Blitzschutzkonzept für eine netz-autarke Hybridanlage am Beispiel der Anlage VATALI auf Kreta



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Transkript:

Blitzschutzkonzept für eine netz-autarke Hybridanlage am Beispiel der Anlage VATALI auf Kreta Prof. Dr.-Ing. Alexander Kern, Dr. rer. nat Apostolos Neskakis Fachhochschule Aachen, Abt. Jülich Dipl.-Ing. Klaus-Peter Müller Dehn+Söhne GmbH & Co., Neumarkt/Opf. 1. Hintergrund und Aufgabenstellung Netz-autarke Anlagen bestehen üblicherweise aus einer oder mehreren Photovoltaik- (PV-) Anlagen, ggf. auch Solarthermie- (ST-) Anlagen und einem oder mehreren kleineren Windgeneratoren (sie werden deshalb auch als Hybridanlagen bezeichnet) und werden vor allem in Gegenden mit sehr schlechter öffentlicher Energieversorgung eingesetzt, d.h. insbesondere in rel. dünn bewohnten Gebieten und in Entwicklungsländern. Der Blitzschutz von netz-autarken Hybridanlagen ist ein bislang noch vergleichsweise unzureichend bearbeitetes Fachgebiet. Für große Windenergie-Anlagen (WEA) wurde in den letzten Jahren eine Zahl von FuE-Projekten durchgeführt, zum Großteil finanziert durch die öffentliche Hand, zum kleineren Teil auch durch die Industrie, d.h. die WEA- Hersteller. Dabei wurden bestehende Defizite im Design der WEA festgestellt und Maßnahmen vorgeschlagen, die vor den mechanischen Zerstörungen insbesondere des Rotors und vor den Störungen und Zerstörungen an den elektrischen / elektronischen Systemen der WEA weitgehend Schutz bieten [1, 2, 3]. Der Stand-der- Normung ist im Entwurf DIN VDE 0127 Teil 24 Blitzschutz für Windenergieanlagen (dt. Übersetzung des internationalen Drafts IEC 61400-24 Wind turbine generator systems; Part 24: Lightning Protection ) dokumentiert [4]. Die Maßnahmen sind allerdings insbesondere für größere WEA vorgesehen; im Falle kleinerer WEA lassen sie sich nur bedingt umsetzen. Trotzdem sind auch kleinere WEA rel. stark blitzeinschlaggefährdet, wenn sie auf einer Bergkuppe o.ä. platziert werden. Für solche kleinere WEA, wie sie bei Hybridanlagen üblicherweise Verwendung finden, müssen die Blitzschutzmaßnahmen aus der DIN VDE 0127 Teil 24 angepasst werden. Für PV- und ST-Anlagen ist eine entsprechende Blitzschutz-Norm noch nicht in Sicht. Hier ist vor allem der Schutz gegen direkte Blitzeinschläge in die Anlage bzw. die Gebäude noch nicht ausreichend beachtet. Blitzfangeinrichtungen sind oft nicht vorgesehen. In aller Regel hat man dabei bisher eine Ausführungsform des Blitzschutzes realisiert, die primär einen Ferneinschlag berücksichtigt und die dabei entstehenden induzierten, rel. energieschwachen Überspannungen durch schwächere Schutzelemente wie Rückstromdioden, Bypassdioden und zum Teil thermisch überwachte Varistoren begrenzt [5, 6, 7]. Diese Schutzelemente können allerdings bei Naheinschlägen bzw. Direkteinschlägen überlastet und damit zerstört werden. Darüber hinaus können Nahoder Direkteinschläge auch zur Schwächung der elektrischen Festigkeit der PV- Modulisolierung führen. Die Folge davon sind lokale extreme Wärmeentwicklungen, die sogar ein Schmelzen von Glas (sekundärer Langzeiteffekt) hervorrufen könnten.

