Teil 2 Günther Hummel Informationen zu Künstler und Kunstwerken Günther Hummel, Charakteristik der ausgestellten Arbeiten 1927 Geboren in der deutschen Kolonie Helenendorf im Kaukasus/UdSSR 1939-1941 Studium an der Fachschule für Kunst in Baku 1941-1945 Zwangsaussiedlung nach Kasachstan 1954-1957 Kulturbeauftragter für Malerei und Musik in Karaganda 1957-1991 Anfertigung großer Denkmäler in Kasachstan 1958 Aufnahme in den sowjetischen Künstlerverband 1977 Ausstellung Günter Hummel 50 Jahre Leben, 25 Jahre künstlerisches Schaffen 1981 Verleihung der Auszeichnung "Verdienter Künstler Kasachstans" 1991 Einreise in die Bundesrepublik Deutschland Seit 1994 Mitglied im Arbeitskreis Russlanddeutscher Künstler Seit der Übersiedlung Teilnahme an vielen Ausstellungen im In- und Ausland Preisträger bei internationalen Skulpturenwettbewerben Günther Hummels bildhauerische Werke haben den Menschen zum Thema. Seine Darstellung ist einer realistischen Auffassung verpflichtet, zu der auch der weniger geübte Betrachter (z. B. Schüler) leicht Zugänge findet. Die Figuren leben. Sie erzählen ihre Geschichte. Sie verkörpern Innenwelten und Gefühle, die die Grundthemen des Menschlichen zur Sprache bringen. Hummel ist ein Bildhauer und Maler von hohem Bekanntheitsgrad in Kasachstan und in der ehemaligen Sowjetunion. Er gehört zu jener Generation, die von den stalinistischen Säuberungen über Krieg, Deportation, Lager und Trudarmee bis hin zum agrarischen und technischen Aufbau Kasachstans alle Stationen der neueren russlanddeutschen Geschichte selbst erlebt hat. Seine Arbeiten sind von der realistischen Kunstauffassung des sozialistischen Aufbruchs beeinflusst, gehen aber in Thema und Ausdruck eigene Wege. Es sind nur wenige seiner Werke hier in Deutschland greifbar. Besonders die größeren Skulpturen sind in Kasachstan und Russland geblieben und stehen heute in Museen in Karaganda, Alma Ata, Duschanbe, Baku und Moskau. Der künstlerische Realismus ermöglicht auch dem nicht kunstgeübten Betrachter unmittelbaren Zugang. Die Skulpturen erschließen mit ihrer Symbolik Seite 67
Tiefendimensionen während die Zeichnungen die Funktion einer erzählten und erinnernd dokumentierten Geschichte übernehmen In der Wanderausstellung sind aus dem großen bildhauerischen Werk von Günther Hummel lediglich zwei kleine Skulpturen vertreten: die Großmutter, Granit, und die Angst, Bronze, beide knapp 40 cm hoch. In ihnen erfasst der Künstler Situationen und Haltungen, die zugleich weit über alles Individuelle hinausweisen und zu Chiffren erlebter Geschichte werden. Hier die alt gewordene Frau. Dort eine Mutter mit Kind. In beiden Frauengestalten kommt ein Stück Lebenswelt und Geschichtserfahrung der deutschen Minderheit im russischen Kulturraum zum Ausdruck. Man fühlt sich erinnert an Maxim Gorkis Roman Mutter. Es waren Frauen, die blieben und standhielten als Rückgrat der Familien. Die Männer verschwanden durch die stalinistischen Säuberungen, durch Fronteinsatz als Wehrmachtssoldaten oder die Trudarmija zerschlug die Familien. Die Mütter gewährleisteten das materielle und geistige Überleben in einer Welt von übermächtigen Bedrohungen. Geradezu erschütternd ist die stille Kraft, die von der in sich gekehrten Großmutter ausgeht. Die Angst eine über ihr Kind gebeugte Mutter verkörpert, was Mütter aller Zeiten an Gewalt, Verfolgung, Angst erlebt haben. Fast meint man, eine Szene aus dem Matthäus-Evangelium Kapitel 2 vor sich zu haben, die Ermordung der Kinder von Bethlehem. Der Zyklus der einfachen Bleistift-Zeichnungen 26 Stück, ca. 40 x 60 cm entstand aus dem Wunsch von Adeline Lorenz nach Illustration ihrer