Lüftung nach Konzept DIN 1946-6: Lüftung von Wohnungen



Ähnliche Dokumente
Wohnungslüftung Anforderungen, Bemessung, Ausführung

DIN , Wohnungslüftung nach Konzept

Wohnungslüftung/ Haustechniksysteme

DIN Lüften nach Konzept Konsequenzen und Randbedingungen für Planung und Ausführung im Wohnungsbau

Lüftungsanlagen im Wohnungsbau

Schimmel in der Wohnung. Ursachen und Sanierung

Einsatz von Lüftungsgeräten mit WRG in der Sanierung

Luftdichtes Bauen im Bestand- Lüftungskonzept für Wohngebäude nach DIN

Berechnungen zur Ermittlung der Mindestfläche bzw. geschossanzahl einer Nutzungseinheit zur Gewährleistung des baulichen Feuchteschutzes

Willkommen in der praktischen Lüftungswelt

Einsatz von Lüftungsgeräten in Wohngebäuden. Dipl.-Ing. Michael Lange Fachverband Gebäude-Klima e. V.

Kontrollierte Wohnraumbelüftung - Schimmel energieeffizient und hygienisch vermeiden

Seminar Wohnungslüftung nach DIN

Belüftungssysteme für die Altbausanierung

Herzlich Willkommen zu. Kontrollierte Wohnraumlüftung

Lüftung nach DIN

Planung und Ausführung von Lüftungsanlagen

Luftmengenempfehlungen

Lüftung: Möglichkeiten und Chancen bei Bestandesbauten. Prof. Heinrich Huber Institut Energie am Bau, Fachhochschule Nordwestschweiz

Raumluftqualität durch konsequente Lüftungstechnik

Die neue Fassung der DIN 1946 Teil 6

Lüftung / Schimmel. Kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung: Funktionsweise, Systemunterschiede dezentral vs. zentral

Lüftungskonzepte Neubau und Sanierung

Roto Lösungen für energieeffizientes Lüften Wissenswertes rund um die Anforderungen der DIN

Das Baustellenhandbuch für die Ausführung nach EnEV 2009

Schimmel, Energieeffizienz: Kontrollierte Wohnungslüftung in Neubau und Bestand - Lüftungskonzepte nach DIN Was kommt von der EU

kronreif_trimmel & partner architekten zt gmbh MIETERINFORMATION KAISERSTRASSE WIEN

Die Festlegung der lüftungstechnischen

Wohnungslüftung. Informationsblatt Nr. 18 März Praxistipps und Hilfe zur Kundeninformation. 1 Zweck der Wohnungslüftung

Ausgangslage. Die Folge: Es findet kein Luftaustausch zwischen innen und außen statt

Intelligente Wohnraumlüftung mit dem Fenster nach DIN

Wohnraumlüftung im Vergleich zur Abluftanlage in fensterlosen Räumen Vergleiche und Systemlösungen

(Irr-) Sinn Lüftung Warum Lüften?

Komfortlüftungsinfo Nr. 7 Komfortlüftung und Dunstabzugshaube

Lüftung von Wohnungen

Lüftungsanlagen Notwendigkeit oder Luxus

LÜFTUNGSKONZEPT IM WOHNUNGSBAU NACH DIN Burkhard Hornauer

Planung und Ausführung von Lüftungsanlagen

LUNOS Wohnungslüftungssysteme

(Irr-) Sinn Lüftung. (Irr-) Sinn Lüftung Übersicht Einfach alles. gesetzliche Grundlagen. Warum? Lüften.

(Irr-) Sinn Lüftung. (Irr-) Sinn Lüftung Übersicht Einfach alles. gesetzliche Grundlagen. Warum? Lüften.

info 7 Leben in gesunder Luft Wohnwärme genießen Energie einsparen FORUM für Energieeffizienz in der Gebäudetechnik e.v.

Bitte nicht so!

