Position. Berufsorientierung. Stand: Januar 2013 www.vbw-bayern.de



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Position Berufsorientierung Stand: Januar 2013 www.vbw-bayern.de

Position Berufsorientierung Vorwort X Vorwort Berufsorientierung in Zeiten des Fachkräftemangels Der zunehmende Fachkräftebedarf ist eine zentrale Herausforderung für die Wirtschaft: Die von der vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. in Auftrag gegebene Studie Arbeitslandschaft 2035 führt vor Augen, dass allein in Bayern im Jahr 2020 rund 230.000 Arbeitskräfte fehlen werden, bis 2035 wird diese Zahl auf 620.000 angewachsen sein. Die berufliche Bildung junger Menschen ist ein entscheidender Weg, um den steigenden Fachkräftebedarf effektiv zu begegnen. Dies setzt eine gelungen Berufsorientierung voraus. Eine frühzeitige und vorausschauende berufliche Orientierung junger Menschen bietet die Chance, Fehlentscheidungen in Bezug auf die berufliche Laufbahn so weit als möglich zu verringern. Gelungene Berufsorientierung ist ein effektives Instrument, um die immer noch zu hohe Abbrecherquote in der dualen Ausbildung mittelfristig zu senken. In dem Feld der Berufsorientierung hat sich in den letzten Jahren viel getan. Dies ist aus unserer Sicht erfreulich und wir unterstützen mit einer Reihe von innovativen Projekten auch seit langem die Optimierung der Berufsorientierung junger Menschen. Bei all diesen Maßnahmen, wie z. B. dem P-Seminar an Gymnasien, der Berufsorientierung an Mittelschulen und sprungbrett Bayern ermöglichen wir durch einen hohen Praxisbezug eine effiziente Orientierung der nachwachsenden Generation. Im folgenden Positionspapier zeigen wir abgeleitet aus unseren vielfältigen Projektaktivitäten auf, welche Veränderungsschritte die handelnden Akteure in Schule, Arbeitsverwaltung und Politik nun einschlagen müssen, um die Berufsorientierung in Bayern noch effektiver zu gestalten nach dem Motto: lieber früh investieren als später reparieren! Bertram Brossardt 01. Januar 2013

Position Berufsorientierung Inhalt X Inhalt 1 Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen... 1 1.1 Notwendigkeit der Berufsorientierung... 1 1.2 Begriffsbestimmung und Ziele... 2 1.3 Qualitätskriterien für Maßnahmen der Berufsorientierung... 3 1.4 Instrumente der Berufsorientierung... 4 2 Berufsorientierung in der Praxis... 5 2.1 Berufsorientierung im schulischen Bereich... 5 2.1.1 Berufsorientierung in Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien... 5 2.1.2 Regelangebote in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit... 7 2.1.3 Spezielle Maßnahmen in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit... 8 2.1.4 Maßnahmen in Kooperation mit anderen Trägern... 9 2.2 Berufsorientierung im außerschulischen Bereich... 11 3 Empfehlungen zur Berufsorientierung... 13 Ansprechpartner... 17 Impressum... 17

Position Berufsorientierung Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen 1 1 Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen Berufsorientierung als kontinuierlicher Prozess 1.1 Notwendigkeit der Berufsorientierung Der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt stellt für junge Menschen eine große Herausforderung dar. Am Ende ihrer Schulzeit müssen sie eine umfangreiche Orientierungs- und Entscheidungsleistung erbringen. Dabei sehen sie sich mit rasanten Entwicklungen und Veränderungen in der Berufs- und Arbeitswelt konfrontiert. Berufsbilder wandeln sich und Anforderungen an zukünftige Mitarbeiter steigen. Hinzu kommt, dass viele Jugendliche keinen ausreichenden Überblick über das breite Berufswahlspektrum besitzen. Aus diesen Gründen müssen Schüler bei der Berufsorientierung rechtzeitig und kontinuierlich unterstützt werden. Belege für die Notwendigkeit verstärkter Berufsorientierung liefert auch die Statistik. Die Quote für die vorzeitige Lösung des Ausbildungsvertrags liegt branchenübergreifend seit mehreren Jahren bei rund 20 Prozent. Ein Grund hierfür kann in der nach wie vor unzureichenden schulischen Berufsorientierung gesehen werden. Weiterhin konzentrieren sich die Berufswünsche junger Menschen auf relativ wenige Modeberufe. Im Ausbildungsjahr 2010 / 2011 sind 25 Prozent aller neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge auf nur sieben Berufe entfallen, 50 Prozent aller neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge auf 18 Berufe und 75 Prozent auf 46 Berufe (bei einer Gesamtzahl von 344 anerkannten Ausbildungsberufen am 01. August 2012). Diese Zahlen zeigen, dass im Rahmen der Berufsorientierung junge Menschen an die Vielfalt möglicher Ausbildungsberufe effektiver herangeführt werden müssen. Darüber hinaus müssen sich Maßnahmen zur Berufsorientierung auch daran orientieren, welche Berufe gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt auch in Hinblick auf den Bedarf der Betriebe bieten. Erfolgreiche Berufsorientierung nützt allen. Sie hilft jungen Menschen, den zu ihren Neigungen und Fähigkeiten passenden Beruf zu finden. Auch die Gesellschaft profitiert hiervon. Eine zielorientierte Berufsorientierung trägt mit dazu bei, später notwendig werdende, kostenintensive Reparaturmaßnahmen zu reduzieren (z. B. durch berufsvorbereitende Maßnahmen). Somit leistet die Berufsorientierung einen Beitrag zur vorausschauenden Arbeitsmarktpolitik. Letztendlich profitieren auch Unternehmen von erfolgreicher Berufsorientierung an Schulen. Sie treffen dann auf Bewerber, die sich mit ihrem zukünftigen Ausbildungsberuf bereits intensiv auseinandergesetzt und somit eine bewusste Entscheidung für ihr Berufsfeld getroffen haben. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels leistet effektive und effiziente Berufsorientierung damit einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung.

