Schmerzen ausbalancieren

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Transkript:

Schmerzen ausbalancieren Informationen für Patienten und Angehörige

Zahlen, Daten, Fakten Schmerzpatienten sind unterversorgt 60 bis 80 Prozent der Menschen über 65 Jahre leiden an chronischen Schmerzen. Deutschland gilt, was die Schmerzbehandlung angeht, als eher rückständig. Im Durchschnitt dauert es hier acht Jahre, bis ein Schmerzpatient die richtige Behandlung erhält. Kopfschmerzen am häufigsten Die häufigsten chronischen Schmerzen sind Kopfschmerzen, gefolgt von Rücken- und Gelenkschmerzen. Danach folgen Schmerzen durch Nervenleiden oder Tumorerkrankungen. Suizid als einziger Ausweg? Nach Schätzungen des Bundesverbandes Deutsche Schmerzhilfe nehmen sich etwa 2.000 Schmerzpatienten in Deutschland jährlich das Leben wobei von einer weit höheren Dunkelziffer auszugehen ist. Krebserkrankungen sind häufig mit Schmerzen verbunden. Pro Jahr erkranken fast 400.000 Menschen in Deutschland an Krebs. Rund 30 Prozent der Patienten leiden bereits im Frühstadium der Erkrankung an Schmerzen, bei fortgeschrittener Erkrankung erhöht sich diese Zahl auf etwa 70 Prozent. 2

Volkskrankheit Schmerz Millionen Deutsche leiden an Dauerschmerzen, nach Schätzungen sind mehr als acht Millionen Bundesbürger betroffen. Neben Kopfund Rückenschmerzen sind es vor allem Gelenke oder Nerven, die chronische Schmerzen verursachen und den Betroffenen das Leben zur Qual machen können. Unabhängig davon, ob eine Tumorerkrankung, Rheuma oder Migräne der Auslöser ist, Schmerzen können jegliche Lebensfreude nehmen. Daher haben die Betroffenen das Recht auf eine bestmögliche Linderung ihrer Schmerzen. Hilfe ist möglich Viele chronische Schmerzpatienten klagen darüber, dass sie von Ärzten mit dem Hinweis abgespeist werden, sie müssten mit den Schmerzen leben. Oft werden sie jahrelang von einem Arzt zum nächsten überwiesen, bis ihnen schließlich kompetent geholfen wird. Die Patienten ertragen über einen langen Zeitraum quälende Schmerzen, weil sie nicht mehr an Hilfe glauben. Viele Ärzte sind für die Behandlung dieser Patienten nicht genügend ausgebildet. Darum sollten sich Schmerzpatienten an Spezialisten wenden, die über große Erfahrung in der Schmerztherapie verfügen. Auch wenn nicht immer eine vollständige Beschwerdefreiheit zu erreichen sein wird, Linderung ist immer möglich. 3

Definition Mediziner definieren Schmerz als ein unangenehmes, heftiges Sinnesund Gefühlserlebnis, das mit tatsächlichen oder möglichen Gewebeschäden verbunden ist. Bei dieser Begriffsbestimmung wird der seelische Anteil am Schmerzerleben betont. Schmerz ist letztlich das, was der Patient als Schmerz empfindet und beschreibt. Jeder kennt das Phänomen, dass die Schmerzwahrnehmung beeinflussbar ist, etwa durch Ablenkung: Nachts im Bett ist der Schmerz so heftig, dass man nicht einschlafen kann, am nächsten Morgen beim Zahnarzt tut alles viel weniger weh. Dass Schmerz durch andere Empfindungen verändert wird, zeigt sich auch bei verletzten Sportlern, die den Schmerz erst nach dem Wettkampf spüren. Auf der anderen Seite verstärkt die Erwartung von Schmerzen oder Angst die Schmerzempfindung. Akut oder chronisch Schmerzen sind einer der häufigsten Gründe, warum Menschen einen Arzt aufsuchen. Bei akutem Schmerz ist die Ursache meist eindeutig erkennbar: eine Schnittwunde, eine Verbrennung oder ein Knochenbruch. Damit ist auch eine gezielte Behandlung möglich. Akute Schmerzen klingen in der Regel mit der Heilung, z.b. einer Verletzung, wieder ab. Chronische Schmerzen dagegen haben ihre Ursache häufig auch in chronischen Erkrankungen, die nicht oder nur unvollständig geheilt werden können. Manchmal ist auch keine Ursache für den Schmerz zu finden. Andauernde Schmerzsignale hinterlassen im Nervensystem eine Gedächtnisspur. Dann kann es sein, dass der Schmerz anhält, auch wenn der ursprüngliche Auslöser verschwunden ist. Ab einer Dauer von sechs Monaten spricht man von chronischen Schmerzen. Sie werden heute als eigenständige Krankheit angesehen, deren Behandlung Expertenwissen erfordert. 4

