Rückblick aus der Chronik zum 60-jährigen Jubiläum der Herz-Jesu Herz-Marien Kirche Bechhofen Wir schreiben das Jahr 1944 Die ersten heimatvertriebenen Katholiken aus dem Sudetenland, aus den böhmischen und mährischen Gebieten, kamen nach tagelanger Reise, in Viehwägen, in Bechhofen an. Hier wurden sie im Kernort, wie in den Nachbarorten, zumeist bei Bauern einquartiert. 1946 wohnten in Bechhofen und Umgebung bereits 860 Katholiken Ein Jahr später waren es schon ca. 1200 katholische Heimatvertriebene. Die evangelischen Kirchengemeinden Bechhofen, Sachsbach und Wieseth waren sehr entgegenkommend und öffneten den Heimatvertriebenen, über 10 Jahre hinweg, ihre Kirchen, damit sie regelmäßig Eucharistie feiern konnten. Untersagt waren allerdings das Betreten der Kanzel, die Benützung von Weihrauch und das Aufstellen von Bildern an Heiligenfesten. In kurzer Zeit schon waren mehrere hundert Unterschriften zusammen, welche an die Diözese, sprich Bischof Joseph Schröffer, übermittelt wurden. Welche Freude herrschte, als das Bischöfliche Ordinariat endlich die Mittel für den Kirchenbau zur Verfügung stellte. Bereits 1952 konnte von Frau Barbara Meier geb. Kraft, wohnhaft in Bechhofen Nr. 131, ein Grundstück erworben werden. Der Architekt Herr Ludwig Geith aus Ingolstadt erstellte den Bauplan und weilte und übernachtete mehrere Mal in Bechhofen. So steht geschrieben, dass sein alter VW-Käfer oft auf freier Strecke liegenblieb und er aus diesem Grund mit dem Bechhöfer Bockerle anreiste. Die Planungen liefen, die Zeit verging. Fortan setzte sich das Werkvolk mit aller Kraft für den Kirchenbau ein. Diese wurde am 4. März 1955 im Gasthaus "Stadt Ansbach" gegründet. So wurde der Wunsch nach einem eigenen Gotteshaus, nach einer geistigen Heimat immer stärker. Am 1. Dezember 1953 schlossen sich im damaligen Gasthaus "Stadt Ansbach" Kaplan Engelhardt Eisentraut, Emil und Maria Judex, Rudolf und Theresia Niedermeier und Frau Klara Swiers zusammen, um mit der Kirchen-Planung zu beginnen. Pfarrer Lorenz Gärtner sagte zwar seine geistige Unterstützung zu, hielt sich aber vorerst noch im Hintergrund. Es begann ein langer und anfangs auch schwieriger Schriftverkehr, mit der Diözese Eichstätt und Bischof Dr. Josef Schröffer, unter der Federführung von Emil Judex. Um ihre Pläne zu beschleunigen, begannen die Heimatvertriebenen Unterschriften zu sammeln. Kaplan Eisentraut und der damalige Diözesansekretär Gustl Schön leiteten die Gründungsversammlung und ermahnten die neuen Mitglieder, den Monatsbeitrag von 88 Pfennigen pünktlich abzuführen.
Im Gasthaus war ein Altar aufgebaut worden, wo Präses Reitzer aus Ingolstadt ein Hochamt zelebrierte. Den Altardienst versahen die 1. Ministanten Franz Lichtneckert, Peter Judex und Franz Kristen. Später kamen noch Walter und Hubert Swiers dazu. Den Mesnerdienst versahen Theresia Niedermeier und Franz und Vroni Schwarz. Weiterhin waren aktiv dabei Anton Pinzka und Friedrich Fischbach. Ein kleiner Chor bestehend aus Theresia Gigl, Katharina Lichtneckert, Marie Judex, Maria Stary, Anna Hubal, Theresia Hofmann und Gerlinde Niedermeier, umrahmte die Feierlichkeit. Am Klavier saß der Apotheker Herr Semrau. Am 18. Juli 1955 wurde mit dem 1. Spatenstich, der Bau der katholischen Kirche in Bechhofen-Gastenfelden begonnen. An diesem Tage traten in Genf die "Großen Vier" aus Amerika, England, Frankreich und Russland zu ihrer großen Konferenz zusammen. Am 07. August 1955 unter der Regierung des Heiligen Vaters Papst Pius XII, im 17. Jahr seines Pontifikates, wurde der Grundstein gelegt. Die feierliche benedictio et impositio et primarii lapidis wurde durch Domkapitular Mader vollzogen. Über 2 Monate hinweg waren nun Studenten aus Belgien und Frankreich, vom Orden der Christlichen Schulbrüder, freiwillig und um Gottes Lohn tätig, bis der Rohbau stand. Diese Studenten, 1 Priester und 2 Professoren wurden von den Heimatvertriebenen verköstigt. Das wenige Essen wurde geteilt. Schwammerl