Einleitung Was macht eigentlich ein gutes Foto aus? Es gibt technisch einwandfreie Fotos, bei denen scheinbar alles stimmt. Oft sind sie der Versuch, ein Abbild der Wirklichkeit zu schaffen. Manchmal scheint diesen Bildern jedoch etwas zu fehlen. Ein»gutes«Foto vermittelt Emotionen und Stimmungen, die nicht notwendigerweise positiv oder angenehm sein müssen. Nicht immer behagt einem das, was zu sehen ist. Dass ein Foto jeden entzückt, muss nicht immer die oberste Priorität sein. Natürlich sollen Bilder gefallen, aber wie ich finde doch in erster Linie dem Fotografen selbst. Eine wirklich interessante Aufnahme berührt und bleibt im Gedächtnis des Betrachters, egal, ob sie technische Mängel wie zum Beispiel Unschärfe oder eine Fehlbelichtung aufweist. Für das Gelingen aussagekräftiger Fotos ist auch nicht unbedingt eine umfangreiche und teure Fotoausrüstung erforderlich. Viel wichtiger als der Einsatz teuerster Technik ist das Auge hinter der Kamera, ist die Auseinandersetzung mit dem Motiv. Es überrascht Sie vielleicht, aber einige der hier abgebildeten Fotos habe ich mit einer»normalen«digitalen Kompaktkamera aufgenommen und nicht mit einer Profikamera. Ich bediene mich je nach Situation sogar sehr bewusst der»einfachen«kamera. Sie hat für mich einige entscheidende Vorteile. Der wichtigste Vorteil: Sie passt jederzeit in mein Handgepäck.
Einleitung Einem guten Bild sieht man an, ob Sie wirklich da waren! Egal, ob Amateur- oder Profifotograf: Mal eben, auf die Schnelle, ein paar ausgezeichnete Bilder machen, das geht oft gar nicht. Wer nur aus dem Auto springt, in Eile ein Bild knipst und gleich weiterfährt, der kann kaum zu erstklassigen Fotos kommen. So lautet auch die in meinen Augen wichtigste fotografische Grundregel: Je mehr man sich mit seinem Motiv auseinandersetzt, es von allen möglichen Seiten betrachtet und Geduld für den richtigen Augenblick aufbringt, desto sicherer wird man mit einem geglückten Foto belohnt. Für wen fotografiere ich eigentlich? Wenn es gelingt, durch ein Foto Erinnerungen und die dazugehörigen Gefühle zurückzuholen, dann ist es ein gelungenes Foto. Egal, ob es eine Unschärfe, eine fehlerhafte Belichtung aufweist oder sogar verwackelt ist. Ist es nicht so, dass man viel zu sehr darüber nachdenkt, was andere über das Foto denken könnten? Solange ich kein Geld mit meinen Fotos verdienen und die Wünsche meines Kunden erfüllen muss, kann ich doch»knipsen«, wie es mir gefällt. Die Hauptsache ist, dass ich mit meinen Bildern zufrieden bin. Wenn man sich von dem Anspruch lösen kann, dass die Bilder anderen gefallen müssen, ist ein großer Schritt in Richtung»Ich mache interessantere Bilder«gemacht. Glauben Sie mir: Ab dann gefallen Ihre Bilder auch anderen. Sie haben nämlich nur auf Ihr eigenes Gefühl geachtet und das zahlt sich in»tollen Bildern«aus. 10
Machen Sie sich Ihr eigenes Bild! Einleitung In meinen Fotoworkshops erzähle ich den Teilnehmern relativ wenig über Fototechnik. So möchte ich es auch in diesem Buch halten. Fotokameras können heutzutage (fast) alles von selbst und das ist gut so, denn Technik soll nicht vom Wesentlichen ablenken nämlich, visuelle Ereignisse zu erkennen und gekonnt in Szene zu setzen. Das ist der Schwerpunkt, den ich setze und Ihnen vermitteln möchte. Ich werde Ihnen Tipps und Tricks mit auf den Weg geben, wie man ausdrucksstarke Fotos macht. Dazu sind oft nur ein paar wenige technische Grundkenntnisse notwendig, auf die ich eingehen werde. Viel wichtiger sind ein aufmerksamer Blick, die richtige Perspektive, der richtige Augenblick, Geduld und oftmals viel Mut Mut zu einer eigenen Sichtweise. Ich wünsche Ihnen ganz viel Spaß beim Fotografieren. Ihr Joachim Rieger Abb. 1 Obwohl das Foto auf der Rückseite fotografische Fehler aufweist, hinterlässt es trotzdem seine Wirkung: Es lässt den Betrachter schmunzeln. Die Geschichte in dem Bild ist dabei einfach und glaubhaft:»5-jähriges Mädchen vor der Eisdiele«11