Partnerschaften zwischen Hochschulen und Unternehmen. Motor für Innovationen in Deutschland



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Transkript:

Partnerschaften zwischen Hochschulen und Unternehmen. Motor für Innovationen in Deutschland Rede der Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen, Bundesministerium für Bildung und Forschung anlässlich der Konferenz der Financial Times Deutschland Hochschulmanagement 2011 am 7.12.2011 in Berlin Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren, die Hochschulen der Zukunft werden kooperative Hochschulen sein. Die Hochschulen von heute sind noch auf dem Weg dorthin. Der Schwerpunkt Kooperationen der Konferenz zum Hochschulmanagement 2011 trifft deshalb einen zentralen Nerv der Hochschuldebatte und der Hochschulpolitik. I WARUM KOOPERATIONEN? Häufig wird argumentiert, Kooperationen seien in Zeiten kostspieliger Großforschung und steigender Studierendenzahlen erforderlich, um den Hochschulen die notwendigen Mittel zu verschaffen. Das ist aber nur einer von vier Gründen, warum Kooperationen stetig an Bedeutung gewinnen. Der erste Grund liegt darin, dass wir die großen gesellschaftlichen und technischen Herausforderungen nur im Schulterschluss zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik bewältigen werden. Das gilt für Themen wie Energie und Klima, Mobilität, Gesundheit, Sicherheit oder die alternde Gesellschaft. Der zweite Grund besteht darin, dass wissenschaftliche Erkenntnisse generell eine immer wichtigere Rolle spielen. Sie prägen immer mehr Berufsfelder. Ihr rascher und effizienter Transfer ist entscheidend für neue Verfahren, Technologien und Dienstleistungen. Im globalen Wettbewerb werden wir nur bestehen, wenn wir gerade in diesem Bereich zu den Besten gehören. Der dritte Grund für die zunehmende Bedeutung von Kooperationen ist, dass die Wissenschaft selbst sich globalisiert hat. Neues erwächst aus Netzwerken, die sich über institutionelle und geographische Grenzen spannen. Globale Herausforderungen, neue Berufsfelder, weltweit vernetzte Wissenschaft und viertens finanzielle Ressourcen: Vier Gründe für Kooperationen; vier Gründe, warum gute Hochschulen Knotenpunkte im Netz von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft sein müssen. Gute Hochschulen zeichnen sich durch hervorragende Lehre und exzellente Forschung aus. Beides, Lehre und Forschung, wird durch Kooperationen gestärkt. Deshalb befördert das BMBF Kooperationen in allen seinen hochschulpolitischen Maßnahmen. Wir tun dies ebenfalls kooperativ: Mit den Ländern, mit der Wirtschaft, mit Stiftungen. Und wir sind selbst für neue Kooperationen offen. II WELCHE KOOPERATIONEN? Von welchen Kooperationen sprechen wir eigentlich? Meine Keynote ist überschrieben mit: Partnerschaften zwischen Hochschulen und Unternehmen. Motor für Innovationen in Deutschland. Lassen Sie mich das Privileg der ersten Rednerin nutzen, um den Bogen weiter zu spannen: Um welche Partnerschaften geht es, damit Hochschulen kreativer, innovativer und gesellschaftlich relevanter sein können? Ich möchte drei Formen der Kooperation besonders beleuchten: Kooperationen von Hochschulen mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen, mit der öffentlichen Hand und mit der Wirtschaft. Die gleichfalls wichtigen Kooperationen mit Stiftungen, mit Verbänden und mit NGOs kann ich an dieser Stelle nur benennen. ERSTENS. KOOPERATIONEN MIT ANDEREN WISSENSCHAFTLICHEN EINRICHTUNGEN Viele Hochschulen in Deutschland haben sich lange als Solitäre verstanden, die allein am meisten Strahlkraft entfalten. Ob die Nachbarhochschule ein ganz ähnliches Fächerspektrum vorhält, ob es für kleine Fächer an mehreren Standorten an Mitteln fehlt, ob ein paar Kilometer weiter dasselbe Großgerät angeschafft wird oder ob der Nachbar bietet, was man selbst nicht hat: Das spielte kaum eine Rolle. Wir sind auf gutem Wege, dieses Denken - man könnte auch sagen: diese Ignoranz - zu überwinden. Ich gestehe: Der Umbruch könnte noch etwas beeindruckender ausfallen! Bund und Länder beschleunigen ihn nach Kräften. Der Qualitätspakt Lehre die dritte Säule des Hochschulpakts fördert Verbundvorhaben ebenso wie unser neuer Wettbewerb Aufstieg durch Bildung Offene Hochschulen, für dessen Umsetzung ich übermorgen den Startschuss geben werde.

