1. Korinther 12, 4-11: teilt sie zu. 5Es gibt verschiedene Dienste, doch ein und derselbe Herr macht dazu fähig. 6Es gibt verschiedene Wunderkräfte, doch ein und derselbe Gott schenkt sie er, 7Doch an jedem und jeder in der Gemeinde zeigt der Heilige Geist seine Wirkung in der Weise und mit dem Ziel, dass alle etwas davon haben. 8Die einen befähigt der Geist dazu, Gottes weisheitsvolle Pläne zu enthüllen; andere lässt er erkennen, was in einer schwierigen Lage getan werden soll. 9Derselbe Geist gibt den einen besondere Glaubenskraft und den anderen die Kraft, zu heilen. 10Der Geist ermächtigt die einen, Wunder zu tun; andere macht er fähig, Weisungen* Gottes zu verkünden. Wieder andere können unterscheiden, was aus dem Geist Gottes kommt und was nicht. Die einen befähigt der Geist, in unbekannten Sprachen* zu reden; anderen gibt er die Fähigkeit, das Gesagte zu deuten. 11Aber das alles bewirkt ein und derselbe Geist. So wie er es will, teilt er jedem und jeder in der Gemeinde die eigene Fähigkeit zu. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen. Johanna hat schon als Kind gemerkt, dass die anderen Kinder vieles besser konnten als sie. Sie waren ihr irgendwie immer einen Schritt voraus. Vielleicht war sie wirklich etwas langsamer. Die anderen malten schöner, waren mutiger und kletterten Bäume empor, während Johanna unten auf sie wartete, die anderen lernten schneller lesen, konnten besser rechnen und schöner singen. Richtig schlecht war Johanna aber nie. Sie war nur nicht so gut wie die anderen. Ihr wäre das aber gar nicht so
aufgefallen, wäre es ihr nicht dauernd vorgehalten worden. Schau mal, wie schön Sarah malt, sagten ihre Eltern über das Bild ihrer Schwester. Nimm dir mal ein Beispiel an Maximilian, sagte die Lehrerin als sie die Mathearbeit mit einer drei zurück bekam. Diese und ähnliche Sätze begleiteten Johanna. Sie ließen sie nicht los. Sie setzten sie unter Druck. Sie nervten. Und sie machten sie traurig und schüchtern. Sie traute sich irgendwann nicht mehr viel zu. So gut wie die anderen würde sie ja eh niemals werden. Keiner gab sich die Mühe, zu entdecken, was Johanna richtig gut konnte. Keiner schaute danach, wo und wie sie ihre Fähigkeiten entdecken und einsetzen konnte. Johanna lief eben so mit. Sie war da. Aber das Gefühl, gebraucht zu werden, hatte sie nie. Nicht in der Schule. Nicht in ihrer Familie. Damit fehlte Johanna etwas ganz wichtiges in ihrem Leben. Ihr fehlte das Gefühl, dass sie ein wertvoller Teil einer Gemeinschaft war. Ihr fehlte es, mit liebevollen Augen betrachtet und wertgeschätzt zu werden. Es dauerte Jahre, bis Johanna gemerkt hat, dass sie so wie sie ist, gut ist. Und dass noch mehr in ihr steckte, als die anderen sehen wollten. Es ist keine offensichtliche Gabe, die Johanna hat. Es ist keine, die sofort ins Auge sticht. Aber sie ist kostbar. Johanna hat gemerkt, dass sie einen guten Zugang zu Menschen hat. Sie ist empathisch und strahlt Ruhe aus. Johanna hat einen Job gefunden, indem sie sich wohl fühlt. Dort kann sie geben, was sie hat. Dort erfährt sie das, was sie bisher noch nicht kannte: Wertschätzung.
