Power Systems Kurzstellungnahme zum Entwurf einer Verordnung zur Regelung des Verfahrens der Beschaffung, des Einsatzes und der Abrechnung einer Kapazitätsreserve (Kapazitätsreserveverordnung - KapResV) 1 19.10.2015
Kurzstellungnahme des VDMA Fachverband Power Systems zum Entwurf einer Verordnung zur Regelung des Verfahrens der Beschaffung, des Einsatzes und der Abrechnung einer Kapazitätsreserve (Kapazitätsreserveverordnung - KapResV) VDMA Power Systems (im nachfolgenden kurz VDMA) als Vertretung der Hersteller von Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung begleitet den breit angelegten Diskussionsprozess zur Schaffung eines neuen, integrierten Strommarktdesigns seit seinem Beginn. Aufgrund der Bedeutung des Themas für die herstellende Industrie hat sich der Verband in den strukturierten und diskursiven Prozess der Strommarktplattform, u.a. mit einer Stellungnahme zum Grünbuch und Weißbuch sowie zum Strommarktgesetz konstruktiv eingebracht und möchte auch den weiteren Prozess hin zu einer tragfähigen Gesetzgebung nach Kräften unterstützen. Angesichts der Komplexität des Themas benötigt eine ernsthafte Verbandsbeteiligung jedoch ausreichend Zeit, um in einem Prozess mit den Mitgliedsunternehmen eine abgestimmte Branchenposition festzulegen. Die vorliegende Stellungnahme kann deshalb vor dem Hintergrund der extrem kurzen Fristsetzung, der Komplexität des Themas und der Tatsache, dass das zugrundeliegende Gesetz noch nicht abschließend vorliegt, zunächst nur eine erste Einschätzung zu den für die Hersteller im VDMA wichtigsten Punkten geben. Wir werden ggf. noch tiefergehende Betrachtungen bzw. weitere Vorschläge im weiteren Verlauf des Prozesses einbringen. Eine Bewertung zum derzeitigen Zeitpunkt wird zudem erschwert, da uns noch kein vergleichbarer Entwurf für die Regelung der Klimareserve vorliegt. Das Zusammenwirken beider Reservekategorien kann deshalb derzeit noch nicht beurteilt werden. Ergänzung des Strommarkt 2.0 um Reserven ist wichtig und richtig Wie bereits in unserer Stellungnahme zum Strommarktgesetz ausgeführt, findet die generelle Ausrichtung zu einem flexibilisierten, am Grundprinzip der Marktliberalisierung ausgerichteten, in Europa eingebetteten Strommarkt unsere volle Zustimmung. Auch die Ergänzung dieses Marktes durch eine Reserve ist angesichts der Bedeutung, die das Thema Versorgungssicherheit für den Industriestandort Deutschland hat, wichtig und richtig. Auch beim Eintritt außergewöhnlicher Situationen muss die Versorgungssicherheit ohne Einschränkungen stets gewährleistet bleiben. Dass Kapazitäts- und Netzreserve dabei marktorientiert gebildet werden sollen, haben wir bereits seit langem gefordert. Die generelle Ausgestaltung in Form einer Ausschreibung wird deshalb von uns begrüßt. Auch das in 3 klar formulierte Vermarktungs- und Rückkehrverbot und die Rückzahlung der kompletten Vergütung nach 33 bei der Zuwiderhandlung ist sachgerecht. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Reserven keinen Einfluss auf die Marktpreisbildung und damit die Entstehung von Knappheitspreisen haben. Diese sind letztlich die Voraussetzung dafür, dass Investoren wieder Vertrauen in den Markt bekommen und notwendige hochflexible und effiziente Anlagen zugebaut werden. Auch die enge Kopplung mit der Netzreserve begrüßen wir, da hierdurch Kosten der Netzreserve vermieden werden können. Wir sehen dabei allerdings noch Klärungsbedarf mit 4, der das Verhältnis zu Regelenergie beschreibt. Während die Kapazitätsreserveverordnung auf die Bereitstellung von Kapazitäten ausgerichtet ist, zielt die Netzreserve nach 13a Abs. 4 Satz 1 Strommarktgesetzesentwurf auf die Bewirtschaftung von Netzengpässen und Spannungshaltung ab. Neben der Regelenergie spielt hier 2
