Zusammenfassung. Abstract. Schwimmfähigkeit in den Lehrplänen der Grundschulen. Abstract. Abstract. Theodor Stemper & Maike Kels



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Transkript:

Schwimmfähigkeit in den Lehrplänen der Grundschulen Theodor Stemper & Maike Kels assung Die Vermittlung von Schwimmfähigkeit gilt u. a. als Aufgabe des Schwimmunterrichts im Rahmen des Schulsports in der Grundschule. Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, wie diese Aufgabe in den Lehrplänen der 6 Bundesländer verankert ist und welches Verständnis von Schwimmfähigkeit dort vorliegt. Als Vergleichsbasis werden die Kriterien des deutschen Jugendschwimmabzeichens Bronze herangezogen, wie sie sich in der Deutschen Prüfungsordnung Schwimmen-Retten-Tauchen (DSV, 00) finden. Als Ergebnis findet sich eine sehr große Heterogenität hinsichtlich der für das Ende der Grundschulzeit curricular verankerten Schwimmkompetenzen, die einen dringenden Handlungsbedarf begründen. The Ability to Swim in Elementary School Curricula Teaching the ability to swim is one of the objectives of swimming lessons in the context of elementary school physical education. The authors analyze both what is written in the curricula of the 6 federal states and what is understood by swimming ability. As a basis for comparison they use the criteria of the bronze youth swimmer s certificate published by the German Swimming Association according to the German exam regulations for swimming, lifesaving and diving (00). The research results show a very high degree of heterogeneity with respect to the diverging expectations of swimming competence at the end of the elementary school, which urgently require improvement. Bereits in den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts, und zwar sowohl getragen durch die schwimmsporttreibenden Verbände und entsprechenden Berufsverbände als auch durch die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik, wurde in der Deutschen Prüfungsordnung Schwimmen-Retten-Tauchen (DSV, 00) eine klare, konsensuelle Positionierung zur Schwimmfähigkeit vorgenommen, erstmals publiziert am 6. Februar 978 und letztmalig bestätigt am.. 00 (Verbände) bzw. 8.06.004 (Kommission Sport der Länder). Demnach bietet aus nachvollziehbaren Erwägungen erst die Erfüllung der Kriterien des Bronze-Abzeichens den Nachweis des Schwimmenkönnens (), während das Seepferdchen dort ausdrücklich nur als Motivationsabzeichen tituliert wird. Im folgenden Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, ob sich dieser Konsens auch in den Lehrplänen der Grundschule niederschlägt. Grundschule und Schwimmfähigkeit Die Grundschule ist sicher nicht allein verantwortlich für das Schwimmenlernen. Die meisten Menschen lernen Schwimmen sogar nicht in der Schule. So haben nach Aussage der DLRG nur 7, % aller im Jahre 004 von ihr Befragten das Schwimmen in der Schule erlernt (vgl. DLRG, 004, Emnid-Umfrage ). Das muss in erster Linie nicht heißen, dass die Schule das nicht leistet, sondern dass Heranwachsende vorwiegend in der Familie, mit Freunden oder in Schwimmkursen bei unterschiedlichen Anbietern (Vereine, Schwimmschulen u. Ä.) Schwimmen lernen. Aber unbestritten ist das Grundschulalter der Lebensabschnitt, in dem die meisten Menschen Schwimmen lernen (vgl. DLRG, 004: Bis zum 4. Lj. 6,7 %, im 5. 0. Lj. 74 %), und folglich auch die Grundschule, vor allem für bildungsferne Gruppen, eine der Schwimmschulen der Nation. Doch nicht alle Viertklässler können am Ende der Grundschulzeit als sichere Schwimmer bezeichnet wer- 7 sportunterricht, Schorndorf, 65 (06), Heft