EINFACH FREI ATMEN FRISCHLUFT

Übersicht der Lüftungssysteme nach DIN 1946

Wohnungslüftung -Lüftungskonzept (LK) und lüftungstechnische Maßnahmen (LtM) nach E DIN 1946 Teil 6 (Stand )

Bild:1 Systeme der Wohnungslüftung. 2. Europäisches BlowerDoor-Symposium März 2007 Dichte Gebäudehülle, Thermografie und Wohnungslüftung"

Schüco VentoTherm. Fensterintegrierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Grüne Technologie für den Blauen Planeten Saubere Energie aus Solar und Fenstern

Herzlich willkommen zum Helios Fachvortrag. Lüftungstechnik in Wohngebäuden eine absolute Notwendigkeit bei Neubau und Sanierung

Lüftungskonzepte. mit Fensterlüftern

Bera.Energiesysteme GmbH & Co. KG. Ingenieurbüro für Lüftungstechnik. Ebersbach an der Fils Baden-Baden - Sandweier.

Anforderungen an die Wohnraumlüftung bei Modernisierung und Neubau nach der DIN

In Kooperation mit: Die clevere Bestandsmodernisierung. PremiVent. Fensterlüftungssystem mit integrierter Wärmerückgewinnung.

activpilot Comfort PADK

Lüftung und Energieeffizienz Forum Lüftung, Fenster, Dämmung

ENERGIEAUSWEIS für Wohngebäude

QUALITÄTSGEMEINSCHAFT HOLZBAU UND AUSBAU e. V., Berlin

Ab jetzt kontrolliert frische Luft atmen! Aquavent kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung. So wohnt Frischluft!

Energieeinsparverordnung 2009 (EnEV)

Energieausweis für Wohngebäude

Dezentrale Lüftung im Passivhaus-Standard

Ratgeber 08. Lüften mit Komfort. Automatische Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung

Wohnungslüftung. Energiesparen und Wohlfühlen

Diplom-Ingenieur (FH) ARCHITEKTUR Andreas Berns. Datenerhebung für den Verbrauchs- Energieausweis (Wohngebäude) Eigentümer und Objektanschrift

ENERGIEAUSWEIS für Wohngebäude

Lüftungsanlagen in Nichtwohngebäuden in der Stadt Burgwedel

VIESMANN VITOVENT 300-C Wohnungslüftungs-System mit Wärmerückgewinnung

Zentrale Lüftung im Mehrfamilienhaus oder doch dezentral?

HYGIENE in LÜFTUNGSund KLIMAANLAGEN. LÜFT! BAUZ! Kongress für zukunftsfähiges Bauen. DI Felix Twrdik. IBO Innenraumanalytik OG WIEN

GEBÄUDEDATEN Außenmaße 52 x 59 Meter 4 Geschosse Bücherstütze 3 Geschosse Bücherei, Erdgeschoss mit Café Bruttogeschossfläche ca m² Bruttoraumi

Lüftungsnorm DIN1946-6:2009-5

Lüftungskonzept DIN Lüftungskonzept DIN

Modernisierung (Änderung/Erweiterung) Hinweise zu den Angaben über die energetische Qualität des Gebäudes

Das beste Raumklima für Ihr neues Zuhause. Heizung Kühlung Frische Luft Saubere Luft

Atmen Sie durch bei bestem Wohnklima. Fenster-Lüfter. Das Lüftungs-Sortiment von Athleticos

ENERGIEAUSWEIS für Wohngebäude

Energie sparen Einsatz erneuerbarer Energien Effiziente Anlagentechnik

Haftungsrisiken für Energieberater, Planer und Handwerker bei Verzicht auf Lüftungstechnische Maßnahmen im Gebäuden!

Geregeltes Lüften auf der Basis von Normen und Regelwerken

Wohnhaus-Lüftungssysteme von Lindab

Deutsche Bundesstiftung Umwelt Schulbau im Kontext zwischen Ökonomie und Ökologie. Gute Luft macht Schule! Alternativen im Vergleich

Anforderungen an QP /Referenzgebäude gemäß ENEV 2009 Wohngebäude Anlage 1 Tabelle 1

Kostenerstattungsvereinbarung - Schalldämmlüfter und Lüftungskonzept

GENEO INOVENT DURCHATMEN UND ENERGIE SPAREN

ENERGIEAUSWEIS für Wohngebäude

ENERGIEAUSWEIS gemäß den 16 ff. Energieeinsparverordnung (EnEV)