Bei einem Blitzeinschlag in die netz-autarke Hybridanlage VATALI auf Kreta im Jahre 2000 wurden sowohl einige mechanische wie auch elektrische Komponenten der Anlage zerstört bzw. zum Teil schwer beschädigt. Die Anlage VATALI besaß zum Zeitpunkt des Blitzeinschlags keinen wirksamen Blitzschutz. Der Gesamtschaden der Hardware belief sich auf ca. 60.000,- EURO. Die exponierte Stellung der Anlage auf einer Bergspitze stellte und stellt nach wie vor ein enormes Blitzeinschlag-Risiko dar, so dass auch zukünftig mit Blitzeinwirkungen gerechnet werden muss. Die Anlage wurde inspiziert, blitzschutz-technische Erfordernisse definiert und daraus Ertüchtigungsmaßnahmen abgeleitet, die mit überschaubarem Aufwand realisierbar sind. 2. Beschreibung der Hybridanlage VATALI Das Zentrum C.A.R.E. (Centre for the Application of Renewable Energies) in VATALI wird von der Fachhochschule Aachen gemeinsam mit der Gemeinde Prasses, der örtlichen landwirtschaftlichen Genossenschaft, der Technischen Hochschule TEI Kreta und dem ITC-CIEA aus Gran Canaria aufgebaut. Diese Projekte wurden durch die AG- Solar NRW, die EU und die restlichen Partner gefördert. Das erste Projekt war die Errichtung eines PV-betriebenen Kühlhauses im Jahr 1994. Am 6. Juli 1997 wurde das Zentrum durch das nordrhein-westfälische MWF (heute MSWWF) und das griechische Ministerium für Landwirtschaft eingeweiht (Bild 1). Bild 1: Gesamtübersicht der Anlage VATALI

Die wesentlichen Merkmale des Zentrums sind: Internationales und interdisziplinäres Forschungs-, Aus- und Weiterbildungszentrum; Erforschung, Demonstration und Verbreitung von Technologien für den ländlichen Raum: Technologien für regenerative Energieerzeugung und Nutzung (Photovoltaik (PV), Wind, Biogas, Wasser), Hybridsysteme zur dezentralen Energieversorgung, Lagerung und Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte, Wasser- und Abwassertechnologie; Einbindung in Netzwerke mit Kooperationspartnern im Mittelmeerraum; Integrale Lösungen zur nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung ländlicher Gebiete (Energie, Wasser, Landwirtschaft, Umweltschutz, Wiederherstellung des natürlichen Gleichgewichts). Neben den Systemen in VATALI umfasst das Konzept des C.A.R.E. auch Projekte an Standorten in der näheren Umgebung (z.b. die Meerwasserentsalzungsanlage, Abwassertechnologien). Das Zentrum bietet eine im östlichen Mittelmeerraum einzigartige Möglichkeit zur Erforschung, Entwicklung, Demonstration und Verbreitung regenerativer Energietechnologien und ihrer Anwendung. Es stellt die Infrastruktur für weitere Projekte mit lokalen und europäischen Partnern aus Hochschulen und Unternehmen. In Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern bietet es zahlreichen Studenten der FH Aachen die Möglichkeit zur Durchführung von Praxissemestern und Diplomarbeiten (zusammen 135 in sieben Jahren). Wichtig ist dabei die Zusammenarbeit mit kleinen und mittleren Unternehmen aus Deutschland, Griechenland und Spanien, da diese dabei die Erfahrung gewinnen, die ihnen die eigene Durchführung und Verbreitung von Projekten im Bereich der regenerativen Energien ermöglichen. Schulungen, Aus- und Weiterbildungskurse gewährleisten den Technologietransfer aus dem FuE-Bereich an die Unternehmen, da erst die Fähigkeit der regionalen Unternehmen zur Installation und Wartung regenerativer Techniken deren erfolgreichen Betrieb in kommerziellen Anwendungen ermöglicht. Die Energie der Käserei und der gesamten Beleuchtung der Anlage wird durch eine Hybridanlage, bestehend aus einem Photovoltaik-Generator, zwei Windgeneratoren, einem Biogasgenerator und einem Dieselgenerator bereitgestellt. Die verschiedenen Generatoren sind gleichstromseitig miteinander gekoppelt (Bild 2). Da die Verbraucher mit einer Spannung von 230 V Wechselstrom versorgt werden müssen, wird ein Wechselrichter eingesetzt. Die erzeugte Energie wird entweder direkt der Käserei zugeführt oder in Batterien mit einer Kapazität von 1200 Ah gespeichert. Der Dieselgenerator dient lediglich als Notstromversorgung. Dadurch ist die Energieversorgung der Käserei bei geringer solarer Einstrahlung und nachts gewährleistet. Der Batteriespeicher ist so ausgelegt, dass er den Betrieb für 2,6 Tage ununterbrochen aufrecht erhalten kann, ohne selber wieder aufgeladen zu werden. Ein Biogastank sorgt für eine zusätzliche Reserve von Biogas, so dass der Biogasgenerator auch dann eingesetzt werden kann, wenn die Batterien leer sind.