den, obwohl... in den Bildungsplänen aller Länder die Schwimmmündigkeit als Lernziel mehr oder weniger eindeutig formuliert wird (Worth, 04, S. ). Mehr oder weniger eindeutig das ist in diesem Zusammenhang in der Tat eine zutreffende Formulierung. Denn obwohl es eine eindeutige Zustimmung der Länder zur Deutschen Prüfungsordnung Schwimmen-Retten-Tauchen gibt (s. o.), ergibt ein Blick in die entsprechenden Lehrpläne aller 6 Bundesländer hinsichtlich der dortigen curricularen Verankerung der Schwimmfähigkeit für das Ende der Grundschulzeit wie auch schon die grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Thema Schwimmfähigkeit ein in diesem Ausmaß nicht erwartbares, äußerst heterogenes Bild, das deutlich vom Konsens hinsichtlich des Bronze-Abzeichens als Nachweis der Schwimmfähigkeit bzw. Schwimmmündigkeit abweicht (Tabelle ). Bronze-Abzeichen als Basis für Schwimmfähigkeit und Wassersicherheit? Auch wenn bis heute noch keine einheitliche Definition von Schwimmfähigkeit vorliegt, können doch in den vorliegenden Publikationen zum Thema bestimmte Kompetenzen ausgemacht werden, die dem Schwimmenkönnen zugrunde liegen sollen (vgl. Kels, 04). Hierzu werden sowohl die Basiskompetenz, eine Strecke im Wasser überwinden zu können, als auch die zusätzlichen Kompetenzen Springen, Tauchen, Gleiten, Auftreiben, Atmen und spezifische Kenntnisse gezählt. Vom Konzept der Schwimmfähigkeit im Grunde abzugrenzen, teils aber dennoch damit vermischt, ist das Konzept der Wassersicherheit, welche mit einem praktischen Test, Swim to Survive (Kanada) bzw. WSC (Wassersicherheits-Check, Schweiz), überprüft werden soll. Der WSC (Swim to Survive) verlangt das Bestehen der folgenden drei Aufgaben, die unmittelbar hintereinander ausgeführt werden müssen: Rolle vom Rand in tiefes Wasser (ROLL into deep water) Minute an Ort über Wasser halten (TREAD water for one minute) 50 m schwimmen und aussteigen (SWIM 50 metres) (vgl. im Original: Lifesaving Society (Canada), 04; analog dazu auch für die Schweiz: swimsports, 008, S. ). Die Aufgaben basieren auf der Erkenntnis der (Canadian) Lifesaving Society (04), dass das Ertrinken i. d. R. in ufernahen Situationen geschieht. Die Prüfung soll daher sicherstellen, dass Personen sich nach einem Sturz ins Wasser wieder selber an den Becken-/Fluss-/ Uferrand retten können. Der WSC überprüft folglich minimale Selbstrettungskompetenzen zur Ertrinkungsprävention. Letztlich entspricht aber das deutsche Jugendschwimmabzeichen Bronze gemäß der Deutschen Prüfungsordnung Schwimmen-Retten-Tauchen (DSV, 00) summarisch den genannten Kompetenzen und kann damit zumindest momentan als das am weitesten anerkannte Maß für die Schwimmfähigkeit gelten (), wobei sicher zukünftig eine noch stärkere Präzisierung, auch unter Berücksichtigung des WSC, angebracht wäre. Ausgehend von dieser Basis haben wir zum Thema Schwimmfähigkeit für die diversen Grundschul-Lehrpläne eine vergleichende Analyse zur curricularen Verankerung des Bronze-Abzeichens (alternativ dazu auch des Seepferdchens ), bzw. der dazu weiter oben genannten Kompetenzen, vorgenommen. Das führt zu den in Tabelle zusammengefassten Ergebnissen und im Fazit zu einem sehr heterogenen, letztlich eher unbefriedigenden Bild. Dr. Theodor Stemper Professor an der Bergischen Universität Wuppertal Arbeitsbereich Fitness & Gesundheit, Fakultät Fuhlrottstraße 0 49 Wuppertal stemper@uni-wuppertal.de Schwimmfähigkeit in den Lehrplänen Zunächst fällt hinsichtlich der Strecke, die die Schülerinnen und Schüler im Wasser überwinden sollen, eine Spanne zwischen minimal 5 m (NW) und maximal 400 m (BY, SN) auf, die von der 00-m-Strecke des Bronze-Abzeichens abweichen. Lediglich die fünf Länder Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg, Rhein- sportunterricht, Schorndorf, 65 (06), Heft 7

