Illettrismus (k)ein Thema. Leitfaden zur Durchführung von Sensibilisierungs- Veranstaltungen zum Thema Illettrismus

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Transkript:

Illettrismus (k)ein Thema Leitfaden zur Durchführung von Sensibilisierungs- Veranstaltungen zum Thema Illettrismus

Entstanden im Projekt «Sensibilisierung der VermittlerInnen» Mit der Unterstützung von: Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI Herausgabe: Verfasserin: Grafik: Druck: Papier: 1. Auflage, 2013 Verein Lesen und Schreiben, Deutsche Schweiz Effingerstrasse 54, Bern www.lesen-schreiben-d.ch Mariangela Pretto, Projektleiterin Verein Lesen und Schreiben, Deutsche Schweiz Esther Zimmermann, www.eziman.ch Länggass Druck AG Bern, www.ldb.ch FSC...

Inhaltsverzeichnis 0 Vorwort und Einleitung THEORETISCHE GRUNDLAGEN 1 «Sensibilisieren Was heisst das?» Hauptthema I Illettrismus ein gesellschaftliches Phänomen 2 3 4 5 Themenbereich «Lesen und Schreiben» Themenbereich «Anforderungen früher und heute» Themenbereich «Erwartungen und Realität» Themenbereich «Tabu und Stigma» Hauptthema II Situation einzelner Betroffener 6 Der Ursachen- folgenkomplex und die Strategien Hauptthema III Der Weg hinaus 7 Anhang 8 9 Erfolgsgeschichten und die Rolle der Vermittlerperson Infoblätter zum Thema Illettrismus Handout für Vermittlerpersonen

Vorwort Der Leitfaden zur Sensibilisierung für Vermittlerpersonen ist im Rahmen des Projekts «Sensibilisierung der VermittlerInnen» des Schweizer Dachverbandes Lesen und Schreiben entstanden. Das Projekt wurde hauptsächlich vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI mitfinanziert und in der Deutschen Schweiz vom Verein Lesen und Schreiben Deutsche Schweiz durchgeführt. Von 2009 bis 2012 wurden in der Deutschen und in der Italienischen Schweiz über 170 Sensibilisierungsveranstaltungen mit mehr als 3000 Teilnehmenden durchgeführt. Sowohl die daraus gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse als auch die dabei entwickelten Kursmaterialien und Vorschläge zur Durchführung wurden in diesem Leitfaden gesammelt. Wir danken dem SBFI für die finanzielle Unterstützung und den Mitarbeitenden der Lesen und Schreiben- Kursanbieter für ihre tatkräftige Unterstützung in vielen Bereichen. Herzlich danken wir besonders den Sensibilisierungsfachpersonen der ersten Projektphase, Marcel Allenspach, Karin Lemme und Regula Röthlisberger. Sie haben ein Tabuthema in vielen unterschiedlichen Institutionen zur Sprache gebracht und dort viele Menschen erreicht. Dabei haben sie sich auch immer wieder Fragen, Kritik und Skepsis ausgesetzt. Durch ihre Inputs und die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema und in ihrer Funktion als Sensibilisierungsfachpersonen haben sie massgeblich dazu beigetragen, dass dieser Leitfaden entstehen konnte. Der Austausch und die Diskussionen über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Deutschen Schweiz und im Tessin war sehr gewinnbringend. Daher danken wir der Projektleiterin der Italienischen Schweiz, Silvana Spinetti, herzlich für die gute Zusammenarbeit und die intensiven Gespräche. Prof. Dr. Afra Sturm vom Zentrum Lesen an der Fachhochschule Nordwestschweiz danken wir für die Überarbeitung des Kapitels 2 «Lesen und Schreiben» Ihre Anregungen und Korrekturen sind ein wertvoller Beitrag. Des Weiteren möchten wir Stephanie Jeker für die Projektleitung bis 2010 und Andrea Schommer für das Korrekturlesen herzlich danken. Das Projektteam der Deutschen Schweiz Brigitte Aschwanden und Mariangela Pretto Verein Lesen und Schreiben Deutsche Schweiz Leitfaden zur Durchführung von Sensibilisierungs-Veranstaltungen zum Thema Illettrismus Einleitung / Seite 4

