2. Mose 33,12-23 16.1.2011 Von einem, der mehr von Gott wollte Ich will ihnen heute eine Geschichte erzählen. Es ist eine ganz eigenartige Geschichte von Gott und den Menschen, speziell von Gott und Mose. Eine Geschichte voller Gegensätze, da bleiben Dinge offen. Die Geschichte ist nicht glatt, so wie eben die Bibel auch nicht alles glatt aufgeht. Da wird einerseits vom heiligen Gott erzählt, dem man sich nicht nähern darf. Wer ihm zu nahe kommt, muss sterben. Andererseits beobachten wir Mose, wie er mit Gott handelt und dabei beachtliche Zugeständnisse aushandelt. Gott lässt sich von Mose umstimmen. Und dann geht Mose noch einen Schritt weiter. Mose reichen die Zugeständnisse nicht. Er will noch mehr. Mose will Gott sehen: Lass mich deine Herrlichkeit sehen!, bittet er verwegen. Und Gott lässt sich darauf ein. Aber anders, als Mose sich das vorgestellt hat. Was hat diese Geschichte mit uns zu tun? Da will einer mehr von Gott. Ihm reicht die Gnadenzusage nicht. Auch die Zusagen, Ich geh mit dir!, die reicht ihm auch noch nicht. Er will noch mehr von Gott. Er will Gott unmittelbar begegnen. Das Hören alleine reicht ihm nicht. Er will Gott sehen. Also mir würde schon reichen, wenn ich Gott akustisch wahrnehmen könnte. Aber ich kann Mose verstehen. Ich sehne mich auch nach ganz unmittelbaren Gottesbegegnungen. Wer wünscht sich nicht eine besondere Gotteserfahrung. Mehr als das gesprochene Wort, mehr als Beten und Bibel lesen. Ich glaube jede und jeder von uns sehnt sich nach Mehr von Gott. In dieser Geschichte wird uns manches begegnen, was eigene Erfahrungen und Sehnsüchte anklingen lässt. Die Geschichte beginnt damit, dass Gott die Not und das Elend seines Volkes wahrnimmt. Sein Volk wurde schon seit vielen Jahrzehnten in Ägypten unterdrückt und ausgebeutet. Es bleibt ein Geheimnis Gottes, warum er so lange dieses Elend ansieht. Aber er sieht es und er hört die verzweifelten Hilferufe der Menschen. Dann greift er ein. Gott offenbart sich Mose an einem brennenden Dornenbusch und spricht: 2. Mo 3,6 Ich habe gesehen, wie mein Volk in Ägypten unterdrückt wird. Und ich habe ihr Schreien gehört. Ich weiß, wie sehr es leidet. Ich bin gekommen, um sie aus der Gewalt der Ägypter zu retten und sie aus Ägypten zu führen in ein schönes, weites Land. In ein Land, in dem Milch und Honig überfließen. Die darauf folgenden Ereignisse sind beschämend. Nicht, weil der Pharao seine Zusagen nicht einhält und nach jeder abgewendeten Plage das Volk doch nicht ziehen lässt. Ich finde beschämend ist, wie sich das Volk Israel seinem Retter gegenüber verhält. Es ist zum Fremdschämen, was da abgeht. Wobei, je intensiver ich diese Geschichten betrachte, desto weniger schäme ich mich für die Menschen damals. Vielmehr entdecke ich mich selbst in diesen Geschichten und aus Fremdschämen wird eigene Beschämung. Denn ich bin nicht viel anders, als die Menschen damals. Gott hat großartig an seinem Volk gehandelt. Er hat sie aus der Sklaverei heraus geholt. In einer Wolkensäule am Tag und in einer Feuersäule bei Nacht ging Gott vor ihnen her. Mit einem gigantischen Wunder führte er sein Volk durch das Schilfmeer. Manche behaupten, das Meer wäre an dieser Stelle nur knöcheltief gewesen. Die Israeliten hätten also einfach so hindurchwaten können. Wenn das wirklich so gewesen wäre, dann hätte dort ein noch größeres Wunder stattgefunden: Die Armee des Pharao wäre in knöcheltiefem Wasser ertrunken! Was dann folgt ist mehr als peinlich. Es zeigt uns, wie wir sind. Nach dem Durchzug durchs Meer hatten sie eine grandiose Anbetungszeit. Aber schon drei Tage später fanden sie nur bitteres Wasser. Schon nach drei Tagen, als die ersten Schwierigkeiten auftraten, fingen sie an vorwurfsvoll zu jammern. Und was sollen wir jetzt trinken!? Gott zeigte Mose, wie er das Wasser