Maike Kels Sportstudentin (MA) Lizenzierte Schwimmtrainerin Bereich Leistungssport Bergische Universität Wuppertal Fuhlrottstraße 0 49 Wuppertal m.kels@uni-wuppertal.de Tab. : Schwimmfähigkeit in den Lehrplänen der Grundschulen (Stand /04) Tab. : Schwimmfähigkeit in den Lehrplänen der Grundschulen (Stand /04) Schwimmen Springen Tauchen Gleiten Auftreiben Atmen Kenntnisse Bundes- länder Anzahl Schwimmart Höhe(a) Art(b) TT(c) ST(d) (e) (e) BW(f) BR(g) Retten Leistung (Strecke/Zeit) BB Längere Strecke/Zeit BE Längere Strecke/Zeit () (0m, 5m) BW m,m, Rücken oder Kraul BY Bis 400 m (bzw. min) HB elementare Schwimmtechniken (m) m,m HE 00 m in 5 min HH elementare Schwimmtechniken MV Längere Strecke/Zeit SB, m NI 5 min beliebig NW 5 m beliebig () RP 00 m SH m Kraul oder Rücken Rücken SL (bis 5m) (m) SN 400 m (0m) (m) Kraul oder Rücken ST 00 m 5 m (6m) (,8m) BR TH 5 min 5 m (a) BR = Beckenrand, SB = Startblock; (b) = Fußsprung, = Kopfsprung; (c) TT = Tieftauchen, st = schultertief; (d) ST = Streckentauchen; (e) BL = Bauchlage, RL = Rückenlage; (f) BW = Bewegungsraum Wasser; (g) BR = Baderegeln 74 sportunterricht, Schorndorf, 65 (06), Heft

land-pfalz und Sachsen-Anhalt nennen diese Strecke ausdrücklich (BY und SN dagegen mit 400 m die doppelte Strecke). Darüber hinaus herrscht Uneinigkeit, ob diese schwimmerische Leistung tatsächlich lediglich als zu überwindende Strecke, als durchzuhaltende Zeit oder als Kombination aus beidem geprüft werden soll. So wird z. B. in Niedersachsen lediglich eine Schwimm- Zeit von 5 min vorgegeben, die Meteranzahl bleibt offen. Hessen kombiniert beide Größen, indem als Vorgabe 00 m in 5 min (analog zum Bronze-Abzeichen) vorgegeben wird. In anderen Bundesländern ist die Strecke gar nicht (HB, SH, SL) oder nur wenig konkret als längere Strecke/Zeit (BB, BE, MV) angegeben. Auch bezüglich der erwarteten Schwimmtechnik herrscht große Uneinigkeit. Die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Saarland schlagen das schwimmen als erste Schwimmart vor. Die Wechselzugschwimmarten Rückenkraul- und Kraulschwimmen werden hier als zweite Schwimmart angesetzt, wobei Sachsen explizit das Rückenkraulschwimmen empfiehlt. Die anderen Bundesländer machen hierzu keine konkreten Angaben, sondern halten die Wahl der Schwimmart offen. Bremen und Hamburg beschränken sich auf elementare Schwimmtechniken, wobei eine Präzisierung ausbleibt. Ebenfalls starke Diskrepanzen zeigen sich bei der Durchsicht der Lehrpläne im Hinblick auf die zusätzlichen Kompetenzen. Die zentralen Zusatzkompetenzen Springen und Tauchen finden zwar Eingang in jeden Lehrplan, werden jedoch recht unterschiedlich weit ausgeführt. In Bayern, Hessen und im Saarland werden konkrete Vorgaben zur Höhe und Art der Sprünge gegeben. Die Schülerinnen und Schüler sollen Fußsprünge von Beckenrand, Startblock, -m- und -m-brett sowie Kopfsprünge bewältigen. In vielen Bundesländern (NI, NW, RP, SN) wird nur darauf hingewiesen, dass unterschiedliche und des Springens berücksichtigt werden