und Hefeknödel gab s mehrmals die Woche. Die Studenten schliefen zu zweit in einem Bett oder richteten sich ein Lager auf dem Fußboden, denn auch der Wohnraum war ja knapp. Dennoch war die Gemeinschafteine sehr gute, so steht es in überlieferten Briefen zu lesen. Viele dieser Studenten hatten ja Familienangehörige in den Konzentrationslagern verloren, Brüder und Väter waren im Krieg gefallen. Die Ausführung des Kirchenbaues lag in den Händen des Maurermeisters Johann Meier aus Großenried, die Zimmerarbeiten fertigte der Zimmermeister Alfons Geßler ebenfalls aus Großenried. Die Geschicke der westdeutschen Bundesrepublik leitete 1955 Bundespräsident Dr. Theodor Heuß, Bundeskanzler war Konrad Adenauer. Der Dekan des Kapitels Ornbau war Geistlicher Rat Andreas Lederer zugleich Pfarrer in Elbersroth. von rechts : Kaplan Mayer, Theresia u. Rudolf Niedermeier mit Tochter Gerlinde und Maria Judex
Die seelsorgerische Betreuung lag in der Mutterpfarrei Großenried, bei Pfarrer Lorenz Gärtner und mittlerweilen bei Kaplan Johann Mayer, die Geschicke der politischen Gemeinde Bechhofen leitete Bürgermeister Georg Lang. Am 10. September 1955 wurde das Richtfest gefeiert. Es gab Hühnersuppe mit selbstgemachten Nudeln, Hefezopf mit Schwarzbeermarmelade und Schmalzbrote. Es wurde gesungen, musiziert und gelacht. Was war das für eine Freude! Für Getränke sorgten auch die Firmen Meier und Geßler aus Großenried. Kaplan Engelhard Eisentraut kam mit seinem Motorrad aus Habsberg und feierte mit. 1955 kostete das Pfund Brot 39 Pfennig, das Pfund Fleisch 2 DM, das Pfund Salz 20 Pfennig und ein Ei kostete 17 Pfennig. Ein Arbeiter verdiente in der Stunde 1 DM 64 Am 18. Dezember 1955 öffnet das neue Gotteshaus seine Pforten. Es regnet ein Strömen. Trotzdem kommen die Menschen von nah und fern. Das neue Gotteshaus war bis auf den letzten Platz gefüllt. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit war das erste Lied, das in der neuen Herz-Jesu - Herz-Marien Kirche erklang. Nach dem feierlichen Weiheakt feierte Dekan Lederer aus Elbersroth die erste hl. Messe mit den Gläubigen. Er zeigte sich sehr überrascht von der stilvollen und schlichten Schönheit der Diasporakirche. Am 24. Dezember 1955 wurde um 24.00 Uhr die 1. Christmette gefeiert. Ab 22.00 Uhr war Beichte angesetzt. Die Christen drängten sich in großer Zahl vor dem Beichtstuhl, so dass die 1. Christmette mit Verspätung begann. So sangen die Vertriebenen Weihnachtslieder und so manche Träne floss in Erinnerung an frühere Weihnachtsfeste in der Heimat. Die Gläubigen waren ausgerüstet mit dicken Mützen, Handschuhen und Decken. Mit Laternen an der Hand kamen sie aus Wieseth, Sachsbach, Königshofen und Fröschau, es lag hoher Schnee und es war bitterkalt, so in alten Briefen zu lesen. Das Werkvolk mit seinen 43 Mitgliedern war auch für die kommenden Jahre ein wichtiger Baustein für das lebendige Leben der Diaspora. So waren, außer vielen religiösen Aktivitäten, gemeinsame Wanderungen, Singen und Unternehmungen an der Tagesordnung. In der fernsehlosen Zeit begannen die Mitglieder des Werkvolks Theater zu spielen und obwohl in Bechhofen ein Kino ansässig war, hatten sie immer einen vollen Saal. Am 10. Juni 1956 kam Bischof Dr. Joseph Schröffer mit seinem Bischofssekretär Eduard Wohlmuth (dem späteren Pfarrer von Großenried) nach Bechhofen und wurde mit dem Glockengeläut der evangelischen Johanniskirche empfangen. Es war das 1. Mal, dass ein Bischof nach Bechhofen kam. Die Häuser waren festlich geschmückt als der Bischof in Gastenfelden einfuhr. Unter der Leitung von Anna und Elfriede Bergmann waren Tücher und Fähnchen genäht worden, welche die Gläubigen freudig schwenkten. Der Festgottesdienst war so gut besucht, dass der Mittel und die Seitengänge als Stehplätze genutzt werden mussten. Die neue Kirche wurde auf den Namen Herz-Jesu Herz-Mariä feierlich konsegriert. Im Altar eingelassen wurden die Reliquien der Märtyrer Valerius und Pacifica.
