SYMPOSIUM INNENDÄMMUNG 2014 DIE INNENDÄMMUNG Dr.-Ing. Anatol Worch
Dr. Anatol Worch Materialprüfanstalt für das Bauwesen, Braunschweig
Einleitung und Inhalte Innendämmung wird immer mit einer möglichen Schimmelbildung in Verbindung gebracht: Innendämmung = Tauwasser = Schimmel Wo liegen jedoch die tatsächlich vorhandenen Risiken und wie gehen wir heute damit um? Computergestützte Berechnungen und neue Nachweisverfahren Folie 2
Wasserdampfkonzentration in pa Die Innendämmung Geometrische Wärmebrücke am Beispiel 4.500 4.000 3.500 3.000 2.500 100% r.f. 80% r.f. 50% r.f. 20% r.f. Hygienetemperatur 12,6 C 2.000 1.500 1.000 Taupunkttemperatur 9,3 C 500 0-10 0 10 20 30 Temperatur in C Folie 3
Geometrische Wärmebrücke am Beispiel f Rsi = 0,53 Istsituation f Rsi = 0,57 Tauwasser f Rsi = 0,7 Hygienebereich Folie 4
Schimmelsanierungsplatte l 0,07 W/(mK) µ 3 s = 2,5 5 cm (bis 10 cm lieferbar) Quelle: Baumit DR i = 0,35 0,7 (m²k)/w s d = 0,07 0,15 m Folie 5
Temperaturprofil 11,7 15,3 16,7 vor der Sanierung 2,5 cm Dämmung 5 cm Dämmung Folie 6
Nachweisfreie Innendämmungen Richtlinie wärmeschutztechnische Verbesserung DR i in m²k/w Zusatzforderungen E DIN 4108-3:2012-01 DR i 0,5 - E DIN 4108-3:2012-01 DR i 1,0 s di 0,5 m WTA-Merkblatt 8-5 DR i 0,8 0,5 s di 2,0 m Schlagregengruppe 1 Folie 7
Situation des innengedämmten Mauerwerks Oberflächentemperatur ist erhöht, Verringerung des Schimmelpilzrisikos an der Oberfläche Quelle: J. Gänßmantel, G. Geburtig; Richtig dämmen, Handbuch für zeitgemäßes Dämmen Taupunktverschiebung unbestritten liegt ein Tauwasserrisiko vor (?) Folie 8
Temperatur in C Die Innendämmung Glaserdiagramm 25 20 15 10 5 0-5 -10-15 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 Folie 9
Schutzprinzipien Aus diesem Grund haben sich verschiedene Schutzmechanismen entwickelt. Eine klare Klassifizierung ist jedoch schwierig: kondensatverhindernde Innendämmsysteme Vermeidung von Tauwasserbildung durch absolut diffusionsdichte Schicht kondensatbegrenzende Innendämmsysteme Begrenzung der Tauwasserbildung durch diffusionshemmende Schicht kondensattolerierende Innendämmsysteme Management der ggf. vorhandenen Kondensate durch diffusionsoffene bzw. kapillaraktive Stoffe Folie 10
Typischer Wassergehaltsverlauf kapillaraktiver Innendämmungen Folie 11
Wassergehalt in kg/m³ Die Innendämmung Wassergehalte in Baustoffen Die Speicherfähigkeit der Baustoffe wird in aller Regel unterschätzt. Bei hohen relativen Feuchten können hydrophile Baustoffe wesentlich zur Speicherung ggf. ausfallenden Tauwassers beitragen. 140 120 100 80 60 40 20 0 Kalksandstein Beton Holz 0 0,5 1 rel. Feuchte in % Folie 12
Beispiel Auf Basis eines einfachen Modells - Beton - kapillaraktiver Dämmstoff mit l = 0,040 W/(mK) sollen die Auswirkungen der Dämmstoffdicke auf den Wassergehalt in der Tauebene analysiert werden. Folie 13
Wassergehalt in kg/m³ Die Innendämmung Wassergehalt im 1. cm der Dämmung 90 80 70 60 50 40 30 2 cm 4 cm 6 cm 8 cm 10 cm 12 cm 20 10 0 1.10. 1.1. 1.4. 1.7. 1.10. Folie 14
Temperatur und s d -Wert der Tauebene Temperatur in der Tauebene Diffusionswiderstand bis zur Tauebene 0 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 0,12 0,14 0,16 Dämmstoffdicke in m Folie 15