biografischen Erzählung Immer Fremde, Bad Krozingen 2005. Sie berichtet von der Deportation ihrer Familie aus dem Kaukasus. In fast fotografischer unspektakulärer Nüchternheit zeichnen diese Bilder das Grauen der Vertreibung und der Zwangsarbeit nach. Die Nähe zu Zeichnungen von Internierten aus den deutschen Konzentrationslagern springt ins Auge. Für das Furchtbare, das Menschen zugefügt wurde, gibt es unterschiedliche Wege der Mitteilung: das Schweigen, die Nüchternheit, den Aufschrei. Den Weg des nüchternen Berichtens von selbst Erlebtem gehen diese Zeichnungen. Als Chronist schlägt der Zeichner den Bogen vom Aufbruch der Vorfahren in Süddeutschland Ulmer Schachteln über die Gründungsjahre der Kolonie Helenendorf, den Stalinterror der Jahre 1937/38, Trudarmee Deportation und Zwangsarbeit bis zur Heimkehr der ersten Spätaussiedler Aufnahmelager Friedland. Seite 68
Günther Hummel Lebensdaten, Ausstellungen 1927 Geboren in Helenendorf im Kaukasus/UdSSR 1939-1941 Studium an der Fachschule für Kunst in Baku bei Professor W. Klepikow 1941-1945 Zwangsaussiedlung nach Kasachstan 1954-1957 Kulturbeauftragter für Malerei und Musik in Karaganda 1957-1991 Anfertigung großer Denkmäler in Kasachstan 1958 Aufnahme in den sowjetischen Künstlerverband 1964 Hospitierte er an der Leningrader Kunstakademie bei Professor B. Pintschuk 1981 Auszeichnung Verdienter Künstler Kasachstan 1991 Einreise in die Bundesrepublik Deutschland Seit 1994 Im Arbeitskreis Russlanddeutscher Künstler 1995 Brunnenanlage in Bad Krozingen, Memorialgedenkstelle und Gedenktafel aus Anlass der Städtepartnerschaft Greoux-Les- Bains, Esparron de Verdon und Bad Krozingen 1995 Malexkursion nach Italien 1997 Brunnenanlage der Theresienklinik Bad Krozingen Ausstellungen vor der Übersiedlung 1977 - Personalausstellung,,50 Jahre Leben, 25 Jahre schöpferische Arbeit", Karaganda insgesamt über 100 Ausstellungen 1947-1991 - In dieser Zeit des künstlerischen Schaffens eine Vielzahl Ausstellungen von Karaganda, Alma-Ata bis Moskau, von Baku und Prag bis Worpswede. Die meisten seiner Werke sind mit der Übersiedlung nach Deutschland in Kasachstan und Russland geblieben und stehen heute in Museen in Karaganda, Alma Ata, Duschanbe, Baku und Moskau. Seite 69
Ausstellungsbeteiligungen in Deutschland seit 1992 1992 - Deutsche Künstler aus Russland, Düsseldorf/Berlin/München 1993 - Bad Krozingen - 6. Internationale Kunstausstellung, Freiburg - Landkreis Breisgau Hochschwarzwald, Breisach 1994-7. Internationale Kunstausstellung, Freiburg - Bundestreffen der Deutschen aus Russland, Stuttgart 1995-8. Internationale Kunstausstellung, Freiburg - Art Direct, Freiburg 1996 - Bayerisches Arbeitsministerium, München Im Wandel der Zeit - 10. Internationale Kunstausstellung, Freiburg 1998 - Stadtschloss Lichtenfels - Im Wandel der Zeit - 11. Internationale Kunstausstellung, Freiburg - Computer Akademie Freiburg 2000 - Personalausstellung Galerie Elena und Harry Hummel Reichelsheim Prospekt Skulpturen, Plastiken, Akte. 2001 - Erste Internationale Ausstellung: Deutsch-Französische Ausstellung Breisach im Schloss Feldkirch zu Hartheim - Gedenktafel CHRISTIAN GOTTFRIED DANIEL NEES von ESENBECK Reichelsheim, Schloss Feldkirch, Deutsch-Französische Ausstellung Breisach am Rhein 2002 - Computer Akademie, Freiburg - 8. Salon de la peinture et Skulpture de Colmar, 2. Preis für Skulpturen - Ausstellung Sparkasse Nördlicher Breisgau, Freiburg 2003 - Ausstellung Münchener Künstler Genossenschaft im Haus der Kunst, München - 9. Gemälde und Skulpturenausstellung in Colmar, Frankreich Seite 70
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