Gesetzliche Rahmenbedingungen zur Bewertung der Luftdichtheit von Gebäuden

Luft_plus: Einfache Lüftungssysteme energieeffizient, ressourcenschonend, leistbar in der Wohnbausanierung

Informationsblatt. Aktion Gebäudethermografie. Innerleiten 4 A-4843 Ampflwang

HYGIENEANFORDERUNGEN AN ERDVERLEGTE LÜFTUNGSLEITUNGEN INHALT

TECHNISCHE INFORMATION

FGK. Wohnungslüftung. Anforderungen Energieeffizienz Behaglichkeit Hygiene Beispiele Neubau Sanierung

Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung

Technische Regel Arbeitsblatt G 600 April 2008

Schüco VentoTherm Fensterintegrierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung für Kunststoff-Systeme

Infokasten Wohnungslüftung aber richtig!

Transkript:

Lüftung nach Konzept DIN 1946-6: Lüftung von Wohnungen Raimund Käser* Mit Ausgabedatum Mai 2009 wurde nach mehrjähriger Überarbeitung die aktualisierte Lüftungsnorm DIN 1946-6 Teil 6: Lüftung von Wohnungen; Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe, Wartung, Instandhaltung veröffentlicht. Sie beschreibt damit erstmalig auch ein Nachweisverfahren, ob eine lüftungstechnische Maßnahme für ein Gebäude erforderlich ist. Sie schafft Regeln für die Belüftung von Wohngebäuden (Neubauten und Sanierungen) und legt Grenzwerte sowie Berechnungsmethoden für den notwendigen Luftaustausch fest. Im Zusammenhang wurde auch die DIN 18017-3 Ausgabe September 2009 Teil 3: Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster überarbeitet. Diese Norm hat entsprechende inhaltliche Bezüge zur DIN 1946-6. Die wesentlichen Änderungen der aktuellen Ausgabe DIN 1946-6 Mai 2009 zur Ausgabe DIN 1946-6:1998-10 sind: Der Inhalt wurde den Europäischen Normen angepasst. Für die Bestimmung der Notwendigkeit von lüftungstechnischen Maßnahmen wurde die Festlegung eines Lüftungskonzeptes vorgeschlagen. Zu den bestehenden Lüftungsstufen, Intensivlüftung, Nennlüftung und reduzierte Lüftung wird eine vierte Lüftungsstufe, die Lüftung zum Feuchteschutz definiert. Die den Lüftungsstufen zugeordneten Außenluftvolumenströme wurden neu festgelegt. Es werden an Lüftungssysteme für eine höhere Raumluftqualität und höhere Energieeffizienz sowie an den Schallschutz entsprechende Anforderungen gestellt. Die Berechnung des Außenluftvolumenstromes durch In- und Exfiltration wurde dem Stand der Technik angepasst. Die Abschnitte Betrieb von Lüftungsanlagen bei Vorhandensein von raumluftabhängigen Feuerstätten, Dokumentation und Kennzeichnung, Inbetriebnahme und Übergabe sowie Instandhaltung wurden dem Stand der Technik angepasst bzw. neu aufgenommen. Die Bezeichnungen der Lüftungs-Betriebsstufen Grundlüftung in Nennlüftung und Mindestlüftung in redu- * Dipl.-Phys. Raimund Käser, energieberatungszentrum Süd Viernheim, Geschäftsführer Bundesverband für Wohnungslüftung e. V. zierte Lüftung wurden geändert, um Verwechslungen mit Begriffen in anderen Normen bzw. in der Energieeinsparverordnung zu vermeiden. Ziele des Lüftungskonzepts Wegen der heute vorgeschriebenen energiesparenden Bauweise, sind die Haushüllen so dicht, dass bei üblichem Lüftungsverhalten nicht genügend neue Luft nachströmt. Die Folgen können Feuchteschäden, Schimmelbefall und Schadstoffanreicherungen in der Raumluft sein. Die verschiedenen Regelwerke (u. a. Energieeinsparverordnung (EnEV), DIN 4108-2) forderten gleichzeitig eine dichte Gebäudehülle und die Sicherstellung eines Mindestluftwechsels. Damit standen sie scheinbar im Widerspruch zueinander. Bisher blieb offen, wie diese Mindestlüftung erfolgen muss: Manuell durch den Nutzer oder durch eine Lüftungsanlage? Die aktualisierte Fassung der DIN 1946-6 schließt diese Lücke und konkretisiert, für welche Leistungen der Nutzer herangezogen werden kann und - viel wichtiger - für welche nicht. Lüftungskonzept und Lüftungsstufen Die DIN 1946-6 verlangt jetzt die Erstellung eines Lüftungskonzepts für Neubauten und Renovierungen. Für Letztere ist ein Lüftungskonzept notwendig, wenn im Ein- und Mehrfamilienhaus mehr als 1/3 der vorhandenen Fenster ausgetauscht bzw. im Einfamilienhaus mehr als 1/3 der Dachfläche neu abgedichtet werden. Das heißt: Der Planer oder Verarbeiter muss festlegen, wie aus Sicht der Hygiene und des Bauschutzes der notwendige Luftaustausch erfolgen kann. Das Lüftungskonzept kann von jedem Fachmann erstellt werden, der in der Planung, der Ausführung oder der Instandhaltung von lüftungstech- 30 wksb 64/2010

