Predigt Johannes 4, 5-14 13.7.2010 Semesterabschluss-GD von Pfarrer Reinhard Menzel (Studierendenseelsorger, Cottbus)



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Transkript:

Predigt Johannes 4, 5-14 13.7.2010 Semesterabschluss-GD von Pfarrer Reinhard Menzel (Studierendenseelsorger, Cottbus) Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen. Liebe Schwestern und Brüder, Da wohnt ein Sehnen tief in uns... ein Sehnen nach Glück, nach Liebe, nach Geborgenheit und innerem Frieden; ein Durst nach Leben, nach einem Leben, das sich wirklich Leben nennen kann. Ja, vielleicht ist es auch ein Sehnen nach Gott? Da wohnt ein Sehnen tief in uns... Von dieser Sehnsucht weiß Astrid Lindgren in ihrem Buch Mio, mein Mio zu erzählen. Sie entführt junge und ältere Leser in die phantasievolle Welt der Abenteuer des Pflegekindes Bosse aus Stockholm. Wir haben gehört: Bosse lernt die Großmutter seines Freundes Nonno kennen. Bei ihr gibt es ein köstliches Brot, das Hunger stillt, und eine frische Quelle, die Durst löscht. Brot und Wasser stehen oft als Bilder dafür, wie unser Hunger und unser Durst nach Leben gestillt werden. Es sind starke Bilder, denn sie holen uns bei grundlegenden Erfahrungen unseres Lebens ab. Jede und jeder von uns hat schon einmal Hunger gehabt. Und wer hat nicht in diesen Hitzetagen Durst nach etwas Erfrischendem? Predigt zu Joh. 4, 1-15 Seite 1 von 9

Da wohnt ein Sehnen tief in uns... Das spürte auch die Frau, der Jesus auf seinem Weg durch Samarien begegnete. Johannes schildert die Begegnung im 4. Kapitel seines Evangeliums: Jesu Weg führte ihn durch Sychar, eine samaritanische Ortschaft, in deren Nähe das Feld lag, das Jakob einst seinem Sohn Josef gegeben hatte, und wo sich auch der Jakobsbrunnen befand. Es war um die Mittagszeit; müde von der Reise hatte sich Jesus an den Brunnen gesetzt. Seine Jünger waren in den Ort gegangen, um etwas zu essen zu kaufen. Da kam eine samaritanische Frau zum Brunnen, um Wasser zu holen. Jesus bat sie:»gib mir zu trinken!«überrascht fragte die Frau:»Wie kannst du mich um etwas zu trinken bitten? Du bist doch ein Jude, und ich bin eine Samaritanerin!«(Die Juden meiden nämlich jeden Umgang mit den Samaritanern.) Jesus antwortete:»wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir Quellwasser gegeben, lebendiges Wasser.«Predigt zu Joh. 4, 1-15 Seite 2 von 9

»Herr«, wandte die Frau ein,»du hast doch nichts, womit du Wasser schöpfen kannst, und der Brunnen ist tief. Woher willst du denn dieses lebendige Wasser nehmen? Bist du etwa mehr als unser Stammvater Jakob, der uns diesen Brunnen gegeben und selbst von seinem Wasser getrunken hat er und seine Söhne und seine Herden?«Jesus gab ihr zur Antwort:»Jeder, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr durstig sein. Das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm zu einer Quelle werden, die unaufhörlich fließt, bis ins ewige Leben.«(Joh. 4, 5-14 Neue Genfer Übers.) Mitten in der Mittagshitze geht diese Frau zum Brunnen vor der Stadt. Niemand macht das außer ihr. Die anderen Frauen kommen, wenn es kühl ist früh am Morgen oder abends nach Sonnenuntergang. Wasser holen ist eine schwere Arbeit nichts für die größte Hitze in der Mittagszeit. Und doch geht diese Frau in der größten Mittagshitze. Verrückt, nicht wahr?! Predigt zu Joh. 4, 1-15 Seite 3 von 9

Was ist der Grund, dass sie gerade jetzt kommt? Jetzt, wo niemand auf die Idee kommt, sich unnütz zu bewegen. Braucht sie dringend frisches Wasser? Haben die Vorräte in der Hitze nicht gereicht? Oder will sie nicht immer wieder Anlass zu Klatsch und Tratsch am Brunnen werden? Über eine wie sie, zerreißt man sich gern die Mäuler. Mittlerweile lebt sie schon mit dem sechsten Mann zusammen. Doch der Brunnen liegt an diesem Tag nicht einsam und verlassen in der Mittagshitze. Ein Fremder sitzt dort. Er spricht sie an und bittet um etwas zu trinken. Sie will mit ihm nichts zu tun haben und reagiert abweisend. Aber er lässt sich von ihren Vorurteilen nicht beeindrucken. Und so kommen sie ins Gespräch. Es geht um den Durst in der Mittagshitze und dass er nicht an das Wasser im Brunnen kommt. Aber plötzlich dreht sich das Gespräch um ihren Durst nach Leben. Der Fremde muss bei der Frau eine Sehnsucht gespürt haben. Und so wird dieses Gespräch in der größten Mittagshitze für die Frau zu einer Begegnung, Predigt zu Joh. 4, 1-15 Seite 4 von 9

