Gestaltung öffentlicher Gebäude und sehbehindertengerechter Wohnungen (DIN 18040 Teil 1 und Teil 2) Tipps zur praktischen Umsetzung Dipl.-Ing. (FH) Knut Junge
Inhalt Sensibilisierung Rechtliche Grundlage Normen DIN 32975 / DIN 18040 Beispielbilder KfW-Förderprogramm
Workshop DIN 32975 Sensibilisierung
Sensibilisierung
Definitionen Blindheit Normativ: Menschen, die keine Lichtwahrnehmung oder ein so minimales Sehvermögen haben, dass sie sich primär taktil und akustisch orientieren und informieren müssen und sich in der Regel mit Hilfe des Blindenstockes oder Blindenführhundes bewegen Rechtlich: Weniger als 1/50 der Sehkraft und keine Orientierung
Definitionen Sehbehindert Normativ: Menschen, deren Sehvermögen erheblich reduziert ist, die sich aber noch in hohem Maße optisch orientieren und informieren können Rechtlich: Weniger als 1/3 der Sehkraft
Simulation www.pro-retina.de/simulation Retinitis Pigmentosa (RP) Makuladegeneration (MD und AMD) Grauer Star (Katarakt) Grüner Star (Glaukom) Diabetische Retinopathie Netzhautablösung Glaskörpertrübung Astigmatismus Kurzsichtigkeit
Definitionen Barrierefreiheit aus der Sicht sehbehinderter Menschen - kontrastreichen Gestaltung ihrer Umwelt insbesondere Gefahrenstellen (Treppen, Glastüren) - visueller Informationen in geeigneter Form darstellen, insbesondere Schriften
Statistik Schwerbehinderte Menschen in Deutschland (Ende 2009) 7 101 682 = 8.7 % der Bevölkerung d. h. jeder Zwölfte ist schwerbehindert 3 863 529 davon sind über 65 Jahre = 54.4 % der Schwerbehinderten 75 826 Blinde 277 117 Sehbehinderte Etwa vier Millionen Deutsche können nicht oder nur mangelhaft lesen und schreiben (UNESCO)
Statistik Sehbehinderte in Deutschland Zahlen der WHO (2002) 164.000 Blinde 0.2 % 1.066.000 Sehbehinderte 1.3 % MD Betroffene > 3 Mio (Quelle: Spiegel 39/2006) (MD= Makula Degeneration) Tendenz weiter steigend, aufgrund steigender Lebenserwartung
Workshop DIN 32975 Rechtliche Grundlagen
Gesetze Grundgesetz Artikel 3 (3)...Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden Behindertengleichstellungsgesetz - BGG Art. 8 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr Neubauten sowie große Um- oder Erweiterungsbauten des Bundes... sollen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestaltet werden
Verordnung Vorgaben in der Bauprodukten Verordnung BauPVO Anhang I 4. Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung Bei dem Entwurf und der Ausführung des Bauwerks müssen insbesondere die Barrierefreiheit und die Nutzung durch Menschen mit Behinderungen berücksichtigt werden
Muster-Bauordnung - MBO Derzeit gültige g Fassung von 2002 Entwurf mit Änderungen von 2011 2 Begriffe Aufnahme Definition barrierefrei 50 Barrierefreies Bauen Tausch des Begriffs "mit dem Rollstuhl zugänglich" durch den Begriff "barrierefrei Verweis auf DIN 18040
ML-TB Aufnahme der DIN 1804-1 (öffentliche Gebäude) In Anlage 7.3/1 DIN 18040-2 (Wohnungen) In Anlage 7.3/2
Workshop DIN 32975 Normen
Wissenswertes Wann sind Normen bindend? o wenn privatrechtlich vereinbart z.b. Schutzzielvereinbarung o wenn in öffentlich-rechtlichen Vorschriften (Verordnungen) darauf Bezug genommen wird z.b. Aufnahme in LTB