Ein Beispiel aus dem Qualitätspakt Lehre: In Niedersachsen haben sich elf Hochschulen und zwei Vereine zum Verbund ecult (ecompetence and Utilities for Learners and Teachers) zusammengeschlossen. Ziel ist es, den Einsatz digitaler Lerntechnologien zu intensivieren. Genauso wichtig wie die Kooperation zwischen Hochschulen ist die Kooperation mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Zu lange haben beide nebeneinander her geforscht. Bund und Länder tragen nunmehr wesentlich dazu bei, die Versäulung aufzubrechen. Ein nie gesehener Einsatz von öffentlichen Ressourcen geht einher mit der Aufforderung zu mehr Kooperation. Dies geschieht für die Hochschulen mit der Exzellenzinitiative, für die außeruniversitäre Forschung mit dem Pakt für Forschung und Innovation und für beide gemeinsam mit den Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung, die seit 2009 schrittweise realisiert werden. Sie stehen expressiv verbis für die Integration universitärer und außeruniversitärer Forschung. Bei der Art der Kooperation sind der eigenen Kreativität natürlich keine Grenzen gesetzt. Alle außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben inzwischen Kooperationen entwickelt, die Leibniz-Gemeinschaft und die Helmholtz-Gemeinschaft mit den Leibniz WissenschaftsCampi respektive den Helmholtz- Instituten an Universitäten sogar eigene institutionelle Modelle. ZWEITENS. KOOPERATIONEN MIT DER ÖFFENTLICHEN HAND Auch das Verhältnis von Staat und Hochschulen möchte ich als Kooperationsverhältnis beschreiben - und zwar aus zwei wesentlichen Gründen: Zum einen gab es auf staatlicher Seite in Deutschland lange Zeit nicht wenige, die Hochschulen mehr oder weniger als nachgeordnete Behörden verstanden. Auf diesen Punkt hat das im Jahr 2000 Detlef Müller-Böning in seinem Buch Die entfesselte Hochschule gebracht. Noch provokanter fiel seine Beschreibung für dieses Denken aus: Leistung gilt als erbracht und Qualität als erreicht, wenn es keine Beanstandung durch den Rechnungshof gibt. Ich will nicht ausschließen, dass dieses Denken noch nicht aus allen Köpfen verschwunden ist. Aber unser hochschulpolitisches Leitbild ist heute ein ganz anderes: Es ist das der autonomen Hochschule. Sie wird nicht primär verwaltet, sondern sie gestaltet und kann deshalb Profil entwickeln. Seit der 4. Novelle des Hochschulrahmengesetzes (1998) haben die Gestaltungsspielräume kontinuierlich zugenommen - und das Ende ist sicherlich noch nicht erreicht. Wir sind auf gutem Wege von der staatlichen Aufsicht zur Kooperation. Ich sehe mit beträchtlicher Sorge, dass politische Veränderungen in manchen Ländern hier zu Rückschritten führen könnten. Aus einem zweiten Grund beschreibe ich das Verhältnis von Staat und Hochschulen als kooperativ. Kein Kooperations-, sondern eher ein Abhängigkeitsverhältnis besteht bei der Grundfinanzierung. Sie muss staatlich sein und staatlich bleiben, da besteht in unserem Land hohe Einigkeit. Und die Grundfinanzierung muss - das will ich unterstreichen - auskömmlich sein. Denn der Zugang zu Bildung und die Freiheit der Wissenschaft sind vornehmste Aufgaben des Staates. An die Seite der Grundfinanzierung sind in den letzten Jahren aus gutem Grund zunehmend Programme getreten, die Mittel im wettbewerblichen Verfahren vergeben. Wissenschaft, Gesellschaft und Politik identifizieren gemeinsam zentrale Aufgaben von Wissenschaft und Forschung. Bund und Länder oder der Bund allein setzen dementsprechend mit