2 Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen Position Berufsorientierung 1.2 Begriffsbestimmung und Ziele Berufsorientierung beschreibt einen Prozess, der die spätere Berufswahl durch Informationen über Arbeitsfelder und einzelne Berufsbilder mit den dazugehörigen Anforderungen unterstützt. Er umfasst Aktivitäten, die dazu beitragen, dass die Entscheidungsfähigkeit der Jugendlichen bei der Gestaltung ihrer Arbeits- und Berufsbiografie verbessert wird. Es geht letztendlich um einen Abgleich zwischen Wünschen, Neigungen, Können und Wissen auf der Seite des Lernenden und Anforderungen, Bedarfen und Chancen auf der Seite der Arbeits- und Berufswelt. Hierbei schließt Berufsorientierung alle Qualifizierungswege (vollzeitschulische, duale Ausbildung und Studiengänge) ein. Eine diffuse Berufsorientierung erfolgt bereits im frühkindlichen Bereich im Alltag der Familie, im Freundeskreis und im Kindergarten. Während diese Phase von einer Orientierung an Idolen und Traumberufen gekennzeichnet ist, werden in der Phase der Konkretisierung der Berufsorientierung Berufswünsche präzisiert. Wichtig in dieser Phase ist es, dass der Prozess durch gezielte schulische Maßnahmen im Rahmen organisierter Lernumgebungen begleitet und weiter strukturiert wird. Eine bewusste Berufsorientierung beschränkt sich nicht auf bestimmte Phasen der Bildungsbiografie. Bereits in Kindergarten und Grundschule kann durch vielfältige Angebote und Kooperationen mit externen Partnern das Interesse der Kinder an Fragestellungen der Arbeits- und Berufswelt geweckt werden. In den allgemeinbildenden weiterführenden Schulen soll die Berufsorientierung intensiviert und dann auch konkretisiert werden. Im Folgenden wird schwerpunktmäßig auf die Berufsorientierung ab der Jahrgangsstufe 5 in den allgemeinbildenden Schulen eingegangen. Von der Berufsorientierung lassen sich die Berufswahl und die Berufsvorbereitung abgrenzen. Die Berufswahl umfasst die Entscheidung für einen Ausbildungsberuf und hiermit in Zusammenhang stehende Vorbereitungsmaßnahmen, wie z. B. die Auswahl geeigneter Ausbildungsbetriebe und die Teilnahme an Bewerbungstrainings. Berufsvorbereitung beinhaltet Maßnahmen zur Förderung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für den Fall, dass die Voraussetzungen für die erfolgreiche Aufnahme einer Berufsausbildung während der Schulzeit nicht ausreichend geschaffen worden sind. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen der Berufsschulen und der Bundesagentur für Arbeit (BA). Schulische Berufsorientierung umfasst folgende Ziele: Förderung der Bereitschaft Jugendlicher, sich mit Fragen der Arbeits- und Berufswelt zu beschäftigten Vermittlung von Kenntnissen über die Arbeits- und Berufswelt Verbesserung der Selbsteinschätzung durch Reflexion von Neigung und Eignung Eignungsfeststellung durch Kompetenzfeststellungsverfahren Flexibilisierung von Berufswünschen und Beschäftigung mit Alternativen Entwicklung von Methodenkompetenz für die Recherche und Verarbeitung von Berufsinformationen Entwicklung von Entscheidungskompetenz in Hinblick auf die Berufswahl Ermöglichung praktischer Erfahrungen durch Einbindung des Lernorts Betrieb

