Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald / März 2009 Linda Perthen / Studienfächer: Philosophie, Kunst / E-Mail: lindaperthen@web.de Erfahrungsbericht Das Studium l art plastique an der Université Picardie de Jules Verne in Amiens (Frankreich) im Wintersemester 2008/09. Der Mensch ist nichts anderes als sein Entwurf; er existiert nur in dem Maße, als er sich entfaltet. Jean-Paul-Sartre 1. Intension 2. Vorbereitung 3. Anreise 4. Sprachkurse 5. Universität 6. Umgebung 7. Kultur 8. Prüfungen
9. Abreise 1. Intension intension Im Wintersemester 2008/09 habe ich ein Semester in Amiens (Frankreich) an der Universté de Picardie Jules Verne studiert. Meine Entscheidung viel auf die Stadt Amiens, weil die Entfernung zur Welt- und Kunstmetropole Paris nur eine Stunde ausmacht. Die Ausstellungs- und Museumsvielfalt in Paris sind sehr inspirierend für ein Kunststudium. Nicht nur die Nähe zu Paris ist ein Vorteil, auch andere Städte, wie Lille, Reims oder Rennes sind in Kürze zu erreichen. Wenn es einen noch weiter weg verschlägt, ist Frankreich ein guter Ausgangspunkt, um günstig in andere europäische Länder zu fliegen, wie Spanien, Italien, England oder Irland zum Beispiel. 2. Vorbereitung préparation Doch bevor man diese Vorteile nutzen kann, müssen einige Formalitäten geklärt werden. Studenten der Kunst am C.D.F.-Institut können sich bei Frau Dallmann für ein Erasmusjahr oder -halbjahr anmelden. Die Plätze sind meistens schnell ausgebucht, daher so früh wie möglich einen Platz sichern und sein Auslandsaufenthalt planen. Ich habe mich zum Beispiel schon im Frühjahr 2007 für das Wintersemester 2008/09 angemeldet. Spontane Anfragen sind dennoch möglich, da es genügend Abspringer gibt. Frau Dallmann reicht dann die Anmeldungen an Frau Ehmler vom Auslandsamt weiter. Es schadet dennoch nicht, sich parallel bei Frau Ehmler zu melden. Im April erhält man dann spätestens die Formulare für den Erasmusantrag. Doch das ist längst noch nicht alles, da Frankreich noch bürokratischer organisiert ist, als Deutschland. Nicht zu vergessen sind die Formulare für das Auslandsbafög. Bis zu sechs Monate vorher sollte der Antrag dort vorliegen. Beim Bafög-Amt am Schießwall erhält man auf Nachfrage einen Flyer für die zuständigen Ämter. Für Frankreich beantragt man zum Beispiel in Mainz-Bingen. Auch wenn das Papierchaos erstmal abschreckt, lohnt der ganze Aufwand trotzdem. Im Ausland sind die normalen Lebenserhaltungskosten hoch, man ist auf Förderungen sehr angewiesen. 3. Anreise arrival Das Semester beginnt in Amiens am 15. September. Ein bis zwei Wochen sollte man vorher anreisen. Es wird vor Beginn ein einwöchiger Intensiv-Sprachkurs angeboten. Diese Gelegenheit kann man gut nutzen, um erste Sprachbarrieren zu überwinden und um erste Kontakte zu Mitstudenten zu knüpfen. Nach der Ankunft sind noch einige Formulare und Ausweise zu beantragen, zum Beispiel: Bankkonto, Studentenausweis (ohne dem nichts läuft!), Busfahrkarte und Zimmerversicherung fürs Wohnheim. Auf welchem Wege gelangt man nun nach Amiens? Ob Flugzeug oder Bahn, die Anreise mit einem eigenen Auto ist auch stets zu empfehlen. Zum einen ist man sehr flexibel vor Ort und zum anderen kann man viele Gebrauchsgegenstände transportieren. 2