spezifischen Programmen Anreize für Hochschulen, hierzu einen wesentlichen Beitrag zu leisten. Ich nenne erneut den Qualitätspakt Lehre und den Wettbewerb Offene Hochschulen, aber ebenso das Professorinnen- Programm, den Spitzencluster - Wettbewerb und natürlich die Exzellenzinitiative. Immer wieder hört man den Vorwurf: Solche Programme vertragen sich nicht mit der Autonomie der Hochschulen. Das halte ich für doppelt falsch. Denn die Hochschulen sind frei zu entscheiden, ob sie sich an solchen Programmen beteiligen und in welcher Form sie es tun. Außerdem ermöglicht es die Vielfalt der wettbewerblichen Verfahren jeder Hochschule, dort zu punkten, wo sie am besten ist. Ich bin der festen Überzeugung: Diese Programme haben die stärkste Dynamik seit Jahrzehnten entfacht, eine Dynamik für kreativere, innovative und gesellschaftlich relevantere Hochschulen. Sie ha-

ben positive Wirkungen auch bei denen entfaltet, die nicht oder nicht auf Anhieb zu den Siegern gehörten. DRITTENS. KOOPERATIONEN MIT DER WIRTSCHAFT Forschung und Innovationsfähigkeit sind die Grundlage für Entwicklung und Wohlstand. Um sie zu wahren und zu mehren, müssen sich Wissenschaft und Wirtschaft als Partner begreifen. Alte Berührungsängste und Vorbehalte konnten über die Jahre abgebaut werden. Bei den Drittmitteln, die die Hochschulen aus der Wirtschaft einwerben, führt Deutschland international die Spitzengruppe an. Es ist keine wirkliche Überraschung, dass dann der Anteil forschungsintensiver Produkte und Dienstleistungen an der Wertschöpfung in Deutschland bei 45% liegt auch das ist Spitze im Kreis der Industrieländer. Die enge Vernetzung von Wissenschaft und Unternehmen ist wesentlicher Grund der Stärke des deutschen Innovationssystems.2 Ich bin überzeugt: Die Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft hat dazu beigetragen, dass Deutschland die Wirtschafts- und Finanzkrise bislang besser bewältigt als viele andere. Zugleich kann keine Rede davon sein, dass das Potenzial der Kooperationen von Wirtschaft und Wissenschaft bereits ausgeschöpft sei. Es wird im Grunde gerade erst voll entdeckt. Der Übergang von persönlichen Beziehungen zu strategischen Partnerschaften ist noch längst nicht überall vollzogen und bei vielen in Wirtschaft und Wissenschaft muss erst noch das Bewusstsein wachsen, dass Forschung und Lehre davon profitieren können. Lassen Sie mich mit der Lehre und den Studierenden beginnen. Lange, zu lange war das Ausbildungsideal zahlreicher Universitätsfächer der Wissenschaftler. Wer ihm nicht entsprach oder entsprechen wollte, konnte sehen, wo er blieb. Berufsspezifische Lernziele, Karriereberatung oder Praktikumsangebote: Fehlanzeige. Das konnte gut gehen, solange nur wenige die Universität besuchten, die meisten von ihnen aus akademischem Elternhaus - das heißt in der Regel gut informiert. Dies hat sich grundlegend verändert. 2010 haben sich 45% eines Altersjahrgangs dafür entschieden, ein Studium aufzunehmen, 2011 sogar 55% - so viele wie nie zuvor. Wir sind dankbar für jeden! Und wir wissen: Am Ende wird eine andere Art von Hochschule stehen als noch vor zehn Jahren. Die Wirtschaft wird einer ihrer wichtigsten Partner sein. Unternehmerisches Denken, passgenaue Studienangebote, duale Studiengänge und Lehrbeauftragte aus der Wirtschaft sind nur einige Stichworte. Der Lohn gelungener Kooperation sind gute Berufsperspektiven und bestens qualifizierte Berufseinsteiger. Die größte staatliche Fördermaßnahme für diese