sollten. Unterteilt man das Tauchen in Tief- und Streckentauchen (TT, ST), fällt auf, dass in mehr Lehrplänen das Tieftauchen Berücksichtigung findet. Das Tieftauchen beläuft sich meistens auf das Heraufholen eines Gegenstandes aus schultertiefem Wasser, in manchen Ländern wird dagegen eine Wassertiefe explizit genannt ( m in BW, HE, HH, SN, ST;,8 m in TH). Das Streckentauchen wird weniger oft genannt, wobei die Bundesländer Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hier konkrete Meterzahlen vorgeben, die jedoch uneinheitlich sind und von 6 m (TH) über 0 m (ST) bis hin zu 5 m (BY, SN) reichen. Mit Ausnahme von Bremen und Schleswig-Holstein wird in allen anderen Bundesländern das Gleiten explizit als Kompetenzerwartung für Grundschüler genannt. In Baden-Württemberg, Hessen, Saarland, Sachsen und Thüringen wird darüber hinaus auf das Gleiten in Bauch- und Rückenlage verwiesen. Das Auftreiben des Körpers im Wasser findet in 0 Bundesländern Berücksichtigung. Das Ausatmen im Wasser oder der Atemrhythmus beim Schwimmen wird bei der Hälfte der Bundesländer thematisiert. Die Schülerinnen und Schüler sollen vor allem in der Phase der Wassergewöhnung die spezifischen und physikalischen Eigenschaften des Wassers (BW), wie Widerstand, Auftrieb, Dichte, Strömung und thermische Reize erfahren und mit ihnen reflexiv und verantwortungsbewusst umgehen. Die Bundesländer sind sich einig, dass die Schüler am Ende der Grundschulzeit über fachspezifische Kennt- sportunterricht, Schorndorf, 65 (06), Heft 75

nisse verfügen sollen. Eine wichtige Rolle spielen die Kenntnis und Beachtung von Baderegeln, um Gefahren im Bewegungsraum Wasser auszuschließen. Die Schülerinnen und Schüler sollen hygienische Verhaltensweisen und Baderegeln benennen und beachten können. Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen sowie Sachsen und Sachsen-Anhalt legen darüber hinaus Wert auf Kenntnisse im Bereich der Fremd- und Selbstrettung. Auffällig ist die hohe Wertschätzung, die dem Schwimmen in allen Lehrplänen entgegen gebracht wird, und dass es teilweise als unverzichtbar (SN) bezeichnet wird. Schwimmen zu erlernen wird im Allgemeinen als Hauptziel des Schwimmunterrichts der Grundschule angesehen (sic!). In den Richtlinien für die Grundschule in Nordrhein-Westfalen lautet es, Jedes Kind soll am Ende der Grundschulzeit schwimmen können, wobei als Strecke aber lediglich 5 m, und damit nur Seepferdchen-Niveau, genannt wird (Ministerium für Schule und Weiterbildung, 008). Fazit Nur auf Basis einer eindeutigen Definition und Operationalisierung lassen sich verbindliche Ziele zum Schwimmenlernen formulieren, die dann auch überprüfbar sind und zu belastbaren Aussagen hinsichtlich der Schwimmfähigkeit führen (Stemper & Kels, 06). Wie bereits oben herausgestellt, wird eigentlich das deutsche Jugendschwimmabzeichen Bronze als Bescheinigung der Schwimmfähigkeit, und damit im Wesentlichen auch eines sicheren Schwimmers, angesehen. Fragwürdig ist hier aber die Tatsache, dass lediglich drei der 6 Bundesländer (BW, HE, HH) das Schwimmabzeichen Bronze explizit als konkretes Ziel des Schwimmunterrichts nennen. Unter Berücksichtigung aller in den Lehrplänen genannten Kompetenzen wollen daneben noch vier weitere Länder (BY, RP, SN und ST) die Bronze -Bedingungen im Wesentlichen erfüllt sehen (). Wie sich das zukünftig einheitlicher darstellen könnte, zeigt das Beispiel Hamburg. Realistisch und gut nachvollziehbar wurde dort als Ziel für den