Im Wohnheim wird zum Beispiel kein Geschirr zur Verfügung gestellt. Parkplätze sind bei Wohnheimen vorhanden, so dass man sich keine Sorgen zwecks Sicherheit machen muss. Von Greifswald bis Amiens sind es ca. 1200 km. Eine Übernachtung sollte man einplanen. Bei Ankunft in Amiens habe ich mich zuerst im Wohnheim angemeldet, wo ich gleich meinen Zimmerschlüssel erhielt. Am nächsten Tag kann man dann all die Formulare besorgen, die das Wohnheim verlangt meistens wird einem das noch mal alles aufgeschrieben. Das DAI (Erasmusbüro) liegt gleich am Campus. Dort meldet man sich als erstes an. Wichtige Informationen zu den Sprachkursen, Exkursionen, Organisation des Studiums erhält man dort. Bei Schwierigkeiten helfen die Mitarbeiter vor Ort gerne weiter. 4. Sprachkurs cour de langue francaise Der Intensivsprachkurs bietet die Möglichkeit seine Französisch-Kenntnisse zu erweitern und zu festigen. Wenn das Semester beginnt, finden jede Woche ein Sprachkurs und ein Zivilisationskurs statt. Ein Einstufungstest ermittelt das Sprachniveau aller Erasmusstudenten. Es gibt drei Stufen: 1. Prépartoire, 2. Intermediare A und B, sowie 3. Avancé. Nach dem Test werden die Studenten in die verschiedenen Kurse eingeteilt, die am Campus stattfinden. Man kann aber zur Not auch noch die Kurse wechseln, da diese sich oft mit den Uni- Kursen überschneiden. Für Sprach- und Zivilisationskurs gibt es je 4 ECT-Punkte. Leider beginnen die Sprachkurse erst zwei Wochen später, so dass man eventuell seinen Stundenplan noch mal umstellen muss. Am ersten Uni-Tag erhält man auch erst die Kursübersichten. Es dauert ungefähr drei bis vier Wochen bis sich alles eingependelt hat und der Wochenplan steht. Anfangs sollte man sich bei mehreren Kursen einschreiben, um später noch selektieren zu können. Vor diesem Organisationsstress finden noch mal ein Erasmustreffen und eine Begrüßung statt. Dort kann man sich an Tutoren wenden, die auch schon mal in Deutschland waren und Interesse haben ihre Sprachkenntnisse aufrechtzuerhalten. Tandem, Freizeit- und Exkursionsangebote werden zusätzlich bekannt gegeben. 5. Kunstfakultät fac d art Die Kunstfakultät der Université de Picardie Jules Verne befindet sich im Norden der Stadt. Wenn man in einem Wohnheim in der Nähe des Campus wohnt, zum Beispiel im Thil oder Bailly, ist man auf den Bus angewiesen. Das Busnetz ist sehr gut ausgebaut in Amiens. Eine Monatskarte kostet ca. 20 Euro. Mit der Linie 6 kommt man in kürzester Zeit ins Zentrum. Die Busstation Tanneur liegt in der Nähe der Fac, ca. 5 Minuten zusätzlichen Fußweg. Die Fac d art liegt an dem Fluss Somme. Das Gebäude ist architektonisch sehr modern und kunstgerecht gestaltet und technisch sehr gut ausgerüstet. Die Räume sind sehr groß und wie Ateliers aufgebaut. Die Bibliothek befindet sich gleich im Erdgeschoss, wohingegen das Sekretariat und 3
Auditorium sich im ersten Stock befinden. Im Auditorium finden die meisten Vorlesungen statt. Im ersten Stock befindet sich auch noch eine wichtige Informationswand, die alle Ausfälle und Kursänderungen bekannt gibt. Man kann als Erasmusstudent an jedem Kurs teilnehmen, egal in welchem année man sich befindet. Zu Beginn des Kurses sollte man sich vorstellen, so dass die Dozenten näher auf einen eingehen können. Es können jedoch nur sehr wenige Dozenten Englisch oder Deutsch sprechen. Sie sind dennoch sehr aufgeschlossen und hilfsbereit. Das Kursangebot ist sehr vielfältig. Es gibt verschiedene atelier expérimentale für Grafik, Fotografie, Video oder Malerei. Jeder Dozent hat einen anderen Schwerpunkt. Hauptsächlich wird nach Themen (sujets) und Aufgabenstellungen gearbeitet. Es werden ca. 3 Aufgaben in einem Semester gestellt, die nacheinander abgehandelt werden. Nach jedem Abschluss stellt man seine künstlerische Arbeit vor, mit Begründung der Gestaltung und Präsentation. Eigene Themen kann man trotzdem gut mit einbringen und weiterentwickeln. Nach jeder Präsentation gibt es eine Note, die in Punkten ausgedrückt wird, ab 10 Punkten hat man bestanden. Die Vorlesungen zur Kunstgeschichte histoire d art sind auch sehr abwechslungsreich. Es werden Vorlesungen zur Fotografie- und Filmgeschichte, Islamische Kunst und Architektur, sowie Seminare zu den Epochen der Kunst angeboten. Ästhetik-Vorlesungen finden ebenfalls statt. 