Position Berufsorientierung Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen 3 1.3 Qualitätskriterien für Maßnahmen der Berufsorientierung Maßnahmen der Berufsorientierung, wie beispielsweise betriebliche Praktika, bedürfen einer systematischen und koordinierten Vorgehensweise. Die Planung und Umsetzung setzt ein eingeführtes Projektmanagement voraus. Die Einteilung in Projektphasen (Planungsphase, Durchführungsphase und Qualitätssicherungsphase) strukturiert das komplexe Vorhaben und verdeutlicht die Schwerpunkte. Eine Standardplanung kann es nicht geben. Die Planung ist vielmehr von der jeweiligen Zielsetzung, den konkreten Inhalten und den Rahmenbedingungen vor Ort abhängig. Eine Maßnahme der Berufsorientierung soll folgende Qualitätskriterien erfüllen: Planungsphase Das Konzept enthält Ablaufbeschreibungen, Handlungs- und Zielvorgaben sowie Kostenregelungen. Die Maßnahme wird für alle Beteiligten transparent gestaltet. Die Zuständigkeiten in der Schule sind eindeutig festgelegt. Kooperationen mit außerschulischen Partnern werden systematisch geplant. Die Vorbereitung erfolgt gemeinsam mit den Schülern. Interessen, Neigungen und Fähigkeiten sowie die Lebens- und Erfahrungswelt der Schüler werden bei der Konzeption berücksichtigt. Im Rahmen der Maßnahme werden sowohl allgemeine Anforderungen aus der Arbeitswelt als auch spezielle Anforderungen für den jeweiligen Beruf vermittelt. Die Maßnahme beinhaltet reflexive Teile. Durchführungsphase Theorie und Praxis sind wechselseitig miteinander verknüpft. Die Erziehungsberechtigten sind in die Maßnahme aktiv einbezogen. Qualitätssicherungsphase Die Maßnahme wird evaluiert. Die Maßnahme wird dokumentiert (Konzept, Verlauf und Ergebnisse). Hierdurch können die Erkenntnisse für zukünftige Maßnahmen genutzt werden. Für den Erfolg einer Maßnahme der Berufsorientierung ist weiterhin entscheidend, dass sie nicht isoliert, sondern im Zusammenhang eines schulischen Gesamtkonzepts zur Berufsorientierung umgesetzt wird. Da Berufsorientierung ein kontinuierlicher Prozess ist, bauen verschiedene Maßnahmen im Rahmen des schulischen Gesamtkonzepts alters- und zielgruppengerecht aufeinander auf. An der Erarbeitung und Weiterentwicklung dieses Konzepts beteiligen sich alle Fächer mit berufsorientierenden Inhalten. Die Konzepttransparenz wird durch eine dauerhaft angelegte Informationsstruktur (Veranstaltungen, Homepage, Infowände etc.) gewährleistet. Ein zukunftsweisendes schulisches Gesamtkonzept zeichnet sich weiterhin dadurch aus, dass die Netzwerkarbeit mit außerschulischen Partnern kontinuierlich und strukturiert erfolgt. Um langfristig den Erfolg des schulischen Gesamtkonzepts zur Berufsorientierung zu sichern bzw. zu steigern, wird dieses dokumentiert und evaluiert.

4 Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen Position Berufsorientierung 1.4 Instrumente der Berufsorientierung Um die Berufsorientierung junger Menschen zu stärken, können vielfältige Maßnahmen sowohl in der Schule und deren Umfeld als auch am Lernort Betrieb eingesetzt werden. Aber erst durch die fachliche und überfachliche Einbindung dieser Instrumente in den Unterricht können sie ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten. Eine gelungene Berufsorientierung lässt sich nur im Zusammenspiel mit eigener praktischer Anschauung realisieren. Aus diesem Grund sind Erfahrungen im Betrieb grundlegend für eine erfolgreiche Berufsorientierung. Folgende Aufstellung gibt einen Überblick über mögliche Instrumente zur Berufsorientierung: Einsatz von Instrumenten zur Kompetenzfeststellung Durchführung von Planspielen zum Thema Wirtschaft bzw. Arbeitswelt Einbindung von Experten aus Betrieben in den Unterricht Einbindung der Elternkompetenz in die schulische Berufsorientierung Gesprächsrunden mit Auszubildenden Organisation einer Schülerfirma Durchführung von Projektwochen und Themenworkshops Messebesuche Betriebserkundungen Schülerbetriebspraktika

Position Berufsorientierung Berufsorientierung in der Praxis 5 2 Berufsorientierung in der Praxis Vielfalt an Maßnahmen und Trägern 2.1 Berufsorientierung im schulischen Bereich Berufsorientierung ist eine zentrale schulische Aufgabe und liegt somit im Verantwortungsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst. Das Thema Berufsorientierung ist im Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen verankert. In Artikel 2 heißt es: Die Schulen haben insbesondere die Aufgabe, auf Arbeitswelt und Beruf vorzubereiten, in der Berufswahl zu unterstützen und dabei insbesondere Mädchen und Frauen zu ermutigen, ihr Berufsspektrum zu erweitern. Auch die Kultusministerkonferenz betont die Notwendigkeit zur Vorbereitung der Jugendlichen auf die Arbeitswelt. In der länderübergreifenden Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 03. Dezember 1993 i. d. F. vom 17. Juni 2011) heißt es in Ziffer 4.2.2: Die Hinführung zur Berufs- und Arbeitswelt ist verpflichtender Bestandteil für alle Bildungsgänge. In der Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07. Juli 1972 i. d. F. vom 01. Oktober 2010) heißt es in Ziffer 2.3: Der Unterricht in der gymnasialen Oberstufe schließt eine angemessene Information über Berufsfelder sowie Strukturen und Anforderungen der Berufs- und Arbeitswelt ein. Berufsorientierung ist in Bayern an allen allgemeinbildenden Schulen verankert und wird in Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien unterschiedlich umgesetzt. 2.1.1 Berufsorientierung in Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien Grundsätzlich gilt für alle Schularten, dass Berufsorientierung sowohl in den Lehrplänen verschiedener Fächer als auch fächerübergreifend festgelegt ist. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Berufsorientierung sind Schülerpraktika, die in den Schulformen unterschiedlich geregelt sind und zumeist einen Zeitrahmen von ein bis zwei Wochen aufweisen. Mittelschule In der Mittelschule erfahren Schüler über alle Jahrgangsstufen hinweg eine Berufsorientierung mit einem hohen Praxisanteil. Das Fach Arbeit-Wirtschaft-Technik beginnt bereits in der Jahrgangsstufe 5. In der Jahrgangsstufe 7 sammeln Schüler in den berufsorientierenden Zweigen Wirtschaft, Technik und Soziales Erfahrungen in verschiedenen Berufsfeldern. Ab der Jahrgangsstufe 8 spezialisieren sich die Schüler auf einen berufsorientierenden Zweig.