Schmerzen als Warnsignal Schmerzen können ein sinnvolles Warnsignal sein. Dabei sagt die Stärke des Schmerzes nichts darüber aus, ob eine ernste oder harmlose Erkrankung vorliegt. Vorrangig gilt es daher, die Ursache des Schmerzes zu finden und dann gezielt zu behandeln. Chronische Schmerzen sind sinnlos, denn hier ist in der Regel die Ursache bekannt und daher eine Warnung unnötig. Wie entstehen Schmerzen? Schmerzen werden von besonderen Sinneszellen wahrgenommen, den so genannten Schmerzrezeptoren. Das sind freie Nervenenden, die ingroßer Zahl in der Haut und den inneren Organen liegen und den Schmerz von dort an das Zentrale Nervensystem (ZNS) weiterleiten. Die Schmerzrezeptoren reagieren auf schädigende Einflüsse wie Hitze, Kälte, Zug, Druck oder Entzündungen. Über langsame (dumpfer Schmerz) oder schnelle (heller, akuter Schmerz) Nervenfasern wird die Schmerzempfindung vom Ort der Entstehung über das Rückenmark an das Gehirn weitergeleitet. Bei der Schmerzleitung spielen Botenstoffe eine Rolle, die zu den Endorphinen gehören. Im Rückenmark und Gehirn werden die Signale dann verstärkt oder abgeschwächt. 5

Quälend, stechend, drückend Schmerz kann ganz unterschiedlichen Charakter haben, je nachdem, wo er auftritt und durch welche Art der Schädigung er hervorgerufen wurde. So fühlt sich eine Schnittwunde ganz anders an als beispielsweise eine Prellwunde und Zahnschmerzen ganz anders als Bauchschmerzen. Kopfschmerzen Das gelegentliche Hämmern im Kopf kennt jeder. Auslöser können Stress, Übermüdung oder Alkoholkonsum sein. Aber fast ein Viertel der Bevölkerung leidet an ständig wiederkehrenden Kopfschmerzen. Beim Spannungskopfschmerz ist der Schmerz meist beidseitig, dumpf, drückend oder ziehend. Ursache ist eine erhöhte Anspannung der Muskeln und Sehnen im Kopf- und Nackenbereich. Der Migränekopfschmerz ist vorwiegend pulsierend oder pochend. Die Kopfschmerzen können tagelang anhalten und mit Übelkeit, Erbrechen sowie einer gesteigerten Licht- und Lärmempfindlichkeit verbunden sein. Als Ursache werden Veränderungen der Durchblutung im Gehirn angesehen. Rücken- und Gelenkschmerzen Auch Rückenschmerzen sind weit verbreitet. Die Ursachen sind vielfältig. Häufig entstehen Rückenschmerzen auf Grund von Abnutzungserscheinungen (degenerative Veränderungen) der Wirbelsäule durch Fehl- oder Überbelastungen, Haltungsschäden und Bewegungsmangel. Andere Ursachen sind eine Osteoporose (Knochenschwund), Erkrankungen der Bandscheiben oder entzündlich-rheumatische Erkrankungen. An chronischen Rückenschmerzen leiden etwa fünf Prozent der Bevölkerung. Gelenkbeschwerden sind ebenfalls häufig Folge von langjähriger Über- oder Fehlbelastung. Daneben können Entzündungsprozesse infolge rheumatischer Erkrankungen zu heftigen chronischen Gelenkbeschwerden mit Zerstörung der Gelenke führen. 6

Tumorschmerzen Krebserkrankungen gehen im Verlauf sehr häufig mit Schmerzen einher. Die Stärke und Lokalisation sowie der Charakter der Schmerzen hängen von der Art der Krebserkrankung ab. In den Anfangsstadien können die Patienten auch völlig schmerzfrei sein. Bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen stehen die Schmerzen für die Patienten oft ganz im Vordergrund. Eine adäquate und frühzeitige Schmerztherapie muss Bestandteil jeder Krebsbehandlung sein. Nervenschmerzen Als Neuralgien werden Schmerzen bezeichnet, die in einem Nerv selbst entstehen. Der Schmerzcharakter ist typisch: Er wird häufig als messerscharf, brennend oder kribbelnd bezeichnet. Ursachen können u.a. Virusinfektionen (z.b. Gürtelrose), Durchblutungsschäden oder Vitaminmangel sein. Bei der Trigeminus-Neuralgie leiden die Betroffenen unter stärksten einseitigen Gesichtsschmerzen. 7

