Grundlagen der Luftbefeuchtung Systeme und Anwendungen von Ulrich Arndt, Peter Iselt, Michael Wilcke 2., überarb. Aufl. Grundlagen der Luftbefeuchtung Arndt / Iselt / Wilcke schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG VDE Verlag 2005 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 7880 7760 0 Inhaltsverzeichnis: Grundlagen der Luftbefeuchtung Arndt / Iselt / Wilcke
Geleitwort Raumluftfeuchte und Behaglichkeit Bei der Klimatisierung von Aufenthaltsräumen und Büroarbeitsplätzen ist eine Befeuchtung vor allem im Winter notwendig, um die richtige Behaglichkeit sicherstellen zu können. Sinkt die Luftfeuchtigkeit unter bestimmte Werte, so trocknen die Schleimhäute der Atemwege aus und sind dadurch nicht mehr in der Lage, feine Staubpartikel in gleichem Umfang wie unter optimalen Bedingungen abzuscheiden. Die häufig geäußerte Feststellung, dass der Mensch sich bei trockener Luft und tiefen Außentemperaturen auch wohlfühlt, darf nicht auf Gebäude übertragen werden. Der Hauptgrund ist darin zu sehen, dass bei tiefen Außentemperaturen die regenerative Wärmerückgewinnung im Nasen- und Rachenraum zu einer Unterschreitung des Taupunktes der ausgeatmeten Luft führt und dadurch auch Feuchtigkeit zurückgehalten wird. Dieser Schutz vor zu starker Austrocknung ist jedoch bei der Raumlufttemperatur nicht gegeben. Luftbefeuchtungseinrichtungen sind daher zur Erreichung der Behaglichkeit im Winter notwendig. Diese Einrichtungen müssen jedoch richtig betrieben, überwacht und gewartet werden, um nicht andere, negative Auswirkungen auf die Lufthygiene zu haben. Essen im Dezember 2004 Prof. Dr.-Ing. F. Steimle Institut für Angewandte Thermodynamik und Klimatechnik Universität Duisburg-Essen Zur Sollwertbestimmung der Raumluftfeuchte Für das Festlegen von Sollwerten des Raumluftzustandes (und damit auch der Raumluftfeuchte) sind die Nutzungsbedingungen von entscheidender Bedeutung. Es ergeben sich daraus recht unterschiedliche Forderungen, z. B. hygienische, technologische oder bauphysikalische. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die Fälle, bei denen die Komfortansprüche des Menschen ausschlaggebend sind. Der Mensch besitzt kein spezielles Sinnesorgan zur Erfassung der Luftfeuchte. Aus diesem Grund wirkt die Luftfeuchte stets mittelbar auf das Komfortempfinden und die sonstigen Wechselbeziehungen zwischen dem Menschen und seiner Umgebung ein. Das erschwert die Sollwertfestlegung. Die thermische Behaglichkeit wird von der Energieübertragung zwischen dem Menschen und seiner Umgebung bestimmt. Diese erfolgt durch Wärme- und Stofftransportprozesse. Während die Temperaturunterschiede zwischen der Körperoberfläche und der Raumluft die Triebkraft für den (trockenen) Wärmeübergang darstellen, ist der Feuchtigkeitsgehalt der Raumluft (d. h. der Wasserdampfpartialdruck) die wesentliche Einflussgröße für das Stoffübertragungspotential. Durch die Möglichkeit der Schweißabsonderung des Körpers zur Steigerung der Energieübertragung steigt die Bedeutung des Stofftransportprozesses und wird bei Verstärkung des Vorganges schließlich zur dominanten Komponente der Energiebilanz. Für die konvektiven Wärmeund Stoffübertragungsprozesse ergibt außerdem die Luftbewegung an der Körperoberfläche (Luftgeschwindigkeit und Turbulenz) eine weitere Einflussgröße. Es gibt nun verschiedene Vorschläge, die drei genannten Einflussgrößen (Lufttemperatur, - feuchte, -geschwindigkeit) in einer Bewertungsgröße zu vereinigen. Die Normal-Effektivtemperatur (NET) nach Yaglon (s. DIN 33403) ist eine Möglichkeit dazu. Sie gestattet den Einfluss der Luftfeuchte (in Form der Feuchttemperatur) in die Bewertung einzubeziehen. V
