Voraussschauende Verfügungen Klinische Ethik 2 Dr. med. Birgitt van Oorschot Interdisziplinäres Zentrum Palliativmedizin Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie Direktor: Prof. Dr. M. Flentje
Patientenverfügungen sind häufiger als gedacht: PV vorhanden: Bevölkerung repräsentativ 10% Lang 2007 Dialysepatienten 25% Faust 2003 Tumorpatienten 18% Sahm 2005 Tumorpatienten mit MSCC Tumorpatienten Tumorpatienten 53%, Rücklauf 54% 23% Guo 2010 (Kanada) 43% Dow 2010 (Richmond & Boston) Prediktoren: Alter 3-12 Mon nach ED formale Bildung van Oorschot 2012 2 22.11.2013
PV aus Verfassersicht: PV zur Selbstbestimmung / Verbesserung der Kontrollüberzeugung - Anleitung zur Verwirklichung eigener Vorstellungen Auslöser:... Alter, Soziale Erwünschtheit eigene Erkrankung (3-12 Mon. nach Erstdiagnose Tumor) spezielle Überzeugungen / Bedürfnisse - Vermeidung ungewollter Interventionen Negativerfahrungen individuell ( nicht so wie mein Vater ), Mißtrauen Medizinsystem PV zur Entlastung anderer (Angehörige, Arzt) Fürsorglichkeit, Altruismus PV zur Verbesserung des Miteinanders als Kommunikationshilfe Sahm 2005 100 Pat / Gesunde / Ärzte / Pflegende 4 Fallvignetten Patienten und Kontrollgruppe übergehen PV signifikant häufiger als das medizinisches Personal Fazit: Intention (und auch Verbindlichkeit) sehr different 22.11.2013 3
Exemplarisch: Frau B Wer nimmt sich dieses Anliegens an? 4
Vorausschauende Verfügungen: was? Vorsorgevollmacht Wer soll stellvertretend für wen wann entscheiden? Betreuungsverfügung Wer soll ggfs. vom Gericht als Betreuer bestellt werden? Patientenverfügung Was soll getan / nicht getan werden, wenn ich mich nicht äußern kann? Wer teilt warum was wann wem für wen wie mit? Notfallplan Was ist zu tun, wenn.
Betreuungsrecht: Vertretung / Schutz in persönlichen Angelegenheiten Post Versicherungen Unterbringung / Wohnungsdinge Geldgeschäfte / Vermögen / Rente Wahlrecht Untersuchung des Gesundheitszustands Medizinische Heilbehandlung Ärztliche Eingriffe, Pflegemaßnahmen Was?? Patientenverfügung Wer?? Privatrecht: Vorsorgevollmacht ( Benennung einer Vertrauensperson ) PV-Beraterseminar März 09, Dr. med. Birgitt van Oorschot 6 22.11.2013
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Patientenverfügung - Qualitätskennzeichen Eingangsformel Situationen, für die die PV gelten soll, z.b. Sterbephase Endstadium einer infaust verlaufenden Krankheit dauerhafter Bewußtseinsverlust (Koma) fortgeschrittene Demenz Festlegung zu ärztlichen / pflegerischen Maßnahmen positiv: ablehnen: Wünsche zu gewünschtem Aufenthaltsort und Begleitung Aussagen zur Verbindlichkeit Hinweis auf Vorsorgeverfügung / beigefügte Erläuterungen (Wertvorstellungen,...) Schlussformel, Datum, Unterschrift Aktualisierungen (Datum, Unterschrift) PV-Beraterseminar März 09, Dr. med. Birgitt van Oorschot 8 22.11.2013
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Neu: Statement zur Organtransplantation Wann nach Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung fragen? Dr. med. Birgitt van Oorschot 10 22.11.2013
PV-Beispiele. 11
Fallbeispiel Herr D und der Schrittmacher, der Defibrillator? 12
Mulitmorbidität Beendigung Dialyse (21.12.11) 86-jähr Pat. pavk Grd IV mit Gangrän an re Fuß, dementielles Syndrom, Dialyse seit über 10 Jahren 13
Beispiel 3: Frau A 76-jährige Patientin, die vor 6 Wo eine zunehmende Schwellung an der rechten Halsseite bemerkt hatte. Begleiterkrankungen: Hypertonie, Herzinsuffizienz. Tumordebulking, Diagnose eines pulmonal metastasierten anaplastischen Schilddrüsenkarzinom mit Infiltration von Trachea, Oesophagus und Stimmbandnervengeflecht. Konzept: ambulante palliative Radiatio, 15 x 3 Gy Verlauf: Am 2. Bestrahlungstag progrediente Schluckstörungen, Dysphonie und Dyspnoe. Diagnose: Tachyarrythmia absoluta - IST, medikamentöse Kardioversio. Stationäre Radiatio. Begrüßung: Schön, dass Sie kommen, ich möchte eine Patientenverfügung machen, helfen Sie mir dabei? 14
Patientenverfügung Frau A PV-Gespräch Frau A: Ich habe solche Angst zu ersticken!. Was tun bei Dyspnoe? 15
Sorgen und Wünsche bei schwerer Krankheit 70-jähriger Patient mit Oro-Hypopharynxkarzinom und Ösophagus-Ca, progrediente Lungenmetastasen, rez. Pleuraergüsse, Zst n. Radiochemotherapie, Belastungsdyspnoe Entlassvorbereitung: Wie wird es denn weitergehen, muß ich ersticken? 59-jähriger Patient; seit Jahren an der Dialyse, Diabetes und multiple Gefäßverschlüsse, jetzt eine Gangrän am rechten Fuß: Was soll geschehen, wenn es bei der OP Komplikationen gibt? 58-jährige Patientin mit einem multipel metastasierten CUP-Syndrom, nach Schmerztherapie / relativer Stabilisierung Entlassung nach hause geplant. Womit müssen wir als Familie rechnen? Was können wir tun? Sie will auf keinen Fall nochmals in die Klinik! 16
Vorausschauender Notfallplan 17
Aktualisierte Variante. 18
Fazit: Patientenverfügungen (und Vorsorgevollmachten) sind ein relevantes Thema für Tumorpatienten Offener(er) Umgang mit der Endlichkeit des Lebens Vorsorgeplanung eingebettet in Patienten-Arzt-Beziehung: Patientenverfügungen eher für Gesunde Spezifische Dokumente für Patienten mit bekannten Risiken Chance zum Gesprächseinstieg 19 22.11.2013