Paulus kann nur den Kopf schütteln. In seiner Gemeinde in Korinth geht es hoch her. Und das obwohl dort viele begabte Menschen sind. Oder vielleicht gerade deswegen? Paulus weiß: in der Gemeinde in Korinth gibt es Menschen, die erkennen können, was Gottes Plan für sie und die Gemeinde ist. Menschen, die ein gutes Gespür dafür haben, was zu tun und was zu lassen ist. Menschen, die heilen können. Die Seele und den Körper. Menschen, die besonders fest im Glauben stehen. Menschen, die unterscheiden können, was Gottes Wille ist und was nicht. Große und kostbare Gaben sind das. Doch das sind noch lange nicht alle. In der Gemeinde gibt es so viele unterschiedliche Gaben wie es Menschen gibt. Paulus fragt sich, wo dann das Problem ist. Eigentlich müssten doch alle glücklich sein. Eigentlich müssten doch alle froh darüber sein, dass sie von begabten Menschen umgeben sind. Dass nicht alle Last auf den eigenen Schultern liegt, sondern wohl verteilt ist. Doch Paulus erinnert sich daran, dass Menschen anders gestrickt sind. Sie sind nicht einfach froh darüber, dass andere etwas gut, oder sogar besonders gut können. Im Gegenteil - dann werden Menschen oft neidisch. Auf das, was die anderen können. Oder sie empfinden sogar so große Missgunst, dass sie den anderen ihre Gaben aberkennen wollen. Das was der kann, kann ich doch schon lange und viel besser. Das was ich kann, ist mir von Gott gegeben. Aber was die kann, ist doch jetzt aber wirklich keine Gabe, sondern gehört zum Standardrepoirtoire. Doch Paulus weiß, dass eine Gemeinde auf Neid, Missgunst und Machthaberei nicht wachsen kann. Ihr fehlt dann etwas wichtiges: der liebevolle Blick auf die anderen. Die Anerkennung ihrer Gaben, die sie von Gott geschenkt bekommen haben. Wertschätzung. Mit Neid und Missgunst nimmt man sich gegenseitig das Gefühl, ein wertvoller Teil der Gemeinschaft zu sein. Mit dem Wunsch nach alleiniger Macht, handelt man gegen den heiligen Geist, der die
Gaben so weise verteilt hat, dass jeder seinen Teil zur Gemeinde beitragen kann. Paulus wird den Korinthern wohl einen Brief schreiben müssen und ihnen all das noch einmal erklären. John ist Pfarrer in England. Vor zwei Jahren hat er seine Gemeinde übernommen. Leer war es in seiner Kirche. Und auch in seinem Gemeindehaus. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Seine Gemeinde stirbt. Daran ist erstmal keiner Schuld. Aber weil keiner Schuld daran ist, ändert auch niemand etwas. Warum auch? Johns Gemeinde leistet solide Arbeit. Gottesdienste, Seniorentreff, Krabbelgruppe, Konfirmandenarbeit und viele andere Gruppen gibt es. So wie es eben schon immer war. Keine der Gruppen ist gut besucht. Es gibt noch ein paar andere Gemeinden in Johns Umgebung. Ihnen geht es ähnlich. Alle bieten das gleiche Programm. Und alle wundern sich, warum sie leerer und leerer werden. John hat sich Gedanken darüber gemacht. Er weiß wohl, dass er vielleicht nicht das richtige anbietet für die Menschen, die in seiner Gemeinde leben. Vielleicht muss er herausfinden, welche Gabe seine Gemeinde hat. Vielleicht müsste er mehr für die sozialschwachen Jugendlichen tun, von denen es bei ihm reichlich gibt. Aber dann müsste er auch anderes aufgeben. Oder besser gesagt: abgeben. An die anderen Gemeinden vielleicht? Dann hätte jeder einen Schwerpunkt in seiner Gemeindearbeit. Jeder könnte sich um das kümmern, was der Gabe der Gemeinde entspricht. Das hieße dann aber auch: Vertrauen. Vertrauen in die Arbeit der anderen Gemeinden. Vertrauen in die Gaben der anderen Gemeinden. Vertrauen darauf, dass sie genauso
Gemeinde sind, wie es seine ist. Gestiftet durch den Heiligen Geist. Das heißt dann auch: die anderen Gemeinden mit einem liebevollen Blick anzuschauen. Ihre Gaben anzuerkennen und ihnnen zuzutrauen, dass sie sie so einsetzen können, dass sie allen zum Guten dienen. Auch Johns Gemeindegliedern. Ob er sich diesen Schritt wagen wird? Amen. Und der Friede Gottes welcher höher ist als all unsere menschliche Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.