Predigt zur Konfirmation am Sonntag Jubilate (29. April 2012) in der Stadtkirche St. Laurentius in Nürtingen (Vikar Dr. Martin Bauspieß/Pfarrer Markus Lautenschlager und Carola, Tobias, Julia, Marina, Vanessa, Carolin, Stefanie, Franzi, Verena, Julia, Vanessa, Daniel, Marvin, Noah, Deborah, Jana, Mark) Wir hören als Predigttext Mk 2,1 12 (von Konfirmanden gelesen) Abschluss alle: Wir haben so etwas noch nie gesehen. Apostolisches Glaubensbekenntnis (alle): Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen. S. Apollinare nuovo (um 500 n. Chr.), Ravenna, Mosaik: Heilung des Gelähmten 1 A: Es ist eine merkwürdige Geschichte, die der Evangelist Markus uns hier erzählt. Vier Männer bringen einen gelähmten Menschen zu Jesus. Ihr Anliegen liegt auf der Hand: Jesus soll ein Wunder tun. Er soll den Gelähmten heilen. Aber die Reaktion Jesu ist unerwartet. Nicht der Gelähmte erregt seine Aufmerksamkeit, sondern die vier Träger. Sie sieht er: als er ihren Glauben sah. Und anstatt den Gelähmten zu heilen, sagt er zu ihm: Deine Sünden sind dir vergeben! Was soll das? Was haben die Sünden des Gelähmten mit seiner Krankheit zu tun? Und warum wird so ausführlich erzählt, wie die vier Männer mit dem Gelähmten über die Außentreppe auf das Flachdach steigen, es aufgraben und abdecken und schließlich den Gelähmten vom Dach herunterlassen? Merkwürdiges lässt uns aufmerken. Es lenkt unseren Blick weg vom Vordergründigen, hin auf das, was verborgen ist und was erst zum Vorschein gebracht werden muss. Verborgen ist, was die vier Männer dazu bringt, den Gelähmten zu Jesus zu tragen. Irgendetwas setzt sie in Bewegung. Auch dann, als sich ihnen Hindernisse in den Weg stellen: Der Raum ist voll, sie kommen nicht mehr hinein. Aber ihr Antrieb ist stärker, sie lassen sich nicht aufhalten. Sie brechen ein. Sie zerstören das Dach. Das ist Sachbeschädigung. Warum tun sie das? Wir möchten so sehr, dass unser Freund gesund wird. Und Jesus kann unserem Freund helfen. Wir müssen zu ihm finden. Wir müssen ihn bitten, ihm in den Ohren liegen.
Lk 11,9 (Carola, Tobias): Bittet, so wird euch gegeben. Suchet, so werdet ihr finden. Klopfet an, so wird euch aufgetan. Es ist das tiefe hartnäckige Vertrauen, dass die Bitte nicht vergeblich sein wird. Dieses Vertrauen sieht Jesus. Er nennt es Glaube. Das ist der Erzählung offenbar wichtig: Als Jesus ihren Glauben sah B: Sie, liebe Eltern, haben ihre Kinder zu Jesus gebracht. Sie haben sie taufen lassen. Was hat Sie und die Taufpaten dazu bewogen? Wir möchten das Beste für unser Kind: gelingendes, erfülltes Leben, in der theologischen Sprache: den Himmel. Und Jesus kann ihm den Himmel schenken. So sind Sie im Vertrauen auf Jesus seinem Auftrag zur Taufe gehorsam gewesen. Taufbefehl (Julia, Marina): Jesus Christus spricht: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. Und vielleicht ist ja auch hier die Antwort Jesu eine Überraschung. Wir kommen zu ihm, weil wir Gesundheit, Schutz, Glück für unsere Kinder erbitten. Und wir hören aus seinem Mund: Jesaja 43,1 (Vanessa, Carolin): So spricht der Herr, der dich geschaffen hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein. Lied: Ins Wasser fällt ein Stein A: Die Schriftgelehrten protestieren: Was redet der so? Er lästert Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein? Die Schriftgelehrten sind nicht einfach böswillig. Sie kennen ihre Heilige Schrift. Sie wissen, dass es Dinge gibt, die kein Mensch sich anmaßen darf, Dinge, die nur Gott tun kann. Sünden vergeben gehört dazu. Denn wie sollte ein Mensch einem anderen Menschen Sünden vergeben können? Kann er das Leid, das dadurch in die Welt gebracht wurde, heilen? Nein, das kann er nicht. Und deshalb kann ein Mensch auch keine Sünden vergeben. Das kann nur Gott allein, der auch die Toten auferwecken kann. Nur er allein, der uns geschaffen hat, kann uns auch erlösen. Mit ihrem Protest erinnern uns die Schriftgelehrten an das erste Gebot: (Stefanie, Franzi): Das erste Gebot: Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst nicht andere Götter haben neben mir. Was ist das? Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen. Jetzt wird klar, um was es Markus mit seiner Geschichte geht: Hier geht es um Jesus. Er tut etwas, was nur Gott tun darf. Und die vier Freunde? Sie kommen so zu Jesus, wie man nur zu Gott kommen kann: Sie hängen ihr Herz an ihn. Er ist ihr Gott. Die Schriftgelehrten fragen mit Recht: Darf man das das? 2
B: Wir rühren hier an das Persongeheimnis Jesu. In diesem Menschen, diesem Juden Jesus von Nazareth, dem Sohn der Maria, begegnet uns Gott selbst. Und zwar so wie er ist. Was Jesus einem Menschen zusagt, tut, schenkt, ist Gottes Verheißung, Gottes Tat, Gottes Gabe in alle Ewigkeit. Worauf Du Dich verlassen kannst. Luthers Erklärung zum zweiten Artikel (Verena, Julia, Vanessa H.): Ich glaube, dass Jesus Christus, wahrhaftiger Gott, vom Vater in Ewigkeit geboren, und auch wahrhaftiger Mensch, von der Jungfrau Maria geboren, sei mein Herr, der mich verlorenen und verdammten Menschen erlöset hat, erworben und gewonnen von allen Sünden, vom Tod und von der Gewalt des Teufels, nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem heiligen, teuren Blut und mit seinem unschuldigen Leiden und Sterben; auf dass ich sein Eigen sei und in seinem Reich unter ihm lebe und ihm diene in ewiger Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit, gleichwie er ist auferstanden vom Tod, lebet und regieret in Ewigkeit. Das ist gewisslich wahr. A: Jesus stellt eine Gegenfrage: Was ist leichter: zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh umher? Wie würdet ihr diese Frage beantworten? Wer von uns kann einen Gelähmten durch ein bloßes Wort heilen? Das kann niemand. Und das ist es, was Jesus uns sagen will: Ich kann etwas, das könnt ihr nicht. In ihm kommt einer in die Welt, der die Menschen, denen er begegnet, durch seine Gegenwart heilt. Weil er der Sohn ist, in dem Gott selbst zu uns kommt. Und deshalb kann Jesus Sünden vergeben. Denn beides ist gleich schwer: Sünden vergeben und Heilen. Beides kann nur Gott. Darin besteht die Vollmacht, die Jesus hat. Wir haben vorhin schon einmal von dieser Vollmacht gehört, im Taufbefehl: Mir ist gegeben alle Gewalt (= Vollmacht) im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker. Darum lassen wir unsere Kinder auf den Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes taufen. Darum bringen wir sie zu Jesus. Darum erwarten wir von ihm das Wunder. B: Welches Wunder? Das Wunder des Glaubens. Ich meine das tiefe Vertrauen, das innere Verbundensein mit Gott. Das hat keiner von uns selbst gemacht. Es ist uns allen geschenkt worden. In den guten Erfahrungen miteinander. Im Berührtwerden von guten Worten. In der urei- 3
genen ganz persönlichen Geschichte Gottes mit jedem seiner Menschenkinder, mit Euch: Ich muss den Kopf nicht hängen lassen. Ich kann ihn heben. Ich muss nicht ohnmächtig liegen bleiben. Ich darf aufstehen. Ich bekomme die Kraft, das Richtige zu tun zusammen mit den Menschen, die mir Gott an die Seite stellt. Die Theologie sagt: Glaube ist Werk und Geschenk des Heiligen Geistes. Gottes Geist schenkt uns einen neuen Zugang zur Welt und ihrer Schönheit. Luthers Erklärung zum dritten Artikel (Daniel, Marvin, Noah): Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann, sondern