Norddeutsche Geschichte

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Transkript:

Norddeutsche Geschichte Teil 1 Die Entwicklung germanischer und slawischer Stämme Eine Zusammenfassung zeitlich geordneter Schriften von Maik Nixdorf Kapitel 1 Vom Altertum ins Mittelalter - Entwicklung und Einflussnahme der unterschiedlichen Volksstämme auf das Gebiet Mecklenburg und Schleswig-Holstein von der Zeitenwende bis ins 12. Jahrhundert unter Berücksichtigung der gezielten Christianisierung der 'Heiden' bzw. 'Barbaren' beginnend mit dem Feldzug des Frankenkönigs Karls des Großen im Sommer 772 (Sachsenkriege) Kapitel 2 Das Land der Abodriten - Ursprung und Begriffe - Bedeutende Fürsten und Könige - Nachwort Anhang - Glossar - Informationsquellen Die Germanen Der Begriff Germane ist eine von den Römern übernommene Bezeichnung für die vorerst am Nord-, Süd- und Westrand der Ostsee ansässigen indogermanischen Stämme, welche sich in nachfolgender Zeit besonders durch die Verdrängung der Kelten auf dem später als Deutschland bezeichneten Gebiet zwischen Rhein und Weichsel bis zu den Alpen ausbreiteten. Diese in der 'Germania' des Tacitus in die drei Hauptstämme (Kultverbände) gegliederten Ingwäonen, Herminonen und Istwäonen entwickelten sich wahrscheinlich aus der Vermischung von Trägern der Einzelgräberkultur (Schnurkeramik) und der Trichterbecherkultur in Jütland. Die Griechen unterteilten ab dem 3. Jahrhundert die barbarischen Völker des Nordens in die westlich des Rheins lebenden Kelten und die östlich des Rheins lebenden Skythen. Die Verwendung des Begriffs 'Germanen' ist erstmals vom griechischen Geschichtsschreiber Poseidonios um das Jahr 80 v.u.z. überliefert, wobei diese Volksstämme sich selbst zunächst nicht Germanen nannten und lange Zeit auch kein nationales Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelten. Von den Römern wurden sie oft als große Menschen mit goldenem Haar bezeichnet.

Die Hunnen Im 4. Jahrhundert löste ein Teil der Schwarzen Hunnen (Onoguren) eine Völkerwanderung aus, da auf Grund einer (angenommenen) Klimaveränderung die Nahrung für die Viehherden im Gebiet zwischen Issyk-Kul und dem heutigen Ulaanbaatar knapp wurde und sich somit auch die Lebensgrundlage der von diesen Herden lebenden Nomaden verschlechterte. Unter ihrem damaligen König Balamir (um 350-404) überschritten die Hunnen die Wolga, zerschlugen gegen 374 das Reich der Alanen, 375 das Reich der Ostgoten und erreichten in der Folgezeit das oströmische Reich, so dass die Westgoten ca. 394 aus dem Schwarzmeergebiet flohen. Die oströmische Bevölkerung gab den Schwarzen Hunnen den Namen Tartaros (die Teuflischen), mit dem später alle asiatischen Reitervölker bezeichnet wurden (Tartaren). Bedingt durch die Eroberung weiter Teile Europas durch den Hunnenkönig Attila wanderten im 5. Jahrhundert die seit der Eisenzeit ansässigen Germanen, meist Semnonen, Langobarden, Angeln und Sachsen, aus ihrem angestammten Gebiet ab, so dass das Land um 500 u. Z. fast menschenleer war. Die Slawen In die entvölkerten ehemaligen östlichen germanischen Gebiete (Germania Slavica) wanderten ab 580 allmählich westslawische Völker ein. In Folge der Landnahme in den neu erschlossenen Siedlungsräumen kam es zu einer Herausbildung von Stämmen und Stammesverbänden (Ethnogenese). Die Dänen und Sachsen Seit dem 6. und 7. Jahrhundert siedelten sich auch Dänen aus dem Norden sowie Sachsen aus dem Süden an. Die Slawen kämpften mit Dänen und Deutschen um die Vorherrschaft im südlichen Ostseeraum und unterlagen schließlich. Die Franken Im Sommer 772 begannen mit dem Feldzug Karls des Großen (768-814 König der Franken) die auch