insbesondere auch die Blindleistungsbereitstellung eine wichtige Rolle. Generell stellt sich die Frage der Relevanz dieser Systemdienstleistungen mit Bezug auf die Kapazitätsreserve. Als Investitionsgüterindustrie brauchen wir Stabilität der Randbedingungen, Umsetzung über Verordnungsermächtigungen und Festlegungen kritisch Wir begrüßen es sehr, dass zur Kapazitätsreserveverordnung ein Anhörungsverfahren bei weiteren Verordnungen dann erforderlicher Weise mit mehr Vorlauf - durchgeführt wird. Angesichts der Bedeutung dieser Verordnung auch mit Blick auf die geplanten Neubauvorhaben halten wir - so wie auch für die gesamte Umsetzung der Maßnahmen aus dem Strommarktgesetz - eine parlamentarische Behandlung mit den dort geregelten Verfahrensschritten für erforderlich. Für die Investitionsgüterindustrie kommt es endscheidend auf die Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen an. Wie bereits in unserer Stellungnahme zum Strommarktgesetz ausgeführt, halten wir die Vielzahl sehr weitgehender Verordnungsermächtigungen der Bundesregierung für kritisch. Solange es per einfacher Verordnung möglich ist, jederzeit vielfältige Parameter und Bedingungen ohne Zustimmung zu verändern, besteht Unsicherheit. Damit wird aber genau die notwendige Grundbedingung untergraben, die Investoren benötigen, nämlich dass die Marktakteure sich in einem neuen System auf ein stabiles Gerüst auch längerfristig festgelegter Rahmenbedingungen verlassen können. Dass die vorliegende, auf einer Verordnungsermächtigung nach 13 e Absatz 1 des Strommarktgesetzesentwurfes beruhende Verordnung diese Festlegungsbefugnisse im 38 noch auf die Bundesnetzagentur (BNetzA) weiterreicht, verschärft diese Problematik zusätzlich. Die Planungssicherheit für alle betroffenen Akteure vermindert sich weiter und stellt zunehmend eine erhebliche Hürde für dringend benötigte Investitionen dar. Hier muss das Strommarktgesetz selbst klarere Rahmenbedingungen schaffen und eindeutigere Festlegungen treffen. Positionen zu ausgewählten Paragraphen der Verordnung 2 Nr.5: Die Definition Anlage: Einheit zur Erzeugung von elektrischer Energie, die über eine direkte schaltungstechnische Zuordnung zwischen den Hauptanlagenteilen verfügt, ist unklar und könnte zu Widersprüchen führen. Wie zum Beispiel lassen sich hier Motorkraftwerke, die aus einer Reihe von Motoren bestehen, einordnen? Hier sollte unserer Ansicht nach zusätzlich zur vorliegenden Definition der Begriff Anlage über den Bezug zum Netzanschlusspunkt definiert werden, vgl. z. B. hier Definitionen seitens VDE / FNN: Erzeugungsanlage (Gesamtheit aller Erzeugungseinheiten inklusive notwendiger elektrischer Infrastruktur an einem Netzanschlusspunkt zum Netz eines öffentlichen Netzbetreibers [ ]) 1 oder BDEW: Eine Erzeugungsanlage kann aus einem einzelnen Generator oder aus mehreren Erzeugungseinheiten bestehen. 2 3: Der VDMA begrüßt ausdrücklich die klare Festlegung des Vermarktungs- und Rückkehrverbotes. Es ist unklar, warum nach 33 nur Verstöße nach 3 Absatz 3 und nicht nach 3 geahndet werden. 5: Der VDMA begrüßt ausdrücklich die Vorgabe eines marktwirtschaftlichen Ausschreibungsverfahrens. 7 Absatz 1 Nr. 1: Statt September 2018 muss hier September 2019 stehen. 7 Absatz 2: Der Erbringungszeitraum sollte für Neuanlagen aus unserer Sicht auf 15 Jahre festgelegt werden. Darüber hinaus muss es für Neuanlagen für den Erbringungszeitraum 1 Stellungnahme VDE FNN zum NCRfG, S.1 Abs. 1 2 BDEW Richtlinie Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz, S. 8 3
eine klare Regelung geben, dass mögliche teure Nachrüstungen auf Basis des Emissionsschutzrechts entweder ausgeschlossen oder dafür explizit getrennte Vergütungsmöglichkeiten vorgesehen werden, da andernfalls ein entsprechender Risikoaufschlag für Nachrüstungskosten in die Gebote einkalkuliert werden müsste. 