6 Berufsorientierung in der Praxis Position Berufsorientierung Freiwillige Betriebspraktika werden ab der Jahrgangsstufe 7 durchgeführt. In der Jahrgangsstufe 8 findet ein zweiwöchiges Betriebspraktikum verpflichtend statt. Weiterhin finden über alle Jahrgangsstufen hinweg Arbeitsplatz- bzw. Betriebserkundungen und Projekte zur Berufsorientierung statt. Realschule Berufsorientierung an Realschulen ist fächerübergreifend verankert. Schüler entscheiden sich ab der Jahrgangsstufe 7 für eine von drei Ausbildungsrichtungen (Wahlpflichtfächergruppen) und erhalten somit vielfältige Möglichkeiten zur Berufsorientierung: Wahlpflichtfächergruppe I: mathematisch-naturwissenschaftlich-technischer Bereich Wahlpflichtfächergruppe II: wirtschaftlicher Bereich Wahlpflichtfächergruppe III: sprachlicher, musischer, handwerklicher oder sozialer Bereich In der Jahrgangsstufe 9 stellt Berufsorientierung das Leitthema dar. Die Federführung hat das Fach Wirtschaft und Recht bzw. Betriebswirtschaftslehre / Rechnungswesen. In dieser Jahrgangsstufe findet auch ein freiwilliges Betriebspraktikum statt, das in der Regel eine Woche dauert. Wählt ein Schüler an einer Realschule das Profilfach Sozialwesen, ist in den Jahrgangsstufen 8 und 9 jeweils ein einwöchiges Praktikum bei einer sozialen Einrichtung verpflichtend vorgeschrieben. Gymnasium An Gymnasien stellt die Berufsorientierung eine fächerübergreifende Aufgabe dar, zu der alle Fächer einen Beitrag leisten sollen. Leitfach ist das Fach Wirtschaft und Recht. Mit Ausnahme des Sozialpraktikums am wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Gymnasium gibt es an bayerischen Gymnasien keine verpflichtenden Praktika. Es werden allerdings Schülerpraktika auf freiwilliger Basis durchgeführt. Im Sinne der praxisnahen Berufsorientierung gilt es, diesen Bereich weiter auszubauen. In der Oberstufe wurde das Projekt-Seminar zur Studien- und Berufsorientierung (P-Seminar) eingeführt (siehe Kapitel 2.1.4). Hierdurch hat die Berufsorientierung einen festen Platz erhalten. Im Rahmen von Kooperationen mit Partnern der gesamten Arbeitswelt innerhalb der P-Seminare wird bereits rund ein Drittel der Projekte mit der privaten Wirtschaft durchgeführt. Grundsätzlich ist es positiv zu bewerten, dass die Berufsorientierung einen etablierten Platz im Regelangebot der allgemeinbildenden Schulen eingenommen und damit an Bedeutung gewonnen hat. Die Herausforderung besteht darin, Berufsorientierung an den Schulen weiter zu systematisieren, in Gesamtkonzepte einzubinden, stärker an Gütekriterien auszurichten und zielgruppengerecht umzusetzen.

Position Berufsorientierung Berufsorientierung in der Praxis 7 Lehrer nehmen im Hinblick auf den Erfolg von Maßnahmen zur Berufsorientierung eine Schlüsselstellung ein. Im Rahmen der Aus- und Weiterbildung müssen sie deshalb auf die besonderen Anforderungen der Berufsorientierung vorbereitet werden und spezielle Kompetenzen entwickeln. Die Kosten für diese Formen der Berufsorientierung an den unterschiedlichen Schularten werden vom Staatshaushalt getragen und sind somit steuerfinanziert. Hiermit kommen die Länder ihrer inhaltlichen und finanziellen Verantwortung in diesem Bereich nach. Im Feld der schulischen Berufsorientierung engagiert sich aber auch eine Fülle weiterer Akteure und Träger in Form von Programmen und Modellversuchen. Im Folgenden wird auf einzelne Maßnahmen eingegangen, die zusätzlich zur im Lehrplan verankerten Berufsorientierung angeboten werden. 2.1.2 Regelangebote in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit Nach 33 des Gesetzestextes im Sozialgesetzbuch III (SGB) hat die BA zur Vorbereitung der Jugendlichen und Erwachsenen auf die Berufswahl sowie zur Unterrichtung der Ausbildungssuchenden, Arbeitssuchenden, Arbeitnehmer und Arbeitgeber Berufsorientierung zu betreiben. Berufsorientierung ist damit im SGB III verankert und somit ist die BA ein Hauptplayer bei der Berufsorientierung, insbesondere in dem Feld des Informierens und Beratens. Im Folgenden werden auszugsweise Regelangebote aufgezeigt, die seit Jahren von der BA zur Verfügung gestellt werden: Klassenveranstaltungen in (Vor-)Entlassklassen Diese Veranstaltungen bieten frühzeitige Informationen für alle Jugendlichen, die vor der Ausbildungs- und Berufswahl stehen. In allen allgemeinbildenden weiterführenden Schulen werden Informationen z. B. über den Ausbildungsmarkt, Grundfragen der Ausbildungs-, Berufs- und Studienwahl, Bildungswege und Studiengänge etc. vermittelt. Berufsinformationszentrum (BIZ) Im Berufsinformationszentrum werden vielfältige Informationen zu einzelnen Berufen und diverse andere Angebote für Schüler und Lehrer bereitgestellt. Elternabende Gemeinsam mit der Schule oder auf Initiative der Eltern bietet die BA Abendveranstaltungen an und informiert über die Situation auf dem Ausbildungsmarkt, über Bildungswege und Fördermöglichkeiten. Da die BA eine gesetzlich verankerte Mitverantwortung bei der Berufsorientierung trägt, ist es folgerichtig, dass sie bei einzelnen, bewährten Maßnahmen auch die Finanzierung übernimmt.

