgebung befindet; dabei vor allem mit sich selbst und seinem menschlichen Gegenüber. Das Kind interessiert sich nach wie vor für alles was sich in seiner unmittelbaren Umgebung befindet. Ungefährliche Spielzeuge die gut gegriffen n und oral exploriert werden können, kommen jetzt vermehrt ins Spiel Das Kind interessiert sich für alles; besonders aber für Materialien, denen man Effekte entlocken kann, wie z.b. Papier, das raschelt wenn man es zusammendrückt oder Rasseln. Spielzeug zum Heranziehen Gefäße wie Plastikbecher um den Raum erkunden zu können Das Kind hat Spaß an alltäglichen Materialien wie Plastikschüsseln, Becher oder andere ungefährliche Küchengeräte die es z.b. aus einem Schrank oder aus einer Schublade räumen darf. Es liebt Wasser und Sand und interessiert sich für Spielsachen wie Ball, Puppe oder Stofftier, Holzkugeln, Sandspielzeug Rückenlage u. gehalten auf dem Arm der Bezugspersonen: Ausgangspositionen um Hände zu betrachten, zu berühren sowie zum Mund zu führen, um hängende Gegenstände in Bewegung zu bringen und um in Interaktion zu treten Bauchlage: Kind kann über Eigenaktivität seine Bewegungsmöglichkeiten kennen lernen; die Unterlage und die Seite explorieren, Hand Mund-Kontakt Rückenlage und gehalten auf dem Arm der Eltern: Ausgangsposition um Gegenstände zu greifen und um zu interagieren. Bauchlage: zunehmend stabilere Basis für spielerische Aktivitäten. Bauchlage, Seitenlage, Rückenlage, gehaltener Sitz Das Kind kann in wechselnden Positionen spielen: verschiedenen Sitzpositionen (Ring-, Seit-, Langsitz), Hocke Vierfüßlerstand, Kniestand, Stand, Bauch- und Seitenlage. Die Rückenlage wird nur noch selten als Spielposition benutzt. Für den Ortswechsel stehen Rollen, Kriechen, Robben, Krabbeln, Gehen, Seitwärtsgehen, Rutschen oder Bärengang zur Verfügung Spielpartner Spielpartner sind in erster Linie die direkten Bezugspersonen,die mit dem Kind spielerisch in Interaktionen treten und es vorwiegend intuitiv bei seinen Aktivitäten unterstützen Spielpartner sind bekannte aber auch fremde Personen mit denen das Kind vom Schoß der Mutter aus spielerisch in Interaktionen tritt. Die Erwachsenen folgen meist ihrer Intuition und passen den Dialog an die Fähigkeiten des Kindes an. Das Kind wird in den Aktivitäten unterstützt und an den nächsten Entwicklungsschritt herangeführt. Die direkten Bezugspersonen sind als Spielpartner immer noch sehr wichtig für das Kind. Sie führen neue Spielthemen ein und unterstützen das Kind. Mit zunehmender Selbständigkeit des Kindes kann es vermehrt zu Konflikten und Missverständnissen bezüglich der Intention des Kindes kommen. DieBezugspersonen schaffen ein sicheres Umfeld in dem das Kind seinen Bewegungsdrang ausagieren kann. Sie stehen zur Verfügung um das Kind zu trösten oder Hilfestellung zu leisten. Sie zeigen ihm Grenzen auf und regen es zu neuen Spielformen an.

Literatur: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA). Das Baby. Ein Leitfaden für Eltern. Köln: Stand April 2003 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA). Kinderspiele. Anregungen zur gesunden Entwicklung von Kleinkindern. Köln: Stand April 2003. Braus DF. Neurobiologie des Lernens. Psychiatrische Praxis. 2004; 31: 217. Flitner A, Hrsg. Das Kinderspiel. Neuausgabe 5. Auflage. München: Piper; 1973, 1988. Lamers W. Spielräume Raum für Spiel. Düsseldorf: Verlag Selbstbestimmtes Leben; 1993. Lange U, Stadelmann T. Spiel - platz ist überall. Freiburg im Breisgau: Herder; 1996. Largo R. Babyjahre. Die frühkindliche Entwicklung aus biologischer Sicht. Carlsen Verlag Hamburg1993 aktualisierte Taschenbuchausgabe Piper Verlag Gmbh München 2001. Luxburg von J. Förderung des Kindes im Spiel- ein Dilemma der Therapie. Beschäftigungstherapie und Rehabilitation. 1990; 3, 210 216. Mayr T. Problemkinder im Kindergarten - ein neues Aufgabenfeld für die Frühförderung. Frühförderung interdisziplinär. 1997; 16. Oerter R. Psychologie des Spiels. München: Quintessenz Verlag; 1993. Durchgesehene Neuausgabe. Weilheim, Basel: Belz Taschenbuch; 1999. Parham, L. Diane, Play in occupational therapy for children, St.Louis Mosby Year book, Inc. 1997 Papouŝek H, Papouŝek M. Das Spiel in der Frühentwicklung des Kindes. Beiträge zur Psychologie und Erziehung. Supp.Pädiat.prax.1977; 18: 17-32. Papouŝek M. Intuitive elterliche Kompetenzen. Frühe Kindheit. 2001:1. Papouŝek M. Gonthard A. von Hrsg., Spiel und Kreativität in der frühen Kindheit. Stuttgart: Klett Cotta; 2003. Schmid-Krammer, M. Einsichten in das Spiel der Kinder fiduz11 München 2003 Weinberger S. Kindern spielend helfen. Weilheim, Basel: Belz Verlag; 2001. Spiel gut Arbeitsausschuss, Kinderspiel und Spielzeug e.v. 17. überarbeitete und erweiterte Ausgabe. Ulm: 1999. West J. Childcentered play therapy. 2. ed. London: Arnold; 1996. Wolf M. Komm spiel mit mir! In: Hüter-Becker A, Dölken M, Hrsg. Physiotherapie in der Pädiatrie. Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 2005. Wolf M. Und du solltest die Verkäuferin sein! in Becker H., Steding-Albrecht U.; Ergotherapie im Arbeitsfeld Pädiatrie (230-242) Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2006