Bild 2: Schematische Darstellung der Hybridanlage Die elektrische Energie für den Eisspeicher und seine Verbraucher stellt ein Photovoltaik-Generator mit 3,8 kw p zur Verfügung (Bild 3). Die Module wurden auf ein Spannungsniveau von 48 V verschaltet. Die erzeugte Energie wird entweder in einem Batteriesatz von 800 Ah gespeichert, oder über einen Wechselrichter zum Betrieb der Kompressoren direkt genutzt, von denen die elektrische Energie in Kälte umgewandelt wird und somit, falls nicht direkt benötigt, einer latenten Speicherung im Eisspeicher zugeführt wird. Der Akkumulator wird nur zum Starten der Kompressoren und zum Betrieb der elektrischen Verbraucher (Pumpe, Regelung etc.) in der Nacht benötigt. Bild 3: Schematische Darstellung der Energieversorgung Eisspeicher

Das Kühlhaus wird durch einen Photovoltaik-Generator mit einer Leistung von 4,5 kw P versorgt (Bild 4). Der Generator wurde in Gruppen auf ein Spannungsniveau von 48 V zusammengeschaltet. Der Laderegler überwacht den Ladezustand der Batterie, um unerwünschte Effekte zu verhindern. Um den Kühlbedarf auch in der Nacht und an sonnenarmen Tagen zu decken, wurde ein Batteriespeicher von 800 Ah installiert. Dieser Speicher garantiert eine Systemautonomie von 15 Tagen. Für den auf 230 V Wechselstrom arbeitenden Kompressor musste ein Wechselrichter eingebaut werden, der den vom Solargenerator erzeugten 48 V Gleichstrom auf den benötigten Wechselstrom transformiert. Bild 4: Schematische Darstellung Kühlhaus 3. Konzept und Anforderungen für den Blitzschutz Das Blitzschutzkonzept für eine Hybridanlage muss grundsätzlich für zwei unterschiedliche Bedrohungsfälle ausgelegt sein: - Schutz vor den Auswirkungen direkter Blitzeinschläge in die Anlagenkomponenten selbst bzw. die Gebäude der Anlage; - Schutz vor Blitzüberspannungen an den Komponenten der Hybridanlage, die auch durch indirekte Blitzeinschläge hervorgerufen werden können. Der Schutz vor den Auswirkungen direkter Blitzeinschläge ist im wesentlichen Gegenstand der deutschen Vornorm DIN V ENV 61024-1 (VDE V 0185 Teil 100):1996-08 [8]. Diese Norm ist aktuell international in der Überarbeitung. Die neueren Erkenntnisse finden sich im Normentwurf [9]. Weitergehende Anwendungsbeispiele sind in [10] dokumentiert. Die Inhalte dieser Normen und Normentwürfe werden im hier beschriebenen Konzept grundsätzlich berücksichtigt. Weitergehende Anforderungen an den Schutz vor Blitzüberspannungen (LEMP-Schutz) richten sich insbesondere nach der deutschen Norm DIN VDE 0185-103 (VDE 0185 Teil 103):1997-09 [11]. Diese wurde in Teilbereichen auch hier umgesetzt. Die Anlage VATALI besaß zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Konzepts keinen wirksamen Blitzschutz, wenn man von den Erdungsmaßnahmen absieht. Hier handelt

es sich deshalb um eine Ertüchtigung bzw. Ersteinrichtung eines Blitzschutzsystems an einer vorhandenen Anlage. Dabei müssen natürlich die bestehenden Rahmenbedingungen beachtet werden. Insofern sind nicht mehr alle in den o.g. Normen bzw. Normentwürfen geforderten Maßnahmen umzusetzen. Dann muss mit Ersatzmaßnahmen versucht werden, dass jeweilige Schutzziel zu erreichen. Im Einzelnen setzt das Konzept für den Blitzschutz der Anlage VATALI folgende Schutzziele um: - Die Windenergie-Anlagen (WEA) und die PV-Generatoren werden durch isolierte Blitzschutzsysteme vor direkten Blitzeinschlägen geschützt. - Die Gebäude der Anlage (Elektro-Haus, Appartement-Haus/Käserei) werden mit kompletten Blitzschutzsystemen ausgerüstet. - Die elektrischen Leitungen von den WEA und von der Biogas-Anlage zum Elektro-Haus werden beidseitig mit blitzstromtragfähigen Überspannungs- Schutzgeräten (SPD) versehen. - Die elektrischen Leitungen zwischen Elektro-Haus und Appartement- Haus/Käserei sowie innerhalb der beiden Häuser werden mit Überspannungs- Schutzgeräten versehen, die nicht blitzstromtragfähig sein müssen. - Die elektrischen Leitungen vom Elektro-Haus zu den PV-Generatoren sind bereits mit nicht blitzstromtragfähigen Überspannungs-Schutzgeräten ausreichend geschützt. 4. Schutz bei direkten Blitzeinschlägen 4.1 Windenergie-Anlagen Bild 5: Windenergie-Anlage