Normstruktur Vorwort 1. Anwendungsbereich 2. Normative Verweisungen 3. Begriffe 4. 5. Anforderungen X. Literaturhinweise Anhang - normativ - informativ - Anhang Z (EU-Kommission)
Fachbücher DIN-Taschenbuch 199 Barrierefreies Planen und Bauen Mobil ohne Hindernisse Ausgabedatum 2012-01 Preis: 143.00 ca. 600 Seiten, 34 Normen Hinweis www.wegweiser-barrierefreihet.de
Workshop DIN 32975 DIN 32975
Anwendungsbereich Anforderungen an die Gestaltung visueller Informationen o Straßenraum o öffentlich zugängliche Gebäude bzw. Einrichtungen o Verkehrsmittel und -anlagen Keine privaten Wohnungen, keine Arbeitsstätten, tten, aber auch dort sinngemäß anwendbar Ziel Sicherheit, Orientierung und Mobilität für Menschen mit und ohne Sehbehinderung Grenzwerte o Kontrast o Größe von Informationsträgern o Zeichenhöhen
Anforderungen Bedien- und Ausstattungselemente kontrastreich zur Umgebung gestalten kontrastreich bedeutet K mindestens 0.4 für Gefahrenstellen, schriftliche Informationen K mindestens 0.7 Voraussetzung Reflexionsgrad der helleren Fläche mindestens 0,5 Schriftliche Informationen Auslegen auf Visus 0.1, d.h. 10 % Sehkraft
Michelson-Kontrast
Kontrast Quelle: Fritz Buser,, Schweiz
Farb-Kontrast
Farb-Kontrast
Praxis-Bilder
Kontrast-Bestimmung Wissenschaftliche Methode im Labor, Messung mit Leuchtdichtemesser und Ulbricht-Kugel gemäß DIN 5036-3 Pragmatische schnelle Methode nur orientierungsmäßige Abschätzung möglich RAL Farbfinder / Farbfächer Kostenloses APP für Smart Phone
Kontrast-Bestimmung Mit Digitalkamera kalibrierte Kamera RAW Format (Rohdatenformat) Auswertungsprogramm Institut für Optometrie, Prof. Joos
Workshop DIN 32975 DIN 18040
DIN 18040 Öffentlicher Bereich DIN 18024-1, Ausgabe:1998-01 Barrierefreies Bauen - Teil 1: Straßen, Plätze, Wege, öffentliche Verkehrs- und Grünanlagen sowie Spielplätze; Planungsgrundlagen DIN 18024-2, Ausgabe:1996-11 Barrierefreies Bauen - Teil 2: Öffentlich zugängige Gebäude und Arbeitsstätten, Planungsgrundlagen Privater Bereich DIN 18025-1, Ausgabe:1992-12 Barrierefreie Wohnungen; Wohnungen für Rollstuhlbenutzer; Planungsgrundlagen DIN 18025-2, Ausgabe:1992-12 Barrierefreie Wohnungen; Planungsgrundlagen DIN 18040 Barrierefreies Bauen Planungsgrundlagen Teil 1 Öffentlich zugängliche Gebäude; Ausgabe 2010-10 Teil 2 Wohnungen (Ausgabe 2011-09) Teil 3 Öffentlicher Verkehrsund Freiraum (Ausgabe voraus. 2013) ÖNORM B 1600 Ausgabe 2011-04 Barrierefreies Bauen Planungsgrundlagen SN 521500 Ausgabe 2009 Hindernisfreie Bauten
DIN 18040 Umfang Teil 1 30 Seiten Teil 2 34 Seiten Preis Teil 1 87.40 Teil 2 93,80 Bezug über Beuth-Verlag www.beuth.de
Kommentar zur DIN 18040 Kommentar zu DIN 18040-1 Ausgabedatum: 2011-10 Preis: 79,00 Kommentar zu DIN 18040-2 Ausgabedatum: 2012-04 Preis: 79.00 Bezug über Beuth-Verlag Auch als E-Book erhältlich Auszüge auch unter www.nullbariere.de www.din18040.de
Wissenswertes Grundlagen für die Planung von barrierefreien Gebäuden zeigt unter welchen technischen Voraussetzungen barrierefrei ist gilt für Neubauten und sinngemäß für Umbauten, Modernisierungen, Nutzungsänderungen erarbeitet vom NABau Anforderungen auch auf andere Weise Struktur Definition von Schutzzielen Zuordnung zu Behinderungsarten Nennung von Leistungsbeispielen
