Zur Entstehungsgeschichte des Alpenrheintales im Räume Bangs von Heiner Schlegel

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Transkript:

Zur Entstehungsgeschichte des Alpenrheintales im Räume Bangs von Heiner Schlegel Zum Autor Geboren 1954, Primarlehrerausbildung an der Kantonsschule Sargans, Studium der Geographie an der Universität Zürich. Seit 1985 im Büro Broggi und Partner AG tätig. Mitglied der Naturschutzkommission der Gemeinde Buchs. VORARLBERGER NATURSCHAU 2 SEITE 31-38 Dornbirn 1996 Einleitung Sieht man von der grossräumigen Bildung des Rheintals und seiner Seitentäler einmal ab, so ist die Entstehungsgeschichte des Bangser und Matschelser Riedes in der geologisch allerjüngsten Vergangenheit anzusiedeln. Alle für die Entwicklung der Moore wesentlichen Voraussetzungen wurden nacheiszeitlich, also in den letzten 10'000 Jahren, geschaffen und sind in hohem Masse vom fliessenden Wasser geprägt. Die Anlage des Tales Die Lage und der Verlauf der Gebirgstäler sind tektonisch angelegt. Sie sind also weitgehend durch den Bau des Gebirgskörpers vorgezeichnet. Während des Jahrmillionen dauernden Prozesses der alpinen Gebirgsbildung wurden die Entwässerungsnetze mehrmals tiefgriefend verändert, wobei nicht selten auch die kontinentalen und lokalen Wasserscheiden verlegt wurden. Der Ursprung von Gebirgsbildungsprozessen ist im Bau unserer Erdkruste zu suchen, die aus verschiedenen Kontinentalplatten besteht. Bewegen sich diese Platten auseinander, öffnen sich zwischen den Kontinenten grossräumige Senken. Nähern sich die relativ starren Kontinente gegenseitig an, werden die dazwischenliegenden, dünnen und verformbaren Meereskrusten gestaucht, verfrachtet, übereinandergeschoben und aus dem Meer gehoben. Nach diesem generellen Muster sind im Verlauf der letzten rund 200 Mio. Jahre auch die Alpen entstanden. Zu Beginn der Molassezeit, also vor rund 35 Mio. Jahren, war die Entwicklung der Alpen zum weitgehend zusammenhängenden Gebirge bereits vollzogen. Allerdings wiesen die Alpen zu dieser Zeit eine geringere Höhe auf, und ihr Nordrand lag weiter südlich. Die molassezeitlichen Flüsse ergossen sich in mehr oder weniger parallelen Strängen in ein weites, den Alpen vorgelagertes Becken. Dort bildeten sie ausgedehnte Schwemmfächer und Delten, in denen die mitgeführten Geschiebemassen abgelagert wurden. Daraus entstanden jene Sedimentgesteine, welche unter dem Sammelbegriff Molasse" zusammengefasst werden. Die in der Molasse enthaltenen Steine und Sande lassen Rückschlüsse über die Herkunft des Geschiebes und damit in beschränktem Masse auch über das Gewässernetz zur Zeit der Schüttung zu. So finden sich in der Nagelfluh des Appenzellerlandes Gerolle des Vorarlberger Flyschs und des Silvrettakristallins. Ein 31