Die beiden WEA (Bild 5) werden jeweils mit einem isolierten Blitzschutzsystem geschützt (Bild 6). Dies ist erforderlich, da die WEA nicht für direkte Blitzeinschläge ausgelegt sind und auch nicht entsprechend nachgerüstet werden können. Ein direkter Blitzeinschlag würde damit nicht tolerierbare mechanische Schäden verursachen. Dazu wird für jede WEA in einer Entfernung von ca. 5 m eine Fangstange mit einer Höhe von ca. 25 m aufgestellt, die die WEA um ca. 8 m überragt (vgl. Bild 5). Die Fangstange und die vier metallenen Abspannseile werden jeweils auf kleine Fundamenterder geführt, um den Blitzstrom sicher ins Erdreich einzuleiten. Von der Fangstange wird zum Fußpunkt der WEA zum Zwecke des Blitzschutz-Potentialausgleichs eine Kupferleitung gezogen. Die WEA wird damit vor Blitzeinschägen mit Blitzstrom-Scheitelwerten i max > 10 ka geschützt [9]. Für einen noch weitergehenden Schutz hätten die WEA durch jeweils zwei Fangstangen mit überspannender Fangleitung geschützt werden müssen. Dieser Aufwand erschien hier nicht gerechtfertigt. Klemmkasten mit SPD FE FE < 5m Klemmkasten mit SPD WEA 16mm 2 Cu Fangstange ca. 25m Fundamenterder (FE) Abspannseile FE Abspannseile FE 16mm 2 CU zur 2. WEA Bild 6: Blitzschutz-Maßnahmen an den Windenergie-Anlagen (hier nur für eine WEA dargestellt) 4.2 Photovoltaik-Generatoren Die drei PV-Generatoren (Bilder 7 und 8) werden durch vier Fangstangen geschützt (Bild 9). Die vier Fangstangen werden durch zwei neue Erdungsleitungen mit den Erdungsanlagen (Ringerdern) von Elektro-Haus und Appartement-Haus/Käserei verbunden. Die Fangstangen und Erdungsleitungen haben von den Gestellen der PV- Generatoren einen Mindestabstand von 2 m. Zusätzlich dazu werden die Staberdungen der drei Gestelle aufgehoben und stattdessen vom Ringerder des Elektro-Hauses neue Potentialausgleich-Leitungen zu den Gestellen verlegt, die gegenüber dem Erdreich isoliert sind. Dadurch wird das galvanische Einkoppeln von Teil-Blitzströmen in die Verkabelung der PV-Generatoren verhindert. Die an den PV-Generatoren vorhandenen Schutzdioden und die im Elektro-Haus für die PV-Generatoren 1 und 2 installierten, nicht blitzstromtragfähigen Überspannungs-Schutzgeräte müssen damit nicht ausgetauscht werden (vgl. Kapitel 5.2).

Bild 7: PV-Generator 1 und 3 vor Elektro-Haus Bild 8: PV-Generator 2 mit Appartement-Haus

Erdleitung (neu) Appartement-Haus 2m PV-Gen. 1 PV-Gen. 2 2m PV-Gen. 3 16mm Cu, isoliert 2 16mm Cu, isoliert 2 2m Erdungsleitung (vorhanden) Erdungsleitung (neu) Ringerder (neu) PAS Elektro-Haus 4 Fangstangen h=6m; Abstand zu PV-Generatoren mind. 2m Erdleitung Ringerder Biogas-Anlage Bild 9: Blitzschutz-Maßnahmen an den PV-Generatoren 4.3 Elektro-Haus Das Elektro-Haus wird mit einem kompletten Blitzschutzsystem ausgerüstet (Bild 10). Am Dachrand wird eine Fangleitung verlegt und mit vier Ableitungen am vorhandenen Ringerder angeschlossen. Das vorhandene Blechdach, das nur einen Teil des Daches abdeckt, wird mit einbezogen. Der Temperaturmesser auf dem Dach wird mit einer Fangstange vor direkten Einschlägen geschützt. Vom Ringerder wird eine (möglichst kurze) Potentialausgleich-Leitung zu einer neu zu errichtenden Potentialausgleich- Schiene (PAS) im Elektro-Raum verlegt. An die neue PAS werden nur die blitzstromtragfähigen Überspannungs-Schutzgeräte im Elektro-Raum angeschlossen.