Einleitung Menschen mit Lese- und Schreibdefiziten finden sehr oft nur durch die Unterstützung von Drittpersonen den Weg in ein geeignetes Angebot. Diese Drittpersonen hier Vermittlerpersonen genannt sind meistens Menschen, die in ihrem Beruf andere Menschen beraten, unterstützen oder betreuen. Dies können Berufsberatende, Sozialarbeitende, Ärztinnen und Ärzte, Personalfachleute und viele mehr sein. Dieser Leitfaden richtet sich an Menschen, die Vermittlerpersonen in einer Veranstaltung sensibilisieren möchten: die Sensibilisierungsfachpersonen Illettrismus. Eine Sensibilisierungsveranstaltung verfolgt mehrere Ziele auf verschiedenen Ebenen: Die Aufgaben der Vermittlerperson Eine Vermittlerperson sollte nach einer Veranstaltung fähig sein, Betroffene zu erkennen, anzusprechen, zu unterstützen und in ein passendes Angebot zu vermitteln. Die Rolle der Vermittlerperson Die Vermittlerperson soll während der Veranstaltung die nötigen Informationen erhalten (Stufe Information), soll ihre Rolle als Schlüsselperson erkennen (Stufe Identifikation) und soll diese nach der Veranstaltung im Alltag aktiv übernehmen (Stufe Motivation). Eine Sensibilisierungsveranstaltung besteht aus drei Hauptthemen: Hauptthema I: Illettrismus ein gesellschaftliches Phänomen Dieses ist in vier Themenbereiche unterteilt: Lesen und Schreiben komplexe Fähigkeiten, Anforderungen früher und heute, Erwartungen und Realität, Tabu und Stigma. Alle vier Themenbereiche dienen dazu, das Verständnis des Phänomens Illettrismus zu fördern, Vorurteile abzubauen und Haltungen zu reflektieren. Die im Hauptthema I gewonnenen Informationen und Erkenntnisse dienen dazu, die weiteren Hauptthemen besser zu verstehen. Hauptthema II: Die Situation einzelner Betroffener Die Situation einzelner Betroffener wird aufgezeigt. Die Ursachen, Folgen, die Verheimlichungs- und Vermeidungsstrategien sind zentrale Aspekte, an denen Vermittlerpersonen Betroffene erkennen und auf die sie diese ansprechen können. Hauptthema III: Der Weg hinaus Erfolgsgeschichten und welche Schritte dazu nötig waren werden aufgezeigt. Gemeinsam mit den Vermittlerpersonen werden Möglichkeiten für ihre Institution und ihre Funktion erarbeitet. In allen drei Hauptthemen werden die Aufgaben (erkennen, ansprechen, unterstützen) und die Rolle (Stufen Information, Identifikation, Motivation) einbezogen. Verein Lesen und Schreiben Deutsche Schweiz Leitfaden zur Durchführung von Sensibilisierungs-Veranstaltungen zum Thema Illettrismus Einleitung / Seite 5

Der Leitfaden ist folgendermassen aufgebaut: Theorieteil: Sensibilisieren was heisst das? Praxisteil: Für jedes der Hauptthemen I, II und III werden folgende Dokumente zur Verfügung gestellt: 1. Einleitung: Weshalb das Thema behandelt und was damit erreicht werden soll 2. Materialsammlung: Folien für Powerpoint-Präsentationen und andere Materialien mit Tipps für den Einsatz 3. Tipps und FAQs: Unter dem Titel «auf den Punkt gebracht?!?» sind Aussagen aufgelistet, die teilweise sehr pointiert, teilweise leicht ironisch oder auch provokativ sind. Sie sollen Vermittlerpersonen zum Nachdenken anregen, Situationen entschärfen oder auch einen Sachverhalt etwas plakativ/ wirkungsvoll zusammenfassen. Die Sensibilisierungsfachperson kann sie flexibel, soll sie teilweise aber auch vorsichtig einsetzen. Bei den Tipps und den FAQs (Frequently Asked Questions / häufig gestellten Fragen) handelt es sich um eine nicht abgeschlossene Sammlung an Tipps, Fallbeispielen, Fragen und Antworten aus der vielfältigen Erfahrung der Sensibilisierungsfachpersonen. Anhang: Infoblätter zum Thema Illettrismus und ein Handout für Vermittlerpersonen. Die Folien der Powerpoint-Präsentation, Arbeitsblätter, weitere Unterlagen und auch eine elektronische Version dieses Leitfadens können auf www.lesen-schreiben-d.ch heruntergeladen werden. Der Leitfaden kann auch in Papierform (Ordner) bestellt werden. Der Film «Boggsen. Wer zur Schule gegangen ist, kann lesen und schreiben» von Jürg Neuenschwander eignet sich sehr gut als Ergänzung zur Veranstaltung. Er kann unter www.boggsen.ch für CHF 10. bestellt werden. Der Verein Lesen und Schreiben bietet Sensibilisierungsveranstaltungen an, auch in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen. Sie können sich für Informationen und Fragen gerne an die Geschäftsstelle wenden (dt-ch@lesen-schreiben-schweiz.ch). Verein Lesen und Schreiben Deutsche Schweiz Leitfaden zur Durchführung von Sensibilisierungs-Veranstaltungen zum Thema Illettrismus Einleitung / Seite 6