inatura Dornbirn, Austria, download unter www.biologiezentrum.at Abb. 1: Anhand der Herkunft der Gesteine, welche die Nagelfluh aufbauen, können die alten Flusssysteme ungefähr rekonstruiert werden. Während der gesamten Molassezeit entwässerten die Vorgänger unserer heutigen Flüsse in die den Alpen vorgelagerte Senke. Dort bildeten sie mit ihrem Schutt ausgedehnte Delten. Quelle: KELLER (1995) molassezeitlicher Hauptfluss ergoss sich etwa in der Gegend von Sargans aus den Alpen und schüttete den Hörnli-Schuttfächer (vgl. Abb. 1). Wenn auch einzelne Abschnitte unseres Gewässernetzes in seinen Grundzügen bereits molassezeitlich angelegt wurden, so sind in der Schlussphase der Alpenbildung vor 10-5 Mio nochmals wesentliche Änderungen eingetreten. Eine allgemeine Hebung des Gebirgskörpers bewirkte eine Versteilung der Nordabdachung. Als Folge davon glitten die Deckenstapel gegen Nordwesten, und die Alpenfront schob sich gegen Norden vor. Westlich des Rheintals muss die Hebung des Untergrundes stärker ausgefallen sein als in Vorarlberg. Dies erklärt, weshalb südlich des Schellenberges die Decken gegen Nordosten eintauchen. Zwischen zwei solchen, schräggestellten Deckenstapeln tat sich eine Furche auf, welche im Bereich Liechtenstein-Werdenberg zur dominierenden Talung wurde. Eine andere Entstehungsgeschichte weist das Tal nördlich des Schellenberges auf. Hier sind die Falten des Alpsteins in Schollen zerbrochen, die treppenartig gegen das Rheintal absteigen und für die grossräumige Talanlage verantwortlich sind. Die Erosionsleistung vieler Flüsse vermochte mit dieser Entwicklung nicht Schritt zu halten. Sie wurden von ihren molassezeitlichen Delten abgekoppelt und waren gezwungen, entlang neuer Einschnitte andere Austritte aus dem Gebirge zu suchen. Als neue Entwässerungsrinne für den Rhein bot sich die tektonisch entstandene Furche des heutigen Rheintals an. Damit änderten sich auch die Abflussbedingungen der III und der Bregenzerach. Während sie über Millionen von Jahren ein eigenständiges Delta aufbauten, wurde ihr ehemaliger Lauf durch die in der Schlussphase der Alpenbildung neu entstandene Rheintal-Eintiefung unterbrochen. Seither gehören die III und die Bregenzerach zum Einzugsgebiet des Rheins. Obwohl einer Vielzahl von geologischen und klimatischen Ereignissen ausgesetzt, hat sich diese Gewässerstruktur in den letzten rund 10 Mio. Jahre nicht mehr 32 grundlegend verändert.

Die Ausformung des Tales durch das Eis und das fliessende Wasser Die letzten rund 2,5 Mio. Jahre sind geprägt von Klimawechseln. Auf ausgedehnte Kaltzeiten folgten wärmere Perioden, in denen unserem derzeitigen Klima vergleichbare Bedingungen herrschten. Die einzelnen Zeitabschnitte dauerten mehrere Zehntausend bis mehrere Hunderttausend Jahre. Genauere Kenntnisse haben wir vor allem von der letzten Eiszeit. Das Eis und das fliessende Wasser folgten im Verlauf der letzten 2,5 Mio Jahren stets den tektonisch angelegten Tälern. In Kältezeiten hobelten und weiteten die Gletscher die Täler aus. Das in grossen Mengen anfallende Schmelzwasser war in der Lage, tiefe Schluchten zu graben. In wärmeren Zeiten und im Vorfeld der Gletscher dominierten die Ablagerungsprozesse. Für das Rheintal und dessen Seitentäler ist diese Geschichte in Abb. 2: Das Rheintal entstand in der letzten Phase der Alpenbildung vor rund 10 bis 5 Mio Jahren. Die Talanlage ist tektonisch vorgezeichnet. Mit dem Vorstossen der Alpenfront wurden die Flussläufe der Molassezeit verändert. Die III, einst ein Fluss mit einem eigenen Delta, wurde zum Zufluss des Rheins. Quelle: KELLER (1989) Längstal, parallel zu den Ketten Asymmetrisches Tal, entlang einer Deckengrenze Asymmetrisches Tal, entlang einer Deckengrenze, wegen der Gebirgsaufwölbung bogenförmig 33

