Workshop 20.9.2011 ADHS, Exekutive Funktionen, Berufswahl und Laufbahn 1. AD(H)S und exekutive Funktionen Was ist ADHS und was sind exekutive Funktionen? 2. Herausforderungen Familie: Bildschirme und Co. Schule: moderne Lehr- und Lernformen Freizeit: Leben nach dem Lustprinzip 3. Was tun? Exekutive Funktionen trainieren Psychotherapie: Michael C. Coaching: Mr. Erledigt, Miss Perfect 4. So können Berufs- und Laufbahnberater helfen
1. AD(H)S und exekutive Funktionen Exekutive Funktionen: Was, wo, wie, wann, warum, wer? Was Wo Wie Wann höchste Steuerungsfunktionen, Dirigent (Planung, Überwachung usw.) Frontallappen -> spät in der Hirn- Entwicklung Lernende gehen planvoll, reflexiv und aufmerksam vor EF entwickeln sich früh und über eine lange Dauer -> 30-40 Jahre lang; man geht davon aus, dass bereits im Schuleintrittsalter viele Lernende nicht einen entsprechenden Entwicklungsstand haben (Diamond, 2007); mit fortschreitender Entwicklung vergrössert sich diese Schere. Beim Eintritt in die
Berufslehre ist die Entwicklung der ef nicht bei allen Lernenden auf einem angemessenen Stand Warum beim Lernen und Problemlösen sehr wichtig; in Berufsausbildung extrem wichtig; für die Lebensbewältigung sehr wichtig (Moffitt et al. 2011) Wer Probleme damit haben ADS- Betroffene, Menschen mit Lernschwierigkeiten (Dyslexie, Dyskalkulie),
Exekutive Funktionen 1. Handlungsplanung: Ziele und Prioritäten setzen, Wege finden 2. Organisation des Verhaltens (innere und äussere) 3. Zeitmanagement, Zeitgefühl 4. Flexibilität des Verhaltens 5. Arbeitsspeicher 6. Selbststeuerung, Selbstregulation Selbstregulation der Aufmerksamkeit Selbstregulation des Affekts Impulskontrolle: Erst denken, dann handeln! Aufgaben anpacken Aufgaben gut zu Ende führen 7. Metakognitionen 8. Handlungskontrolle, -Korrektur und Reflexion
2. Herausforderungen für exekutive Funktionen In der Familie: Bildschirme und Co. keine Zeit zum Lernen zu wenig Zeit zum Schlafen am Bildschirm bis zum Einschlafen, was das Speichern erschwert körperlich unfit und schlapp In der Schule: moderne Lehr- und Lernformen sehr gute exekutive Funktionen erforderlich: Selbststeueung, Motivation, Gruppenunterricht ermöglicht, sich hinter den Motivierten zu verstecken Entdeckendes Lernen erlaubt es, andere entdecken zu lassen Frontalunterricht ist für ADHS-Betroffene einfacher zu bewältigen
In der Freizeit: Leben nach dem Lustprinzip wenig Frustrationstoleranz innere Spannungen werden mit Party, Drogen etc. abgebaut Marshmallow-Experiment (Mischel, W. et al. s. you tube) Moffitt et al. (2011): Menschen mit guter Selbststeuerung sind gesünder, weniger kriminell, schulisch und beruflich besser unterwegs, haben bessere soziale Beziehungen und mehr Geld
3. Was tun? Exekutive Funktionen trainieren Arbeitsspeicher-Trainings: braintwister, W. Perrig et al., 2008, Brunsting, 2006 ef trainieren Brunsting, 2007, 2011 Psychotherapie Bsp. Michael C. 13 Jahre Coaching Mr. Erledigt, 19 Jahre, KV, 3. Lehrjahr Miss Perfect, 21 Jahre, Jus-Studentin