8 Berufsorientierung in der Praxis Position Berufsorientierung 2.1.3 Spezielle Maßnahmen in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit Im Dienstleistungsportfolio der Berufsberatung gewannen in den letzten Jahren die Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung immer mehr an Bedeutung und wurden deshalb ausgebaut. Demnach werden zusätzlich zu dem regelmäßigen Orientierungsangebot der Berufsberatung der BA (siehe Kapitel 2.1.2) seit 2004 besondere Berufsorientierungsinstrumente angeboten, sogenannte Maßnahmen der vertieften Berufsorientierung: Vertiefte Berufsorientierung gemäß 33, S. 3 5, SGB III Die vertiefte Berufsorientierung bietet die Möglichkeit, Schüler allgemeinbildender Schulen auf ihre Berufswahl durch Maßnahmen vorzubereiten, die bis zu vier Wochen dauern und regelmäßig in der unterrichtsfreien Zeit durchgeführt werden. Diese Maßnahme ist unbefristet. Erweiterte vertiefte Berufsorientierung gemäß 33, 421q, SGB III Seit 2007 (befristet bis 2013) hat der Gesetzgeber die sogenannte erweiterte vertiefte Berufsorientierung eingeführt. Die erweiterte vertiefte Berufsorientierung umfasst Maßnahmen, die nicht nur in der unterrichtsfreien Zeit stattfinden oder einen Zeitraum von vier Wochen überschreiten. Bei den Maßnahmen handelt es sich um Instrumente, die über das übliche Angebot der Berufsorientierung durch Schulen und durch die BA hinausgehen. Dadurch hat die BA ihr Angebot deutlich ausgebaut und ihre präventiven Angebote verstärkt. Die erweiterte vertiefte Berufsorientierung ist als Ergänzung zum vorhandenen Dienstleistungsangebot der BA und den durch Schulen durchzuführenden Teil der Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung angedacht. Die Zielsetzung beider Maßnahmen ist die Erhöhung der Berufswahlkompetenz der Jugendlichen durch Förderung des Orientierungs-, Entscheidungs- und Handlungsprozesses während der Berufswahl. Instabile oder falsche Berufswahlentscheidungen sollen vermieden werden. Sie soll Jugendlichen einen vertieften Einblick in die Berufs- und Arbeitswelt ermöglichen und sie damit besser auf die Berufswahl vorbereiten. Eine Voraussetzung beider Formen der Berufsorientierung ist, dass sich Dritte mit mindestens 50 Prozent an der Finanzierung der Maßnahme beteiligten. Förderberechtigte sind allgemeinbildende Schulen, Förderschulen, Jugend- und Sozialämter, Kammern, Bildungseinrichtungen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, Träger der Jugend- und Jugendberufshilfe und deren Bildungsträger, Stiftungen, usw. Diese speziellen Maßnahmen der BA haben wichtige Impulse gegeben, Tools, Instrumente sowie Maßnahmen zur Berufsorientierung zu erproben. Jedoch darf dies nicht zu einer langfristigen Finanzierungsverantwortung der Beitragszahler führen, bei der dauerhaft Mittel der Arbeitslosenversicherung versicherungsfremd eingesetzt werden. Es ist letztendlich originäre Aufgabe der BA, die Beitragsmittel für Sozialleistungen am Arbeitsmarkt, insbesondere Leistungen der Arbeitsvermittlung und -förderung sowie für finanzielle Entgeltersatzleistungen, z. B. das Arbeitslosengeld, zu verwenden.