8 Absatz 1: Die detaillierten technischen Vorgaben erscheinen nachvollziehbar. Es sollte geprüft werden, inwieweit die Anfahrzeit für neu zu errichtende Anlagen unter Nr. 2 für neue Anlagen auf einen geringeren Wert festgelegt werden kann. Für weitere Informationen dazu bieten wir als Herstellerverband unsere Unterstützung an. 3 Aufgrund der für Neuanlagen relativ langen Zeit im System und der insgesamt relevanten Anzahl an Betriebszeiten, ist zu prüfen, auch eine Mindesteffizienz-Anforderung in die Vorgaben aufzunehmen. Ob die zwar in der Begründung motivierte Beschränkung auf Anlagen im Bundesgebiet ausreicht, um Bedenken der EU abzuwenden, erscheint fraglich - auch vor dem Hintergrund, dass heute Anlagen z.b. aus Österreich und Italien Teil der Netzreserve sind. Für die im Rahmen der Reserven diskutierten Neuanlagen ist es nachvollziehbar, dass hier die Schwarzstartfähigkeit und die Blindleistungsbereitstellung eingefordert werden. Es muss aber insbesondere über die Einsatzregeln - dauerhaft ausgeschlossen werden, dass die Verordnung ihre Prämisse verletzt, nicht ins Marktgeschehen einzugreifen. Hintergrund der notwendigen, klaren Abgrenzung ist, dass regelbare Kraftwerke zukünftig noch stärker auf Einnahmen aus der Vermarktung von Systemdienstleistungen angewiesen sein werden. Hierzu zählt die Blindleistungsbereitstellung, aber auch die Schwarzstartfähigkeit z.b. aus Pumpspeichern. Die Festlegung unter Nr. 7 darf deshalb nicht zum Präzedenzfall für zukünftig für Neuanlagen vorgeschriebene Anforderungen werden. 8 Absatz 2: Dass die Festlegung von Anforderungen zur erforderlichen Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit sowie zur Fernsteuerbarkeit alleine von den Übertragungsnetzbetreibern in Abstimmung mit der BNetzA konkretisiert werden, ohne dass hier ein Konsultationsverfahren vorgeschrieben ist, verdeutlicht die Problematik von nicht hinreichend abgestimmten und breit genug diskutierten Vorgaben mit Blick auf das Vertrauen der Marktakteure. Hier ist zwingend ein transparentes Verfahren erforderlich, das die Marktakteure angemessen beteiligt. Dass gemäß 35 Absatz 1 Nr.1 die Anforderungen nach 8 vor der Bekanntmachung nach 10 zu erfolgen hat, ist eine Selbstverständlichkeit, da nur auf Basis dieser Vorgaben überhaupt Angebote erfolgen können. Die Eilbedürftigkeit darf dabei aber nicht zu Lasten der Konsultation und Abstimmung dieser wichtigen Vorgaben erfolgen. 8 Absatz 2 Nr.1 Im Interesse der Versorgungssicherheit könnte je nach Anlagentyp grundsätzlich eine "dual-fuel"-versorgung vorgesehen werden. 11 Absatz 2: Bei der Festlegung des Höchstwertes wird in 11 (3) als günstigste Kraftwerkstechnologie eine Gasturbine zugrunde gelegt, wobei unklar bleibt, wie sich ohne Vorgabe der Nutzungsdauer der Höchstbetrag ergibt. Auch die Begründung von 7 Absatz 2 zum Beispiel spricht nur von neuen Gasturbinenanlagen. In der Begründung zu 8 wird zwar darauf verwiesen, dass neben Turbinen auch Motorenanlagen die technischen Anforderungen erfüllen können, insgesamt ist hier der gesamte Verordnungsentwurf mit Blick auf die Technologieoffenheit noch an verschiedenen Stellen inkonsistent. 13 Absatz 5: Die Festlegung der Gebotsmenge auf mindestens 100 Megawatt führt zu einer deutlichen Einschränkung der Technologieoffenheit, wenn nicht über eine entsprechende Aggregationsregel klargestellt wird, dass Anlagen eines Betreibers mit gemeinsamem Netzzugang als eine Anlage betrachtet werden (vgl. auch Kommentar zu 2 Nr.5). Hier ist eine Ergänzung bzw. Klarstellung notwendig. 3 Vgl. VDMA Expertenausblick "Fähigkeiten von Stromerzeugungsanlagen im Energiemix" 4
27 Absatz 2 und 4: Die Durchführung eines Funktionstests zur Sicherstellung der Anforderungen nach 8 erscheint sinnvoll. Hierzu bedarf es aber neben der Vorgabe der Dauer bei voller Leistung eines detaillierten Konzeptes, ob und wie die weiteren in 8 genannten technischen Voraussetzungen überprüft werden sollen. Dies ist auch erforderlich, um die Kosten für die bis zu fünfmal pro Vertragsjahr ohne Vorankündigung geforderten Probeabrufe in Grenzen zu halten. Die nachträgliche Festlegung von weiteren Anforderungen für die Probeabrufe, die über die Anforderungen von 8 hinausgehen, sollte ausgeschlossen werden. Ansprechpartner Matthias Zelinger Geschäftsführer VDMA Power Systems Tel.: +49 69 6603-1351 Email: matthias.zelinger@vdma.org Leopold Greipl VDMA Power Systems Tel.: +49 69 6603-1825 Email: leopold.greipl@vdma.org 5