Exekutive Funktionen Michael C., 13 Jahre 1. Handlungsplanung: Ziele und Prioritäten setzen, Wege finden Wie bereite ich mich auf die Prüfung vor? Welche ist die wichtigste? 2. Organisation des Verhaltens (innere und äussere) Wie richte ich meinen Arbeits/Lernplatz ein? Wie vergesse ich nichts? 3. Zeitmanagement, Zeitgefühl: Wie gehe ich vor, damit mir die Zeit nicht davonläuft? Wie teile ich sie am besten ein? 4. Flexibilität des Verhaltens Ist es sinnvoll, heute wieder so vorzugehen wie gestern? Bei dieser Aufgabe gleich vorzugehen wie bei der letzten? 5. Arbeitsspeicher Arbeitsspeichertraining (mit und ohne PC) 6. Selbststeuerung, Selbstregulation Selbstregulation der Aufmerksamkeit Wie kann ich meine Aufmerksamkeit überwachen? Wieder holen, wenn sie mir abhanden gekommen ist? Selbstregulation des Affekts Wie kann ich verhindern, meine Mutter anzuschreien? Impulskontrolle: Erst denken, dann handeln! Signalkarte auf Tisch legen Aufgaben anpacken Belohnung ausdenken Aufgaben gut zu Ende führen an die Belohnung denken 7. Metakognitionen Was habe ich heute gelernt? geübt? gemerkt? 8. Handlungskontrolle, -Korrektur und Reflexion Wie bin ich vorgegangen? Habe ich alles richtig gemacht? Muss ich etwas korrigieren? Wo kann ich das hier gelernte noch brauchen?
Mr. Erledigt, 19 Jahre, KV, 3. Lehrjahr Exekutive Funktionen 1. Handlungsplanung: Ziele und Prioritäten setzen, Wege finden Was mache ich zuerst, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme? 2. Organisation des Verhaltens (innere und äussere) Wie organisiere ich mich, dass ich alle Blätter finde, die ich zum Lernen brauche? 3. Zeitmanagement, Zeitgefühl Bin ich bisher mit der geplanten Zeit durchgekommen beim Lernen? Dauern Aufgaben eher kürzer oder länger als ich vorher denke? 4. Flexibilität des Verhaltens Ist es richtig, wieder so vorzugehen, wie bei der letzten Wirtschaftsprüfung? 5. Arbeitsspeicher Arbeitsspeichertraining (mit und ohne PC) 6. Selbststeuerung, Selbstregulation Selbstregulation der Aufmerksamkeit -> So aufmerksam bin ich jetzt! Wie hole ich meine Aufmerksamkeit wieder, wenn ich sie verloren habe? Selbstregulation des Affekts PC und Handy ausschalten beim Lernen. Wie schaffe ich es, meine Eltern nicht anzuschnauzen? Impulskontrolle: Erst denken, dann handeln! Merkblatt an der Wand. Achtsamkeit Aufgaben anpacken Wie schaffe ich es, Aufgaben anzupacken? Vorstellung, dass LAP bald da? Aufgaben gut zu Ende führen Vorstellung oder Belohnung? 7. Metakognitionen Was habe ich gemerkt, gelernt, geübt? 8. Handlungskontrolle, -Korrektur und Reflexion Was habe ich gemerkt? Was werde ich anders machen? Was gleich?
Miss Perfect, 21 Jahre, Jus-Studentin Exekutive Funktionen?klopfen? 1. Handlungsplanung: Ziele und Prioritäten setzen, Wege finden Sie plant sehr viel und genau: Vorsicht vor unmöglichen oder unsinnigen Plänen! 2. Organisation des Verhaltens (innere und äussere) Perfekte Ordnung und Organisation kann hinderlich sein. 3. Zeitmanagement, Zeitgefühl Wenn man berufstätig ist und studiert, kann man auch mit Hochbegabung nicht 10 500-seitige Bücher verarbeiten für die nächste Prüfung. Zeitplan machen und vorsichtig füllen 4. Flexibilität des Verhaltens Im Gymi konnte ich noch alles lernen, jetzt muss ich mich auf das Wichtige beschränken! 5. Arbeitsspeicher unauffällig, deshalb kein Training nötig 6. Selbststeuerung, Selbstregulation Selbstregulation der Aufmerksamkeit -> sich nicht in Details verrennen Selbstregulation des Affekts: Panik, Angst -> kogn. VT. Klopfen. Impulskontrolle: Erst denken, dann handeln! Kein Thema für Ms Perfect Aufgaben anpacken kein Thema Aufgaben gut zu Ende führen Pausen und Entspannung nicht vergessen 7. Metakognitionen Ich habe gelernt, nicht die ganzen Bücher zu lernen! Grosszügig zu sein! Wie ich mich wieder beruhigen kann! Vertrauen zu haben! 8. Handlungskontrolle, -Korrektur und Reflexion Ms Perfect blickt von sich aus zurück und überlegt, was sie daraus lernen kann.
