Die Lissabon-Strategie. Referat auf der Delegiertenversammlung der IG Metall Mannheim 1.10.2007 Prof. Dr.Jörg Huffschmid, Bremen



Ähnliche Dokumente
Internetnutzung (Teil 1)

EUROPÄISCHE POSTLEITZAHLEN. Deutschland

Entwicklung des realen BIP im Krisenjahr 2009

Selbstständigenquote im EU-Vergleich - Alle Wirtschaftszweige

Zweites Halbjahr 2013 verglichen mit zweitem Halbjahr 2012 Strompreise für Haushalte in der EU28 stiegen um 2,8% und Gaspreise um 1,0%

Nachhaltigkeitsindex. Pensionssysteme. Presseaussendung. Quelle: Allianz Asset Management.

Entwicklung der Beschäftigung im EU-Vergleich

Selbstständige im EU-Vergleich - Alle Wirtschaftszweige

HERBSTPROGNOSE 2016 WICHTIGE WIRTSCHAFTSINDIKATOREN

Busunternehmen Taxi und Autovermietung Billigfluglinien & Charter Airlines Andere

Frei Rampe Schlachthofpreise in der EU exkl. USt. Jungrinder R3 in Euro je kg Kaltschlachtgewicht

Frei Rampe Schlachthofpreise in der EU exkl. USt. Jungrinder R3 in Euro je kg Kaltschlachtgewicht

WINTERPROGNOSE 2016 WICHTIGE WIRTSCHAFTSINDIKATOREN (a) Reales Bruttoinlandsprodukt (jährl. prozentuale Veränderung) Durchschnittswert

FRÜHJAHRSPROGNOSE 2017 WICHTIGE WIRTSCHAFTSINDIKATOREN (a) Reales Bruttoinlandsprodukt (jährl. prozentuale Veränderung) Durchschnittswert

Eurobarometer-Umfrage*, Angaben in in Prozent der der Bevölkerung**, Europäische Union Union und und ausgewählte europäische Staaten, Ende 2005

Mitteilungen der Juristischen Zentrale

Soziale Sicherung auf dem Prüfstand Stimmt die Balance zwischen Fördern F Fordern?

Zweite Schätzung für das erste Quartal 2015 BIP im Euroraum und in der EU28 um 0,4% gestiegen +1,0% bzw. +1,5% im Vergleich zum ersten Quartal 2014

Anhang zum Altersübergangs-Report

Deutsch als Fremdsprache

Öffentlicher Schuldenstand*

Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik

ILNAS-EN ISO 15841:2014

Läuft der Politik die Wählerschaft weg? Wahlenthaltung eine Herausforderung für unsere Demokratie

Unternehmensbesteuerung

5. Ausgaben für Bildungseinrichtungen 3 Jahre bis Schuleintritt 2009 (OECD-34)

Arbeitshilfe Finanzmarktkrise Hintergründe und Ursachen, Folgen und Widerstand. Jörg Huffschmid, Sudwalde

Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

DA Seite 1 3 bis 6 SGB IV. Gesetzestext. 3 SGB IV Persönlicher und räumlicher Geltungsbereich

KMU im Hochtechnologiebereich des Verarbeitenden Gewerbes und im wissensintensiven Dienstleistungssektor

AKTUELLE ARBEITSMARKTLAGE Juli 2016

Bankenkonzentration. Schweiz 54. Frankreich. Japan ** 42. Spanien 38. Großbritannien. Italien 24 USA ** 13. Deutschland 17

Information zum deutschen Rentensystems ganz kurz

1. Überweisungen innerhalb Deutschlands und in andere Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) 1 in Euro oder in anderen EWR- Währungen 2

EN ISO ÖNORM. Zahnheilkunde Drähte für die Kieferorthopädie. Ausgabe: (ISO 15841:2014)


INFOS FÜR MENSCHEN AUS DEM AUSLAND WENN SIE FÜR EINEN FREIWILLIGEN-DIENST NACH DEUTSCHLAND KOMMEN WOLLEN: IN DIESEM TEXT SIND ALLE WICHTIGEN INFOS.

Ausgaben für Recht, öffentliche Ordnung und Verteidigung

Arbeitsmarktsituation in Österreich. 1. Juni 2007

Bankgeschäfte. Online-Banking

15/ Januar Anteil innovativer Unternehmen in der Europäischen Union, (in % der Unternehmen)

Sparkasse. Der Standard in Europa: IBAN und BIC.

Chancen durch Arbeitsaufenthalte im Ausland ZWH Bildungskonferenz 2012

Neueste Daten zum Stand der Onliner und Offliner. Österreich im EU-Vergleich. Dr. Konrad Pesendorfer Fachstatistischer Generaldirektor

KPMG s Corporate and Indirect Tax Survey 2010 Oktober 2010

TeilunterfreiemHimmellebenmüssen.SiegehöreneinemgrößerenKreis vonafrikanischenmigrantenan,die2011vordembürgerkriegunddemkrieg

DOWNLOAD. Die Europawahl. Politik ganz einfach und klar. Sebastian Barsch. Downloadauszug aus dem Originaltitel: Politik ganz einfach und klar: Wahlen

DEUTSCHE NORM DIN EN ISO 6143

MARKTDATEN. Schuhe in Europa EU 27 JAHRGANG 2012

Vorsteuerrückerstattung in der EU bis 30. Juni 2007

Binnenmarktanzeiger Leistung nach Mitgliedstaat Rumänien

Antrag auf Gleichwertigkeitsfeststellung

Investitionsanreize durch Regulierung?