Struktur Teil 1 Teil 2 Vorwort 1. Anwendungsbereich 2. Normative Verweisungen 3. Begriffe 4. Infrastruktur 4.6 Service-Schalter, Kassen und Kontrollen 4.3.7 Fahrtreppen und geneigte Fahrstiege 5. Räume 5.2 Räume für Veranstaltungen 5.4 Umkleidebereiche Literaturhinweise Vorwort 1. Anwendungsbereich 2. Normative Verweisungen 3. Begriffe 4. Infrastruktur 5. Räume 5.3 Türen, Fenster 5.4 Wohn-, Schlafräume und Küchen 5.6 Freisitz Literaturhinweise
Anforderungen Kapitel 4.4.2 Visuell o Leuchtdichtekontraste (hell/dunkel) o Größe des Sehobjektes o Form (z. B. Schrift) o räumliche Anordnung (Position) des Sehobjektes o Betrachtungsabstand o ausreichende und blendfreie Belichtung bzw. Beleuchtung
Kontrast o Verweis auf Messung o Verweis auf DIN 32975 o Vorgabe K 0,4 (sprachlich: kontrastierend) Orientieren und Leiten und für Bodenmarkierungen K 0,7 (sprachlich: Stark kontrastierend) Warnungen, schriftliche Informationen
Gestaltung von Türen
Glasflächen Markierung o zwei mindestens 8 cm hohe Sicherheitsmarkierungen (Flächenanteil mindestens 50 % eines Streifens) o über die gesamte Glasbreite o mit Wechselkontrast o K min 0,7 o in einer Höhe H von 40 cm bis 70 cm und von 120 cm bis 160 cm über Oberkante Fußboden angeordnet
Glasflächen
Glasflächen
Glasflächen
Bodenbeläge
Bodenbeläge visuell kontrastierend von Bauteilen (z. B. Wänden, Türen, Stützen) abheben Spiegelungen und Blendungen vermeiden
Armaturen Hebel von Einhebel-Duscharmatur sollte nach unten weisen
Beispielbilder
Beispielbilder Visuelle Informationen dürfen nicht durch Hinweise anderer Art, wie z. B. Werbung, überlagert werden.
Bedienelemente Definition Überwiegend mit der Hand zu betätigende tigende Griffe, Drücker, Schalter, Tastaturen, Knöpfe, Geldeinwürfe, Kartenschlitze Grundsatz o kontrastreich, um erkennbar und nutzbar zu sein o für r alternative Handlungen auch untereinander unterscheidbar (z. B. warm oder kalt, Tür T r auf oder Tür T r zu) o nicht durch Werbung beeinträchtigt; z.b. Türöffner T von Fahrzeugtüren ren
Beispielbilder
Beispielbilder
Beispielbilder Quelle: Fritz Buser,, Schweiz
Beispielbilder
Niveauwechsel Markierung o über ganze Stufenbreite o 4-5 cm auf Trittstufe / 2 cm auf Setzstufe o K mindestens 0.4 o beginnend an Stufenvorderkante o Kontrastreiche Handläufe / taktilen Hinweise o auch Rolltreppen (Fahrtreppen)
Niveauwechsel
Beispielbilder
Beispielbilder
Beispielbilder
Fahrtreppen
Fahrtreppen Laufband
Beispielbilder - Privater Bereich
Fazit Grundsatz Bedien- und Ausstattungselemente K 0.4 Bodenmarkierungen Gefahrenstellen, Schriftliche Informationen K 0.7 Alternativ akustische Medien Voraussetzung Reflexionsgrad der helleren Fläche mindestens 0,5
Workshop DIN 32975 KfW-Förderung
Eckdaten Titel Programm 159 Altersgerecht Umbauen Gütigkeit Seit April 2012 Konditionen 100% der förderfähigen Kosten, maximal 50.000 Euro pro Wohneinheit Voraussetzung Durchführung durch Fachunternehmen Weitere Informationen www.kfw-foerderbank.de
Förderbausteine Was wird gefördert? alle (Umbau-)-Maßnahmen, die Menschen - unabhängig von Alter und Einschränkung eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen Grundsätzlich was in DIN 18040-2 formuliert ist
Literaturhinweise
Danke für Ihre Aufmerksamkeit