genießbar machen konnte. Zweieinhalb Monate später wurde das Essen knapp. Wieder fingen sie an zu jammern und zu klagen. Warum hast du uns überhaupt aus Ägypten herausgeführt?, schrien sie Mose an. Es wäre besser, wir wären in Ägypten gestorben. Dann wären wir wenigstens satt gestorben! Gott gab ihnen Brot vom Himmel und eine Fleischportion extra in Form von Wachteln. Später war wieder einmal das Wasser knapp. Diesmal gingen die Vorwürfe noch tiefer: Ist Gott eigentlich bei uns? Hat uns Gott hängen lassen? Hat Gott uns absichtlich in die Wüste geführt, damit wir hier erbärmlich zu Grunde gehen? Sie hatten ein halbes Jahr voll gepackt mit Wundern hinter sich, aber wenn sich Probleme einstellten, zweifelten sie, ob 1
Gott es überhaupt gut mit ihnen meint. Kommt ihnen das bekannt vor? Gestern Gott ganz praktisch erlebt, heute ein Problem: Gott, warum hast du mich verlassen? Schließlich kamen sie an den Berg Gottes, den Horeb. Dort schloss Gott mit ihnen einen Bund und sprach. Ihr habt gesehen, was ich den Ägyptern angetan habe. Ich habe euch sicher hierher zu mir gebracht, so wie ein Adler seine Jungen auf seinen Flügeln trägt. Wenn ihr mir nun gehorcht und den Bund haltet, den ich mit euch schließen werde, sollt ihr vor allen anderen Völkern der Erde mein besonderes Eigentum sein, denn die ganze Erde gehört mir. Ihr sollt mir ein Königreich von Priestern, ein heiliges Volk sein. 2.Mo 19,4ff Mit diesem Bundesschluss einher ging eine gewaltige Gotteserscheinung. Gott begegnete ihnen verhüllt in Donner und Blitz, mit dem lautem Signalton wie von einer Posaune. Eine schwarze Wolke legte sich auf den Gipfel des Berges, Rauch und Feuer stieg auf und die Erde bebte. Niemand durfte den Berg Gottes berühren. Wer den Berg anrührt, würde sterben. Gott offenbarte sich in seiner Größe und Heiligkeit. Das Volk ist angesichts dieser Erscheinung geschockt. So wollte sie Gott auf Dauer nicht begegnen, das machte ihnen Angst. Sie baten Mose, dass Mose künftig als Vermittler zwischen Gott und dem Volk fungieren sollte. In einer feierlichen Zeremonie wurde dann der Bund mit Blut besiegelt. 70 Älteste des Volkes durften darauf hin auf den Berg Gottes. Sie sahen und spürten etwas von der Atmosphäre Gottes. Der Boden war ein leuchtendes Pflaster aus Saphir. Anschließend blieb Mose 40 Tage auf dem Berg. Gott übergab ihm dort die Tafeln des Gesetzes. Unten wurde das Volk allmählich unruhig. Abschätzig sagten sie, Wo bleibt dieser Mann, der uns aus Ägypten herausgeführt hat? Wer weiß, was aus ihm geworden ist. Los Aaron, mach uns einen Gott, der vor uns herzieht. Und Aaron goss ihnen ein goldenes Kalb, das sie feierlich anbeteten. Es war nicht so, dass sie einen neuen Gott wollten. Als das goldene Kalb vor ihnen auf dem Podest stand, riefen sie: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägypten geführt hat! Sie hatten also keinen anderen Gott angebetet, sondern sie hatten sich ein Bild von Gott gemacht. Dahinter stand die alte Sehnsucht, Gott sehen zu wollen. Sie wollten einen sichtbaren, einen greifbaren Gott, dem sie folgen konnten. Den donnernden und blitzenden Gott wollten sie nicht, das machte ihnen Angst. Mose sollte als Vermittler her. Aber jetzt war der verschwunden, der Gott repräsentierte. Also machten sie sich einen neuen Vertreter, aus Gold um den sie dann tanzten und ihren Spaß daran hatten. Natürlich wussten sie dass ihr Gott unsichtbar ist. Sie wollten aber etwas Sichtbares haben. Das Problem war nur, dass das Bild von Gott aus ihren Wünschen und Vorstellungen entstanden ist und nichts mit dem wirklichen Gott zu tun hatte. Aber dahinter stand die Sehnsucht, die uns dann auch wieder bei Mose begegnen wird: Wir wollen Gott sehen. Dieses Verlangen ist mehr als Neugier, so nach dem Motto, wie sieht Gott eigentlich aus? Was ich