der Sedimentabfolge der Talfüllung dokumentiert. Auf den Felsuntergrund, der an einzelnen Stellen mehr als 400 m unter der heutigen Talsohle liegt, folgt in den Beckenbereichen eine Grundmoränenschicht. Darüber liegen die Seebodensedimente. Ihre Mächtigkeit reicht von 100m bis zu mehreren Hundert Metern, je nach Verlauf des Felsuntergrundes. Auf die Seebodensedimente entfällt somit der grösste Teil der Talfüllung. Sie belegen die Existenz eines einst zusammenhängenden Sees, dessen Südgrenze vor rund 14'000 Jahren im Räume Sargans-Bad Ragaz lag (KELLER, 1989). Dieser See musste in vergleichsweise kurzer Zeit von Süden her aufgefüllt worden sein, wovon die den Seebodensedimenten aufliegenden Deltaablagerungen zeugen. Ihnen überlagert sind die Flussaufschüttungen sowie die Verlandungs- und Hinterwasserablagerungen der jüngsten Zeit. Die Auffüllung des Tales durch die Flüsse Vor rund 14'000 bestand ein zusammenhängender Bodensee, der bis in die Gegend von Bad Ragaz reichte. Bereits vor 10'000 Jahren lag die Südgrenze des Bodensees auf der Höhe von Oberriet. Zwischen Buchs und Sennwald dehnte sich ein Rheintalsee aus, dessen nördliche Uferlinie ungefähr im Bereich des heutigen Bangser Rietes verlief. Der Seespiegel dieses Rheintalsees lag rund 20 m über demjenigen des Bodensees (KELLER, 1989; vgl. Abb. 3). Innerhalb von nur 4'000 Jahren muss zwischen dem oberen und dem unteren Rheintal also ein Niveauunterschied entstanden sein. Eine Erklärung dafür liefert die III. Mit dem Eintritt ins Rheintal lagerte sie einen grossen Teil ihrer beachtlichen Geschiebefracht ab und staute damit den Rheintalsee auf. Die Auflandung des Rheintals beschränkte sich daher lange Zeit, d.h. bis zur vollständigen Verfüllung des Rheintalsees, hauptsächlich auf den südlichen Talabschnitt. Aufgrund der grossen Geschiebemengen des Rheins war der Rheintalsee bereits vor 6'000 bis 8'000 Jahren aufgefüllt. Von diesem Zeitpunkt an trugen der Rhein und die III ihre Fracht gemeinsam in den Bodensee. Innert weniger Jahrtausende verlandete der Rheintalast des Bodensees vollständig, und das einst steile Längsprofil zwischen dem oberen und dem unteren See wurde durch die abgelagerten Geschiebemassen flacher ausgebildet. Die Entwicklung des Reliefs nach der Talbildung Die vor 6'000 bis 8'000 Jahren im Groben vorgezeichnete Talfüllung wurde seither mannigfaltig verfeinert. Dazu sind die Vegetations- und Bodenentwicklung zu zählen wie auch die weitere Entwicklung der Fliessgewässer selber. Letztere hatten auch einen wesentlichen Anteil an der Reliefentwicklung im Gebiet Bangser und Matschelser Ried. Für die oberflächennahen Ablagerungen des Rheins und vergleichbarer Flüsse ist eine streifenförmige Gliederung charakteristisch. Im Nahbereich des Flusslaufes gelangen die Flusskiese und Sande zur Ablagerung. In weiterer Entfernung vom Flusslauf wird feines, siltiges Material abgelagert. Im Bereich des Hangfusses treten vermehrt die Schuttfächer der seitlichen Zuflüsse in Erscheinung, die mit 34 den Ablagerungen des Hauptflusses eng verzahnt sind.

Die grossen Geschiebemassen, welche im Nahbereich des Hauptstromes liegenbleiben, führen allmählich zu einer Überhöhung dieses Bereichs gegenüber dem Umland. Auf diese Weise bildet sich zwischen den Schwemmfächern am Hangfuss und dem Bereich des Hauptflusses eine Senke aus. Nur episodisch treten Ereignisse auf, die zu grossräumigen Laufverlegungen führen und die streifenförmige Ordnung durchbrechen bzw. entlang eines neuen Hauptlaufes wieder aufbauen. In diese Senken ergiessen sich das Oberflächenwasser der seitlichen Abb. 3: Bereits vor rund 1CTOOO Jahren war der einst zusammenhängende und bis in die Gegend von Bad Ragaz reichende Boden-Rheintalsee zweigeteilt. Urheber war die III, welche bei ihrem Austritt aus dem Walgau einen ausgedehnten Schwemmfächer ausbildete und den Rhein zurückstaute. Der Niveauunterschied zwischen den beiden Seen wurde durch nachfolgende Ablagerungen von Rhein und III ausgeglichen. Quelle: KELLER (1989) Keller, 89 Seen Land SchuKfâcher Schullkegel flufscjiotterung Verlondung 35