der Heilige Geist hat mich durchs Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt und bei Jesus Christus erhält im rechten, einigen Glauben; in welcher Christenheit er mir und allen Gläubigen täglich alle Sünden reichlich vergibt und am Jüngsten Tage mich und alle Toten auferwecken wird und mir samt allen Gläubigen in Christus ein ewiges Leben geben wird. Das ist gewisslich wahr. Capella Laurentiana: For the beauty of the earth Aus dem Glauben an Gott erwächst das Leben mit ihm. Es ist ein Leben, wo wir aufeinander acht geben, uns helfen, stärken, miteinander arbeiten und feiern, lachen und weinen. Es gehört zu meinen guten Erinnerungen an die gemeinsame Zeit mit Euch im zurückliegenden Jahr, dass das immer wieder gelungen ist. (Episode Bad Urach). Die Theologie hat für dieses Leben ein ganz großes Wort: Liebe. Die Liebe ist für Jesus Quelle, Kraft und Maß für ein gelingendes, gesegnetes, ewiges Leben. Doppelgebot der Liebe (Deborah, Jana): Jesus Christus spricht: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. B: Zum Leben in der Gemeinschaft mit Gott gehört ein besonderer Schatz: Wir dürfen beten. Wir dürfen mit Gott teilen, was uns im Innersten bewegt. Und wir dürfen das tun im Wissen, dass er 4
uns hört, dass er sich für uns interessiert. Und wir dürfen das auch miteinander und füreinander tun. Das Gebet (Mark): Das Gebet ist ein Reden des Herzens mit Gott in Bitte und Fürbitte, Dank und Anbetung. A: Der Evangelist Markus erzählt uns mehr als nur eine fantastische Wundergeschichte. Er erzählt von einem Wunder, das nicht so leicht sichtbar ist: Er erzählt vom Wunder des Glaubens. Ein Wunder, das damals bereits begonnen hat, als eure Eltern euch zur Taufe gebracht haben. Ein Wunder, das jetzt, wo ihr auf eigenen Beinen steht und eure eigenen Wege geht, noch einmal eine neue Gestalt gewinnt. Ihr selbst sagt jetzt Ja zu Gottes Weg mit euch. Und ihr dürft wissen: Vor eurem Ja zu Gott steht sein eigenes, großes Ja, das er zu euch gesprochen hat, als er durch Jesus in diese Welt gekommen ist. Gott ist bei euch auf euren Wegen. Er begleitet euch bei allem, was ihr erlebt. Bei dem, was euch freut und was euch begeistert. Und auch bei dem, was euch traurig macht und bedrückt. Im Abendmahl haben wir diese Gemeinschaft gestern Abend gefeiert. Ihr dürft Gott vertrauen. Ihr dürft Jesus vertrauen. So wie die vier Männer, die ihren Freund zu dem Haus brachten, weil sie wussten: Jesus ist im Haus. Darauf kommt es an. Jesus ist auch bei euch. So werden wir es gleich singen, wie ihr es vom Konficamp mitgebracht hat: Jesus lives in my House Wenn ihr jetzt aber wisst, dass Jesus euch begleitet, dann könnt ihr euch mit viel Mut, Vertrauen und Zuversicht aufmachen auf eure eigenen Wege, die ihr nun jeder und jede für sich geht. Und dann kann es passieren, dass Gott euch das Herz öffnet und euch erkennen lässt, was in der Geschichte, die wir von Jesus gehört haben, geschehen ist: In der Geschichte Jesu hat sich erfüllt, was der 103. Psalm von Gott selbst erwartet: Gott ist zu uns zu gekommen, um uns an Leib und Seele zu heilen. Diese Zusage gilt, was immer auch geschieht. Gott heilt uns, indem er uns den Glauben schenkt. Der Weg, den wir gehen, wird dadurch nicht einfacher. Aber wir können ihn anders gehen. Als fröhliche und dankbare Menschen, die in das Gotteslob der Menge in unserer Erzählung einstimmen können und sagen: Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen. Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat! Der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen. Der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit. Amen. Lied: Jesus lives in my house 5