Worauf zielt transpersonal orientierte Therapie?



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Transkript:

Dr. med. Joachim Galuska und Dorothea Galuska Bad Kissingen, 2003 Worauf zielt transpersonal orientierte Therapie? Fachklinik Heiligenfeld Euerdorfer Str. 4-6 97688 Bad Kissingen Tel. (09 71) 82 06-10 00, Fax: (09 71) 6 85 29 Email: info@heiligenfeld.de Internet: www.heiligenfeld.de

Worauf zielt transpersonal orientierte Therapie? Dr. Joachim Galuska Was ist überhaupt eine transpersonale Therapie? Um etwas Ordnung in dieses unübersichtliche Feld hineinzubringen, kann man zunächst einmal drei Arten unterscheiden: 1. eine transpersonale Therapie erzeugt einen transpersonalen Bewusstseinszustand, 2. eine transpersonale Therapie begleitet Menschen von der personalen zur transpersonalen Struktur, 3. eine transpersonale Therapie wendet ein transpersonales Bewusstsein zur Behandlung von Störungen und Krankheiten an. Transpersonales Bewusstsein Um dies besser zu verstehen, muss man sich zunächst ein Bild davon machen, was ein transpersonaler Bewusstseinszustand ist. Er überschreitet unser Alltagsbewusstsein als Erwachsene, das von der transpersonalen Psychologie im Gefolge von Ken Wilber als personales Bewusstsein beschrieben wird. Personales Bewusstsein ist Ich-Bewusstsein. Damit ist nicht eigentlich der Narzissmus, unser aufgeblasenes Ego gemeint, sondern der Zustand, in dem wir uns als Subjekt fühlen, uns als Individuen erleben, Wahrnehmende unserer Wahrnehmungen sind, Täter unser Handlungen, Denker unserer Gedanken. Dieses Ich-Bewusstsein ist gepaart mit unserem Gefühl, von der Welt getrennt zu sein, uns zu unterscheiden von anderen Menschen, mit denen wir in Beziehung treten können. Es bedeutet, die Gegenstände der Welt als Objekte zu betrachten, zu behandeln, zu benutzen und vielleicht auch zu missbrauchen. Ein transpersonales Bewusstsein löst nicht diese Trennung gegenüber der Welt und den Anderen auf, es macht sie aber feiner, zarter, subtiler. In solchen Zuständen fühlen wir uns verbundener, den Menschen und den Dingen, letztlich sogar uns selbst und unserem Wesen näher. Man könnte sogar sagen, das transpersonale Bewusstsein ist das unmittelbare Erleben unserer Seele. Ein leichter Zugang dazu eröffnet sich, wenn wir unsere Aufmerksamkeit abwenden von dem, was wir beobachten (also z.b. von dem, was Sie als Leser gerade lesen) und sie dem Betrachter des Geschriebenen zuwenden, wenn wir uns unseres Gewahrseins bewusst werden, spüren, dass wir aus unseren Augen herausschauen und lesen. Dann nehmen wir so etwas wie unsere Präsenz wahr, unsere Anwesenheit, unsere Wachheit. Vielleicht klingt dies im folgenden Gedicht von Tagore an:»wer ist wach, ganz allein auf dieser schlafenden Erde, in der Luft, die zwischen den regungslosen Blättern schlummert?