für Norddeutschland bedeutsamen Sachsenkriege. Der Frankenkönig wollte einerseits die Sachsen, die zwischen Nordsee und Harz bzw. Rhein und Elbe siedelten, zum Christentum bekehren und andererseits damit verbunden auch seine Reichsgrenzen sichern. Auf Seiten Karls standen anfangs auch die Abodriten, welche allerdings wechselnde Koalitionen eingingen und sich nach 800 bereits wieder gegen das Reich wendeten. In der Schlacht bei Bornhöved auf dem Sventanefeld (bei Neumünster) schlugen 798 die damals mit den Franken verbündeten Abodriten die Sachsen, womit der Widerstand der nordelbischen Sachsen gegen das

Frankenreich gebrochen war und der Christianisierung Vorschub gewährt wurde. Mit der Eroberung der drei nordelbischen Sachsengaue Holstengau, Stormarn und Dithmarschen durch Karl den Großen im Jahre 804 (letzter Feldzug der Sachsenkriege) fiel die endgültige Entscheidung und die Landstriche westlich der Elbe wurden gesicherter Teil des Frankenreiches. Das Gebiet östlich der Elbe blieb vorerst außerhalb der Grenzen des späteren Heiligen Römischen Reichs. Nach diesem Sieg traf sich Karl der Große mit den Gesandten des dänischen Königs Göttrik und den Fürsten der Abodriten in Hollenstedt (bei Stade), wo er sein Hauptquartier während der Kämpfe aufgeschlagen hatte, und übergab den Abodriten die nordelbische Gau zur Herrschaft, nachdem er die dort ansässigen Sachsen (Nordalbingier) deportieren ließ. Im Jahr 810 befand sich Karl der Große letztmalig in Norddeutschland, da er mit einem Angriff des vorab verbündeten dänischen Wikingerkönigs Göttrik rechnete. Bei diesem Aufenthalt wurde vermutlich auch eine neue Grenzziehung zwischen Franken und Abodriten vereinbart. Ein Teil des im Jahr 804 zunächst an die Abodriten übergebenen nordelbischen Gebietes wurde in das fränkische Reich übernommen und die Sachsen sicherten sich ihrerseits mit dem Limes Saxoniae, einer siedlungsarmen und schwer passierbaren Urwaldgrenze (Sachsenwall) gegen abodritische Überfälle. 936 entstand die Mark der Billunger (das spätere westliche Mecklenburg), als Hermann Billung (sächsischer Adel) von Otto I. als princeps militiae eingesetzt und mit dem Grenzschutz und der Herrschaft über die Redarier, Abodriten (Obodriten), Wagrier und Dänen betraut wurde. Otto der I. (912-973) war Herzog der Sachsen, ab 936 König des Ostfrankenreichs und ab 962 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Die Ostgrenze des Reiches sicherte er durch Stärkung der Awarenmark und Gründung neuer Bistümer zur Missionierung der Slawen. Beginnend mit seiner Herrschaft wurde zunehmend die deutsche Ostsiedlung vorangetrieben. Bei der Besetzung der slawisch bewohnten Gebiete östlich der Elbe durch Franken und Ottonen ging es nicht nur um die Slawenmission (Christianisierung), sondern auch um den Landerwerb zur Stärkung der Macht des Königs, der Markgrafen und der Bischöfe. In dem Slawenaufstand von 983 lehnten sich die Liutizen und Abodriten gegen die sächsisch-ottonische Fremdherrschaft auf und trugen kurzzeitig einen Sieg davon. Doch bereits 995 unternahm Otto III. (980-1002) erneut einen Feldzug gegen die Abodriten und Wilzen, der ihn bis zur Mecklenburg (Mikelenburg) bei Wismar führte. Otto III., ab 983 deutscher König und ab 996 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, erwähnte die schon um 600 u.z. von abodritischen Fürsten angelegte slawische Burg erstmals (*) in einer Urkunde vom 10. September 995. Einen Höhepunkt der westslawischen Entwicklungsgeschichte stellte die frühe