Diagnose Schmerz ist nicht messbar, da es sich um eine subjektive Empfindung handelt. Anhand einer Schmerzskala (z.b. von 0 = kein Schmerz bis 10 = stärkster vorstellbarer Schmerz) können Patienten ihre Schmerzstärke angeben. Damit lässt sich auch gut die Veränderung der Schmerzintensität etwa durch eine Schmerzmedikation überprüfen. Mithilfe eines Schmerztagebuchs können Stärke, Dauer und Charakter des Schmerzes und der Bezug zur Schmerzmedikation über einen längeren Zeitraum dokumentiert werden. Damit kann der Arzt den Erfolg einer Schmerzmedikation besser beurteilen. Das Schmerztagebuch können Sie gerne im Internet unter www.stada.de anfordern. Symptome Starke und anhaltende Schmerzen sind nahezu immer von Angst, Traurigkeit und Depression begleitet. Viele Schmerzpatienten ziehen sich aus ihrem Bekannten- und Freundeskreis zurück und geraten so in die soziale Isolation. Oft reagiert das Nervensystem auf Schmerzen auch mit körperlichen Symptomen wie z.b. Schwitzen, Übelkeit und Appetitlosigkeit. (Weitere Informationen zu diesem Symptomkreis finden Sie im Internet unter www.problemkreis-sad.de) 8

Schmerztherapie Voraussetzung einer wirkungsvollen Schmerztherapie ist ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Arzt und Patient. Bei chronischen Schmerzen gilt es, alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen auszuschöpfen. Die Einstellung einer Schmerztherapie erfordert oft viel Zeit und Geduld sowohl vom Arzt als auch vom Patienten. Medikamente Zur medikamentösen Behandlung von akuten und chronischen Schmerzen steht heute eine Reihe von wirksamen Schmerzmitteln (Analgetika) zur Verfügung. Dabei reicht das Spektrum von rezeptfreien Medikamenten (z.b. Acetylsalicylsäure, Paracetamol) bis hin zu Morphinen und ihren chemischen Verwandten, deren Verschreibung dem Betäubungsmittelgesetz unterliegt. Das bedeutet, ihre Verschreibung darf nur auf besonderen Rezepten erfolgen (BTM-Rezepte), und der Arzt muss dabei bestimmte Regeln beachten. Deutschen Medizinern wird oft vorgeworfen, sie seien in der Verschreibung von Schmerzmitteln, vor allem von Morphinen, zu zögerlich. Dies betrifft vorwiegend Patienten mit Schmerzen bei Krebserkrankungen und nach operativen Eingriffen. Ursache ist wahrscheinlich die Angst vor einer Abhängigkeit von Schmerzmedikamenten. Andere Neben der medikamentösen Therapie können verschiedene andere Maßnahmen zur Linderung von Schmerzen eingesetzt werden, wie etwa die elektrische Stimulation oder Nervenblockaden, bei denen schmerzleitende Nervenfasern vorübergehend ausgeschaltet werden. Auch psychologische Hilfen, Entspannungstechniken wie autogenes Training, Bewegungsübungen, Akupunktur, Massagen oder Kälte- und Wärmeanwendungen helfen bei der Schmerzbehandlung. 9

Allgemeine Grundsätze Oberstes Ziel ist Schmerzfreiheit. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten alle möglichen Therapieoptionen (medikamentöse und nichtmedikamentöse) eingesetzt werden. Oft ist eine Kombination verschiedener schmerzstillender Wirkstoffe sinnvoll sowie die zusätzliche Gabe von Psychopharmaka. Bei chronischen Schmerzen muss der Schmerz langfristig unterdrückt werden. Schmerzzustände sind für den Körper erlernbar; wiederholt auftretende Schmerzen führen dabei zu intensiverem und längerem Schmerzempfinden, da die Schmerzschwelle herabgesetzt wird. Deshalb ist eine frühzeitige und ausreichende Schmerzbekämpfung mit Medikamenten wichtig. Idealerweise sollte so behandelt werden, dass der Schmerz gar nicht erst wieder auftritt. Dafür ist es notwendig, Schmerzmittel regelmäßig nach einem festen Zeitplan einzunehmen. Die Dosis der Medikamente muss individuell angepasst und immer wieder kontrolliert werden. 10