Normen und Richtlinien Systeme der Wohnungslüftung Freie Lüftung Ventilatorgestützte Lüftung Querlüftung Querlüftung zum Feuchteschutz Schacht- Lüftung Abluftsystem Zuluftsystem Zu- / Abluft -system Bild 1: Systeme der Wohnungslüftung nischen Maßnahmen oder in der Planung und Modernisierung von Gebäuden tätig ist. Herzstück der Norm ist die Festlegung von vier Lüftungsstufen unterschiedlicher Intensität: Lüftung zum Feuchteschutz Lüftung in Abhängigkeit vom Wärmeschutzniveau des Gebäudes zur Gewährleistung des Bautenschutzes (Feuchte) unter üblichen Nutzungsbedingungen bei teilweise reduzierten Feuchtelasten (z. B. zeitweilige Abwesenheit der Nutzer, Verzicht auf Wäschetrocknen). Diese Stufe muss gemäß Norm ständig und nutzerunabhängig sicher gestellt sein. Reduzierte Lüftung Zusätzlich notwendige Lüftung zur Gewährleistung des hygienischen Mindeststandards (Schadstoffbelastung) und Bautenschutzes bei zeitweiliger Abwesenheit des Nutzers. Diese Stufe muss weitestgehend nutzerunabhängig sicher gestellt sein. Nennlüftung Beschreibt die notwendige Lüftung zur Gewährleistung der hygienischen und gesundheitlichen Erfordernisse sowie des Bautenschutzes bei Normalnutzung der Wohnung. Der Nutzer kann hierzu teilweise mit aktiver Fensterlüftung herangezogen werden. Intensivlüftung Dient dem Abbau von Lastspitzen (z. B. durch Kochen, Waschen) und auch hier kann der Nutzer teilweise mit aktiver Fensterlüftung herangezogen werden. Die wichtigste Frage bei der Erarbeitung des Lüftungskonzeptes ist es, wie die Lüftung zum Feuchteschutz sicher gestellt werden kann. Faktoren, die in die Berechnung ein- fließen, sind Dämmstandard, Art sowie Lage des Gebäudes. Erstere geben den Hinweis darauf, mit welchen Undichtheiten in der Haushülle gerechnet werden kann. Die Wohnfläche zeigt die zu erwartenden Belastungen. Die Lage des Hauses ist wichtig, um die Windbelastung einzuschätzen. Es gilt die Faustregel: Je mehr Wind, desto größer die natürliche Infiltration. Der Norm ist deswegen auch eine Windkarte hinterlegt. Lüftungstechnische Maßnahmen Reicht die Luftzufuhr über Gebäudeundichtheiten nicht aus, um die Lüftung zum Feuchteschutz sicher zu stellen, muss der Planer lüftungstechnische Maßnahmen (LtM) vorsehen. Das kann die zusätzliche Lüftung über Schächte oder in der Außenhülle eingelassene Ventile, so genannte Außenwandluftdurchlässe (ALD), sein oder über die ventilatorgestützte Lüftung von technischen Wohnungslüftungsanlagen erfolgen. Für die Stufe Lüftung zum Feuchteschutz ist es unzulässig, aktive Fensterlüftung durch die Bewohner einzuplanen. Die Lüftung zum Feuchteschutz muss nutzerunabhängig funktionieren! Auch für die nachfolgenden Lüftungsstufen muss der Planer festlegen, wie er den notwendigen Luftaustausch erzielen will. Bei Quer- und Schachtlüftungssystemen muss er die aktive Fensterlüftung schon ab der reduzierten Lüftung einplanen und sollte den Nutzer explizit darauf hinweisen. Bei der ventilatorgestützten Lüftung kann - falls erforderlich - der Planer das aktive Öffnen der Fenster bei der Intensivlüftung berücksichtigen. Bei erhöhten Anforderungen an Energieeffizienz, Schallschutz und Raumluftqualität eines Lüftungssystems ist immer eine ventilatorgestützte Lüftung erforderlich. Wenn die Berechnungen ergeben, dass lüftungstechnische Maßnahmen nicht erforderlich sind, kann der über den Feuchteschutz hinaus notwendige Luftwechsel über aktive Fensterlüftung durch den Nutzer sichergestellt werden. Ist dies nicht der Fall, sind freie oder ventilatorgestützte Lüftungssysteme vorzusehen. wksb 64/2010 31