Erdungsleitung zu Appartement-Haus Temperaturmesser Blechdach Anschluss an Blechdach Fangleitung Fangstange h=1m Ableitung Erdungsfahne Erdungsleitung zu Biogas-Anlage Ringerder Bild 10: Blitzschutz-Maßnahmen am Elektro-Haus 4.4 Appartement-Haus/Käserei Das Appartement-Haus/Käserei wird ebenfalls mit einem kompletten Blitzschutzsystem ausgerüstet (Bild 11). Auf dem Dach werden Fangleitungen verlegt, vorhandene Blechdächer werden angeschlossen. Insgesamt neun Ableitungen verbinden die Fangeinrichtungen mit dem neuen Ringerder, der komplett um das Gebäude verlegt wird. Die Verlegetiefe sollte mindestens 50 cm betragen. Dachaufbauten sind aktuell nicht geplant; sollten solche zukünftig erforderlich werden, so sind entsprechende Fangstangen, etc. zum Schutz vor direkten Einschlägen zu installieren. Das Heizungsrohr am Appartement-Haus ist unten und oben an die parallel verlaufende Ableitung anzuschließen. In das Gebäude soll zukünftig ein Restaurant integriert werden. Die Ableitungen sind deshalb bis zu einer Höhe von 2,5 m über dem jeweiligen Fußboden-Niveau mit einer PVC-Isolierung zu versehen, um Berührungsspannungen zu vermeiden. Im Gebäude werden insgesamt vier Potentialausgleich-Schienen (PAS) eingebaut (Verteilung Appartement-Haus, Heizungsraum, Verteilung Käserei, Eisspeicher). Von den vier PAS werden Potentialausgleich-Leitungen (isoliert) zum gemeinsamen Anschlusspunkt an den Ringerder (Außenwand Appartement-Haus; vgl. Bild 11) verlegt. Dadurch werden bei Blitzeinschlag Ausgleichströme im Gebäudeinneren verhindert. Die durch diese Maßnahme entstandenen Isolierungsanforderungen zwischen Elektroinstallation im Gebäude und Blitzschutzsystem außen am Gebäude müssen beachtet werden. Ein Trennungsabstand von ca. 25 cm erscheint hier ausreichend. Er gilt im gesamten Gebäude.

Eisspeicher 4 Potentialausgleich- Schienen (verteilt im Gebäude, mit isolierten Cu-Seilen an zentrale Anschlussstelle geführt) Käserei Erdungsleitungen zu Elektro-Haus Fangleitungen (auf Dach, an Dachrand Anschluss an Blechdach) PAS Appartement-Haus Fangleitungen (auf Attika, an 4 Ecken Anschluss an Blechdach) Restaurant (im Bau, Schutz noch zu planen) Ableitungen (bis 2,5m über jeweiligem Bodenniveau PVC-verhüllt) Ringerder 2 (Band oder Runddraht, >50mm Fe, verzinkt) Bild 11: Blitzschutz-Maßnahmen am Appartement-Haus/Käserei 5. Einsatz von Überspannungs-Schutzgeräten 5.1 Windenergie-Anlagen Die elektrische Verkabelung der beiden WEA wird beidseitig an den WEA und im Elektro-Haus mit blitzstromtragfähigen Überspannungs-Schutzgeräten SPD (Ableiter Typ B) geschützt [12, 13]. An den WEA werden die SPD im Klemmkasten untergebracht (Bild 12). Der PE wird an den Metallmast der WEA angeschlossen. Die Positionsleuchten werden zukünftig auf einer Fangstange angebracht, die die WEA um ca. 8 m überragt. Die Versorgungsleitung wird in einem Klemmkasten am Fuß der Fangstange mit blitzstromtragfähigen SPD beschaltet. Der PE wird an die metallene Konstruktion angeschlossen. Die Verkabelung in den Klemmkästen muss blitzstromfest ausgeführt werden. Die WEA können der Überspannungskategorie IV zugeordnet werden (6 kv Stoßfestigkeit). Ein weitergehender Schutz der elektrischen Einrichtungen mit SPD Ableiter Typ C, ggf. in Verbindung mit Entkopplungsdrosseln, ist daher nicht mehr erforderlich.