Wirkstoffe NSAR Die Nicht-Steroidalen Anti-Rheumatika (NSAR) sind weit verbreitet. Sie wirken schmerzlindernd, entzündungshemmend und teilweise auch fiebersenkend. Sie hemmen die Bildung von Entzündungsstoffen. Bei leichteren Schmerzzuständen wie Kopf-, Zahn- oder Gelenkschmerzen sind sie sehr wirkungsvoll. Handelt es sich um sehr starke Schmerzen oder Tumorschmerzen, werden NSAR meist mit Opioiden kombiniert. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen betreffen den Magen-Darm-Trakt. Es können etwa Bauchschmerzen, Übelkeit oder Durchfall auftreten. Die wichtigsten Wirkstoffe sind Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Naproxen, Diclofenac oder Metamizol. Opioide Opioide wirken deutlich stärker als die NSAR. Innerhalb der Gruppe der Opioide gibt es verschiedene Wirkstoffe, die sich durch ihre Wirkstärke und Wirkdauer voneinander unterscheiden. Opioide wirken im Gehirn und im Rückenmark (zentral). Sie unterdrücken die Schmerzleitung, indem sie sich an spezifische Opioidrezeptoren anlagern. Wenn man Opioide und NSAR kombiniert, wird der Schmerz an verschiedenen Stellen im Körper gehemmt. Die wichtigsten unerwünschten Wirkungen sind Verstopfung, Übelkeit, Erbrechen und Müdigkeit. Opioide sind grundsätzlich suchterzeugend, bei der Schmerztherapie ist die Gefahr der Abhängigkeit aber unbedeutend. Die am häufigsten verwendeten Vertreter der Opioide sind Morphin, Fentanyl, Buprenorphin, Codein, Tramadol und Tilidin N. Psychopharmaka Häufig werden Psychopharmaka (z.b. Antidepressiva) als begleitende Therapie eingesetzt. 11

Der WHO-Stufenplan Als Richtlinie zur Behandlung von Tumorschmerzen und anderen chronischen Schmerzen gilt der Stufenplan der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das WHO-Schema empfiehlt einen stufenweisen Einsatz der verschiedenen Schmerzmittel (Analgetika), abhängig von der Stärke der zu behandelnden Schmerzen. Stufe 1 Zu Beginn der Schmerztherapie und bei leichteren Schmerzen werden vor allem NSAR (Nicht-Steroidale Anti-Rheumatika) eingesetzt. Sie können zunächst bedarfsweise eingenommen werden. Falls das nicht ausreicht, sollte die Einnahme regelmäßig erfolgen. Stufe 2 Bei unzureichender Wirksamkeit von NSAR werden zusätzlich schwach wirksame Opioide eingesetzt. Stufe 3 In der dritten Stufe empfiehlt die WHO, stark wirksame Opioide in Kombination mit NSAR einzusetzen. Morphin ist der bekannteste Vertreter der Opioide. 1 2 3 12

Schmerztherapie mit Opioiden Manche Patienten erschrecken, wenn ihnen ihr Arzt Opioide verschreiben will. Sie befürchten dann, der Arzt habe keine Hoffnung auf Heilung mehr. Dieser Gedanke ist natürlich beängstigend, aber er ist nicht zutreffend. Opioide sind gut wirksame Schmerzmittel, die aufgrund ihrer geringen Nebenwirkungen nicht nur bei Tumorschmerzen, sondern auch bei anderen chronischen Erkrankungen oder beispielsweise nach Operationen zur Schmerzbekämpfung eingesetzt werden. Sie können als Tropfen, Tabletten, Pflaster oder Zäpfchen verabreicht werden, sie können aber auch gespritzt werden. Erhaltung der Lebensqualität In den letzten Jahren hat im Bereich der Schmerztherapie ein Umdenkprozess stattgefunden. Viele Schmerzexperten plädieren dafür, Opioide früher und ausreichend hoch dosiert einzusetzen. Heute steht die Schmerzfreiheit von Tumorpatienten und damit die Erhaltung der Lebensqualität neben der eigentlichen Behandlung des Tumors an erster Stelle des Therapiekonzeptes. Trotzdem erhalten noch immer viele Schmerzpatienten keine adäquate Therapie. Mythos Abhängigkeit Es stimmt, dass Opioide grundsätzlich süchtig machen können. Diese Gefahr ist aber bei Patienten mit starken Schmerzen kaum gegeben. Das liegt unter anderem daran, dass die Schmerzmittel den Wirkstoff langsam abgeben, so dass nur die Schmerzen bekämpft werden, aber kein Rauschzustand entsteht. Die Sorge, Opioide zu früh einzusetzen, ist ebenfalls unbegründet. Die Medikamente können über lange Zeiträume ohne Schäden und ohne Wirkverlust eingenommen werden. 13