Staatsbildung der Abodriten im Raum des heutigen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg im 11. Jahrhundert dar. Das Land Mecklenburg Unter den Ottonen war die Mark der Billunger noch nicht Teil des römischdeutschen Reiches. Erst Heinrich der Löwe (1129-1195) unterwarf im Jahr 1147 die Mark der Billunger als Lehnsherr, 1164 das weiter östlich an der Ostsee gelegene Pommern und baute anschließend Lübeck unter Aufgabe seiner Stadt Bardowick zu seinem Ostseehafen aus. 1181 wurden das Land Mecklenburg und Pommern formell zu Teilen des aus dem karolingischen Ostfrankenreichs hervorgegangenen Heiligen Römischen Reiches (ab dem 15. und 16. Jahrhundert wurde der Titel mit dem Zusatz Deutscher Nation versehen). Das 12. Jahrhundert war die Epoche des europäischen Hochmittelalters. Auf der Grundlage von Handel und Handwerk entwickelte sich das Bürgertum und erste Zünfte entstanden. Die Basis für den wissenschaftlichen und geistigen Aufstieg Europas wurde durch systematische Übersetzungen arabischer Bücher ins Lateinische begünstigt. Um 1130 gab es in Straßburg bereits eine städtische Müllabfuhr und 1137 wurde in Montpellier (Südfrankreich) eine Hochschule für Medizin gegründet. Dennoch war diese Zeit des Aufschwungs nach wie vor gekennzeichnet von den Intrigen und Machtkämpfen des herrschenden Adels. Missbrauch, Heuchelei, Verrat und Mord waren neben Waffengewalt die üblichen Mittel, um sich fremden Besitz einzuverleiben. So kann auch der aus dem Welfengeschlecht stammende Heinrich der Löwe (1129-1195) als eine Art Galionsfigur für die feudale Klasse der damaligen Zeit betrachtet werden. Staufen und Welfen Heinrichs Vater nannte sich Heinrich der Stolze (um 1108-1139). Von 1126-1138 war er als Heinrich X. Herzog von Bayern und von 1137 bis zu seinem Tod Herzog von Sachsen. Im Jahr 1147 erwarb sich der Welfenfürst Heinrich der Löwe durch die Heirat mit Clementia von Zähringen (...-1167) badische Gebiete um die Burg Badenweiler. Als ihm vom Kaiser Friedrich I. (1122-1190), auch Barbarossa genannt, jedoch die Burgen Herzberg und Scharzfeld am Harz sowie der Königshof Pöhlde im Tausch gegen Badenweiler angeboten wurden, trennte er sich (vermutlich auf Druck des Kaisers) 1162 wieder von Clementia und heiratete am 1. Februar 1168 die erst zwölfjährige Mathilde von England bzw. Matilda Plantagenêt (1156-1189), Tochter des englischen Königs Heinrich II. und der Eleonore von Aquitanien (Schwester von Richard Löwenherz). Heinrich der Löwe betrieb eine intensive Ostkolonisation und verleibte ehemals abodritische und andere slawische Gebiete dem Herzogtum Sachsen ein. 1147 zwang er die Fürsten von Vorpommern, seine Lehensherrschaft anzuerkennen

und sicherte diese Gebiete durch deutsche Siedler. Auch den Anspruch auf Bayern (**) gab Heinrich nicht auf. Als Konrad III. Auf einem Reichstag in Frankfurt in Vorbereitung auf die Teilnahme am zweiten Kreuzzug seinen Sohn Heinrich VI. zu seinem Nachfolger wählen lassen wollte, erhob Heinrich der Löwe Einspruch und forderte die Rückerstattung Bayerns. Konrad versprach eine Neuverhandlung nach dem Ende des Kreuzzugs. Dieses Vorgehen belastete jedoch ab diesem Zeitpunkt Konrads Machtanspruch. Heinrich weigerte sich zudem, am Kreuzzug in das heilige Land teilzunehmen. Während Barbarossas Abwesenheit auf dem Kreuzzug integrierte er zweimal gegen Heinrich VI., jedoch ohne Erfolg. Statt dessen setzte er sich an die Spitze eines sächsischen Adelsaufgebots, das zu einem parallelen (sogenannten) Wendenkreuzzug gegen die Slawen aufbrach. Zunächst führte er seine Streitmacht gegen die heidnischen Westslawen, die zwischen Elbe und Oder bis nach Szczecin (Stettin) siedelten. Später unterwarf Heinrich auch die Pomoranen östlich von Szczecin, die z.t. bereits christianisiert waren. Während sich die katholische Kirche eine weitere Verbreitung des Christentums versprach, ging es Heinrich vor allem um den Gewinn an Territorium. Nach dem früheren militärischen Misserfolg von 983 (Slawenaufstand) begann hiermit erneut die Errichtung einer deutschen Herrschaft im Raum östlich der Elbe. Der Untergang des (bis zu Niklots Tod) eigenständigen Reiches der Abodriten war somit besiegelt. 