Die Entstehung des Rock`n Roll und sein Einfluss auf die Beat Musik in Europa 1.Blues Woher kommt der Blues? Die Wurzeln des Blues reichen zurück bis in die Musik der Sklavenzeit. Seine unmittelbaren Vorläufer sind einerseits die Tanzlieder, die die aus Afrika importierten Zwangsarbeiter bei ihren samstagnächtlichen Zusammenkünften zu spielen pflegten, andererseits die worksongs, mit denen sie ihre Arbeit koordinierten und die field hollers, die musikalischen Rufe, mit denen sie sich bei der Feldarbeit verständigten. Nach der Sklavenbefreiung entwickelte sich unter den neuen Bedingungen aus worksong und field holler der field blues. Unterschiede zwischen europäischem und afroamerikanischem Blues Verständnis. Für den Afro-Amerikaner bedeuten die sogenannten blue notes keine melancholische Gemütslage. Er signalisiert damit Ergriffenheit und Erregtheit. Afro- Amerikaner benützen diese Intonation auch in der Umgangssprache, wenn sie besonders engagiert sprechen. In der englischen Umgangssprache bedeutet to be blue betrübt, melancholisch, schwermütig zu sein. In der Sprache der Afro-Amerikaner hat derselbe Begriff einen erheblich vielschichtigeren Sinn. Ab 1920 ist der Blues akustisch dokumentiert und zwar der Crazy Blues von Mamie Smith = Elisabeth Smith.( Musikbeispiel) Das Neue am Crazy Blues war, dass er relativ nah an den Ausdrucksformen der schwarzen Volksmusik blieb und besonders für ein afroamerikanisches Publikum propagiert wurde. Die vorhergehenden Aufnahmen waren dem europäisch bürgerlichen Musikverständnis angepasst. 1923 erfolgte der Durchbruch des Blues. Der Blues nahm in der sozialen Hierarchie musikalischer Ausdrucksformen die unterste Stufe ein, als die rohe Musik des schwarzen Proletariats, der untersten sozialen Schicht. Zu dieser Zeit war der Blues, neben der kommerziellen Ware, eine höchst lebendige Folklore, mit der Afro-Amerikaner sich verständigten und ihre Lebensbedingungen darstellten. In den Städten, wo vor größerem Publikum gespielt wurde, entwickelte sich der Rhyth`m and Blues. Ein schnell und hart gespielter Blues, bei dem die akustische Gitarre elektrisch verstärkt wurde. Die elektrisch verstärkte Gitarre wurde zum Stilelement, weil sie hart, metallisch und aggressiver klingt. ( Musikbeispiele Muddy Waters) 1
1 Rock-Star Eric Clapton (geb. 1945) hat das Verhältnis von Rock zu Blues auf eine knappe Formel gebracht, als er in einem Interview sagte: Rock ist wie eine Batterie. Von Zeit zu Zeit musst du zurück zum Blues und dich neu aufladen. Tatsächlich können viele stilistische Umschwünge und Neuentwicklungen in der Rock- Geschichte als solches periodisches Aufladen am Blues gedeutet werden. 2 Den nächsten Blues- Schub in der Pop Musik gab es mit dem britischen Beat. Eric Burdon (geb. 1941) sagte 1966: Der Grund, warum die Beatles zu ihrem Sound gekommen sind, ist: Sie haben, genauso wie ich und viele meiner Freunde, geradezu fanatisch die amerikanische Musikszene verfolgt. Die Rolling Stones landeten einen ihrer ersten großen Verkaufserfolge mit Little red Rooster, das sie fast unverändert von einer Platte des Chicagoer Blues Mannes Howlin Wolf (Chester Burnett, 1910-1976) übernommen hatten. Amerikas Antwort auf die britische Beat-Invasion knüpfte ihrerseits am Blues an. z. B. Bob Dylan (geb.1941) aus dessen Anfänger Phase es Aufnahmen gibt, auf denen er Big Joe Williams, (geb. 1903) harmonikaspielend begleitet. Oder Jimi Hendrix, der als Rhythm & Blues Musiker begonnen hatte und in seinen letzten Lebensjahren immer mehr reinen Blues spielte. Er wollte zu dieser Zeit eine Blues Band gründen und mit Miles Davis gemeinsam spielen. Auch Joe Cocker, Eric Burdon, und Mike Bloomfield leiteten ihre Ausdrucksmittel aus der Blues Tradition her. Die Antwort der Amerikaner auf die Britische Invasion war wieder der Blues. 1 Vgl. Berendt, Joachim-Ernst: Die Story des Jazz. Vom New Orleans zum Rock Jazz. Rowohlt 1980. S. 200 ff 2 Vgl. Berendt S. 202 2