Das sollten Sie wissen Die Einnahme von Opioiden erfolgt regelmäßig nach einem festen Zeitschema und nicht nach Bedarf. Damit wird ein gleichbleibender Blutspiegel des Wirkstoffs gewährleistet, so dass die Schmerzen gar nicht erst wieder auftreten. Das bedeutet, dass Sie die nächste Dosis einnehmen, auch wenn Sie (noch) keine Schmerzen verspüren. Die Dosis der Schmerzmittel wird individuell angepasst und während der Therapie immer wieder kontrolliert. Verstopfung Die Verstopfung (Obstipation) ist eine der häufigsten Nebenwirkungen einer Therapie mit Opioiden und kann sehr hartnäckig sein. Während andere Begleiterscheinungen der Opioidtherapie im Lauf der Behandlung verschwinden, hält die Obstipation an. Aus diesem Grund ist häufig eine begleitende Therapie mit Abführmitteln notwendig. Damit lässt sich die Obstipation fast immer beherrschen. Daneben ist es wichtig, viel zu trinken (zwei Liter pro Tag), um dem Körper ausreichend Flüssigkeit zuzuführen. Übelkeit Übelkeit und Erbrechen treten vor allem am Anfang einer Opiodtherapie häufig auf. Meist bessern sie sich nach den ersten zwei Wochen. Gegen die Übelkeit stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung (sog. Antiemetika), die als Zäpfchen, Tabletten oder Tropfen verabreicht werden können. 14

Leben mit dem Schmerz Die zehn wichtigsten Tipps Spielen Sie nicht den Helden: Verschweigen oder verharmlosen Sie Ihre Schmerzen nicht, sondern sprechen Sie mit Ihrem Arzt, Angehörigen und Freunden offen darüber. Suchen Sie sich einen erfahrenen Schmerztherapeuten, dem Sie vertrauen können. Führen Sie ein Schmerztagebuch, in das Sie mehrfach täglich notieren, wie stark Ihre Schmerzen und wie Ihr Befinden ist. Bringen Sie das Schmerztagebuch zu Ihrem nächsten Arztbesuch mit. Schließen Sie sich einer Selbsthilfegruppe an. Dort finden Sie Betroffene, mit denen Sie sich austauschen können. Gehen Sie unter Menschen und suchen Sie sich Aktivitäten, die Ihnen Spaß machen und Sie herausfordern. Lernen Sie Entspannungstechniken. Halten Sie Ihren Medikamentenplan genau ein, besprechen Sie alle auftretenden Beschwerden mit Ihrem Arzt. Trinken Sie wenig Alkohol. Die Kombination mit starken Schmerzmitteln kann zu Benommenheit führen. Vorsicht im Straßenverkehr! Schmerzmittel können die Aufmerksamkeit und die Reaktionsbereitschaft vermindern. Lassen Sie sich nicht vom Schmerz beherrschen, sondern versuchen Sie, den Schmerz zu beherrschen!

Nützliche Adressen: Deutsche Schmerzliga e.v. Adenauerallee 18 61440 Oberursel Telefon: 0700 375 375 375 Telefax: 0700 375 375 38 info@dsl-ev.de www.schmerzliga.de Bundesverband Deutsche Schmerzhilfe e.v. Sietwende 20 21720 Grünendeich Telefon: 04142 810-434 Telefax: 04142 810-435 schmerzhilfe@t-online.de www.schmerzhilfe.org Deutsche Krebsgesellschaft e.v. Steinlestraße 6 60596 Frankfurt am Main Telefon: 069 6300-960 Telefax: 069 6300-9666 service@krebsgesellschaft.de www.krebsgesellschaft.de Deutsche Krebshilfe e.v. Thomas-Mann-Straße 40 53111 Bonn Telefon: 0228 7290-0 Telefax: 0228 7299-011 deutsche@krebshilfe.de www.krebshilfe.de Linktipps: Forum Schmerz im Deutschen Grünen Kreuz e.v. (DGK) www.forum-schmerz.de Informationsdienst Krebsschmerz www.ksid.de Schmerz Angst Depressionen www.problemkreis-sad.de 9700640 STADApharm GmbH Stadastraße 2 18 61118 Bad Vilbel Telefon: 06101 603-0 Telefax: 06101 603-259 E-Mail: info@stada.de www.stada.de