Das geht ins Auge. Auf der Netzhaut selbst sind mehrere Rezeptor-Systeme mit unterschiedlichen Funktionen vorhanden.



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Das geht ins Auge Einen Großteil unserer Informationen nehmen wir über unsere Augen auf. Doch nicht nur das Erkennen von Gegenständen oder von Farben ist Aufgabe dieses Sinnesorgans. Auch Gefühle und Empfindungen oder unsere biologischen Rhythmen werden hierrüber gesteuert. Grund genug die Leistungsfähigkeit dieses Organs näher kennen zu lernen. Der Aufbau des Auges Licht gelangt durch die Hornhaut, Pupille, Linse und den Glaskörper auf die Netzhaut. Ein Bereich in der Sehachse weist das schärfste Sehvermögen auf. Dieser wird Fovea genannt. Dort, wo gebündelte Sehnerven aus dem Auge geführt werden, befindet sich der blinde Fleck, an dem keine Sehzellen vorhanden sind. Die Linse kann durch Ansprechen einzelner Muskelstränge ihre Form und damit ihre Brechkraft verändern. Auf diese Weise können wir sowohl nahe als auch weiter entfernte Objekte auf der Netzhaut scharf abbilden. Abb. 1 Aufbau des Auges Auf der Netzhaut selbst sind mehrere Rezeptor-Systeme mit unterschiedlichen Funktionen vorhanden. - Die Rezeptoren in Form von Stäbchen ermöglichen das Sehen bei geringer Helligkeit (skotopisches Sehen). Ihre Anzahl beträgt ca. 120 Millionen und sie sind farbunempfindlich. Ihre hohe Anzahl und Lichtsensibilität ermöglicht, auch geringe Hell- und Dunkelunterschiede zu differenzieren. - Die Rezeptoren in Form von Zapfen lassen uns tags die Farben erkennen (photopisches Sehen). Ihre Anzahl ist deutlich geringer als die der Stäbchen

und liegt bei ca. 7 Millionen. Es gibt 3 Typen von Zapfen und zwar speziell für rot, grün und blau, wobei die Grün-Zapfen am empfindlichsten sind. Ein gleichzeitiges Ansprechen mehrerer Zapfentypen entspricht der additive Farbmischung und erschließt uns die Vielfalt unserer Farbenwelt. Die Empfindlichkeit der jeweiligen Zapfentypen in Abhängigkeit der Wellenlänge verdeutlicht Abb. 2. Abb. 2 Spektrale Empfindlichkeit der Zapfen nach J. J. Vos et al., 1990 - Neben den Stäbchen und Zapfen gibt es auf der Netzhaut noch melanopsinhaltige Ganglienzellen, die nichts mit dem Sehen zu tun haben. Dies sind Rezeptoren, die unsere innere Uhr mit der Außenwelt synchronisieren. Auf die visuelle Wahrnehmung haben diese keinen Einfluss, ein Grund, warum auch stark sehbehinderte Menschen einen Tag- und Nachtrhythmus besitzen. Abb. 03 zeigt die normierte Empfindlichkeit der einzelnen Rezeptoren in Abhängigkeit von der Wellenlänge. Die Empfindlichkeitskurve für das Tagsehen (grüne Kurve) wird in der Regel v(λ) genannt und ist in vielen Messsystemen integriert. Am empfindlichsten reagieren wir am Tag auf Licht mit der Wellenlänge 555 nm. Werden bei Dunkelheit die Stäbchen (violette Kurve) für das Nachtsehen angesprochen, sind diese bei einer Wellenlänge von 507 nm am empfindlichsten, während die melanopsinhaltigen Ganglienzellen (blaue Kurve) bei blauem Licht mit einer Wellenlänge von 450 nm am stärksten aktiviert werden Abb. 03: Empfindlichkeitsvergleich der Rezeptoren in Abhängigkeit der Wellenlänge in nm (nanometer)