Partnerschaft ist das mag zunächst überraschen - die Bologna-Reform. Sie ist es, weil der Bachelor berufsbefähigend ist oder jedenfalls sein sollte. Und sie ist es, weil viele dann den Master machen wollen, wenn sie bereits ihre ersten Berufserfahrungen gesammelt haben. Ein weiterer, vom Bund ausgehender Ansatz für neue, öffentlich-private Partnerschaft ist das in diesem Jahr gestartete Deutschlandstipendium. Es liegt mir auch transatlantisch geprägt - besonders am Herzen. Erstmals entscheiden die Hochschulen, welche Begabten sie besonders fördern wollen. Wenn es ihnen gelingt, 150 Euro bei Förderern einzuwerben das können Privatpersonen, Stiftungen oder Unternehmen sein, erhalten sie weitere 150 Euro pro Stipendiat und Monat vom BMBF: Ein Beispiel für die in Deutschland noch zu seltenen Matching-Funds. Drei Viertel aller Hochschulen beteiligen sich schon im ersten Jahr daran ein beachtlicher Zuspruch gleich zum Start! Seit diesem Sommersemester haben sie Fördermittel für nahezu 5000 Stipendien und damit bald 9 Mio. eingeworben. Das ist wirklich gut. Aber es müssen noch viel mehr werden, wenn wir mittelfristig 8% der begabten Studierenden elternunabhängig fördern wollen. Was hat denn die Wirtschaft davon? - mag der ein oder die andere fragen. Meine Antwort lautet: Sie fördert hochmotivierte junge Menschen, sie zeigt, wie wichtig ihr die Hochschule ist - und zwar nicht

abstrakt, sondern ganz konkret vor Ort. Und Unternehmen können mit eigenen Veranstaltungen, eigener Begleitung die von ihnen Geförderten an sich binden. Genauso wichtig wie für Lehre und Studierende ist die Kooperation von Wirtschaft und Hochschulen für die Forschung. Hier ist vieles neu entstanden. Wir brauchen aber noch mehr mittel- und langfristige Partnerschaften, um strategisches Wissen gemeinsam zu entwickeln. Gute Beispiele dafür sind Kooperationsmodelle wie die T-Labs der Telekom AG mit der TU Berlin, die Merck Labs an der TU Darmstadt oder der Industry on Campus an der RWTH Aachen. Ich freue mich, dass Professor Günther Schuh nachher dieses Aachener Modell vorstellen wird. Das BMBF baut seit Jahren neue und breite Brücken zwischen Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Der Spitzencluster- Wettbewerb trägt ebenso maßgeblich dazu bei wie unsere Hightech-Strategie. Deren jüngstes Kind ist die Förderinitiative Forschungscampus öffentlichprivate Partnerschaft für Innovationen. Ihr Ziel: Verbindliche, strategisch angelegte Forschungskooperationen von Unternehmen und Hochschulen oder öffentlichen Forschungseinrichtungen unter einem Dach zu etablieren. Gemeinsam sollen dabei Technologien und Dienstleistungen von morgen und übermorgen entwickelt werden. Thematische Vorgaben gibt es nicht. Der noch laufende Wettbewerb Bewerbungsschluss ist der 15. Februar 2012 - ist auf mehrere Phasen angelegt. Die Förderung beträgt bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr für jeden Forschungscampus und für insgesamt bis zu 15 Jahre. Im Mittelpunkt werden Forschungsfelder von hoher Komplexität, hohem Forschungsrisiko und großen Potenzialen für Sprunginnovationen stehen. III WIE GELINGEN KOOPERATIONEN? Kooperationen entstehen nicht über Nacht und sie bewähren sich nicht von selbst. Lassen Sie mich abschließend zwei entscheidende Bedingungen für ihr Gelingen nennen. ERSTENS. DIE GLEICHBERECHTIGUNG DER PARTNER Kooperationen können sehr grundsätzliche Fragen aufwerfen. Wo liegen mögliche Interessenkonflikte, wo mögliche