Freie Lüftungssysteme sind: Querlüftung Klassisches System mit Frischluftzuführung und Fortluftableitung über Außenluftdurchlässe. Die Wirkungsweise ist abhängig von vorhandenem Winddruck und Windsog. Bild 2: Querlüftung Frischluftzuführung und Fortluftableitung durch Außenluftdurchlässe abhängig von Winddruck und Windsog. Zur Sicherstellung der Nenn- und Intensivlüftung ist aktives Öffnen der Fenster durch den Nutzer erforderlich. Schachtlüftung Klassisches System mit Frischluftzuführung über Außenluftdurchlässe und entsprechender Fortluftableitung über Lüftungsschächte. Die Wirkungsweise ist abhängig vom thermischen Auftrieb in den senkrechten Lüftungsschächten. Bild 3: Schachtlüftung Frischluftzuführung durch Außenluftdurchlässe mit Fortluftableitung in senkrechten Lüftungsschächten abhängig vom thermischen Auftrieb. Zur Sicherstellung der Nenn- und Intensivlüftung ist aktives Öffnen der Fenster durch den Nutzer erforderlich. Ventilatorgestützte Lüftungssysteme sind: Abluftsysteme ohne Wärmerückgewinnung Abluftsysteme, als einfache, zuverlässige und kostengünstige Lösungen, stellen ventilatorgestützt den erforderlichen Raumluftaustausch sicher. Die verbrauchte, feuchte und belastete Luft wird aus den Ablufträumen wie Küche, Bad und WC über einen Ventilator über ein Rohrsystem abgesaugt und über das Dach oder die Außenwand nach draußen abgeleitet. Frischluft strömt über Außenluftdurchlässe (Ventile mit Filtern in den Außenwänden) in die Wohn-, Kinder- und Schlafzimmer nach und stellt eine kontinuierliche Durchlüftung der gesamten Wohnung sicher. Abluftsysteme sind in Kombination mit Abluftwärmepumpen auch mit Wärmerückgewinnung einsetzbar. Bild 4: Abluftsysteme ohne Wärmerückgewinnung Durch die kontrollierte Regelbarkeit ergibt sich eine anrechenbare Reduzierung der Lüftungswärmeverluste. Zusätzliche projektbezogene erhöhte Anforderungen und Verbesserungen an Raumluftqualität, Energieeffizienz und Schallschutz möglich. Permanente Lüftungspräsenz ohne aktives Öffnen der Fenster gegeben. Zu- und Abluftsysteme mit Wärmerückgewinnung Die Abluft erwärmt berührungsfrei über einen Wärmeübertrager die - im Gegensatz zum Abluftsystem - zentral angesaugte Außenluft. Über ein zweites Rohrkanalsystem wer- den die Wärmerückgewinne den Wohn- und Schlafräumen wieder zugeführt und entlasten das Heizungssystem. Wärmeübertrager gibt es in unterschiedlichen Konstruktionen. Kreuzstromwärmeübertrager erreichen beim Lüftungswärmebedarf Wärmerückgewinne von etwa 60 bis 80 % und bei Geräten im Gegenstrom- oder Kreuzgegenstromprinzip und bei Rotationswärmeübertragern liegen die Werte bei etwa 90 %. Bild 5: Zu- und Abluftsysteme mit Wärmerückgewinnung Deutliche Reduzierung der Primär- und Endenergiewerte sowie der anzusetzenden Heizlasten durch verringerte Lüftungswärmeverluste. Zusätzliche projektbezogene erhöhte Anforderungen und Verbesserungen in Bezug auf Raumluftqualität, Energieeffizienz und Schallschutz möglich. Permanente hohe Lüftungspräsenz ohne aktives Öffnen der Fenster gegeben. Zentrale Zu- und Abluftsysteme mit Wärmerückgewinnung werden auch als wesentlicher Bestandteil bei Gerätekombinationen für Einfamilienhäuser mit Luft/Wasser oder Luft/ Luft Wärmepumpen eingesetzt, die als Komplettgeräte die Funktionen Heizung, Lüftung mit Wärmerückgewinnung und die Warmwasserbereitung abdecken. Zu- und Abluftsystemen mit Wärmerückgewinnung als Einzelraumgeräte, jeweils an den Außenwänden installiert, be- und entlüften jeweils den einzelnen Raum und die sonst üblichen Zu- und Abluftleitungen entfallen. Sonderfall Fensterlose Räume Einen Sonderfall stellen fensterlose Räume in einer Wohnung dar. Ihre Belüftung muss nach wie vor nach den Vorgaben der aktuellen DIN 18017-3 Ausgabe September 2009 geplant und umgesetzt werden. Gemäß der DIN 1946-6 können die für fensterlose Räume vorgesehenen Lüftungstechnischen Maßnahmen ausreichend sein, um die Versorgung der gesamten Wohneinheit mit frischer Luft zu gewährleisten. Auch dies muss für den Einzelfall geprüft werden und ist mit einigen Fragen verbunden. So stellt sich die Frage, inwieweit eine abschaltbare Belüftungseinrichtung im Bad ausreichend für die Lüftung zum Feuchteschutz der gesamten Wohnung sein kann, wenn sie in der Regel nur kurze Zeit am Tag läuft. Rechtliche Fragen Die aktualisierte Norm DIN 1946-6 sorgt in den entscheidenden Bereichen für Rechtssicherheit. Trotzdem bleiben selbst bei Einhaltung der Norm rechtliche Risiken für Planer und Bauausführende bestehen. Auch bei Einhaltung der Vorgaben, kann es sein, dass für die Herstellung eines hygienischen Raumklimas die notwendige aktive Fensterlüftung, die sich auch aus dem Lüftungskonzept ergibt, als unzumutbar eingeschätzt wird. So Bilder 2-5 Quelle: Rolf Schmidt, Celle 32 wksb 64/2010