sehe, kann ich erfassen. Ich kann es definieren, einordnen, und damit mache ich es mir in gewisser Weise verfügbar. Und dieser Gott darf mir nicht Angst machen, mit Feuer, Rauch und Erdbeben. Wir wollen uns ihm nähern können, ohne, dass wir gleich tot umfallen. Die Menschen damals machten sich also ein Bild von Gott, so wie sie sich ihn vorstellten, so ähnlich, wie die Götter der anderen Völker auch waren. Aber das konnte Gott nicht akzeptieren. Im Angesicht von Mose fällte Gott das Todesurteil über sein Volk. Er sprach: Ich habe erlebt, wie eigenwillig dieses Volk ist. Ich will meinen Zorn über sie kommen lassen und sie alle vernichten. Dich will ich jedoch zu einem großen Volk machen. Mose ist geschockt über dieses harte Urteil. Vielleicht fühlt er sich aber auch ein bisschen geehrt, weil Gott mit ihm ein neues Volk aufbauen würde. Aber Mose ringt um sein Volk, von dem sich Gott eben distanziert hat. Gott zeigt hier seine Heiligkeit. Sein Zorn ist berechtigt. Lange hatte er geduldig diese undankbaren Menschen geführt. Er hat sie durch Schwierigkeiten begleitet und immer treu versorgt. Er hat mit ihnen einen Bund geschlossen. Aber das Blut des Bundesschlusses war noch nicht richtig trocken, da hatten sie den Bund schon gebrochen. Ich werde dieses widerspenstige Volk vernichten und mit dir Mose ein neues Volk aufbauen. Aber Mose flehte den Herrn, seinen Gott, an: Herr, warum willst du dein Volk in deinem Zorn vernichten, das du doch mit so großer Macht und starker Hand aus Ägypten geführt 2
hast? Die Ägypter werden sagen: `Gott hat sie in die Berge geführt, um sie dort zu töten und zu vernichten. Lass ab von deinem schrecklichen Zorn! Gib dein Vorhaben auf, solch ein Unheil über dein Volk zu bringen! Denk an deine Diener Abraham, Isaak und Jakob, denen du geschworen hast: `Ich werde euch so viele Nachkommen schenken, wie es Sterne am Himmel gibt. Ihnen werde ich dieses Land, das ich euch versprochen habe, als ewigen Besitz geben. Da tat es dem Herrn Leid und er ließ das angedrohte Unheil nicht über sie kommen. Es folgen nun dramatische Episoden in denen Mose zwischen Gott und dem Volk hin und her pendelt. Das schreckliche Gericht ist zumindest abgewendet. Sie dürfen leben. Aber Gott hat sich von ihnen getrennt. Gott sagte: Ich halte es in ihrer Mitte nicht aus. Er weigerte sich, dieses Volk weiter zu führen. Sein Engel soll das Volk in das verheißene Land führen, sagt Gott zu Mose: Zieh mit dem Volk, das du aus Ägypten geführt hast, in das Land, das ich Abraham, Isaak und Jakob mit einem Eid versprochen habe. Ich will einen Engel vor euch her senden, der die Kanaaniter, Amoriter, Hetiter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter vertreibt. Er soll euch in ein Land bringen, in dem Milch und Honig überfließen. Ich selbst aber will nicht mit euch ziehen, denn ihr seid ein eigenwilliges Volk. Sonst könnte es sein, dass ich euch unterwegs vernichte. Mose kann und will sich damit nicht zufrieden geben. Wenn Gott nicht mitgeht, brauchen wir nicht gehen. Ohne Gott ist es sinnlos. Eine entsetzliche Trauer legt sich über Mose und das Volk. Sie dürfen weiter leben. Aber was ist das für ein Leben, wenn Gott sich zurück zieht? Es hat keinen Sinn! Eine entsetzliche Leere liegt über dieser Situation. Die Geschichte nähert sich ihrem Höhepunkt. 2. Mo 33,12-23 12 Und Mose sprach zu dem HERRN: Siehe, du sprichst zu mir: Führe das Volk hinauf!, und lässt mich nicht wissen, wen du mit mir senden willst, wo du doch gesagt hast: Ich kenne dich mit Namen, und du hast Gnade vor meinen Augen gefunden. 13 Hab ich denn Gnade vor deinen Augen gefunden, so lass mich deinen Weg wissen, damit ich dich erkenne und Gnade vor deinen Augen finde. Und sieh doch, dass dies Volk dein Volk ist. 14 Er sprach: Mein Angesicht soll vorangehen; ich will dich zur Ruhe leiten. 