Zuflüsse wie auch die periodischen Hochwasser des Hauptflusses. Hier sammeln sich zudem häufig die Grundwasseraustritte aus dem höher gelegenen Kiesbett der Hauptrinne. In diesen Senken paart sich somit eine vielfältige Wasserzufuhr mit einer insgesamt eher wasserundurchlässigen Ausbildung des Untergrundes aufgrund des feinen Ablagerungsmaterials. Sie sind deshalb in hohem Masse vom fliessenden und stehenden Oberflächenwasser wie auch vom Grundwasser beeinflusst. Im Falle des Bangser und Matschelser Riedes wird die Beckenlage durch die Anordnung des Schellenberges und den Ill-Schwemmfächer noch akzentuiert. Gegen Nordosten schliesst der Ill-Schwemmfächer das Gebiet praktisch vollständig ab, so dass auch von dieser Seite eine Zufuhr von Grund- und Oberflächenwasser erfolgt. Sowohl in Bezug auf den Rhein wie auch auf die III, stellt das Becken von Bangs-Matschels einen ausgeprägten Hinterwasserbereich dar. Perioden ungestörter Feuchtgebietssukzession sind abgelöst worden von Überflutungsereignissen, in deren Folge neue Feinmaterial-Schichten abgelagert wurden. Unter solchen Voraussetzungen entstehen unterschiedliche Feuchtgebietstypen in wechselnder räumlicher Anordnung und in verschiedenen Entwicklungsstadien. Dieses Wechselspiel von Verlandung und Überschwemmung manifestiert sich beispielsweise im Bodenaufbau. Tonig-siltige Bodenhorizonte wechseln auf kurze Distanz mit Auflagen bzw. Einschlüssen von Torflagen (LUTZ, 1995). Einen wesentlichen Faktor in der Entstehungsgeschichte des Bangser und Matschelser Riedes bildet die menschliche Nutzung, auch wenn diese mehrhundertjährige Phase in den Massstäben der Entwicklungsgeschichte gerechnet noch ganz jung ist. MÜHLETHALER (1994) zeichnet anhand des Bannrietes bei Altstätten nach, dass die Flachmoore zunächst häufig, zumeist mit Pferden, beweidet wurden. Die Streuenutzung setzte erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein. Die damit einhergehenden Anstrengungen zur Trockenlegung der Moore erreichten allerdings erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts einen Durchbruch. Die Verbauungen des Rheins und der III verhinderten die periodischen Überschwemmungen und begünstigten die nachfolgende, grossräumige Absenkung des Grundwasserspiegels in vielen Gebieten des Rheintals. Damit sind auch die Gebiete Bangs und Matscheis von den dynamischen Naturereignissen weitgehend abgekoppelt worden. Sie entwickelten sich in den letzten hundert Jahren zu mehr oder weniger stabilen Nutzungsinseln, deren Erhaltung nach dem Wegfall der natürlichen Dynamik nur noch durch den Menschen gewährleistet werden kann. Ein geologischer Sonderling In keinem Zusammenhang mit der bisher beschriebenen Entwicklung des Gebietes steht das Bergle von Matscheis. Es überragt den Talboden um etwa 12 m und besteht aus Gesteinen des Helvetikums. Es gehört zu den treppenförmig in das Rheintal absteigenden Kreidefalten, die ihre rechtsrheinische Fortsetzung in den Faltenzügen von Götzis und Umgebung finden. 36

Literatur KELLER, 0. (1989): Die geologische Entwicklung des Alpenrheintals. Werdenberger Jahrbuch 1990, S. 12-19, Buchs. KELLER, 0. (1995): Kleine Geologie und Landschaftsgeschichte Vorarlbergs. Sonderdruck aus: Die Käfer von Vorarlberg und Liechtenstein, Band 2, Erster Vorarlberger Coleopterologischer Verein, Dornbirn, 35 S. LUTZ, S. (1995): Bodenuntersuchungen von gestörten Streuwiesen. Rheticus Heft 3&4 1995, 165-173, Feldkirch. MÜHLETHALER, E. (1994): Nutzungsgeschichte der Flachmoore in der Schweiz. Handbuch Moorschutz in der Schweiz, Band 1, Beitrag 3.2.3. Bern, 12 S. Anschrift des Autors Dipl. Geograph Heiner Schlegel Schulhausstrasse 20 CH-9470 Buchs 37