Normen und Richtlinien stufen zum Beispiel die Gerichte zunehmend bei ganztägig berufstätigen Nutzern bereits ein zweimaliges Stoßlüften am Tag als kritisch bzw. als nicht zumutbar ein. Kritisch wird die Lage auch bei milden Wintern, bei Windstille und in den Übergangsjahreszeiten. Die geringeren Temperaturunterschiede zwischen Wohnungs- und Außenluft verlangsamen den Luftaustausch. Reicht ein 10-minütiges Lüften bei kaltem Wetter aus, um die Raumluft einmal komplett auszuwechseln, reduziert sich die Luftwechselrate bei milderen Temperaturen drastisch. Schon bei 0 o Celsius können aus hygienischer Sicht deutlich mehr Lüftungen pro Tag erforderlich sein. Solch häufiges Lüften ist den Bewohnern nach der heutigen Rechtsprechung oft nicht zuzumuten. Durch einen entsprechenden Passus in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ist diesem Umstand nicht zu entkommen. In einem solchen Fall müssten schon sehr detaillierte Lüftungsanweisungen deutlicher Vertragsbestandteil werden. Und selbst dann ist es nach Ansicht von Rechtsexperten höchst zweifelhaft, ob nicht ein Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik vorliegt. Wer auf der sicheren Seite sein will, plant so, dass bei einem realistisch eingeschätzten Lüftungsverhalten der Menschen der hygienische Luftaustausch sicher gestellt ist. Das Lüftungskonzept zeigt dazu Lösungsansätze auf. Hinweise zu den rechtlichen Fragen finden Sie in dem dargestellten Gutachten. Hilfestellungen zum Lüftungskonzept Der Teufel steckt im Detail. Deswegen hat der Normungsausschuss Antworten zu rund 200 bisher von Praktikern gestellten Fragen zur DIN 1946-6 erarbeitet. Diese so genannten FAQ (Häufig gestellte Fragen) sind allen Anwendern über die Internetseiten der Verbände z. B. www. wohnungslueftung-ev.de seit dem ersten Quartal 2010 zugänglich. Ebenso wurden auch FAQ zu den Normen DIN 18017 Lüftung von Bädern und Toilettenräume ohne Außenfenster - Teil 3 Lüftung mit Ventilatoren und DIN 4719 Lüftung von Wohnungen - Anforderungen, Leistungsprüfungen und Kennzeichnung von Lüftungsgeräten erarbeitet und in dieser Form zur Verfügung gestellt. Planungstool Lüftungskonzept Weiter wurde auch ein einfaches - für den Nutzer kostenfreies - Softwaretool Planungstool Lüftungskonzept zur wksb 64/2010 33

