Operiert und nicht allein gelassen Begrüßung auf der 4. Reviertagung für Brustheilkunde am 17. Juni 2006



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Transkript:

Barbara Kols-Teichmann Vorsitzende Operiert und nicht allein gelassen Begrüßung auf der 4. Reviertagung für Brustheilkunde am 17. Juni 2006 Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Patientinnen, sehr geehrte Referenten, sehr geehrter Herr Dr. Abdallah, ich freue mich, Sie im Namen des Fördervereins Brustzentrum Die Revierinitiative zum 4. Patientinnen- Seminar der senologischen Abteilung des Marienhospitals Herne begrüßen zu dürfen. Herr Dr. Abdallah wir danken Ihnen, dass Sie für Ihre Patientinnen heute wieder Die Reviertagung für Brustheilkunde durchführen. Ich bin mir sicher, heute wird an frühere Erfolge angeknüpft. Der Blick auf den Titel sowie die inhaltliche Themensetzung der Tagung zeigen erkennbar die Fortsetzung: Wie schon in den Vorjahren geht es nicht allein um rein medizinische Fragen der Krebserkrankung. Auch heute sollen brustkrebskranke Frauen Anregungen bekommen, - Anregungen, die Diagnose zu verarbeiten und - Anregungen, ihr Leben mit Krebs wieder selbst in die Hand zu nehmen. Operiert und nicht allein gelassen dies ist nicht nur der Titel unserer heutigen Tagung. Er kennzeichnet zugleich ihren Einsatz, lieber Dr. Abdallah, für ihre Patientinnen auch und vor allem nach deren Entlassung. Es ist uns, dem Vorstand und den aktiven Mitgliedern im Verein, Freude und Ehre zugleich, Sie, sehr verehrter Herr Dr. Abdallah, dabei zu unterstützen.

2 Operiert und nicht allein gelassen Ein Gefühl der Erleichterung müsste eigentlich nach der Operation aufkommen. Endlich geschafft der Tumor, der Feind in unserer Brust, ist weg. Viele Frauen haben vor der OP Monate der Chemotherapie hinter sich, haben sich der Herausforderung gestellt, den Tumor im wahrsten Sinne des Wortes klein zu kriegen - mit all ihrer Kraft. Mit der Operation haben sie es endlich geschafft. Der schwerste Teil liegt scheinbar hinter ihnen. Und dennoch, Sie kennen es, ein Gefühl der Erleichterung will sich einfach nicht einstellen. Bald, schon sehr bald mischt sich in die Freude, alles, was mit Krebs zu tun hat, endlich hinter sich zu lassen, Unsicherheit und Angst. Angst vor dem Weg, der vor uns liegt und den viele Frauen ohne ihre Ärzte, ohne die Schwestern und die vielen Helfer der letzten Wochen und Monate allein gehen müssen. Nach der Zeit des Kämpfens und des Tapferseins erfasst manche von uns eine lähmende - fast verschlingende - Leere. Bleiben Sie gesund, diese Worte gibt Dr. Abdallah nach erfolgreicher Behandlung seinen Patientinnen mit auf den Weg. Gesund sein gibt es etwas, was wir uns sehnlicher wünschen? Gesund zu sein gibt es etwas, dem wir mehr misstrauen? Ist es nicht gerade die Einstellung der anderen nicht Krebskranken -, mit unserer Heilung sei nun wieder alles beim Alten, die uns dieses Gefühl des Alleingelassenwerdens vermittelt? - Allein gelassen mit unseren Angst vor einem Rückfall oder den Spätfolgen der Therapie, - allein gelassen mit der Informationsflut über Krebs und widersprüchlichen Aussagen, - allein gelassen mit einem Körper, dem wir nicht mehr vertrauen, - allein gelassen mit der Erwartung von Bekannten, Freunden - bei einigen Frauen - auch der Familie, dass wir nach Wochen und Monaten der Therapie doch nun bitte wieder zur Tagesordnung übergehen sollten,