1164 unterwarf Heinrich Pommern. In der Folge wurde das eroberte Gebiet von deutschen und niederländischen Bauern besiedelt. Da Heinrich dem Staufenkaiser Barbarossa 1174 in dessen Kampf um Italien seine Unterstützung verwehrte, entzog er damit sich und seiner Ostpolitik selbst den Boden. Denn ohne besonderes Dazutun des Kaisers wurde Heinrich daraufhin geächtet, sein Besitz eingezogen und ihm eine Verbannung von 3 Jahren auferlegt, welche dieser bei seinem Schwiegervater in England verbrachte. Im Oktober 1185 kehrte er in seine Besitztümer um Lüneburg und Braunschweig zurück. Er verweigerte eine Teilnahme am Dritten Kreuzzug, verpflichtete sich zur Rückkehr ins Exil, kam 1189 erneut aus dem Exil zurück und integrierte gegen den Kaiser, versöhnte sich mit diesem 1194 und starb schließlich am 6. August 1195 auf seinen Gütern um Braunschweig. Die Slawen Die Urheimat der Slawen ist nicht etwa in entfernten Weiten des Kaukasus, Mittelasiens oder Sibiriens zu suchen, sondern auf dem europäischen Kontinent, in einem verhältnismäßig gut abgrenzbaren Bereich nördlich der Karpaten, der westlichen Ukraine und Südpolens, wo sich baltische, germanische und iranische Volksgruppen vermischten. Im Altertum (4000 v.u.z.-500 bzw. 600 u.z.) existierten die Slawen noch nicht als eine gesonderte, selbstständige Volksgruppe. Aus dem ursprünglich großen

Ganzen der alteuropäischen Menschheit differenzierten sie sich als letzte heraus und erschienen als entwickelter ethnischer Organismus erst im 6. Jahrhundert, als auch ihr Name (Wenden) zum ersten Mal genannt wurde. Die Wenden Der Begriff Wenden ist eine (alte) deutsche Bezeichnung für die Gesamtheit aller Slawen und somit nicht korrekt. Er leitete sich ursprünglich von dem lateinischen Namen Venedi (Veneti) ab. Von den (alten) Römern wurde dieser Name für unterschiedliche Völkerschaften verwendet. Aus Mangel an Wissen benutzten mittelalterliche Autoren diesen Begriff auch für das ihnen kulturell unbekannte (elbslawische) Volk. Speziell bezeichnet(e) der Name jedoch diejenigen Westslawen, welche ab dem 6. Jahrhundert große Teile Nord- und Ostdeutschlands (Germania Slavica) besiedelten. Die Abodriten Die Abodriten (auch Obotriten oder Obodriten) waren ein im Gebiet zwischen Ostsee, Elbe und Warnow siedelnder elbslawischer Stammesverband gehörend zur Untergruppe der Westslawen. Bedeutende Fürsten und Könige der Westslawen Samo Samo (um 623-658) war der erste namentlich bekannte König (rex) der Slawen. Das von ihm gegründete Reich war das erste bekannte politische Gebilde der heutigen Westslawen und bestand aus einer Konförderation mehrerer mehr oder weniger selbstständiger Fürstentümer (engl. supra-tribal union ). Nakon Nakon (...-um 966) war König der Abodriten. Er residierte wahrscheinlich in der Mikelenburg und beteiligte sich 954/955 am Slawenaufstand gegen König Otto I. (912-973), in welchem sein Bruder Stoinef getötet wurde. Stoinef Stoinef (...-955) war ein slawischer Fürst und Bruder des Nakon, der zusammen mit diesem als Verbündeter Wichmanns und Ekberts in der Schlacht von Raxa kämpfte und nach dem Sieg Ottos I. auf dem Kampffeld am 16. Oktober 955 (gleich 700 slawischer Gefangener) enthauptet wurde. Mstivoj Mstivoj (...-967) war der Sohn von Nakon und ein König der Abodriten. Nach dem Tod seines Vaters setzte er dessen Politik fort. Mit der Unterstützung