Bild 12: Klemmkasten an Windenergie-Anlage 5.2 Photovoltaik-Generatoren An den PV-Generatoren werden keine Maßnahmen durchgeführt. Die dort installierten Schutzdioden an den Modulen werden nicht ausgetauscht. Durch das neue Blitzschutzund insbesondere Erdungskonzept der Gestelle der PV-Generatoren wird eine galvanische Einkopplung von Teil-Blitzströmen in die Verkabelung der PV-Generatoren verhindert. Sollte sich bei erneuten Blitzeinwirkungen herausstellen, dass die Schutzdioden auch durch induktive Spannungseinkopplungen energetisch überlastet werden, so müssen sie noch nachträglich ausgetauscht werden. Die in den Schaltschränken im Elektro-Haus in den Generator-Ableitungen installierten SPD Ableiter Typ C sind auch für diesen Fall ausreichend dimensioniert. Die wenigen elektrischen Messungen an den PV-Generatoren erscheinen nach dem neuen Blitzschutz- und Erdungskonzept als ausreichend gesichert, so dass hier zunächst keine weiteren Schutzmaßnahmen realisiert werden. Sollten an den Messkreisen bei zukünftigen Blitzeinwirkungen unzulässig hohe Spannungen auftreten, so müssten dafür noch geeignete Überspannungs-Schutzgeräte eingebaut werden. 5.3 Elektro-Haus Im Elektro-Haus (Bild 13) werden die blitzstromtragfähigen SPD Ableiter Typ B an der elektrischen Verkabelung von den WEA in einem neu zu installierenden Blitzschutzkasten direkt am Kabeleintritt (Bild 14) untergebracht. Dazu kommt die Versorgungsleitung der Biogas-Anlage, die ebenfalls mit SPD Ableiter Typ B beschaltet werden muss. Von diesem Blitzschutzkasten, der ausschließlich SPD Ableiter Typ B enthält, wird ein eigener, möglichst kurzer Anschluss an den Ringerder des Elektro- Hauses installiert. Für die zwei Starkstrom-Leitungen von den beiden WEA werden darüberhinaus eingangsseitig an den Gleichrichtern SPD Ableiter Typ C in eigenen

Blitzschutzkästen gesetzt. Vor die Ableiter Typ C werden Entkopplungsdrosseln installiert, da die Kabel zu den Ableitern Typ B nur wenige m lang sind. Neuer Anschluss an Ringerder Leitungen zu PV-Generatoren 7 Leitungen zu Appartement- Haus/Käserei 4 Leitungen zu WEA und Biogas-Anlage Anschluss an vorhandene PAS Blitzschutzkasten (Ableiter Typ C) Blitzschutzkasten (Ableiter Typ B) großer Wechselrichter PV-Generator 1 (Ableiter Typ C) Hauptverteilung großer Wechselrichter (Ableiter Typ C) Gleichrichter WEA 1+2 (Ableiter Typ C und Entkopplungsdrossel DEHNbridge 63A) PV-Generator 1 (Ableiter Typ C vorhanden) PV-Generator 2 (Ableiter Typ C vorhanden) Elektro-Raum Wechselrichter PV-Generator 1+2 Verteilung Elektro-Haus (Ableiter Typ C) Bild 13: Überspannungs-Schutzgeräte im Elektro-Haus (Elektro-Raum) Am Eintritt der insgesamt sieben Leitungen aus dem Appartement-Haus/Käserei (vgl. Bild 14) wird ein Blitzschutzkasten gesetzt, in dem vier Leitungen mit SPD Ableiter Typ C beschaltet werden. Zwei weitere Leitungen führen direkt in die Hauptverteilung großer Wechselrichter. Dort werden an den Sammelschienen SPD Ableiter Typ C installiert, so dass damit am Gebäudeeintritt der beiden Leitungen keine weiteren

Maßnahmen erforderlich sind. Bei der letzten Leitung (Messung 0... 20 ma aus dem Eisspeicher) wird nur der Kabelschirm geerdet (die Erdung des Kabelschirms erfolgt beidseitig, d.h. auch im Eisspeicher). Von dem o.g. Blitzschutzkasten für die SPD Ableiter Typ C wird eine möglichst kurze Potentialausgleich-Leitung zur vorhandenen Potentialausgleich-Schiene (PAS) gezogen. Bild 14: Kabeleintritte in Elektro-Raum (links: PV-Generatoren; Mitte: Appartement-Haus/Käserei; rechts: WEA und Biogas-Anlage) Bild 15: Kabeleintritt großer Wechselrichter (PV-Generator 1)