Für den thermischen Komfort werden Richtwerte für die Normal-Effektivtemperatur von 17 bis 21 C empfohlen. Neben den physikalischen Effekten der Energieübertragung, die auch von der Luftfeuchte beeinflusst werden, sind biologische und pathogene Effekte sowie indirekte Wirkungen der Luftfeuchte auf Verunreinigungen der Luft (z. B. Staub) und die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften der Luft zu beachten. Eine zusammenfassende Gegenüberstellung der durch Änderung der Raumluftfeuchte sich ergebenden hygienischen Wirkungsänderungen und deren qualitative Bewertung ergibt einen optimalen Bereich der relativen Luftfeuchte von 40 bis 60 % bei normalen Raumlufttemperaturen: Hierbei wurden die Entwicklung biologischer Organismen (Bakterien, Viren, Pilze, Milben), pathogene Probleme im Atmungstrakt (Infektionen, Asthma, Allergien) sowie chemische Wechselwirkungen zwischen den Organen des Menschen und der Umgebung in die Betrachtung einbezogen. Letztlich sei auf die obere Begrenzung der Luftfeuchte durch die Schwüleempfindung verwiesen. Dabei ergeben sich Grenzwerte für die absolute Feuchte x = 10,5 bis 11,5 g / kg. Zusammenfassend lässt sich nun ein Feld optimaler Raumluftzustände (mit den Angaben zur optimalen Raumluftfeuchte) bestimmen. Es ergibt sich aus dem Bereich der zulässigen (normalen, behaglichen) Raumlufttemperatur, dem genannten Bereich der optimalen relativen Luftfeuchte von 40 bis 60 % und der Schwülegrenze. Für eine anschauliche Darstellung eignet sich besonders ein h,x- Diagramm. Raumluftfeuchtewerte außerhalb dieses optimalen Bereiches führen zu Komforteinbußen, für geringere Werte betrifft das den hygienischen Bereich. Chemnitz im Dezember 2004 Prof. em. Dr.-Ing. habil. U. Marmai Zur Luftbefeuchtung in Wohnräumen Wenn beim Heizen bewegte Luft Staub aufwirbelt, so ist zur Abscheidung hygroskopischer Stäube die Befeuchtung der Luft sinnvoll. Von den drei Möglichkeiten der Luftbefeuchtung Dampfzusatz, Oberflächenbefeuchter und Luftwäscher bzw. Zerstäubungsvorrichtungen haben vor allem die beiden letzteren die Eigenschaft, die Luft gleichzeitig zu reinigen. Die Reinigung mit Wasser ist eine sinnvolle Sache, die uns die Natur vormacht. In der Natur wird die Luft aber mit Aqua destillata gewaschen, das absolut keimfrei ist. Es kommt aus größeren Höhen, wird mit UV bestrahlt und übt bei niedrigen Temperaturen neben der Befeuchtung der Luft einen namhaften Wascheffekt aus. Wird das Wasser in Wäschern oder Zerstäubern sorgfältig ebenso sauber gehalten wie der Regen in der Natur, so entsteht dieser Reinigungseffekt auch in unseren beheizten bzw. gekühlten Räumen. Wird dabei Wasser fein zerstäubt, hat man als angenehmen Nebeneffekt die natürliche Ionisierung der Luft mit Kleinionen beiderlei Vorzeichens, was die Sauerstoffaufnahme beim Atmen begünstigt. Ein Teil des Sick-Building-Syndroms ist die zu geringe elektrische Leitfähigkeit der Luft. Hier fehlt dann das, was man "Frische" nennt. Beim Befeuchten der Luft muss man den Reinigungseffekt im Auge haben, weshalb mit Wasser nicht gespart werden darf. Eine entsprechende Aufbereitung des Wassers erfolgt am besten mit Umkehrosmoseanlagen. Übers Wochenende in Wäschern stehen gebliebenes Wasser enthält erhebliche Keimzahlen, die zerstäubt in die Luft und in die Lunge gelangen. Es sei an die Legionellose erinnert. Aachen im Dezember 2004 Prof. Dr. J. Tischendorf Luftgüte-Spezialist VI
Zur erforderlichen relativen Feuchte in der Heizperiode Die relative Feuchte spielt bei Behaglichkeitsbetrachtungen vielfach noch eine untergeordnete Rolle. Eine Sensibilitätsanalyse hinsichtlich des Feuchteeinflusses in der Heizperiode zwischen 20 und 50 % relativer Feuchte bei 20 C Raumtemperatur zeigt jedoch eine deutliche Abhängigkeit. Die Anzahl der Unzufriedenen kann dabei um 30 % gesenkt werden. Dies hat auf die Produktivität und Arbeitsatmosphäre spürbare Auswirkungen. Die Auslegung von RLT-Anlagen sollte daher für eine relative Feuchte von mindestens 40 % erfolgen. Zur Verringerung des höheren Energieverbrauchs stehen dem planenden Ingenieur mittlerweile auch geeignete Geräte zur Verfügung, die nicht nur eine reine Temperaturrückgewinnung sondern vielmehr eine Enthalpierückgewinnung ermöglichen. Dadurch kann die latente Wärme der Raumabluft mit einem hohen Übertragungsgrad von ca. 80 % auf den Zuluftstrom übertragen werden. Die Nutzung dieser Sorptionsregeneratoren im Sommer zur Lufttrocknung in DEC- Anlagen ermöglicht zugleich eine bessere Auslastung dieser Investition. Dresden im Dezember 2004 Prof. Dr.