Hermann Billungs (900/912-973) schaltete er die heidnische Opposition in Wagrien aus und ermöglichte somit die Gründung des Bistums Oldenburg (968/72). Godeschalko Der Abodritenfürst Godeschalko (...-1066) zu Mecklenburg war von 1047-1066 König der Abodriten und wurde am 7. Juni 1066 in Lenzen von aufständischen Adligen erschlagen. Er wollte seine Stämme zum Christentum bekehren. Heinrich Heinrich (1105-1126) war der Sohn von König Godeschalko und Sibylla, der Tochter des Königs Sven II. v. Dänemark und neben Niklot II. der bedeutendste Abodritenfürst. 1090 erlangte er die Herrschaft in Wagrien zurück und dehnte seinen Machtbereich weiter aus. Er einigte die Abodriten und setzte die öffentliche Sicherheit und den inneren Frieden auf seinem Territorium durch. Das abodritische Königtum von Nakon bestand durchgehend bis zu seinem Tod. Knut Knut Laward der Fromme (1096-1131) war der älteste Sohn des Königs Erich I. v. Dänemark und Bothilda, Herzog von Schleswig (1119-1131) und König der Abodriten (1127-1131). Er wurde am 7. Januar 1131 auf dem Ölberg in Jerusalem erschlagen. Niklot II. Niklot (um 1100-1160), in einigen Quellen auch Niclotus oder Nikolaus genannt, stammte aus dem abodritischen Adel und war Fürst (1127-1160) und letzter König (Krönung 1129) der Abodriten. Er gilt auch als der Stammvater der Herzöge von Mecklenburg. Als Lothar III. das Reich des 1126 verstorbenen Abodriten-Königs Heinrich (1090-1126) an den dänischen Herzog Knut Laward als Lehen vergab, versuchte Niklot, Widerstand zu leisten, wurde jedoch geschlagen und geriet in die Gewalt Knuts. Als dieser 1131 auf dem Kreuzzug in Jerusalem erschlagen wurde, konnte Niklot seinen Anspruch geltend machen. Um seine Position zu festigen, verbündete er sich mit dem Grafen von Holstein, Adolf II. von Schauenburg (1128-1164). Nachdem Konrad III. nach dem Tod von Kaiser Lothar 1137 das Herzogtum Sachsen 1138 an Albrecht den Bären verlieh, verlor Adolf II. als Lehnsmann der Welfen Holstein und erhielt es erst 1142 nach der Versöhnung Konrads mit Heinrich dem Löwen (1129-1195) wieder. Nachdem ihm dieser 1143 auch die Herrschaft in Wagrien übertragen hatte, war Adolf II. bemüht, hier und in seinem Stammland das Christentum und in den slawischen Gegenden die germanische Kultur zu fördern. Als der Sachsenherzog Heinrich der Löwe seinen sogenannten Wendenkreuzzug gegen die Westslawen 1147 begann, um sein Territorium zu vergrößern, zerriß das zwischen Niklot und Adolf geschlossene Bündnis. Nach einem erfolgreichen Vorstoß auf Lübeck und

Wagrien wurden Niklots Truppen zunächst von dem übermächtigen sächsischdänischen Heer zum Rückzug auf die Burg Dobin (am Schweriner See) gezwungen, jedoch nicht entscheidend geschlagen, da Niklot in weiser Voraussicht die Feste Dobin zu einer starken Wehranlage (und zur Fluchtburg für die Bewohner des umliegenden Landes) ausbauen ließ und die Angreifer diese somit nicht zu erobern vermochten. Als sich die Kessiner und Circipaner gegen ihn auflehnten, stellte er das alte Bündnis mit Adolf II. wieder her und konnte mit dessen Hilfe 1151 deren Aufstand niederwerfen. Bis 1160 gelang es Niklot, seinen Stämmen ein hohes Maß an Eigenständigkeit zu bewahren. Die ständigen Auseinandersetzungen der Abodriten mit den Dänen versuchte Heinrich der Löwe für sich auszunutzen und den Fürsten Niklot für seine politischen Intrigen einzuspannen, was ihm jedoch nicht gelang. Desweiteren forderte er von diesem die Annahme des Christentums für sich und sein Volk, was Niklot ebenfalls offen ablehnte. Während Bischof Gerold mit Mühe einen