Ganz links: Bischofssekretär Eduard Wohlmuth und Bischof Dr. Schröffer Der Weiheakt dauerte vier Stunden in welchem, laut Chronik, eine über 1stündige Predigt des Bischofs enthalten war. Als Gäste waren u. a. vertreten: der damalige Landrat Paul Keim, Bürgermeister Georg Lang, die evangelischen Pfarrern Schwind aus Sommersdorf und Wallhofen aus der hiesigen Gemeinde. Im Gasthof Post klang das Fest mit Festreden und Segenswünschen aus. So steht in der Chronik geschreiben: Bischof Schröffer lobte die Bratwürste und das Kraut als die besten der ganzen Diözese und packte noch 2 Paar als Wegzehrung ein. Nun stand das Gotteshaus, aber es fehlte das Geläut. Wenigstens 2 Glocken, die zur Messe rufen, war ihr aller Wunsch. So begannen die Heimatvertriebenen, sprich das Werkvolk ihre nächste Aktion: Die Eintrittsgelder der Theaterspieler, der Verkauf von Handarbeiten und Selbstgebasteltem und regelmäßige Spenden bildeten den finanziellen Grundstock. So konnte im Jahr 1958 von der Gießerei Franz Schilling aus Heidelberg eine Marien- und eine Josefsglocke erworben und feierlich geweiht werden. 1964 wurde eine Warmluft-Umwälzheizung und ein Vorbau mit Windfang eingebaut. Der Hauptaltar wurde zum Volk hin gerichtet und eine Madonna angeschafft. Auch hier erbrachte die Diasporagemeinde umfangreiche Opfer. 1965 wurden in die 1. Kirchenverwaltung gewählt: Josef Walter, Max Gigl, Erich Bartoniek, Robert Wittig und Karl Abt. Am 01. Juni 1967 wurde unter Pfarrer Georg Schmid die Kuratie zur selbstständigen Pfarrei erhoben. Domkapitular Josef Pfeiffer nahm die feierliche Konsekration vor. 1967 wurde eine Walker.Orgel aus Ludwigsburg zum Preis von 33.000 DM angeschafft. Am 25. Juni 1967 wurde diese Pfarrerhebung mit Bischof Dr. Joseph Schröffer, Dekan Frömmer, Pfarrer Lorenz Gärtner und Pfarrer Georg Schmid festlich begangen. 1968 waren die 1. Mitglieder des Pfarrgemeinderates Emmerich Böhm, Renate Göttler, Rudolf Niedermeier, Werner Schönfelder, Christa Lichtneckert, Franz Schwarz, aus den Außenorten waren berufen worden: Otto Schwammberger, Erna Müller und Franz Plomer 1975 wurde vor der Kirche in Gemeinschaftsleistung ein Brunnen angelegt, in welchem die 4 Wappen der deutschen Vertreibungsgebiete eingebaut wurden. Initiatoren waren außer der Pfarrgemeinde, der Landkreis mit Landrat Georg Ehnes, die politischen Gemeinde unter Bürgermeister Werner Schellmann und die Sudetendeutsche Landsmannschaft. Der neue gegründete Kirchenchor unter der Leitung von Helmut Schimmer, hatte bei der Festmesse seinen 1. Auftritt. So schließe ich mit dem Satz, mit dem sich die Heimatvertriebenen immer wieder Mut machten: Der Einzelne vermag nicht viel, aber eine Anzahl von Menschen kann Wesentliches leisten
Bischof Dr. Josef Schröffer und Pfarrer Lorenz Gärtner Werkvolkausflugausflug nach Habsberg zu Kaplan Eisentraut 1956 ganz links: Albertine Pelz, Frau Reichel, Katharina Lichtneckert dahinter Theresia Niedermeier und Tochter Gerlinde, danebenerna Abt und Mutter Anna Ehrlich, rechts hinten der Apotheker Semrau, vorne rechts: Franz Lichtneckert und Peter Judex, daneben Anneliese Gloß hintere Reihe: Elfriede und Heinz Bergmann, daneben Horst Lichtneckert Pfarrer Gärtner später Pfarrer in Großenried verliest die Urkunde
60 Jahre Grundsteinlegung der Herz-Jesu Kirche und KAB Bechhofen Fotos Titelseite: Gerhard Rieß