Bild 16: Verteilung im Elektro-Haus Über die bereits o.g. SPD hinaus werden im Elektro-Haus noch Ableiter Typ C in folgenden Geräten und Verteilungen gesetzt: im großen Wechselrichter (Bild 15), in der Verteilung Elektro-Haus (Bild 16) und im Schaltkasten Dieselraum (nicht in Bild 13 dargestellt). Beim Einsatz und der Auswahl der Ableiter Typ B und C ist die jeweilige Netzform und Spannungsebene zu berücksichtigen. Die Netze der WEA sind IT Drehstromnetze 400 V, nach den beiden Gleichrichtern Gleichstromnetze +120 V, die Netze der PV-Generatoren sind Gleichstromnetze +60 V (Gen. 1 und 2) bzw. +120 V (Gen. 3), das Versorgungs-Netz wird in den Wechselrichtern als TN-C-S Drehstromnetz 400 V gebildet. 5.4 Appartement-Haus/Käserei und Biogas-Anlage An der Biogas-Anlage wird lediglich die Versorgungsleitung aus dem Elektro-Haus in einem neuen Blitzschutzkasten mit SPD Ableiter Typ B beschaltet. Der Blitzschutzkasten wird unmittelbar am Metallgehäuse der Biogas-Anlage installiert und von dort ein Anschluss zur Erdungsleitung vorgenommen. Im Appartement-Haus/Käserei werden in folgenden Verteilungen bzw. Geräten SPD Ableiter Typ C installiert (vgl. Bild 11): in Verteilung Appartement-Haus, in Verteilung Käserei, im Heizungsraum (Heizungsstab +/- gegen PE) in eigenem Gehäuse, im Eisspeicher (zwei Wechselrichter-Leitungen) entweder in eigenen Gehäusen oder in vorhandenen Anschlusskästen. Nicht-benutzte Adern der Leitungen im Eisspeicher werden zweckmäßigerweise direkt (nicht über Ableiter) an den PE angeschlossen, d.h. geerdet. Bei der Messleitung (0... 20 ma) zum Elektro-Haus wird nur der Kabelschirm an den PE angeschlossen. Von den SPD in und an den genannten vier Verteilungen bzw. Geräten erfolgt ein möglichst kurzer Anschluss zu den dort installierten Potentialausgleich-Schienen (PAS: vgl. Kapitel 4.4).

Der Schutz der Verkabelung zwischen Elektro-Haus und Appartement-Haus/Käserei lediglich mit SPD Ableitern Typ C ist ausreichend für übliche Blitzeinwirkungen, auch für direkte, nicht zu stromstarke Blitzeinschläge in die Gebäude. Im Falle von sehr stromstarken direkten Blitzeinschlägen könnten die Ableiter Typ C energetisch überlastet werden. Dieses Szenario erscheint zwar aufgrund der Geländestruktur als sehr unwahrscheinlich. Langfristig soll in einem zweiten Schritt allerdings auch diese Lücke im Blitzschutzkonzept noch geschlossen werden. Dazu sind zwei Alternativen denkbar: Beschaltung aller Leitungen zwischen Elektro-Haus und Appartement- Haus/Käserei mit blitzstromtragfähigen SPD Ableitern Typ B oder Einbettung der Verkabelung in einen flexiblen geschirmten Kabelschutzschlauch, d.h. Schirmung der Verkabelung [11]. Die erste Alternative ist wegen des Ableitereinsatzes sehr aufwändig, die zweite bedarf lediglich Erdarbeiten. Es bietet sich deshalb an, wenn aus anderen Gründen Erdarbeiten erforderlich sind oder zusätzliche Leitungen gezogen werden müssen, die Kabeltrasse auf der gesamten Länge mit einem flexiblen, geschirmten Kabelschutzschlauch zu überziehen. Dies ist mit geeigneten Materialien auch nachträglich möglich [14]. Der Kabelschutzschlauch ist auf der gesamten Länge elektrisch leitend durchzuverbinden und beidseitig sowohl an die Ringerder als auch an die Potentialausgleich-Schienen (PAS) am Gebäudeeintritt möglichst impedanzarm aufzulegen. 6. Ausblick Alle Blitzschutzmaßnahmen, insbesondere auch die Maßnahmen des Überspannungsschutzes, sollten fachmännisch unter Berücksichtigung der einschlägigen Installationshinweise eingebaut bzw. realisiert werden. Nach Installation aller Maßnahmen ist eine Überprüfung bzw. Abnahme durch einen unabhängigen Experten vorgesehen. In und an der Anlage VATALI als Forschungsstätte finden ständig Erweiterungen, Neuinstallationen und Modifikationen statt. Diese müssen sich in das dargestellte Blitzschutz-Konzept einfügen. Dies sollte wiederkehrend im zeitlichen Abstand von etwa einem Jahr überprüft werden. Aufgrund des vermehrten Einsatzes von netz-autarken Hybridanlagen und aufgrund der exponierten Lage solcher Anlagen ist zunehmend mit Blitzeinschlägen in die Anlagen bzw. deren Komponenten zu rechnen. Besitzt die Anlage keine Schutzmaßnahmen gegen Blitzeinwirkungen, so ist mit der Zerstörung von bzw. Schäden an wichtigen Anlagenkomponenten zu rechnen. Die Folge sind lange Ausfallzeiten, da die Reparatur personell und materiell sehr aufwändig ist. Unter Umständen muss auch der Totalverlust der Anlage beklagt werden. Darüber hinaus fällt die Energieversorgung der am netz-autarken Hybridsystem angeschlossenen Verbraucher eventuell für längere Zeit aus, mit von Fall zu Fall sehr unterschiedlichen möglichen Konsequenzen (Verderben von Lebensmitteln, Ausfall von Produktionsprozessen, Ausfall der Infrastruktur, sinkende Akzeptanz der Hybridanlagen). Am Beispiel der Anlage VATALI auf Kreta, die im Jahre 2000 Opfer eines direkten Blitzeinschlages war, konnte gezeigt werden, dass mit noch akzeptablem Aufwand ein technisch/wirtschaftlich ausgewogener Schutz vor Blitzeinwirkungen realisiert werden kann. Die reinen Materialkosten der o.g. Maßnahmen liegen in der Größenordnung von ca. 15.000,- EURO, wobei jeweils etwa die Hälfte auf den Schutz vor direkten Einschlägen und den Überspannungsschutz entfällt. Naturgemäß ist eine solche

