Universität Regensburg Institut für Anorganische Chemie - Lehrstuhl Prof. Dr. A. Pfitzner Demonstrationsversuche im Wintersemester 2010/2011 03.12.2010 Betreuung: Dr. M. Andratschke Referentinnen: Veronika Mader, Anna Helminger Silber Bereits seit dem 5. Jahrtausend v. Chr. wird Silber von den Menschen verarbeitet. Silber diente vor allem als Währung. Abbaugebiete des Edelmetalls waren fast auf dem ganzen Globus verteilt: Amerika, Asien, Europa. Dank seiner Silbervorkommen erhielt Argentinien seinen Namen, der sich an die lateinische Bezeichnung Argentum für Silber anlehnt. Vor allem zur Herstellung von Münzen hatte Silber bis ins 19. Jahrhundert eine enorme Bedeutung. [1] 1.1 Allgemeines Silber ist ein chemisches Element mit der Abkürzung Ag. Im Periodensystem findet man es in der 1. Nebengruppe (Gruppe 11) und der 5. Periode. [1] Das natürliche Silber-Isotop 107 hat eine relative Atommasse von 107,868. In kristallinem Zustand bildet Silber ein kubischflächenzentriertes Gitter aus. Silber ist, neben Gold, eines der dehnbarsten Metalle überhaupt. Man kann ein Gramm Silber bis auf eine Länge von 2 km ausziehen. Des Weiteren besitzt Silber unter allen Metallen die größte Leitfähigkeit sowohl für Elektrizität als auch für Wärme. [2] 1.2 Chemische Eigenschaften Besonders auffällig ist die hohe Affinität des Silbers zum Schwefel. Bereits geringste Konzentrationen schwefelhaltiger Verbindungen, wie Schwefelwasserstoff, reichen aus, um einen schwärzlichen Belag auf dem glänzenden Silber zu hinterlassen. Silber lässt sich gut in oxidierenden Säuren, wie Salpetersäure, lösen, während nichtoxidierende Säuren, wie z. B. Salzsäure, keinen Effekt auf Silber haben. Mit Hilfe von Chloridionen lassen sich Silberionen als Silberchlorid fällen, welches wiederum in Ammoniak leicht löslich ist. [2] 1.3 Vorkommen Silber ist in der Erdkruste mit einer Häufigkeit von 10-5 % zu finden. [2] Elementar kommt es in gediegener Form als drahtiges Geflecht vor. Weitaus häufiger findet man Silber jedoch in schwefelhaltigen Verbindungen, wie beispielsweise Akanthit (Ag 2 S) und Stromeyerit (CuAgS). Neben diesen sogenannten Silbererzen findet man Silber auch in geringen Konzentrationen in den silberhaltigen Erzen, wie Bleiglanz (PbS) und Kupferkies (CuFeS 2 ), weshalb Silber oft als Nebenprodukt bei der Blei- und Kupferherstellung gewonnen wird. [1] 1
1.4 Gewinnung Mithilfe einer Natriumcyanid-Lösung wird Silber meist aus seinen Erzen in der sogenannten Cyanidlaugerei ausgelaugt. Hierzu wird das Silbererz zu einem feinen Schlamm zerkleinert. Unter Sauerstoffzufuhr bildet sich ein Dicyanosilberkomplex (Dicyanoargentat(I)). Silber wird aus diesem Komplex mithilfe von Zink- oder Aluminiumstaub gefällt. Das sogenannte Rohsilber entsteht. [2] 1.5 Verwendung Dank seiner herausragenden physikalischen Eigenschaften findet Silber vor allem Verwendung in der Elektronik; hier werden unter anderem elektrische Kontakte mit Hilfe von Silber hergestellt. Viel Silber wird auch zur Herstellung von Spiegeln und versilberten Gegenständen (Silberkugeln, Thermoskannen, etc.) verwendet. Silberhalogenide fanden aufgrund ihrer lichtempfindlichen Eigenschaften in der Photoindustrie Verwendung. [2] Aufgrund