Position Berufsorientierung Berufsorientierung in der Praxis 9 2.1.4 Maßnahmen in Kooperation mit anderen Trägern Eine Reihe von weiteren Trägern und Institutionen engagieren sich im Feld der Berufsorientierung. Im Folgenden werden beispielhaft einige wichtige Angebote aufgezeigt: Bildungsketten Ziel der Bildungsketten-Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ist es, Schulabbrüche zu verhindern und die Übergänge von der Schule in die duale Berufsausbildung zu optimieren. Auf eine präventive Förderung und eine Berufsorientierung, die bereits in der Schulzeit ansetzen, wird dabei großer Wert gelegt. Hierzu werden gemeinsam mit den Ländern bewährte Programme und Initiativen verzahnt. Das Sonderprogramm Berufseinstiegsbegleitung Bildungsketten 1, das Berufsorientierungsprogramm 2 (BOP) und das Ausbildungsstrukturprogramm JOB- STARTER 3 stellen die Hauptbestandteile der sogenannten Bildungsketten dar. Berufseinstiegsbegleitung An 2.000 ausgewählten Schulen deutschlandweit, die zum Förder-, Mittel- oder gleichwertigen Schulabschluss führen, sind zur intensiven Betreuung von einzelnen Schülern und Schülergruppen im Auftrag der BA Berufseinstiegsbegleiter tätig. Ein Teil der Berufseinstiegsbegleitung wird im Rahmen der BMBF-Initiative Abschluss und Anschluss Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss (BISS) aus Mitteln des BMBF gefördert, der überwiegende Teil jedoch aus Mitteln der BA. Projekt Berufsorientierung an Haupt- / Mittelschulen Die Berufsorientierung hat im Zuge der Weiterentwicklung der Hauptschule zur Mittelschule in Bayern noch mehr Gewicht bekommen. Vielfältige Maßnahmen sollen die Schüler unterstützen, frühzeitig Eindrücke der vielfältigen Angebote der Berufswelt zu gewinnen. Transparenz in die Vielfalt bereits bestehender Maßnahmen zur Berufsorientierung zu bringen und erfolgreiche Ansätze bekannter zu machen, sind die Ziele des Projekts. Projektpartner sind das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, die bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände bayme vbm, die vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. und das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft e. V. 1 An ca.1.000 Schulen werden Analysen der methodischen, personalen und sozialen Kompetenzen ab den Klassen 7 bzw. 8 durchgeführt. Schüler mit erhöhtem Förderbedarf ab der Vorabgangsklasse bis zum ersten Ausbildungsjahr werden durch 1.000 Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleiter unterstützt und begleitet. 2 Nach der sogenannten Potenzialanalyse haben bereits mehr als 100.000 Jugendliche bei den Werkstatttagen zwei Wochen teilgenommen und mindestens drei Berufsfelder unter der Anleitung erfahrener Ausbilder kennengelernt. 3 Bei dem Programm JOBSTARTER werden regionale Projekte gefördert, die Betriebe dabei unterstützen, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen.

10 Berufsorientierung in der Praxis Position Berufsorientierung Projekt Projekt-Seminar zur Studien- und Berufsorientierung Das P-Seminar ist wesentlicher Bestandteil der gymnasialen Oberstufe in Bayern und für alle Schüler der 11. und 12. Jahrgangsstufe verpflichtend. Mit dem P- Seminar öffnet sich das Gymnasium der gesamten Arbeitswelt und ermöglicht Schülern erste wichtige Erfahrungen für eine gelungene Berufs- und Studienwahl. Unterstützt wurde die Einführung des P-Seminars durch eine Informationskampagne des Bildungswerks der Bayerischen Wirtschaft e. V., der vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. und der Eberhard von Kuenheim Stiftung mit dem Ziel, die bayerische Arbeitswelt umfassend zum P-Seminar zu informieren sowie den Bekanntheitsgrad und die Akzeptanz bei möglichen Projekt-Partnern zu erhöhen. In den Jahren 2013 / 2014 ist eine weitere Optimierung des P-Seminars geplant. Es werden passende Arbeitsmaterialen zum Einsatz im P-Seminar im Bereich der grundlegenden Studien- und Berufsorientierung entwickelt. Auch hier unterstützt die vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. bei der Umsetzung und arbeitet eng mit dem Bayerischen Ministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst und mit dem Studienkompass zusammen. SCHULEWIRTSCHAFT Diese freiwillige Kooperation in Form eines Netzwerks besteht seit über 50 Jahren. Zu den Hauptaufgaben gehören insbesondere die Entwicklung und Umsetzung von Konzepten zur frühzeitigen, systematischen und praxisorientierten Berufsorientierung. Die rund 100 regionalen Arbeitskreise und Landesarbeitsgemeinschaften unterstützen die Schulen ihrer Region in der Planung und Durchführung von Betriebserkundungen und Betriebspraktika sowie Bewerbertrainings oder Potenzialanalysen. Schüler und Lehrer erhalten dadurch konkrete Einblicke in die Berufs- und Arbeitswelt. Wirtschaftsplanspiele Ziel von Wirtschaftsplanspielen ist es, wirtschaftliche Prozesse und Zusammenhänge einfach, lebendig und praxisnah zu vermitteln. Gleichzeitig werden auch Schlüsselqualifikationen wie Teamarbeit, vernetztes Denken und die Wahrnehmung von Verantwortung trainiert. So ist beispielsweise der beachmanager eine bayernweit und bundesweit einmalige Bildungsinitiative, die das vielfältige Engagement der bayerischen Arbeitgeberverbände mit dem Ziel verdeutlicht, die Qualität des Unterrichts, die Vorbereitung auf die Berufswahl und das Berufsleben und die Förderung der Persönlichkeit der jungen Menschen zu unterstützen. Neben diesen Institutionen gibt es noch eine Reihe weiterer, auch lokaler Initiativen, die in der Schule stattfinden. Alle haben sie gemeinsam, dass sie Berufsorientierung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sehen und sich diesem Thema inhaltlich und finanziell annehmen. Dieses Engagement ist sehr zu begrüßen. Zu beachten ist hier, dass die Akteure untereinander ihre Maßnahmen, Projekte und Angebote kontinuierlich abstimmen und somit Redundanzen vermieden werden.