Schwimmunterricht am Ende der Grundschulzeit, und als Indikator für die Schwimmfähigkeit, eine Quote von 95 % aller Kinder genannt, die die Bedingungen des Seepferdchen -Abzeichens erfüllen können sollen, von denen dann wiederum 75 % auch zusätzlich noch die Bedingungen des Bronze -Abzeichens schaffen sollen (). So klar und einfach könnte und sollte das in Zukunft sein. Momentan jedoch verfolgen die Fachministerien in den 6 Bundesländern in ihren Lehrplänen noch kein einheitliches Konzept. Neben den Schwimmverbänden sollte und könnte daher besonders der DSLV dieses aufgezeigte Dilemma als Vorlage nutzen, um auch bundespolitisch dieser Idee (wieder) mehr Nachdruck zu verleihen, so wie das im Brennpunkt der Zeitschrift sportunterricht im vorletzten Jahr bereits angedacht wurde (Streubel, 04; Worth, 04). Anmerkungen () Das Bronzeabzeichen erfüllt zwar wesentliche Kriterien für sicheres Schwimmen, ist aber laut DSV (00) noch kein Synonym dafür, so dass dazu noch Folgendes zu finden ist: Kriterien für ein sicheres Schwimmen sind: sich unter Wasser genauso gut zurechtzufinden, wie über Wasser, auf dem Rücken genauso gut schwimmen zu können, wie auf dem Bauch, 5 Minuten ohne Halt und ohne Hilfen im tiefen Wasser schwimmen zu können, mehrere Sprünge zu beherrschen und beim Wasserschlucken nicht anhalten zu müssen (DSV, 00, S. 7), Allerdings sind diese Kriterien wiederum deutungs- und z. T. auch erklärungsbedürftig. Warum soll z. B. beim Wasserschlucken nicht angehalten werden? Und was genau ist gut zurechtfinden oder was sind mehrere Sprünge? () Zugriff auf die Lehrpläne über die entsprechenden Webseiten der Ministerien zwischen dem 06..04 und 09..04 Literatur Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) (004). Statement des Präsidenten der DLRG. Vorstellung der Ergebnisse der Umfrage zur Schwimmfähigkeit der Bevölkerung. Zugriff am 07.0.05 unter http://www.dlrg.de/fileadmin/user_upload/ DLRG.de/Ak-Layout0/Presse/Statement_des_Praesidenten _der_dlrg.pdf Deutscher Schwimmverband (DSV) (00). Deutsche Prüfungsordnung Schwimmen-Retten-Tauchen. Zugriff am 0.0.05 unter http://www.dsv.de/fileadmin/dsv/documents/fitness_ und_gesundheit/pr%c%bcfungsordnung_kmk.pdf Deutscher Schwimmverband (DSV) (0). Schwimmen lernen. Handbuch Kursleiterausbildung (. überarbeitete Auflage). Kassel: Digitaldruckzentrum. Hessisches Kultusministerium (995). Rahmenplan Sport Grundschule Hessen. Zugriff am 5.08.04 unter http://grundschule.bildung.hessen.de/rahmenplan/rahmenplan.pdf Kels, M. (04). Schwimmfähigkeit in Aachen dargestellt aufgrund der Daten des Projekts QuietschFidel (0 04). BA-Thesis, Bergische Universität Wuppertal. Unveröffentlicht. Ministerium für Schule und Weiterbildung (008). Richtlinien und Lehrpläne für die Grundschule in Nordrhein-Westfalen. Lehrplan Sport. Zugriff am 0.0.05 unter http://www. standardsicherung.schulministerium.nrw.de/lehrplaene/ upload/lehrplaene_download/grundschule/grs_faecher.pdf Stemper, T. & Kels, M. (06). Schwimmfähigkeit. Bedeutung - Defintion - Prävalenz. sportunterricht, 65 (), 9. Stemper, T. & Kroll, B. (04). Evaluationsbericht zur Maßnahme Schwimmen lernen in NRW als Teilprojekt der Landesinitiative QuietschFidel. Evaluationsbericht, Düsseldorf, 0/04. Unveröffentlicht. Streubel, H. (04). Brennpunkt Delfin, Seepferdchen & Co. sportunterricht, 6 (), 65. Worth, A. (04). Brennpunkt Schwimmen in der Schule Land in Sicht? sportunterricht, 6 (),. 76 sportunterricht, Schorndorf, 65 (06), Heft