Zielkonflikte? Akzeptieren alle Partner, dass Forschung immer wieder neu ansetzen muss und Zeit braucht? Was ist tatsächlich machbar, was ökonomisch umsetzbar? Wo liegen ethischmoralische Grenzen? Eine nachhaltige Antwort auf diese Fragen kann nur in der gleichberechtigten Partnerschaft zwischen Wissenschaft und Wirtschaft gelingen. Sie gründet in der Akzeptanz unterschiedlicher Kulturen. Hochschulen dürfen dabei nicht zu Dienstleistern für die Industrie werden, womit ich eine Überschrift der Konferenz bewusst aus dem Kontext reiße. Unternehmen müssen erkennen: Respekt für die Freiheit der Hochschulen und nachhaltiges eigenes Engagement bringen langfristig allen Beteiligten den höchsten Gewinn. Die notwendige Unabhängigkeit der Hochschulen muss angesichts neuer Herausforderungen auch immer wieder neu ausbuchstabiert werden. Dies hat beispielsweise der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft mit seinen Empfehlungen für Stiftungsprofessuren getan. Er geht dabei zu Recht von der Unabhängigkeit dieser Professur aus: Der Geldgeber darf keinen Einfluss auf Forschung, Lehre oder Veröffentlichung nehmen. Ansonsten würde er die eigene Stiftungsprofessur entwerten. So verstanden ist die Stiftungsprofessur von großem Wert. Ich möchte alle Unternehmen ermuntern, auch über diese Form der Kooperation nachzudenken! ZWEITENS. DAS HOCHSCHULMANAGEMENT Kooperationen müssen initiiert, begleitet, regelmäßig überprüft und wenn nötig modifiziert werden. Was heißt das anderes als: Sie müssen gut gemanagt werden. Kooperationen verlangen ein aufwendiges Management - und das sollte Chefsache an Hochschulen sein.

Noch immer wird die Bedeutung des Hochschulmanagements von vielen unterschätzt. Dabei ist gutes Management zentral für das Profil der Hochschule, für ihre Finanzierung, ihre innere Organisation und für die Motivation aller, die an Hochschulen lehren, forschen und lernen. Deshalb bin ich der Financial Times Deutschland dankbar, dass Sie das Thema mit dieser Konferenz und dem Preis für den Hochschulmanager des Jahres nun schon im fünften Jahr dahin rückt, wo es hingehört: Ins Licht der Öffentlichkeit Für Hochschulmanagement wie für Kooperationen gilt gleichermaßen: Viele Wege führen nach Rom! Das beweisen die Finalisten für den Preis, die Präsidenten und Rektoren von Hochschulen und Professores: Karl-Dieter Grüske von der Universität Erlangen-Nürnberg; Wilfried Müller von der Universität Bremen; Nikolaus Risch von der Universität Paderborn; Godehard Ruppert, Universität Bamberg; Gunter Schweiger, Hochschule Ingolstadt; und Joachim Treusch von der Jacobs University Bremen. Ihnen allen: Meinen herzlichen Glückwunsch zur Nominierung! Und vor allem: Vielen Dank für Ihren Einsatz für Ihre Hochschulen! Ich wünsche mir, dass viele andere von Ihnen lernen: Bei der genauen Analyse von Stärken und Schwächen, beim Personalmanagement, bei der Qualität der Lehre, beim Zugang für junge Menschen aus bildungsfernen Elternhäusern, bei der Weiterbildung und bei den Kooperationen mit anderen wissenschaftlichen Institutionen ebenso wie mit Wirtschaft und staatlicher Seite. Kooperationen zu entwickeln, kostet Kraft und Zeit. Aber das habe ich hoffentlich vermitteln können es lohnt sich. Mehr noch: Wir sind auf sie angewiesen. Die Vielfalt und die Qualität von Kooperationen wird mit darüber entscheiden, welchen Stellenwert die deutsche Wissenschaft und die deutsche Wirtschaft in einer globalisierten Welt einnehmen werden. Vielen Dank.