Situation des innengedämmten Mauerwerks Taupunktverschiebung dieses Problem ist gelöst Quelle: J. Gänßmantel, G. Geburtig; Richtig dämmen, Handbuch für zeitgemäßes Dämmen geringere Temperatur der bestehenden Bauteilkonstruktion im Winter Folie 16
Temperaturabsenkung des Mauerwerks Temperaturabsenkung des Mauerwerks führt zu zwei Effekten: - Frostgefährdung in den außenliegenden Bereichen - Verringerung des Austrocknungspotentials Daraus folgt: Der Schlagregenschutz muss unbedingt beachtet werden. Folie 17
Veränderung des Austrocknungspotentials durch eine Innendämmung Quelle: K. Sedlbauer, M. Krus: Feuchteadaptive Dampfbremse und kapillaraktiver Dämmstoff im Fachwerk Folie 18
Untersuchung des Wassergehalts einer Außenwand bestehendes Ziegelsteinmauerwerk Mineralfaserdämmung variabler Dicke alter Innenputz und neue Bekleidung alternativ mit innenliegender Dampfsperre (s d = 100m) Folie 19
Wassergehalt in kg/m² Die Innendämmung Mittlerer Wassergehalt einer Außenwand 14 12 10 8 6 4 2 0 Ohne Schlagregenbelastung 0 20 40 60 80 100 120 140 Dämmstoffdicke (WLG 040) in mm Variante 1: ohne Dampfbremse Folie 20
Wassergehalt in kg/m² Die Innendämmung Mittlerer Wassergehalt einer Außenwand 14 12 10 8 6 4 2 0 Ohne Schlagregenbelastung 0 20 40 60 80 100 120 140 Dämmstoffdicke (WLG 040) in mm Variante 1: ohne Dampfbremse Variante 2: mit Dampfbremse Folie 21
Wassergehalt in kg/m² Die Innendämmung Mittlerer Wassergehalt einer Außenwand 14 12 10 8 6 4 2 0 Regenaufnahme 50 % 0 20 40 60 80 100 120 140 Dämmstoffdicke (WLG 040) in mm Variante 1: ohne Dampfbremse Variante 2: mit Dampfbremse
Wassergehalt in kg/m² Die Innendämmung Mittlerer Wassergehalt einer Außenwand 14 12 10 8 6 4 2 0 Regenaufnahme 50 % 0 20 40 60 80 100 120 140 Dämmstoffdicke (WLG 040) in mm Variante 1: ohne Dampfbremse Variante 2: mit Dampfbremse Folie 23
Wassergehalt in kg/m² Die Innendämmung Mittlerer Wassergehalt einer Außenwand 14 12 10 8 6 4 2 0 Regenaufnahme 100 % Regenaufnahme 50 % Regenaufnahme 0 % 0 20 40 60 80 100 120 140 Dämmstoffdicke (WLG 040) in mm Variante 1: ohne Dampfbremse Variante 2: mit Dampfbremse Folie 24
Schaden durch Schlagregenbeanspruchung Innen dämmen? Außen gucken! Quelle: Dipl.-Ing. Frank Eßmann, WTA-Deutschland, tha Ingenieurbüro, Mölln Folie 25
Schlagregendichte Außenwände Folie 26
Problem: Energetische Sanierung im Bestand Klassisches Hofgebäude im norddeutschen Umfeld Geplant: 6 cm kondensattolerierendes Innendämmsystem Folie 27
Nachweismöglichkeiten Nachweisfreie Konstruktion nach DIN 4108-3? Es handelt sich um keine nachweisfreie Konstruktion - da die wärmeschutztechnische Verbesserung größer ist als 1,0 m²k/w. Vereinfachter Nachweis nach WTA-Merkblatt 6-4? Das vereinfachte Nachweisverfahren scheidet aus, - da einerseits die Schlagregendichtigkeit nach DIN 4108-3 nicht eindeutig zu klären ist und - bei einem kondensattolerierenden System die Grenze von 95 % r. F. in der Tauebene überschritten wird. Folie 28
Zu definierende Größen einer Simulation Außen- und Innenklima Gitterstruktur Auswertekriterien Folie 29