Wer ist wach in den stillen Nestern der Vögel, in den verschwiegenen Kelch- Gemächern der Blumenknospen? Wer ist wach in den zitternden Sternen der Nacht, in dem pochenden Schmerz tief in meinem Inneren?«Wer ist jetzt gerade wach und liest das alles? Wenn wir zu diesem Blickwinkel wechseln, können wir uns des inneren Platzes gewahr werden, der alles beobachtet, des inneren Zeugen alles Geschehens, wie oft gesagt wird. Es ist die Leinwand, auf der der Film des Lebens spielt, die Bühne, auf der das Spiel unseres Erlebens erscheint. Und diese Leinwand, dieser Zeuge, diese Bewusstheit ist in sich selbst rein und klar. Sie besitzt eine Qualität von Unberührtheit und Freiheit von jeder Form. Diese Freiheit ermöglicht es erst, dass jeder Inhalt unseres Erlebens im Lichte der Bewusstheit erstrahlen kann. Und diese Leinwand erscheint leer von allem Einzelnen und weit, unendlich weit, um die vielen Inhalte unseres Erlebens fassen zu können.»raumunendlichkeit«,»bewusstseinsunendlichkeit«oder»leere Weite«nennt man diese Qualität im Buddhismus. Überhaupt erscheint dieses Bewusstsein eher räumlich, so dass es häufig auch als transpersonaler Bewusstseinsraum beschrieben wird. Und dieser Raum ruht in sich selbst, er trägt in sich selbst einen gewissen Frieden und eine Stille. Er ist wie ein leerer Spiegel, ein offenes Gefäß, das sich von allen Erscheinungen erfüllen lässt. Somit besitzt er eine vollkommene Empfänglichkeit, eine Durchlässigkeit. Er besitzt auch das Potenzial zur Sensitivität, zur Medialität für feinstoffliche Energien, für jenseitige Kräfte und jenseitige Wissen. Ein Medium befindet sich im Grunde in einem transpersonalen Bewusstseinszustand, aber auch Zustände paranormalen Wissens, von Präkognition oder Telepathie tragen Charakteristika eines transpersonalen Bewusstseins. Durch diese Offenheit und Empfänglichkeit können auch Wesenszüge anderer Lebewesen, von Tieren, Pflanzen und Steinen unmittelbar erfahren werden. Von Grof wurden diverse Charakteristika eines solchen, er nennt es holotrop veränderten Bewusstseins beschrieben. Diese faszinierenden Zustände sind jedoch nur Randerscheinungen eines transpersonalen Bewusstseins. Im Kern ist es Präsenz, Freiheit, Leere und Weite, Stille, ästhetisches Empfinden, Verbundenheit, Offenheit für heilende Qualitäten usw. Diese Merkmale sind eigentlich die Grundeigenschaften unserer Seele. Sie werden dem zugeschrieben, was das menschliche Wesen ausmacht, das auch das höhere Selbst, das wahre Selbst, die Essenz genannt wird. Spirituelle Wege und sogenannte transpersonale Schulen besitzen unterschiedliche Worte für das Gleiche. Sie wollen helfen, transpersonale Bewusstseinszustände zu wecken. Diese»höheren Bewusstseinszustände«verführen aber oft zur Flucht aus dem Alltagsbewusstsein und der Weltverantwortung. Letztlich kann es auch gar nicht um das Erzeugen veränderter Bewusstseinszustände gehen, die neben unseren sonstigen Vergnügungen im Leben stehen, sondern um eine Veränderung der Persönlichkeit.

Transpersonale Struktur Und eine solche Veränderung der Persönlichkeit meint die Entwicklung von der personalen zur transpersonalen Struktur. Eine solche Entwicklung folgt der gleichen Gesetzmäßigkeit, durch die beispielsweise Kinder lesen lernen oder wir eine neue Sportart erlernen. Zunächst einmal machen wir eine einzelne Erfahrung damit: Buchstaben werden erkannt, Worte zusammengesetzt, erste Erfahrungen, z. B. des Gleitens auf einem Ski finden statt. Dann wird diese Erfahrung wiederholt, immer wieder wiederholt, man erinnert sich daran, wie sich die früheren Erfahrungen damit anfühlten, mehrere Worte werden gelesen, schließlich ganze Sätze zusammengesetzt, Kilometer um Kilometer auf der Skipiste zurückgelegt. Durch Übung, Wiederholung und innerer Verarbeitung des Ganzen ersteht zunehmend etwas wie Kompetenz. Das Kind kann dann lesen, wenn es möchte, wir können dann Ski fahren, müssen unserer Technik aber zunächst noch sehr bewusst anwenden. Im Laufe der Zeit verselbstständigt sich dann dieses Wissen, wird zur selbstverständlichen Struktur: Wir brauchen nicht mehr Buchstaben zu Worten zusammenzusetzen und Worte zu Sätzen zusammenzufügen, sondern wir lesen einfach, wir stellen uns auf die Skier und fahren einfach los. Die Wandlung der Persönlichkeit von der personalen zur transpersonalen Struktur ist natürlich umfassender. Personale Identität ist entfaltete Individualität und entfaltete Beziehungsfähigkeit. Individualität meint die Fähigkeit zur Selbstverwirklichung, zur Authentizität, zur Selbstentfaltung und zur Selbstverantwortung. Die reife Individualität hat die Opferperspektive aufgegeben und übernimmt Verantwortung für die eigenen Reaktionen auf die innere und äußere Welt. Beziehungsfähigkeit bei einer personalen Identität meint, den Anderen als»du«wahrzunehmen, als eigenständiges Subjekt, das sich selbst als»ich«erlebt. So sind Dialoge zwischen abgegrenzten Individuen und Begegnungen möglich. Und es entstehen Erfahrungen des Wir, in einer Partnerschaft, Familie oder größeren Gemeinschaft. Aus dieser Erfahrung der Koexistenz, des gemeinsamen gegenwärtigen Lebens entsteht Mitverantwortung für die anderen Menschen und die Welt. Diese Persönlichkeitsstruktur, die es zunächst einmal zur Reife zu bringen gilt, und woran die meisten wohl noch zu arbeiten haben, wird dann zunehmend durch transpersonale Erfahrungen, wie anfangs beschrieben, bereichert. Diese Erfahrungen verlagern schließlich das Zentrum unseres Handelns vom Ich zur Seele hin, zu unserem Wesen, das dann der innere Steuermann oder die innere Steuerfrau wird. Unsere Seele aber ist transpersonal, sie ist offen in zweierlei Richtungen: zur Welt hin (zu unserem Körper, unseren Gefühlen, unseren Gedanken, den anderen Menschen, den vielfältigen Erscheinungen) und ebenso zu Gott hin (zum Ursprung, zum Urgrund, zum Transzendenten, zum Unbekannten und Mysteriösen). Dies ist vielleicht der doppelte Ursprung des Menschen, wie es Graf Dürckheim einmal genannt hat. Unsere Seele ist also in seinem Sinne durchlässig für die uns innewohnende Transzendenz, d.h. dies ist der Ort, an dem das Überpersönliche das Persönliche berührt, an dem der Seinsgrund, das Göttliche und Absolute in Fühlung tritt mit dem Weltlichen. Sie ist die individuelle Art und Weise, wie das Absolute sich als die Person manifestiert, die ich bin.