die ihren Durst nach Leben stillt. Manchmal brauchen auch wir solche Begegnungen Begegnungen, die uns entdecken lassen, wo wir unseren Durst nach Leben stillen können. Wir brauchen sie, egal ob wir mit Religion und Glauben etwas anfangen können oder nicht. Wir brauchen sie gerade unter jungen Menschen. Bei ihnen sitzen die Vorurteile über Glauben und Kirche oft erstaunlich tief. Kein Wunder, denn schon die Eltern, manchmal sogar die Großeltern, waren davon überzeugt: Glaube ist unwissenschaftlich und gegen alle Vernunft; Religion ist nur etwas für Schwache, die sich einbilden, so besser im Leben zu recht zu kommen. Darauf wird sich doch ein gebildeter und aufgeklärter Mensch nicht im Ernst einlassen wollen. Aber auch unter jungen Christen gibt es manche Vorurteile. Die einen haben Angst davor, als frommer Spinner abgestempelt zu werden. Anderen ist es nicht entschieden genug, zu alltäglich, zu diesseitig. Da kann es einem leicht gehen wie dieser Frau. Als Samariterin wollte sie mit Juden nichts zu tun haben. Doch Jesus saß schon da dort am Brunnen. Er bat sie um Wasser. Predigt zu Joh. 4, 1-15 Seite 5 von 9

Und sie kamen ins Gespräch. Als moderner, aufgeklärter Mensch, gibt man sich doch nicht mit Kirche und Religion ab. Doch plötzlich begegnet einem einer, der ist Christ. Und der hat fachlich etwas drauf. Dem kann man erzählen, was einem bedrückt. In dessen Nähe fühlt man sich wohl. Oder umgekehrt: Als Christ bekomme ich von einem Nichtchristen den entscheidenden Impuls. Und plötzlich ist da die Erfahrung: Aus dem Gespräch über den Durst in der Mittagshitze wird ein Gespräch über den Durst nach Leben. Denn Jesus ist immer schon da, wo wir hinkommen. Er erwartet uns, auch dort, wo wir ihn überhaupt nicht vermuten. Das ist das Erste, was Johannes uns mit dieser Geschichte mit auf den Weg geben will. Das Zweite ist: Wenn wir wie die Frau am Brunnen, das Leben dort suchen, wo es nicht ist, dann sind Missverständnisse vorprogrammiert. Jesus zu ihr sagt:»wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken, Predigt zu Joh. 4, 1-15 Seite 6 von 9

dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir Quellwasser gegeben, lebendiges Wasser.«Sie denkt sofort an das frische Wasser im Brunnen. Ihr Alltagssorgen, ihre Arbeit, das, was ihr im Moment Mühe macht, das bestimmt ihre Gedanken. Sie ist so mit sich und ihrer Situation beschäftigt, dass sie das Entscheidende nicht wahrnimmt. Jesus spricht eben nicht vom Wasser, das (im Moment) den Durst löscht. In seiner Antwort geht es um den, der das gibt, was unseren Durst nach Leben stillt. Erinnern wir uns! ER - Jesus ist schon immer dort, wo wir gerade hinkommen. Er ist schon dort, wo wir unseren Durst nach Leben stillen wollen. Und dann erzählt uns Johannes als drittes von der großartigen Zusage, die Jesus macht. Jesus sagt der Frau:»Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr durstig sein. Das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm zu einer Quelle werden, Predigt zu Joh. 4, 1-15 Seite 7 von 9

die unaufhörlich fließt, bis ins ewige Leben.«Sie, die sie so nach Leben dürstet, sie wird für andere zu einer Leben spendenden Quelle werden. Das traut Jesus dieser Frau zu. Das traut Jesus uns zu, uns die wir unseren Durst nach Leben stillen wollen. Und tatsächlich wird diese Samaritanerin für die Menschen ihrer Stadt zur Leben spendenden Quelle. Das Ende der Begegnung am Brunnen überliefert uns der Evangelist Johannes so: Die Frau ließ ihren Wasserkrug stehen, ging in den Ort zurück und sagte zu den Leuten:»Kommt mit, ich habe einen Fremden getroffen, der mir alles auf den Kopf zugesagt hat, was ich getan habe! Ob er wohl der Messias ist?«(vv. 28-30) Da machten sich die Leute aus dem Ort auf den Weg zu Jesus. Die Samariterin damals hat Jesus als Leben spendende Quelle entdeckt und wurde selbst anderen zu so einer Quelle. Wie ist das möglich geworden? Der Evangelist schreibt nichts von Jesu Überredungskunst oder von seiner faszinierenden Ausstrahlung. Er schreibt von der Hoffnung Jesu: Wenn du die Gabe, das Geschenk Gottes erkennen würdest und wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, Predigt zu Joh. 4, 1-15 Seite 8 von 9

du bätest ihn und er gäbe dir lebendiges Wasser. Wenn du... das Geschenk Gottes erkennen würdest... Es ist und bleibt Gottes Geschenk, dass wir erkennen, dass Jesus Christus die Quelle ist, die unseren Lebensdurst so stillt, dass alles andere zweitrangig wird. Und dann wird das passieren, womit keiner rechnet: Wo Jesus Christus wie eine Quelle unser Leben speist, da werden wir zu Menschen, von denen Leben für andere ausgeht. Jesus selbst traut uns das zu. Denn er weiß, was er zu geben hat. Und das ist viel stärker als alles, womit wir ihm im Wege stehen. Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen. Predigt zu Joh. 4, 1-15 Seite 9 von 9