6. Umgebung environs Die Umgebung kann man gut mit dem Zug erkunden. Für Studenten bis 25 Jahre gibt es eine Ermäßigung (bis zu 50 %) bei Erwerb einer 12-25 SNCF-Karte für Bahntickets. Eine Tour nach Paris hin und zurück kostet dann ca. 20 Euro. Wenn man allerdings über 25 Jahre ist, muss man mit 40 Euro rechnen. Andere umliegende Städte, wie Lille sind auch sehr gut erreichbar. Mit dem Flieger kommt man günstig von Beauvais (bei Paris) aus, in alle anderen Hauptstädte Europas. Bei frühzeitiger Buchung kann man zum Beispiel schon für 30 Euro (Hin- und Rückflug) nach Barcelona oder Dublin fliegen. Das Meer ist auch nur 1 Stunde von Amiens entfernt. Mit dem Auto kann man Dieppe oder Étretat (Kreidefelsen) erkunden. Bei einer Tour mit dem Auto sollte man die Gebühren an der Mautstation mit einberechnen. 7. Kultur culture Kulinarisch hat Amiens einiges zu bieten. Es lohnt sich immer ein Menü zum Einheitspreis zu nehmen. Die Preise in den Restaurants sind nicht sehr günstig, aber die Besonderheiten der Region Picardie sollte man mal genießen. Im Zivilisationskurs erfährt man einiges über typische Gerichte in Amiens oder allgemein in Frankreich. Diese Tipps beziehen sich nicht nur auf Crepes und Baguette. 4
Im Oktober findet die Nuit Blanche in Amiens statt. Im Zentrum befinden sich die verschiedenen Lokalitäten, wo man Konzerte oder Ausstellungen besichtigen und genießen kann. Diese Event-Nacht ist sehr zu empfehlen, da es sonst in Amiens nicht so viele große Veranstaltungen gibt. Ein weiteres Highlight ist das Filmfestival im Dezember. Eine Woche lang werden verschiedene internationale und französische Filme vorgestellt. Die Architektur in Amiens erinnert an englische oder belgische Arbeiterhäuser. Darüber hinaus ragt die größte gotische Kathedrale Frankreichs: Notre Dame. Sie nimmt einen zentralen Punkt in der Stadt ein. Mehrmals im Jahr gibt es eine Veranstaltung, wo die Kathedrale farbig angeleuchtet wird. Kleine Gassen und Flussarme strukturieren die Altstadt, die auch oft kleines Venedig genannt wird. 8. Prüfungen examen Als Erasmusstudent hat man einige Vorteile, wenn es um Leistungsscheine geht. Nach Absprache mit dem jeweiligen Dozenten kann man eine Hausarbeit (dissertation) anstatt einer Klausur (examen) schreiben. Die Klausuren sind nicht so schwierig, wie man anfangs vielleicht denken mag. In 1,5 Stunden werden zwei bis drei Fragen gestellt, die man dann schriftlich zu beantworten hat. Auch mit mittelmäßigen Französisch-Kenntnissen kann man diese bestehen. Die Anrechnung der Leistungsscheine muss man dann in Greifswald mit den Dozenten abklären. 9. Abreise départ Am Ende des Semesters, also vor der anstehenden Abreise, müssen einige Dinge abgemeldet werden. Das Bankkonto muss aufgelöst werden, sowie beim DAI sollte man mit Frau Gaultier (Leistungsnachweise) die weiteren Schritte absprechen. Sie ist für das Transscript of Records (Ect-Punkte-Nachweis) zuständig. Die Ergebnisse der Klausuren erhält man aber erst zwei bis drei Monate später. Im Wohnheim erfolgt dann noch die Zimmerübergabe, die vorher anzumelden ist. Die letzte Miete kann mit der anfangs gezahlten Kaution verrechnet werden. Fazit: Ein Auslandsaufenthalt mit einem Erasmusstipendium kann eine große Bereicherung werden. Der Uni- Alltag und die Bürokratie mögen einen manchmal daran zweifeln lassen. Die Erfahrungen die man erhält, die verschiedenen Freundschaften die man schließt sind einfach unersetzbar. Den Tellerrand, den man damit überschreitet gibt es danach nicht mehr die europäische Welt und die Möglichkeiten die einem zugrunde liegen, werden umso deutlicher und erfahrbar. Ich kann nur jedem empfehlen ins Ausland zu gehen, auch wenn negative Erlebnisse gemacht werden, es wird immer etwas Positives draus zu ziehen sein. 5