Nachrüstung immer aufwändiger als eine Berücksichtigung der blitzschutz-technisch relevanten Anforderungen gleich bei Errichtung der Anlage. Beim Bau neuer netzautarker Hybridanlagen kann demzufolge mit einer weiteren Reduzierung der Kosten für Blitzschutzmaßnahmen gerechnet werden. Festzuhalten bleibt, dass dem Blitzschutz netz-autarker Anlagen zukünftig steigende Bedeutung zukommt. Dabei ist auf aus technisch/wirtschaftlicher Sicht ausgewogene bzw. sinnvolle Schutzmaßnahmen zu achten. Literatur [1] Scheibe, K.; Schimanski, J.; Wetter, M.: Blitzschutzmaßnahmen für eine Windkraftanlage. 3. VDE/ABB-Blitzschutztagung, Neu-Ulm, 1997. [2] Hopf, C.; Wiesinger, J.: Lightning protection of wind power plants. 23 rd International Conference on Lightning Protection (ICLP), Florenz (I), 1996. [3] Schmid, R.: Investigations on GRP-rotor blade samples of wind power plants regarding lightning protection. 24 th International Conference on Lightning Protection (ICLP), Birgmingham (GB), 1998. [4] DIN IEC 88/117/CD (VDE 0127 Teil 24):Entwurf 2000-06: Windenergieanlagen Teil 24: Blitzschutz für Windenergieanlagen. [5] Hotopp, R.: Blitzschutz von Photovoltaik-Anlagen: Stand der Technik und Entwicklungsbeitrag durch die Photovoltaik-Siedlung Essen. 1. VDE/ABB-Blitzschutztagung, Kassel, 1996. [6] Vaßen, F.; Vaaßen, W.: Bewertung der Gefährdung von netzparallelen Photovoltaik-Anlagen bei direktem und nahem Blitzeinschlag und Darstellung der daraus abgeleiteten Maßnahmen des Blitzund Überspannungsschutzes. 2. VDE/ABB-Blitzschutztagung, Neu-Ulm, 1997. [7] Martzloff, F.-D.: Lightning and surge protection of PV installations two case histories: Vulcano and Kythnos. National Technical Information Service, Springfield (Virginia, USA), 1989. [8] DIN V ENV 61024-1 (VDE V 0185 Teil 100):1996-08: Blitzschutz baulicher Anlagen - Teil 1: Allgemeine Grundsätze. [9] DIN IEC 81/122/CD (VDE 0185 Teil 10):Entwurf 1999-02: Blitzschutz baulicher Anlagen - Teil 1: Allgemeine Grundsätze. [10] DIN IEC 61024-1-2 (VDE 0185 Teil 102):Entwurf 1999-02: Blitzschutz baulicher Anlagen - Teil 1-2: Allgemeine Grundsätze Anwendungsrichtlinie B: Entwurf, Errichtung, Instandhaltung und Überprüfung von Blitzschutzsystemen. [11] DIN VDE 0185-103 (VDE 0185 Teil 103):1997-09: Schutz gegen elektromagnetischen Blitzimpuls Teil 1: Allgemeine Grundsätze. [12] DIN IEC 81/120/CDV (VDE 0185 Teil 106):Entwurf 1999-04: Schutz gegen elektromagnetischen Blitzimpuls Teil 3: Anforderungen an Störschutzgeräte. [13] DEHN + SÖHNE: Hauptkatalog UE 2000 Überspannungsschutz. [14] Brocke, R.; Frentzel, R.; Zahlmann, P.: Schirmung von Kabeltrassen gegen Blitzeinkopplungen. etz, Heft 20/1996. Adresse des Hauptautors Prof. Dr.-Ing. Alexander Kern Fachhochschule Aachen, Abt. Jülich Ginsterweg 1 D 52428 Jülich Tel.: 02461/99-3042 Fax: 02461/99-3262 e-mail: a.kern@fh-aachen.de