15 Mose aber sprach zu ihm: Wenn nicht dein Angesicht vorangeht, so führe uns nicht von hier hinauf. 16 Denn woran soll erkannt werden, dass ich und dein Volk vor deinen Augen Gnade gefunden haben, wenn nicht daran, dass du mit uns gehst, sodass ich und dein Volk erhoben werden vor allen Völkern, die auf dem Erdboden sind? 17 Der HERR sprach zu Mose: Auch das, was du jetzt gesagt hast, will ich tun; denn du hast Gnade vor meinen Augen gefunden, und ich kenne dich mit Namen. 18 Und Mose sprach: Lass mich deine Herrlichkeit sehen! 19 Und er sprach: Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen und will vor dir kundtun den Namen des HERRN: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich. 20 Und er sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht. 21 Und der HERR sprach weiter: Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen. 22 Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. 23 Dann will ich meine Hand von dir tun und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen. Was für ein Gott! Eben noch kann Mose mit dem Volk aufatmen, weil Gott sie nicht vernichten wird. Sie dürfen leben! Und nun macht Gott Zugeständnisse, die überhaupt nicht zu seinen vorherigen Reaktionen passen. Was für ein Mensch Mose? Er wagt sich weit vor. Mose erinnert Gott an seine Zusage. Das ist die winzige Plattform auf der er sich bewegt. Gottes Zusage von früher ist das Einzige, was er jetzt einbringen kann. Mose hat von sich aus keine Verhandlungsmasse. Von sich aus kann Mose nichts einbringen, keine Versprechen, keine Vorleistungen, keine guten Taten in der Vergangenheit, keinen Gehorsam Nichts, was Gott gnädig stimmen könnte. Das ist genau 3
unsere Situation, wenn wir zu Gott kommen. Mose kann sich nur auf Gottes Zusagen berufen. Und selbst diese Zusagen hat Mose auch aus freien Stücken von Gott bekommen, damals am brennenden Dornenbusch. Mose nimmt nun diese Zusagen und handelt damit ein unglaubliches Ergebnis aus. Gott wird selbst mit Mose und seinem Volk ziehen. Er wird sie in das verheißene Land bringen. Mose fragt rückversichernd nach und handelt damit die Begnadigung für sein Volk heraus. Nur wenn du mitgehst, erkennt man, dass du deinem Volk gnädig bist. Deine Gegenwart und deine Begleitung ist das Zeichen dafür, dass du uns gnädig bist. Gott versichert Mose: Auch das, was du jetzt gesagt hast, will ich tun; denn du hast Gnade vor meinen Augen gefunden, und ich kenne dich mit Namen. Aber das reicht Mose immer noch nicht. Gottes Zusage, dass er seinem Volk vergibt und dass er sein Volk begleitet und führt, das reicht Mose nicht. Mose will noch mehr. Er will die Herrlichkeit Gottes sehen. Die Herrlichkeit Gottes, das ist Gott wie er tatsächlich ist, unverhüllt. Gott in seiner Größe, in seinem Glanz, in seiner Majestät Ich kann Mose verstehen, auch wenn ich schon dankbar wäre, Gott würde mit mir reden wie mit Mose. Und geht es ihnen auch so, dass ihnen die schriftlichen Zusagen aus der Bibel manchmal zu wenig sind, oder dass ihnen der mündliche Zuspruch aus dem Mund eines Gläubigen nicht genügt. Wir sehnen uns manchmal nach einer deutlicheren Bestätigung. Jesus sollte sichtbar erscheinen, er sollte uns liebevoll in die Augen sehen, und uns dann etwas Liebes sagen. Wir möchten mehr als Gottes Worte in der Bibel und seine Verheißungen, dass Jesus mit uns geht. Irgendeine hammermäßige Begegnung mit Jesus, so wie es der alte Johannes auf der Insel Patmos erlebt hat. Gott geht auf Moses Wunsch ein. Zwar darf er Gott nicht von vorne sehen, aber er darf etwas erfahren von Gott und er wird ihn von hinten sehen. Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen, verspricht Gott. Güte trifft nicht ganz, was das hebräische Wort hier meint. Besser wäre Schönheit. Schönheit im Sinne von: Gott ist einfach gut, er ist wohltuend, angenehm, vollkommen, heilsam. Ein Ausleger übersetzt sogar Liebe: Ich will meine Liebe vor deinem Angesicht vorüber gehen lassen. Was für ein Gegensatz zu dem Gott, der sich in Blitz und Donner offenbart, der sein Volk vernichten will! In Kapitel 34 erfahren wir, wie der Herr in seiner Güte und Liebe an Mose vorüber ging. Genauso, wie er es hier gesagt hat: Indem er seinen eigenen Namen nennt. 2. Mo 34,6: Und der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber, und er rief aus: HERR, HERR, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue, der da Tausenden Gnade bewahrt und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde, aber ungestraft lässt er niemand, sondern sucht die Missetat der Väter heim an Kindern und Kindeskindern bis ins dritte und vierte Glied! Mose nimmt also die Liebe Gottes wahr, indem Gott seinen Namen sagt. Mit diesem Namen ist, wie wir es gehört haben, diese geniale Zusage verbunden: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich. Diese Aussage meint nicht, dass Gott willkürlich oder unberechenbar ist. Gottes Gnade ist nicht willkürlich, sondern kontinuierlich. Wem ich gnädig war, dem bleibe ich gnädig. Wer Gnade braucht, dem ist er gnädig. Das ist das schönste, was wir von Gott erfahren können. Der Name drückt das Wesen Gottes aus. In diesem Namen erkennen wir seine Liebe. Das ist wohltuend, angenehm, vollkommen. Das durfte Mose erfahren. Und dann sollte etwas ganz besonders mit ihm geschehen. Bei Gott ist ein Raum, eine Felsspalte, in die sich Mose stellen darf. Der Herr wird dann vorbeigehen und zum Schutz die seine Hand über Mose halten. Denn sonst würde Mose sterben. Wenn Gott dann vorbei gegangen ist, nimmt er seine Hand weg und Mose kann ihn von hinten sehen. Mose darf also die Rückseite Gottes sehen. So soll er dir Herrlichkeit Gottes sehen. Wir kommen von Weihnachten her. Im Spruch über dem Weihnachtsfest heißt es bei Johannes 1,14 Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Johannes schreibt: wir haben seine Herrlichkeit gesehen. Das war die Herrlichkeit Gottes in seinem Sohn. In den Wundern sahen sie Gottes Herrlichkeit. Aber vor allem am Kreuz. Jesus sprach manchmal sehr geheimnisvoll von seinem Tod, im Sinne von verherrlicht. Die Stunde ist gekommen, dass der Sohn des Menschen verherrlicht wird. Joh 12,23 Im Tod am Kreuz hat Gott seine 4
Herrlichkeit gezeigt. Und natürlich auch in der Auferstehung. Aber die Auferstehung war letztlich nur die Bestätigung dafür, dass der Tod am Kreuz notwendig und geplant war. Am Kreuz können wir die Herrlichkeit Gottes sehen. Jesus am Kreuz ist sozusagen die Rückseite von Gott, seine niedrige Seite. Hier sehen wir Gott leiden und sterben, damit er uns wirklich kontinuierlich gnädig sein kann. Damit wir seiner Gnade sicher sein können. Mose durfte Gottes Herrlichkeit von hinten sehen. Wir dürfen auch die Rückseite von Gottes Herrlichkeit sehen. Wie kommen wir an diese besondere Erfahrung: Gott sagte zu Mose: bei mir ist ein Raum. Das erinnert uns daran, als Jesus sagte: Joh 6,56 Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, bleibt in mir und ich in ihm. Damit meinte Jesus das Abendmahl. Das Abendmahl ist eine sinnliche Erfahrung, in der wir in Jesus sein können und er in uns. Später sagte Jesus Ähnliches: Joh 15 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. In Jesus bleiben meint dort, in seinen Worten bleiben, also sich mit seinen Worten beschäftigen und danach leben. Auch das ist eine besondere Erfahrung seiner Nähe. Mose wollte mehr von Gott und er bekam es. Wir können auch mehr von ihm haben. Durch Jesus. Wenn wir uns im Abendmahl an seinem Tod erinnern. Und in seinem Wort, wenn wir uns damit beschäftigen und danach leben. Amen. Reinhard Reitenspieß 5