2. Rock`n Roll Ursprung der Bezeichnung Rock`n Roll Der sexuelle Bezug des Wortes wurde später weitgehend neutralisiert, obwohl er in manchen Texten immer wieder gegenwärtig war. Z.B. Rock me Baby. Auch Ragtime und Boogie Woogie hatten ihren Ursprung in der Unterhaltungssphäre der Bordelle und Kneipen. In der Assoziation von Text und pulsierendem Rhythmus verbindet man die Rockmusik mit körperlicher Sinnlichkeit. Laut Siegfried Schmidt-Joos in seinem Rock Lexikon ist der Rock, wie zuvor schon der Jazz ein sogenanntes Akkulturationsprodukt. Afrikanische und europäische Musiktraditionen und Verhaltensweisen, die sich in den USA (modifiziert) erhalten hatten, wurden im Rock`n Roll und allen nachfolgenden Stilformen der Populärmusik abermals vermischt und verschmolzen. 3 Seiner Ansicht gab Bill Haley der neuen Art zu musizieren um 1955 den Namen mit seinem Rock A-Beatin`Boogie und der Textzeile Rock, rock, rock everybody. Er übernahm aus der schwarzen Gettomusik Rhythm`n Blues zunächst nur den harten, treibenden Rhythmus. 4 Rock`,n Roll ist teils der um 1955 aufgegriffene Ausdruck für Rhythm`n Blues, teils eine Synthese der Jahre 1955 62, die Elemente von Blues, Country und weißer Ballade in sich aufnahm und eine bis dahin unbekannte Ausdehnung einer Musik für die junge Generation zur Folge hatte. Laut Tibor Knife in seinem Rock Lexikon stammte der Ausdruck möglicherweise vom Diskjockey Alan Freed und betont das Gemeinsame von Musikern und Hörern unterschiedlicher sozialer Lage, Rasse und Mentalität, im Gegensatz des Trennenden bei Race Music oder Country & Western. Die wichtigsten schöpferischen Musiker des Rock`n Roll waren: Chuck Berry und Buddy Holly, sowie Little Richard und Bill Haley. (Musikbeispiele: Bill Haley, Chuck Berry, Little Richard). Rock `n Roll war die weiße Version des Rhythm`n Blues, mit Country & Western und Soul Elementen vermischt. Die Blues Elemente wurden trivialisiert, teilweise stark vereinfacht. Wegen der Einfachheit hatte die Musik auch starke Durchschlagkraft. Als Interpreten übten vor allem Elvis Presley, Jerry Lee Lewis und andere Einfluss auf Millionen von Musikhörern aus. 3 Tibor Kneif. S.11 4 Tibor,Kneif: Sachlexikon Rockmusik: Instrumente, Stile, Techniken, Industrie u. GS. Rowohlt, 1978. S. 173 3
Elvis Presley verkörperte als erster Weißer das schwarze Blues Feeling, die sexuellen Implikationen des Blues, auf der Bühne. Seinen berühmten Hüftschwung (Elvis the pelvis) kannte man nur von den Schwarzen, seine Bewegungen zur Musik galten als äußerst anstößig. In Großbritannien fand er nicht so großen Anklang wie beispielsweise in Deutschland, da er ausschließlich interpretierte im Gegensatz zu Chuck Berry und Little Richard, die ihre Musik selbst schrieben. 1954 wurde die erste Single mit Elvis Presley veröffentlicht That`s All Right (Mama). Es handelt sich dabei um einen alten Blues Song des Blues Musikers Big Boy, Crudup. (Musikbeispiel) Je größer die Kontaktschwierigkeit der Heranwachsenden mit der Elterngeneration wurde, und je stärker der berufliche Leistungsdruck anwuchs, desto größer wurde das Bedürfnis nach wortloser Kommunikation untereinander außerhalb funktioneller Organisationen. Sprachliche Verständigung wurde durch gemeinsames Musikhören ersetzt, das alle einbezog. Eine Erklärung dafür, warum sich die amerikanische und später die europäische Jugend so vorbehaltlos mit der neuen Musikkultur identifizierte, kann sein, dass der intensive Rhythmus den motorischen Grundbedürfnissen junger Menschen entspricht und Musik als sprachnächste Ausdrucksform immer dann gewählt wird, wenn die Sprache zurückgedrängt werden soll. Auch hat die Musik von allen sinnlichen Medien das breiteste Assoziationsspektrum.. 5 Als Bill Haley 1954/55 seinen Rock Around The Clock anschlug, versetzte er damit die ganze USA in Schwingung. Alle hatten gleichsam schon auf die Verschmelzung von Blues und Countrymusik gewartet. Die Begeisterung für diese Musik ging von den USA auf Europa über. Die Entstehung des Beat Als Jugendliche aus den Arbeitervierteln Liverpools Ende der fünfziger Jahre aufbrachen und sich mit Elektrogitarren den Weg aus den Slums bahnten, übernahmen sie eine geborgte Musik - den amerikanischen Rock`n Roll und wandelten ihn nach und nach um in einen unverkennbaren Lokalstil den Beat. Die Gruppe aus drei Gitarren plus Schlagzeug schuf das Modell. Auch in England ging dem neuen Stil ein Umorientierungsprozess voraus. Als Katalysatoren wirkten nicht nur die amerikanischen Rock`n Roll Schallplatten, sondern auch der traditionelle Jazz von Ken Coyler und Chris Barber, der vor 1960 in Großbritannien ein 5 Tibor, Knife. S. 14 und ff 4