Waffenstillstand zwischen Dänen und Abodriten vermitteln konnte, beklagte sich König Waldemar 1160 auf einem Landtag in Barförde bei Heinrich dem Löwen über die erfolgten Angriffe der Slawen. Heinrich sprach darauf die Acht aus und verabredete mit dem Dänen-König einen Feldzug gegen die Abodriten, welcher zur Erntezeit beginnen sollte. Wie schon beim Wendenkreuzzug 1147 versuchte Niklot wiederum, seinen Gegnern mit einem Angriff auf Lübeck zuvorzukommen. Der Versuch scheiterte jedoch durch das Sperren der Brücke über die Wakenitz. Niklots Tod Heinrich der Löwe drang nun seinerseits mit einem großen Heer in das Land der Abodriten ein, während eine dänische Flotte die mecklenburgische Küste heimsuchte. Niklot mußte sich zurückziehen und setzte die Burgen Ilow, Mecklenburg, Schwerin und Dobin in Brand. Geschützt durch den Fluß Warnow führte er von der Festung Werle einen Kleinkrieg gegen das vorrückende, den Abodriten weit überlegene sächsische Heer. Nachdem seine beiden Söhne Pribislaw und Wratislaw bei Mecklenburg (Mikelenburg) eine Niederlage erlitten, unternahm Niklot einen Vorstoß, wobei er von sächsischen Rittern, die sich als Troßknechte verkleidet hatten, in einen Hinterhalt gelockt und im Kampf erschlagen wurde. Sein Haupt führten die Sachsen als Beute mit sich. Nachfolgend brach der slawische Widerstand schnell zusammen. Nachwort Niklot war der letzte unabhängige und wohl bedeutendste Abodritenfürst. Mit dem Tod dieses klugen und konsequenten Führers hörte auch der Staat des Abodritenvolkes auf zu existieren. Seine Söhne Pribislaw und Wratislaw gaben den Kampf um ihr väterliches Erbe vorerst noch nicht auf und eroberten sogar noch einmal die Feste Mecklenburg, bis Heinrich schließlich mit modernster Belagerungstechnik, wie er sie in Italien

kennengelernt hatte, und der Unterstützung von Dänen und Sachsen einen entscheidenden Feldzug führen konnte. Er ließ den in Gefangenschaft geratenen Wratislaw öffentlich hinrichten, nahm den vertriebenen Pribislaw jedoch wieder in Gnaden auf und gab diesem 1167 den größten Teil des Abodritenlandes (mit Ausnahme des Gebietes um Schwerin) als Lehen zurück. Pribislaw nahm seinen Sitz in Werle und verpflichtete sich, Heinrich Heerfolge zu leisten und zum Christentum überzutreten. Er wurde zum Begründer einer Dynastie, die in Mecklenburg bis 1918 regierte. Glossar (*) Bereits 965 wurde die abodritische Burganlage Mecklenburg (Mikelenburg) in einem Bericht des jüdisch-andalusischen Händlers Ibrahim Ibn Jacub als Nakons Burg erwähnt. Als der deutsche König Otto III. (980-1002) das Dorf Poztrigami, irgendwo im Magdeburgischen gelegen, seinem Kämmerer Tiezo schenkte, wurde die Mikelenburg in der urkundlichen Bestätigung als Ausstellungsort eingetragen. Dieser Beurkundungsakt, der mit Mecklenburg selbst kaum etwas zu tun hatte, war Bezugspunkt für das 1000jährige Landesjubiläum Mecklenburgs im Jahre 1995. (**) Erbfolgestreit zwischen Staufen und Welfen - Am 8. Juni 1133 empfing Lothar III. (1075-1137) in Rom von Papst Innozenz II. (vor 1116-1143) die Kaiserkrone. Vorher sicherte Lothar dem Papst die Macht gegen den damaligen Gegenpapst Anaklet II. (um 1090-1138). Als Nachfolger bestimmte Lothar seinen Schwiegersohn, den Welfen Heinrich den Stolzen (1108-1139), konnte diesen aber gegen den Staufer Konrad III. (1093-1152) nicht durchsetzen. Informationsquellen Lektüre 1. Wald und Mensch - Begleitheft zum Waldlehrpfad des Archäologischen Freilichtmuseums Groß Raden 2. Das Bertelsmann Lexikon in IV Bänden (Jubiläumsausgabe) - C. Bertelsmann Verlag 3. Lexikon des Mittelalters - DTV Deutscher Taschenbuch Internet 1. Wikipedia - Die freie Enzyklopädie