3 - allein gelassen auch mit den Anforderungen des business as usual im Beruf. Vielleicht sind wir nach der Erstbehandlung gesund, vielleicht ist alles um uns herum, so wie es vor der Erkrankung war. Nur wir, wir die erkrankten Frauen, sind nicht mehr die, die wir mal waren. Wir müssen uns in unserem alten Leben neu zurecht finden. Je länger unsere Erkrankung zurückliegt, desto klarer erkennen wir: Krebs zu haben, Krebs zu überwinden, ist kein Sprint weniger Monate. Es ist wie eine endlos lange Achterbahn der Gefühle, ein ständiges Auf und Ab. Es gleicht einer Aneinanderreihung von Marathonläufen oder Etappenrennen, denen wir uns immer wieder aufs Neue stellen müssen. Auch für uns gelten in den Wochen, Monaten und Jahren nach der Erstbehandlung die drei Hauptsätze des Radfahrens, von denen der erste lautet: Es geht immer bergauf Der zweite dieser Sätze heißt: Der Wind kommt stets von vorn Der dritte schließlich: Wer stehen bleibt, fällt um. Täglich aufs Neue müssen wir darum ringen, dass wir unser Leben bestimmen und nicht die Krankheit. Bewährte Rezepte, mit denen wir bisher unser Leben gemeistert haben, helfen uns im Leben mit Krebs, nach Krebs nicht mehr verlässlich weiter. Vieles, dem früher unser Interesse galt, ist nun bedeutungslos, und anderes, was wir vorher kaum beachtet haben, steht im Mittelpunkt. Wir müssen Bewährtes überprüfen, Unbekanntes proben und neue Wege gehen. Was hilft uns, uns erkrankten Frauen, um diesen Marathon erfolgreich zu bestehen? Was brauchen wir, damit wir nicht allein all diesen Problemen gegenüber stehen? Sicherlich, wir benötigen die Unterstützung von Freunden. Wir benötigen vor allem die Hilfe unserer Familien. Doch auch sie durchleiden diese Krankheit auch das Leben der Ehepartner, der Kinder, ist aus dem Lot geraten. Auch für sie müssen wir diesen Marathon bestehen, dürfen die Krankheit nicht verdrängen. Auch für Sie müssen wir uns den Herausforderungen der Krankheit stellen. Die, die ich liebe, haben mir gesagt,

dass sie mich brauchen. 4 Darum gebe ich auf mich acht, sehe auf meinen Weg und fürchte jeden Regentropfen, dass er mich erschlagen könnte. Und nur, indem sie sich lieben Und sich lieben lasen, überwinden sie im Anderen die Gefahr. Bert Brecht Die Familie ist unzweifelhaft der wesentliche Halt. Doch auch sie kann nicht jede Hilfe und Unterstützung leisten, und auch sie ist mit betroffen. Deshalb benötigen wir auch Hilfe und Unterstützung außerhalb der Familie. Und das heißt vor allem, wir, die erkrankten Frauen, benötigen - verlässliche Informationen unserer Ärzte über aktuelle und zukünftige Therapieverfahren, - Wissen über Behandlungsmöglichkeiten, wenn der Krebs zurückkommt, - die Möglichkeit der Rückversicherung, um Informationen einordnen zu können, - die Bereitstellung von Geräten und Verfahren, die uns Therapien der Zukunft sichern und - wir brauchen das Gespräch und - den Erfahrungsaustausch mit anderen erkrankten Frauen - und wir brauchen sicher nicht immer gleich eine Therapie, aber in manchen Phasen unseres Marathons doch das professionelle Gespräch mit einem Psychologen manchmal auch mit einem Seelsorger. Für Patientinnen der senologischen Abteilung unter der Leitung von Dr. Abdallah sind all diese Erwartungen und Wünsche bereits Wirklichkeit. Sie stehen im Mittelpunkt der vielfältigen Aktivitäten der Senologie und deren Ärzte - weit über den medi-

5 zinischen Bereich hinaus. Sie beschreiben auch die Zielsetzung und Aufgaben des Fördervereins. Mit der Öffnung des Beratungszentrums Knotenpunkt ist eine zentrale Anlaufstelle für erkrankte Frauen eingerichtet. Es wird durch seine Kursangebote, seine Gesprächskreise und Informationsveranstaltungen und den Round-Table-Gesprächen mit Ihnen, Dr. Abdallah, ein Ort für Informationen, Treffen und Gespräche erkrankter Frauen sein ein Knotenpunkt im wahrsten Sinne des Wortes. Mit der Einrichtung der PATH-Tumorbank eröffnen der Förderverein und die Senologie brustkrebskranken Frauen die Möglichkeit, am Fortschritt in der Krebsbehandlung teilhaben zu können. Und nicht zuletzt dienten die zahlreichen Veranstaltungen des Fördervereins in Zusammenarbeit mit der Senologie im letzten Jahr dazu, Ihnen, den Patientinnen, Informationen und Hilfen anzubieten. All diese Veranstaltungen gaben Brustkrebkranken die Möglichkeit, sich mit ihren Ärzten und anderen erkrankten Frauen auszutauschen. Sie lassen die Senologische Abteilung des Marienhospitals zu ihrer Abteilung werden eine Abteilung, die Sie begleitet, auffängt, Sie während der Behandlung und auch nach der Erstbehandlung nicht allein lässt. Mit alle diesen Aktivitäten wollen wir Ihnen, den Patientinnen der Senologie, helfen, Ihnen Mut machen und Zuversicht begründen. Handeln Sie nach dem Motto: Nichts ist so, wie es ist; es ist das, was Sie daraus machen! Wir, der Vorstand des Fördervereins, und die Ärzte der Senologie würden uns freuen, wenn auch Sie uns in der gemeinsamen Arbeit unterstützen. Wir haben uns viel vorgenommen. Bitte helfen Sie uns dabei. Und wenn Sie sich selbst nicht aktiv einbringen können, werden Sie einfach Mitglied im Verein.