einträgliches Revival erlebte. Ice Cream, Down By The Riverside und When The Saints Go Marching In erreichten Millionenauflagen. Diese Stücke weichten die britische Schlagertradition durch Rhythmus und Intonation ebenso auf, wie Blues und Countryelemente zuvor den amerikanischen Popsong durchsetzt hatten. Sie lenkten das Interesse auf die Wurzeln zurück, auf Jazz und Blues.. Entwicklung der Beatmusik Liverpool wurde zum Dampfkessel, in dem Jugendliche Blues, Rock`n Roll und Skiffle unter starkem sozialem und psychologischem Druck und enormem Engagement zur Beatmusik entwickelten. Das Industriegebiet um Liverpool ähnelte in vielem der Athmosphäre der Schwarzengettos. Es hatte die höchste Arbeitslosenrate und das bunteste Völker und Rassengemisch in ganz England. 43% aller Wohnungen waren in Slums, wobei dieser Begriff ja zum ersten Mal 1821 in Großbritannien zur Bezeichnung für Elendsquartiere verwendet worden war. Die Zahl der Verbrechen war fast doppelt so hoch wie der Landesdurchschnitt. Ein großer Teil der jungen Menschen fand dort am Ende der fünfziger Jahre beinahe aussichtslose Startbedingungen vor. Allein die Popmusik schien vielen Jugendlichen eine Chance zur Selbstverwirklichung. Mehr als 400 Bands musizierten um 1960 in diversen Kneipen und Kellern, bis 1962 der Durchbruch der Beatles erfolgte.(musikbeispiel, 1. Schallplattenaufnahme der Beatles als Hintergrundmusik) In der bisherigen Unterhaltungsmusik hatte in erster Linie der Song den Erfolg einer Schallplatte bestimmt. Der amerikanische Rock`n Roll und die englische Beatmusik setzte an Stelle der Melodie den Vorrang des Klanges und der Interpretation. Die Frage, was gesungen werden sollte, trat in den Hintergrund vor der Frage, wie dies geschah. (Musikbeispiel, Beatles) Der Rock`n Roll, der auf einen sehr schmalen Fundus musikalischer Standardformeln und Textmotive aus der Vorstellungswelt der Teenager beschränkt blieb, war bereits nach vier Blütejahren, 1954-1958, erschöpft. Doch Rock Revivals gab es bereits in den späten sechziger Jahren. Anfang der siebziger Jahre fanden die Beatles, sie wären zu kompliziert geworden und besannen sich auf den Ursprung des Rock`n Roll zurück, auf eine Musik mit einfacheren Strukturen.(Musikbeispiel: Get Back ) 5
6 Hören Sie auf die Verse der neuen Songs, beschwor Leonard Bernstein am 25. April 1967 in der CBS Fernsehdokumentation Inside Pop the Rock Revolution, seine amerikanischen Mitbürger -, sie haben etwas mitzuteilen. Sie sind Ausdruck des Denkens von Millionen junger Leute und drücken deren Empfindungen über viele Themen aus. Ich glaube, dies alles ist ein Teil eines Umbruchs, der nun schon 50 Jahre andauert. Aber nun kontrolliert die Jugend ein Massenmedium, die Schallplatte. Die Musik auf Platten mit all ihrem Lärm und ihren kühlen Texten macht uns unsicher, aber wir müssen sie ernst nehmen. Indem wir auf sie hören, können wir vielleicht etwas über unsere eigene Zukunft lernen. (Musikbeispiel: It`s only Rock`n Roll but I like it ) 6 Tibor, Knife. Sachlexikon Rockmusik S. 17 6
Bibliographie Berendt, Joachim-Ernst: Die Story des Jazz. Vom New Orleans zum Rock Jazz. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt 1980 Knife, Tibor: Sachlexikon Rockmusik; Instrumente, Stile, Techniken, Industrie und Geschichte. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt 1978 www.thebluehighway.com www.blues.about.com www.britidhinvasion.eb.com www.wintonet.de/poprock.htm http://home.rz-online.de/~dneitzer http://www.heiser-net.de-geschichte http://www.rocksource.de/rockgeschichte.htm http://www.bluessource.de http://www.home.t-online.de/home/andy_klein/rock.htm http://library.thinkquest.org/26992/geschich.htm www.uni-bremen.de/~vonappen/poprock.html www.to.or.at/~oliver/protes16.htm http://jochen.scheytt.bei.t-online.de/liverpoolbeatles/liverpool.html 7