Analyseumfang Im klassischen Fall sind in aller Regel drei Situationen zu berechnen: - Referenzrechnung Berechnung des unsanierten Ist-Zustands - Orientierung der höchsten Regenmengen Berechnung des höchsten Schlagregeneintrags, größtmöglicher Wassereintrag in die Konstruktion - Orientierung mit der geringsten solaren Einstrahlung Berechnung der kältesten Situation, geringstmögliche Abtrocknung der Konstruktion Folie 35
Auswertungskriterien Mögliche kritische Positionen: - die kalte Seite der Dämmung - der Klebemörtel - der Bestandsinnenputz - die innere Wandoberfläche (mehrdimensional) - Bestandskonstruktion (Schlagregeneinfluss) Für die Auswertung der Wassergehalte wird jeweils eine Schichtdicke des Materials von 10 mm empfohlen, bei dünneren Schichten kann der Wassergehalt über die Schichtdicke gemittelt werden. Folie 36
Wassergehalt Wassergehalt in in Vol.-% Vol.-% Die Innendämmung 14 Wassergehalt in Dämmstoffschichten 12 10 8 6 4 1. cm 2. cm 3. cm 4. Mittel cm 5. cm 6. cm Mittel 2 0 Jahresverlauf Folie 37
Zweiteiliger Nachweis Das Merkblatt legt die Randbedingungen für den numerischen, rechnergestützten Nachweis fest: - Klima, Zeitschritte, etc... Der Nachweis erfolgt in zwei Stufen: - erster Schritt eingeschwungener Zustand - zweiter Schritt Überprüfung der maximalen Wassergehalte in den einzelnen Bauteilschichten Folie 38
Beurteilungskriterien nach WTA-Merkblatt 6-5: eingeschwungener Zustand Der Nachweis erfolgt über den Gesamtwassergehalt im Jahresverlauf bei kontinuierlicher Verwendung eines sich jährlich wiederholenden Klimadatensatzes. Der eingeschwungene Zustand gilt als erreicht, wenn der Wassergehalt einen Grenzwert anstrebt. Als Richtwert für die Beurteilung wird eine jährliche Wassergehaltsänderung von weniger als 1% bezogen auf den Vorjahreswassergehalt empfohlen. Folie 39
Beurteilungskriterien nach WTA-Merkblatt 6-5: maximale Wassergehalte I Unterscheidung zwischen Bestandskonstruktion und neu eingebrachten Baustoffen. Innendämmsystem: - Kennwerte bekannt, Herstellerangaben Bestandskonstruktion (sofern nicht genauer bekannt): - Ein Durchfeuchtungsgrad von 30% sollte nicht überschritten werden (95 % r. F. ist zulässig) - Gipshaltige Untergründe: max. 95 % r. F. - Holzbauteile: 20 M-% Wassergehalt nicht langfristig, der Fasersättigungsgrad darf gar nicht überschritten werden. Folie 40
Auswertung Wassergehalt 1. cm Dämmung Folie 41
Wassergehalt im kalten Bereich der Dämmung Folie 42
Ermittlung von Kenngrößen Die Simulation ermöglicht nicht nur den genauen Nachweis einer Konstruktion, sondern vielmehr durch die Durchführung von Parameterstudien eine Beurteilung verschiedener weiterer Aspekte: - qualitativer Einfluss einer Kenngröße auf den Wassergehalt, auf das Verhalten der Gesamtkonstruktion - quantitative Eingrenzung verschiedener Kenngrößen Folie 43
Einfluss des Außenputzes auf Dämmschicht Folie 45
Einfluss des Außenputzes auf Dämmschicht Folie 46
Quintessenz In allen durchgerechneten Varianten wäre die geplante Maßnahme zulässig. Die Berechnungen zeigen, dass die Diffusionsdichtigkeit des Außenputzes nur einen geringen Einfluss auf den sich im Innendämmsystem einstellenden Wassergehalt hat, die Wasseraufnahme des Außenputzes sollte im Zweifel oder bei höherer Dämmstoffdicke im Vorfeld genauer untersucht werden. Die Simulation stellt hier eine weiteres Analysewerkzeug zur Verfügung. Folie 47
Innen dämmen? Außen gucken! Anders gucken! Folie 48