-Ing. U. Franzke Institut für Luft- und Kältetechnik (ILK), Dresden Die Bedeutung der Feuchte bei der Komfort-Klimatisierung Der Mensch verbindet die Empfindung der Behaglichkeit primär mit dem Begriff Temperatur. Ist die Temperatur zu hoch, so empfindet man diesen Zustand als zu warm und umgekehrt als zu kalt, wenn die Raumtemperatur zu niedrig ist. Die Behaglichkeitstemperatur ist jedoch von der Aktivität des Menschen und dessen individueller Konstitution abhängig, außerdem spielt die Außentemperatur eine Rolle. Im Sommer wird beispielsweise eine Temperatur von 26 C im Raum als behaglich empfunden, im Winter gilt eine Raumtemperatur von 26 C als viel zu warm. Die Temperatur ist mit Thermometern relativ einfach messbar, der Ablesevorgang ist jedem geläufig, dasselbe gilt für die Bewertung der Messergebnisse. Schwieriger wird die Sache, wenn es um die Bewertung von Aussagen wie z. B. Schwüle und trockener Luft geht. Für den Klimatechniker ist die Bewertung einfach. Er bestimmt die relative Feuchte entweder direkt mit einem Hygrometer oder indirekt mit Feuchtkugel-Thermometer und h, x- Diagramm und ist danach in der Lage, den Raumluftzustand mit Hilfe einer weiteren Komponente, der relativen oder absoluten Luftfeuchte, zu beurteilen. Die Beschreibung des Behaglichkeitsempfindens erfolgt somit nicht nur eindimensional mittels der Temperatur sondern zweidimensional in einem Temperatur-/ Feuchtefeld. Das Behaglichkeitsfeld umfasst den Temperaturbereich zwischen 22 C und 26 C und den Feuchtebereich 30 % relative Feuchte bis 65 % relative Feuchte bzw. 11,5 g Wasser/kg Luft. Mit Hilfe der Feuchtigkeit lässt sich erklären, warum ein Luftzustand bei gleicher Temperatur einmal als angenehm und ein anderes Mal als unangenehm empfunden wird. Je höher die Luftfeuchte ist, umso unbehaglicher ist die Empfindung. Dieser Zustand tritt vorwiegend im Sommer auf, wo hohe Außenlufttemperaturen die Aufnahmefähigkeit der Luft für Wasserdampf erheblich vergrößern. Seit einiger Zeit ist es möglich, dies in der empfundenen Temperatur zusammenzufassen. Beispielsweise entspricht die Temperatur/Feuchtekombination 26 C/40 % der empfundenen Temperatur 28 C, während 26 C/70 % der empfundenen Temperatur 33 C (!) entspricht. Im Luftkühler von Klimaanlagen wird im Sommer die Luft prozessbedingt zur Erzielung niedriger Zuluft bzw. Raumlufttemperaturen entfeuchtet, so dass in klimatisierten Räumen zwangsläufig reduzierte Luftfeuchten herrschen, die im Sommer zwischen ca. 40 % und ca. 60 % liegen. Die Entfeuchtung der Raumluft ist also im Sommerbetrieb ein entscheidendes Qualitätsmerkmal von Klimaanlagen. VII
Jeder der schon einmal bewusst empfunden hat, wie schnell sich in einem klimatisieren Raum ein behaglicher Zustand einstellt, wenn man den Raum verschwitzt betreten hat, kann dies bestätigen. Im Winter ist die Außenluft wegen der tiefen Temperaturen sehr trocken. Heizt man diese Luft auf Raumtemperatur auf, so stellen sich insbesondere bei sehr tiefen Außenlufttemperaturen Luftfeuchtigkeiten unterhalb 20 % ein, die Luft wird also trocken empfunden. Bei Menschen besteht die Gefahr, dass die Schleimhäute austrocknen und infolge dessen die Anfälligkeit für Infektionen stark zunimmt. Hier kann nur Abhilfe durch Befeuchtungseinrichtungen geschaffen werden. Auch hier ist die Empfindung der Behaglichkeit unmittelbar gegeben. Befeuchtete Luft kann nicht durch trockene Luft in Verbindung mit höherer Flüssigkeitszufuhr ersetzt werden. Während im Sommer die Entfeuchtung das entscheidende Qualitätsmerkmal für Klimaanlagen darstellt, ist dies während der kalten Jahreszeit die Befeuchtung. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Be- und Entfeuchtung bei Klimaanlagen unabdingbar zur Herstellung eines behaglichen Raumklimas ist. Neuisenburg im November 2004 Prof. Dr.-Ing. U. Pfeiffenberger Vorsitzender des Fachinstitutes Gebäudeklima (FGK) Vorsitzender des Deutschen Kälte- und Klimatechnischen Vereins (DKV) VIII