seiner antibakteriellen Wirkung wird Silber auch im Bereich der Medizin benutzt. [1] 2. Versuche 2.1 Lösen der Silberbeschichtung einer Kugel und Silbernachweis [1-4] Geräte/Chemikalien: Silberne Christbaumkugel Reagenzglas Salpetersäure HNO 3, konzentriert Salzsäure HCl, konzentriert Durchführung/ Beobachtung: Die Salpetersäure wird zunächst in die Christbaumkugel getropft und diese etwas geschwenkt, so dass sich die silberne Beschichtung löst und sich bräunliche Dämpfe bilden. Die entstandene Lösung wird in ein Reagenzglas gegeben und Salzsäure dazu getropft. Sofort bildet sich ein weißer Niederschlag. Die Salpetersäure (HNO 3 ) reagiert mit dem Silber (Ag) der Christbaumkugelbeschichtung und bildet Silber-Ionen (Ag + ). Es entsteht Stickstoffdioxid (NO 2 ) in Form der bräunlichen Dämpfe. Ag + 2 HNO 3 Ag + + NO - 3 + NO 2 + H 2 O Wird nun zu der Silbernitrat-Lösung Salzsäure (HCl) zugetropft, bilden die Silberionen mit den Chloridionen Silberchlorid (AgCl), welches als weißer Niederschlag ausfällt: Ag + + Cl - AgCl Somit konnte das Silber der Kugel über das Silberchlorid nachgewiesen werden. 2
2.2 Silberreinigung [5-8] Geräte/ Chemikalien: Angelaufener Silberlöffel 500 ml Becherglas Heizplatte Natriumcarbonat (auch Soda genannt) Na 2 CO 3, Wasser (H 2 O) Aluminiumfolie Al Durchführung/Beobachtung: Das Becherglas wird mit Wasser befüllt und auf der Heizplatte erwärmt. Nun umwickelt man den Löffel mit Aluminiumfolie (Haushalts-Alufolie) und stellt ihn, nach Zugabe von Natriumcarbonat zur Lösung, in das Becherglas. Es kommt zur Gasbildung. Nach ca. 2 min wird der Löffel herausgenommen und die Aluminiumfolie entfernt. Der Löffel glänzt wieder silbern. Das Silber des Löffels hat mit dem Schwefel aus der Luft, der in Form von Schwefelwasserstoff (H 2 S) vorliegt, reagiert und dunkles Silbersulfid (Ag 2 S) gebildet. 4 Ag + 2 H 2 S + O 2 2 Ag 2 S + 2 H 2 O Wird der Löffel, in Aluminiumfolie eingewickelt und in die heiße Natriumcarbonat-Lösung gestellt, kommt es zu einer Redoxreaktion. Das Aluminium (Al) der Folie wird zu Al 3+ - Ionen oxidiert. Die Silber-Ionen aus dem Silbersulfid (Ag 2 S) werden zu metallischem Silber reduziert. Reduktion: Ag + + e - Ag Oxidation: Al Al 3+ + 3e - Redox: 3 Ag + + Al 3 Ag + Al 3+ Die Soda und das Erhitzen der Lösung beschleunigen dabei den Prozess der Elektronenübertragung. 2.3 Silberspiegelprobe [3, 4, 9] Geräte/Chemikalien: Christbaumkugel aus Glas (unbeschichtet, fettfrei) Kristallisierschale, mit Wasser (H 2 O) befüllt Heizplatte 2 Reagenzgläser Pipette 5 ml gesättigte Glucose-Lösung C 6 H 12 O 6 5 ml Silbernitrat-Lösung AgNO 3 (w = 1 %) Ammoniakwasser NH 3, konzentriert 3
Durchführung/Beobachtung: Die Kristallisierschale wird mit Wasser befüllt und auf der Heizplatte erwärmt. Als nächstes werden zu der Silbernitrat-Lösung im Reagenzglas einige Tropfen Ammoniakwasser gegeben, bis sich ein bräunlicher Niederschlag bildet. Nun wird so lange weiter zugetropft, bis sich der Niederschlag wieder auflöst und die Lösung klar ist. Die gesättigte Glucose- Lösung wird dazu geschüttet und ein Teil der Lösung in die Christbaumkugel pipettiert. Diese wird nun in das heiße Wasserbad getaucht und langsam herumgeschwenkt, bis