4. Wie können Berufs- und Laufbahnberaterinnen helfen?
5. Literatur und Links Barkley, R. A. (2007): Attention-deficit Hyperactivity disorder. New York: Guilford Barkley, R.A. (2011). Workshop Bern 2011 Barkley, R.A., Murphy, K. & Fisher, M. (2008). ADHD in adults. Bauer, J. (2002). Das Gedächtnis des Körpers. Frankfurt: Eichborn Bauer, J. (2006). Prinzip Menschlichkeit. Hamburg: Hoffmann & Campe Bauer, J. (2006). Warum ich fühle, was du fühlst. Frankfurt: Eichborn Bauer, J. (2007). Lob der Schule. Hamburg: Hoffmann und Campe Blakemore, S. J. & Frith, U. (2006). Wie wir lernen. München: DVA Brunsting, M. (2005). ADS lernen und verlernen. Luzern: Edition SZH Brunsting, M. (2006). Aufmerksamkeitstraining. Schaffhausen: Schubiger Lernmedien Brunsting, M. (2007). Träumer oder ADS? Oberuzwil: Verlag am Weiher Brunsting, M. (2009). Lernschwierigkeiten: Wie exekutive Funktionen helfen können. Bern: Haupt. 2. Auflage erscheint im Okt. Brunsting, M., Keller, H.-J. & Steppacher, J. (2004): Teilleistungsschwächen. Luzern: Edition SZH Diamond, Adele (2005) s. Website Duckworth, A.L. & Seligman, M. (2006). Self-discipline outdoes IQ in predicting academic performance of adolescents. Psychological Science, 16(12), 939-944 Eigsti, I., Zayas, V., Mischel, W. et al. (2006). Predicitive cognitive control from preschool to late adolescence and young adulthood. Psychological science, 17, 478-484 Klauer, KJ & Leutner, D (2007). Lehren und Lernen. Weinheim: BeltzPVU Klingberg, T. (2008) Arbeitsgedächtnistraining. Online-Publikation http//www.cogmed.com/cogmed/articles/de/29aspx Klingberg, T., Fernell, E., Olesen, P.J., Johnson, M., Gustafsson, P., Dahlström, K., Gillberg, C.G., Forssberg, H. & Westerberg,H. (2005): Computerized Training of Working Memory in Children with ADHD. J. am.acad. Child Adolesc. Psychiatry, 44:2, 177-186). McCloskey, G., Perkins, L.A. & Divner, B.V. (2009): Assessment and intervention for executive Function difficulties.. New York: Routledge Mezzacappa, E. & Buckner, J.C. (2010) Working memory training for children with attention problems or hyperactivity: A school based pilot study. School mental health, 2010 doi 10.1007/s12310-010-9030-9 Mischel, W. (2006) (s. Eigsti et al.) Moffitt, T.E., Arsenault,. Belsky, D. et al. (2011). A gradient of childhood self-control predicts health, wealth, and public safety. www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1010076108 Perrig, J. W., Jaeggi, S. M., Buschkuehl, M., Jonides, J. (2008). Improving fluid intelligence with training on working memory. Proceedings of the National Academy of Sciences, advanced online publication, doi: 10.1073.http://www.pnas.org/cgi/content/abstract/0801268105v1 Roth; G. (2011). Bildung braucht Persönlichkeit. Stuttgart: Klett-Cotta Seligman, M. (2003). Der Glücksfaktor. Bergisch-Gladbach: Ehrenwirth Seligman, M. (2011). Flourishing. New York: Free press
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