Position Berufsorientierung Berufsorientierung in der Praxis 11 2.2 Berufsorientierung im außerschulischen Bereich Berufsorientierung findet vornehmlich in der Schule statt. Es existiert jedoch auch eine Reihe von Initiativen und Maßnahmen außerhalb der Schule. Im Folgenden wird eine Auswahl getroffen, die einen Einblick in die unterschiedlichen Berufsorientierungsmaßnahmen im außerschulischen Bereich gibt. Unternehmen Die Betriebe engagieren sich in hohem Maße in der Berufsorientierung. Selbstverständlich werden sehr viele Maßnahmen in Zusammenarbeit und Kooperation mit den Schulen durchgeführt. Aber auch im außerschulischen Bereich sind die Unternehmen z. B. auf Berufsinformationsmessen aktiv und unterstützen Jugendliche auf unterschiedliche Art und Weise, den richtigen Beruf zu finden. Persönliche Beratung bei der BA Bei Fragen, die im Zusammenhang mit der Berufs- oder Studienwahl entstehen, können ausgebildete Berater Unterstützung geben. Vortragsveranstaltungen Für Themen, die für mehrere Kunden interessant sind, bietet die BA Vortragsreihen, berufskundliche Nachmittage und themenorientierte Gruppenveranstaltungen an. Diese Veranstaltungen werden häufig in Zusammenarbeit mit Verbänden, Betrieben, Kammern, Hochschulen und anderen kompetenten Partnern durchgeführt. sprungbrett Bayern Das Projekt sprungbrett Bayern vernetzt Arbeitswelt und Schule. Es leistet damit einen Beitrag zur vorausschauenden Nachwuchsakquise von Unternehmen und unterstützt junge Menschen bei einer zielorientierten Berufsorientierung. Im Zentrum steht eine funktionale Datenbank, in der postleitzahlengenau Betriebserkundungen, Expertengespräche, Schüler- und Lehrerpraktika angeboten und gesucht werden können. Ergänzt wird der Online-Marktplatz durch praxisnahe Begleitmaterialien für Schüler und eine Datenbank mit bewährten Maßnahmen zur Berufsorientierung. Auch im außerschulischen Bereich ist das Engagement der unterschiedlichen Einrichtungen erfreulich hoch. Die Berufsorientierung im außerschulischen Bereich liefert einen wertvollen und ergänzenden Beitrag. Die Aufwendungen in zeitlicher und finanzieller Form sind beachtlich und zeigen auch hier wieder, wie viele unterschiedliche Träger sich in einem hohen Maße gesellschaftlich engagieren.

Position Berufsorientierung Empfehlungen zur Berufsorientierung 13 3 Empfehlungen zur Berufsorientierung Handlungsempfehlungen zur Optimierung der Berufsorientierung Die Berufsorientierung gehört zum Regelangebot der allgemeinbildenden Schulen und fällt damit in die Zuständigkeit der Länder (Kulturhoheit). In Hinblick auf die Kulturhoheit der Länder ist es daher folgerichtig, dass die Finanzierung von Maßnahmen zur Berufsorientierung zukünftig wieder vollständig von den Ländern aus Steuermitteln übernommen wird. Die Bundesagentur für Arbeit finanziert seit einigen Jahren an Schulen vertiefte Berufsorientierung nach 33, Sozialgesetzbuch III und erweiterte vertiefte Berufsorientierung nach 421q, Sozialgesetzbuch III mit und setzt bei beiden Maßnahmeformen Gelder der Beitragszahler zur Arbeitslosenversicherung ein. Als Anschubfinanzierung und Unterstützung von Aktivitäten Dritter hat diese Mitfinanzierung zweifellos zu einer starken Ausweitung von Berufsorientierungsmaßnahmen an Schulen geführt. Wenn jedoch die Kulturhoheit der Länder konsequent umgesetzt wird, gilt für Maßnahmen der vertieften Berufsorientierung und der erweiterten vertieften Berufsorientierung, dass sich die BA aus der Finanzierung mittelfristig komplett zurückziehen muss. Deshalb fordern wir aus ordnungspolitischer Sicht in Zukunft keine weiteren Mittel der BA für diese Formen der Berufsorientierung an Schulen einzusetzen. Das heißt konkret: Bei der vertieften Berufsorientierung soll sich die BA schnellstmöglich aus der Kofinanzierung zurückziehen. Die Mitfinanzierung der erweiterten vertieften Berufsorientierung durch die BA ist bis zum 31. Dezember 2013 befristet. Eine Verlängerung des Engagements der BA im Rahmen der Berufsorientierung an Schulen über den 31. Dezember 2013 hinaus wird abgelehnt. Durch ihr Engagement im Rahmen der Berufsorientierung beteiligen sich Unternehmen aktiv am Schul- und Unterrichtsgeschehen. Hiervon profitieren alle: Schüler gewinnen praktische Einblicke in die Arbeits- und Berufswelt, der Prozess der Schulentwicklung erhält wichtige Impulse und durch den Kontakt zu Schülern wird es für Unternehmen einfacher, Ausbildungsplätze qualifiziert zu besetzen und den Bedarf an Fachkräften längerfristig zu sichern. Die Kooperation zwischen Schulen und Unternehmen muss weiter ausgebaut und optimiert werden. Um Schülern eine optimale Berufsorientierung zu ermöglichen, öffnet sich die Schule ihrem lokalen Umfeld und vernetzt sich mit außerschulischen Partnern der Arbeitswelt. Das Netzwerk wird transparent gestaltet und kontinuierlich gepflegt bzw. weiterentwickelt. Es werden möglichst viele Lehrer in die Netzwerkarbeit eingebunden. Für die außerschulischen Partner der Arbeitswelt soll jede Schule verpflichtend einen zentralen Ansprechpartner im Umfeld der Schulleitung etablieren.