sich ein durchgehender Silberspielgel auf der Innenseite der Kugel bildet. Wird zu der Silbernitrat-Lösung (AgNO 3 ) konzentrierte Ammoniaklösung (NH 3 ) getropft, bildet sich zunächst ein brauner Niederschlag von Silberoxid (Ag 2 O). NH 3 + H 2 O NH + 4 + OH - 2 OH - + 2 Ag + Ag 2 O + H 2 O Wird nun weiteres Ammoniakwasser (NH 3 H 2 O) zugetropft, entsteht zusammen mit dem Silberoxid (Ag 2 O) der Diamminsilberkomplex ([Ag(NH 3 ) 2 ] + ). Außerdem bilden sich Hydroxid- Ionen. Ag 2 O + 4 NH 3 + H 2 O 2 [Ag(NH 3 ) 2 ] + + 2 OH - Durch die Zugabe der Glucose-Lösung kommt es zu einer Redoxreaktion, bei der die Glucose (C 6 H 12 O 6 ) als Reduktionsmittel für die Ag+-Ionen des Diamminsilberkomplexes ([Ag(NH 3 ) 2 ] + ) dient und selbst zu Gluconsäure (C 6 H 12 O 7 ) oxidiert wird. Reduktion: [Ag(NH 3 ) 2 ] + + e Ag + 2 NH 3 x2 Oxidation: R-CHO + 2 OH R-COOH + H 2 O + 2 e Redox: 2 [Ag[NH 3 ) 2 ] + + R-CHO + 2 OH 2 Ag + 4 NH 3 + C 6 H 12 O 7 + H 2 O Das elementare Silber kann sich nun als durchgehende Schicht auf der Kugelinnenseite absetzen. 3. Lehrplanbezug [10, 11] Alle Versuche können im mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Zweig (Zweig I) der bayerischen Realschulen in der 9. Jahrgangsstufe (CH 9.2) als Beispiele für Redoxreaktionen und 2.3 außerdem in der 10. Jahrgangsstufe (CH 10.2) bei dem Thema Sauerstoffhaltige organische Verbindungen verwendet werden. 4
Der Versuch 2.3 eignet sich des Weiteren gut für die Vorweihnachtszeit, da gezeigt werden kann, wie Christbaumkugeln versilbert werden und somit ein Alltagsbezug hergestellt wird. Dies kann ebenso durch den Versuch 2.2, die Reinigung von Silberbesteck oder wahlweise auch Silberschmuck, geschehen. 4. Literatur [1] http:/de.wikipedia.org/wiki/silber (Stand: 25.10.2010) [2] Autorenkollektiv (40), Lexikon der Chemie, 3. Band, 1. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag GmbH Heidelberg, Würzburg, 1999, S. 237-241 [3] H. Keune, F. Filbry, Chemische Schulexperimente. Band 2 (Anorganische Chemie, Teil 1), Verlag Harry Deutsch, Thun, Frankfurt M., 1973, S. 229, 231-232, 234-235 [4] G. Jander, E. Blasius, Lehrbuch der analytischen und präparativen anorganischen Chemie, 16. Auflage, S. Hirzel-Verlag, Stuttgart, 2006, S. 513-515 [5] A. F. Holleman, E. Wiberg, Lehrbuch der Anorganischen Chemie, 101. Auflage, Walter de Gruyter-Verlag, Berlin, 2007, S. 1341 [6] F. A. Cotton, G. Wilkinson, Anorganische Chemie, 4. völlig neu bearbeitete Auflage, Verlag Chemie, Weinheim, Deerfield Beach, Florida, Basel, 1982, S. 986 [7] R. W. Roesky, K. Möckel, Chemische Kabinettstücke, Verlag Chemie, Weinheim, New York, Basel, Cambridge, Tokyo, 1994, S. 207-208 [8] K. Häusler, H. Rampf und R. Reichelt, Experimente für den Chemieunterricht, 2. Auflage, Oldenbourg Schulbuchverlag GmbH, München, 1995, S.108-109 [9] H. Keune, H. Boeck, Chemische Schulexperimente, Band 1 (Anorganische Chemie), 1. Auflage, Volk und Wissen-Verlag GmbH & Co, Berlin, 1998, S. 281-282 [10] http://www.isb.bayern.de/isb/download.aspx?downloadfileid=84d94f2b6516a878bd7 3df0d84d027dd (Stand: 18.01.2011) [11] http://www.isb.bayern.de/isb/download.aspx?downloadfileid=214c5cd82d748b497d 73d8fc20597f94 (Stand: 18.01.2011) 5