Die Anordnung der Rezeptoren Die in Abb. 4 grün dargestellten Zapfen für das Tagsehen (photopisches Sehen) sind am dichtesten im Bereich der Fovea also im Bereich des schärfsten Sehens angeordnet. Die blau dargestellten Stäbchen für das Nachtsehen (skotopisches Sehen) liegen außerhalb der Fovea und nehmen zur Seite ab. Abb. 4: Rezeptordichte der Netzhaut nach G. Osterberg, 1935 Die melanopsinhaltigen Ganglienzellen liegen hauptsächlich in dem Bereich zwischen Fovea und Nase sowie unterhalb der Sehachse. Biologisch wirksam Licht ist demzufolge flächiges Licht, das im oberen Gesichtsfeld, also an der Decke angeordnet ist, weil hierdurch eine Vielzahl von Ganglienzellen angeregt wird. Natürliche Abbildungsfehler Strahlen am Rand einer Linse werden stärker gebrochen als im Zentrum. Dies führt zu einer Unschärfe von Abbildungen außerhalb der Fovea. Dieser Effekt wird sphärische Aberration genannt. Zusätzlich wird kurzwelliges z.b. blaues Licht stärker gebrochen als langwelligeres rotes Licht. Dieser Effekt heißt chromatische Aberration. Wird ein rotes Objekt vom Auge fokussiert, erscheinen dann blaue Linien unscharf und umgekehrt. Dies ist der Grund, warum ein schärferes Sehen möglich wird, wenn der Blau-Anteil bei Bildschirmen verringert oder durch farbige Brillen herausgefiltert wird.

Alterserscheinungen Mit zunehmendem Alter wird die Pupille kleiner. Hierdurch verbessert sich zwar die Sehschärfe andererseits gelangt weniger Licht ins Auge. Zusätzlich wird die Linse im Laufe der Zeit gelblich, was ebenfalls zu einer verminderten Transmission führt. Trübt die Linse ein, spricht man vom grauen Star. Im Gegensatz hierzu wird ein Verlust von Nervenfasern, oftmals als Folge eines erhöhten Augeninnendrucks, als grüner Star bezeichnet. Diese Alterseffekte führen zu einem erhöhten Bedarf an Lichtintensität, um gut sehen zu können. Abgestorbene Partikel oder auch kleine bewegliche Fäden in der Linse oder im Glaskörper des Auges verursachen eine Kontrastminderung auf der Netzhaut und damit eine erhöhte Blendungserscheinung. Diese größere Blendempfindlichkeit ist bei Lichteinfall von vorne am höchsten und liegt im Alter von 80 Jahren etwa dreifach so hoch wie bei 20-Jährigen. Sehen und wahrnehmen Die Dinge, die wir sehen, werden nicht alleine nur in Form von Farbe, Größe, Helligkeit, Kontrast usw. registriert. Sie werden automatisch gleichzeitig auch bewertet. Die Wahrnehmung unsrer Umwelt kann somit von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein. Sie hängt von seinen individuellen und kulturellen Erfahrungen ab und führt zu entsprechenden Verhalten oder Körperreaktionen. Farben beeinflussen unsere Stimmungslage. Blaues Licht wird als kalt, rotes Licht wird als warm empfunden. Ein blauer Himmel auf einem gemalten Bild erzeugt ein Gefühl der Weite und verleiht ihm eine Tiefenwirkung. Wir haben gelernt, dass weit entfernte Gegenstände kleiner als nahe Objekte erscheinen und verwirklichen dies im perspektivischen Malen. Der Schatten eines Objekts auf einem Foto führt automatisch zu einer räumlichen Wahrnehmung. Wir gruppieren Gegenstände ohne uns dessen bewusst direkt zu werden, und manches erfassen wir sofort aus Kontext wie die Abb. 5 eindrucksvoll zeigt. Abb.5 Bildverarbeitung aus dem Kontext Unsere Sinneswahrnehmung Sehen ist ähnlich wie das Hören ein überaus komplexer Vorgang, bei dem nicht allein die Informationen unserer äußeren Umwelt eins-zu-eins in unserem Kopf dargestellt werden. Das ins Auge einfallende Licht steuert u. a. unsere innere Uhr, unsere Hormonproduktion, unseren Stoffwechsel

und wirkt auf unsere Psyche. Weil Licht für das Leben auf der Erde ein so enorm wichtiger Faktor ist, sollte es in der Baubiologie deutlich mehr Beachtung finden. Der Verband Baubiologie hat zu diesem Zweck einen Arbeitskreis Lichttechnik gegründet, der zur Mitarbeit einlädt. Joachim Gertenbach