Prüfung und Nachweis des Lüftungskonzepts nach DIN 1946-6 entwickelt. Mittlerweile ca. 20.000 Downloads von der VFW-Homepage zeigen den Erfolg auf. Eine Vielzahl von Rückmeldungen und Nachfragen von Planern und Handwerkern unterstreicht die zunehmende Bedeutung dieses Konzepts. Über ein ähnlich großes Interesse konnte sich auch das Merkblatt zur DIN 1946-6 freuen. Es erläutert die wesentlichen Inhalte des Lüftungskonzepts und stellt mögliche rechtliche Konsequenzen dar. Auslegungsprogramm DIN 1946-6 Seit Fertigstellung im September 2009 wird das gemeinsam mit der HEA Fachvereinigung für effiziente Energieanwendung e. V. entwickelte excelbasierte Programm an Hersteller und Planer vertrieben. Über 1000 Anfragen zu der kostenfreien Testversion zeigen das große Interesse. Für Lehr- und Schulungsveranstaltungen wurde eine Schulungsversion entwickelt, die auch bereits von einigen Hochschulen und Ausbildungsstätten nachgefragt wurde. Weiter wurden individualisierte Versionen für einzelne Hersteller entwickelt. Empfehlungen Das althergebrachte Lüften über die Fenster - wie bisher - ist eigentlich nur noch praktikabel, wenn die Lüftung zum Feuchteschutz über die Infiltration d. h. eine entsprechend undichte Gebäudehülle sicher gestellt wird. Das ist bei den aktuellen Anforderungen an das energiesparende Bauen und Renovieren nicht mehr zu vertreten. Die lüftungstechnischen Maßnahmen nach DIN 1946-6 reichen von den genannten einfachen freien Systemen bis hin zu ventilatorgestützten Anlagen mit hochwertigen Wärmerückgewinntechniken und bieten je nach gewünschter Anforderung und finanziellen Mitteln die passende Lösung. Quer- und Schachtlüftungen beispielsweise sichern mit einfacher Technik die nutzerunabhängige Feuchteschutzlüftung und die weiteren Lüftungsstufen können mit temporär aktiver Fensterlüftung durch den Nutzer abgedeckt werden. Ventilatorgestützte Lüftungssysteme ermöglichen, im Gegensatz zu den freien Systemen, eine nutzerunabhängige Be- und Entlüftung und bieten bei Zu- und Abluftanlagen durch Rückgewinntechniken zusätzlich deutliche Minderungen beim Lüftungswärmebedarf. Dies führt weiterhin zu entsprechenden Reduzierungen beim Primär- und Endenergiebedarf und bei den anzusetzenden Heizlasten. 34 wksb 64/2010