14 Empfehlungen zur Berufsorientierung Position Berufsorientierung Berufsorientierung muss in der Aus- und Weiterbildung der Lehrer für alle allgemeinbildenden Schulen intensiviert werden. Um die Handlungskompetenz von Lehrern im Bereich der Berufsorientierung zu stärken, werden sie in speziellen Grundlagenbereichen geschult, wie z. B. im Projektmanagement und in der Netzwerkarbeit. Das in der Lehramtsprüfungsordnung für Studierende aller Lehrämter vorgesehene achtwöchige Betriebspraktikum soll in Hinblick auf seine Zielerreichung evaluiert und im Nachgang optimiert werden. Über diesen Pflichtbereich hinaus wird es Lehrern weiterhin ermöglicht, kontinuierlich eigene praktische Erfahrungen in der Arbeitswelt zu sammeln. Die Berufsorientierung in der Sekundarstufe I muss weiter intensiviert werden. Betriebspraktika sollen deshalb in das Schul- und Unterrichtsgeschehen in allen Schulformen verankert werden. Darüber hinaus sollen die Praktika noch systematischer als heute durchgeführt werden. Dies gilt für den gesamten Umsetzungsprozess von der Planung über die Durchführung bis zur Qualitätssicherung, denn die Vor- und Nachbereitung betrieblicher Praktika ist von entscheidender Bedeutung. Das erfolgreich angelaufene Projekt-Seminar zur Studien- und Berufsorientierung (P-Seminar) in der gymnasialen Oberstufe muss in zwei Richtungen weiterentwickelt werden. Um Lehrer für ihre Aufgaben im Rahmen der P-Seminare noch besser vorzubereiten, müssen spezielle Maßnahmen der internen und externen Lehrerweiterbildung durchgeführt werden. Weiterhin soll der Anteil der Kooperationen mit Partnern der privaten Wirtschaft innerhalb der gesamten Arbeitswelt mittelfristig auf 50 Prozent ausgebaut werden. Dabei muss darauf geachtet werden, dass diese Kooperationen auch qualitativ wertvoll für die Schüler ausgestaltet werden. Die anschaulichsten und umfangreichsten Erfahrungen können Schüler machen, wenn die Partner der privaten Wirtschaft als Auftraggeber oder Auftragnehmer innerhalb der P-Seminare auftreten. Berufsorientierung wird an allen Schulen in das Schulprogramm integriert und kontinuierlich weiterentwickelt. Von zentraler Bedeutung ist, dass Berufsorientierung nicht nur in den einzelnen Unterrichtsfächern, sondern als Querschnittsaufgabe auch fächerübergreifend umgesetzt wird. Schulen entwickeln über alle Jahrgangsstufen und Fächer hinweg sowie für den überfachlichen Bereich ein transparentes Gesamtkonzept der Berufsorientierung. Innerhalb des Lehrerkollegiums sind die Verantwortlichkeiten für dieses Konzept und für die nachhaltige Umsetzung eindeutig zu regeln. Einzelmaßnahmen der Berufsorientierung dürfen nicht isoliert durchgeführt werden. Sie müssen vielmehr im Rahmen des schulischen Gesamtkonzepts aufeinander aufbauen. Nur so wird ein nachhaltiger Lernerfolg über die gesamte Bildungsbiografie ermöglicht. Um einen größtmöglichen Bildungserfolg zu erzielen, müssen Einzelmaßnahmen der Berufsorientierung systematisch geplant, umgesetzt und an Qualitätskriterien orientiert werden.

Position Berufsorientierung Empfehlungen zur Berufsorientierung 15 Um die Nachhaltigkeit und Qualität von Maßnahmen der Berufsorientierung zu sichern, müssen diese dokumentiert und evaluiert werden. Bei der Dokumentation werden, im Sinne eines internen Berichtswesens, die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen festgehalten, so dass sie für die Planung und Gestaltung zukünftiger Maßnahmen und die interne Lehrerweiterbildung genutzt werden können. Bei der Evaluation wird geprüft, ob die angestrebten Ziele einer Berufsorientierungsmaßnahme erreicht worden sind. Im Rahmen des schulischen Gesamtkonzepts zur Berufsorientierung sollten auf jeden Fall regelmäßige Erhebungen zum Verbleib der Schulabgänger erfolgen. Die ganzheitliche Schulevaluation soll dabei auch die Durchführung des P-Seminars explizit mit einschließen.

Position Berufsorientierung vbw Januar 2013 Ansprechpartner / Impressum 17 Ansprechpartner Michael Lindemann Abteilung Bildung Telefon 089-551 78-216 Telefax 089-551 78-222 michael.lindemann@vbw-bayern.de Tina Wehrle Abteilung Bildung Telefon 089-551 78-278 Telefax 089-551 78-222 tina.wehrle@vbw-bayern.de Impressum Alle Angaben dieser Publikation beziehen sich grundsätzlich sowohl auf die weibliche als auch auf die männliche Form. Zur besseren Lesbarkeit wurde meist auf die zusätzliche Bezeichnung in weiblicher Form verzichtet. Herausgeber: vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Max-Joseph-Straße 5 80333 München www.vbw-bayern.de vbw Januar 2013