Diesen Weg zur Entfaltung der Seele oder unseres Wesen zu begleiten, wäre wohl die anspruchvollste Aufgabe transpersonaler Therapien. Nur wenige wagen sich daran, was aber auch nicht tragisch ist, weil die Anzahl der zu Begleitenden wohl gegenwärtig auch noch nicht so hoch ist. Anmerken möchte ich auch noch, dass die Weiterentwicklung von der transpersonalen Struktur zur nächsten umfassenderen Bewusstseinsstruktur, der nondualen Struktur nach den gleichen Prinzipien geschieht: Zunächst einmal werden Nondualitätserfahrungen, also Erleuchtungserfahrungen, gemacht, diese werden dann wiederholt, werden schließlich zur Kompetenz und im Laufe der Zeit zur selbstverständlichen Struktur, die dann das Handeln des Menschen leitet und Ausgangspunkt für weitere Entwicklungen des menschlichen Bewusstseins darstellt. Erleuchtung ist also ebenfalls ein Entwicklungs- und Reifungsvorgang. Die transpersonale Dimension der Heilung Die größte Bedeutung transpersonaler Therapien besteht aber wohl heute darin, das transpersonale Bewusstsein zu Heilungszwecken einzusetzen. Dies erfordert vom Therapeuten zunächst einmal die Fähigkeit, sich in einen solchen Zustand zu versetzen. Dazu kann er diverse Techniken verwenden, wobei ihm seine Meditationsmethoden helfen werden. Das transpersonale Bewusstsein und das Wissen um transpersonale Phänomene nun wendet ein transpersonaler Therapeut in Diagnostik und Therapie an. Sie eröffnen ihm in besonderer Weise ein Verständnis für die religiös-spirituelle Entwicklung, für Störungen auf dem religiösen Weg, für spirituelle Krisen und ungewöhnliche Erlebnisse. Sie helfen ihm auch, die spirituelle Dimension üblicher seelischer und somatischer Erkrankungen zu sehen und ein ganzheitliches Heilungsverständnis zu entwickeln. Sie ermöglichen ihm, auch mit schwierigen Patienten umzugehen und sich nicht mit ihnen zu verstricken oder sie sich vom Leibe halten zu müssen. Sie schulen seine Intuition und lassen ihn auch offen für transzendente Kräfte der Heilung sein. In der Anwendung des transpersonalen Bewusstseins auf die verschiedenen Therapiefelder stehen wir noch ganz am Anfang. Hier gibt es noch viel zu tun: Wie zeigt sich das Transpersonale in der Einzeltherapie, in der Gruppentherapie, in der Familientherapie oder in der Arbeit mit Organisationen? Wie zeigt sich das Transpersonale in der Behandlung von Depressionen, von Angststörungen, von Psychosen, von Suchterkrankungen, aber auch bei Krebserkrankungen, Herzinfarkten oder Wirbelsäulenerkrankungen? Wie sieht eine transpersonale Tiefenpsychologie aus, wie eine transpersonale Verhaltenstherapie, eine transpersonale Gestalttherapie oder ein transpersonales Familienstellen? Wahrscheinlich werden wir all dies in den nächsten Jahren und Jahrzehnten erkunden. Schulenbildung ist eher ein narzisstisches Phänomen. Es ist dem Transpersonalen eigentlich fremd, da dieses jede einschränkenden Identifizierungen mit begrenzten Perspektiven der Wirklichkeit und der Wahrheit relativiert. In einer narzisstischen Zeit werden wir aber wohl noch eine Weile auch transpersonale Schulen erleben. Im Grunde aber besitzt seriöse Transpersonalität das Potenzial zu einer wirklich integrierenden Haltung, was dem gegenwärtigen Feld der Psychotherapie

letztlich nur gut tun kann. Hoffen wir, dass wir bald am Beginn eines integralen Zeitalters im Sinne von Ken Wilber und Jean Gebser stehen!