Tempolimits in Europa

77/ Mai 2012

s Sparkasse SEPA Lastschrift: Euro paweit und zu Hause bequem per Lastschrift bezahlen

Die Verschuldung der öffentlichen Hand und die daraus resultierenden wirtschaftspolitischen Konsequenzen

Migration und Arbeitslosigkeit

Geld, Banken und Staat Mechthild Schrooten Juni 2015

2008: Verdienste in Deutschland und Arbeitskosten im EU-Vergleich

Anzahl der Einwohner im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg (Stand 12/2013)

2017 im Überblick 1. Finanzierungen EIB-Gruppe 2 Anzahl der genehmigten Operationen 901 Ermöglichtes Investitionsvolumen (geschätzt)

Wintersaison 2014/2015 bis März: Ankünfte +4% und Nächtigungen +2%

Demographie und Arbeitsmarktentwicklung. Fachexperte der Sektion VI Mag. Manfred Zauner

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union

Krise des Fordismus Trendbruch der 70er-Jahre

EM2016-Fussball.de. Spielplan EM 2016 Qualifikation. Spieltag 1. Datum Uhrzeit Gruppe Heim Gast Ergebnis

Richtlinien zum Internationalen Sponsern. 01. April 2015 Amway

Entsendung, EU-, EWR-Staaten und die Schweiz/Abkommensstaaten (Formulare, maximale Dauer)

Intelligente Energie Europa

Volkswirtschaft - aktuell Stand

Volkswirtschaft - aktuell Stand

Volkswirtschaft - aktuell Stand

Volkswirtschaft - aktuell Stand

Volkswirtschaft - aktuell Stand

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Unternehmen nach Beschäftigtengrößenklassen im europäischen Vergleich

8. März 2011: Internationaler Frauentag Frauen und Männer in der EU im Zahlenspiegel

Regelungen zur Steuerschuldumkehr in Europa

Überfremdung am Arbeitsmarkt Nehmen uns Migrant/innen die Jobs weg?

I n f o r m a t i o n e n

Arbeitsmarktsituation in Österreich. 1. Juli 2008

Antrag auf Gleichwertigkeitsfeststellung

Qualifizierte Rechtsberatung schafft Freiräume

Antrag auf Gleichwertigkeitsfeststellung nach dem BQFG

AKTUELLE ARBEITSMARKTLAGE Februar 2017

AKTUELLE ARBEITSMARKTLAGE Oktober 2016

ÖNORM EN ISO Zahnheilkunde Künstliche Zähne für Dentalprothesen (ISO 22112:2005)

AKTUELLE ARBEITSMARKTLAGE August 2016

Ausländische Ärztinnen/Ärzte in der Bundesrepublik Deutschland

Bildungsausgaben (Teil 1)

Bürger der Europäische Union

index 2013 Klimaschutz-Index Komponenten 7,5% 10% 7,5% 10% 10% 10% 4% 4% 20% 30% Emissionsniveau 10% 10% 30% Entwicklung der Emissionen KLIMASCHUTZ

DIDAKTIK FINANZ THEMENBLÄTTER WIRTSCHAFT & FINANZEN DIDAKTIK. Die Bedeutung des Euro für Wirtschaft und Bevölkerung INITIATIVE WISSEN

ANHANG. des. Berichts der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat

Arbeitskostenerhebung 2012 in der EU28 Arbeitskosten im Finanz- und Versicherungsbereich. Dreimal höher als im Bereich Gastgewerbe & Gastronomie

BRANCHENFOKUS SCHUHE EUROPA EU 28

index 2016 Klimaschutz-Index Komponenten Komponenten des Klimaschutz-Index 30 % Emissionsniveau 10 % 20 % 4 % 4 % KLIMASCHUTZ Nationale Klimapolitik

Transkript:

Die Lissabon-Strategie Referat auf der Delegiertenversammlung der IG Metall Mannheim 1.10.2007 Prof. Dr.Jörg Huffschmid, Bremen

Struktur des Vortrags 1. Säulen der Lissabon Strategie (LS) - Marktöffnung und Deregulierung - Gesamtwirtschaftlicher Fundamentalismus - Modernisierung der sozialen Sicherung 2. (Zwischen)Ergebnisse der LS - Alternativen zur LS

1. Säule: Marktöffnung und Deregulierung Die programmatische Wende 1985: Von der Einbindung der Konkurrenz in einen Rahmen gemeinsamer Regeln (Leistungswettbewerb, positive Integration) zur Auslieferung der Regeln an die Konkurrenz (Standortwettbewerb, negative Integration)

2: Säule: Gesamtwirtschaftlicher Fundamentalismus 1. Geldpolitik Fixierung auf Preisstabilität ohne Verantwortung für Wachstum und Beschäftigung Unabhängigkeit: Keine Einbindung in wirtschaftspolitische Diskussion und Willensbildung

Gesamtwirtschaftlicher Fundamentalismus 2. Finanzpolitik - Fixierung auf Haushaltsausgleich (statt auf öffentliche Güter, sozialen Zusammenhalt und Stabilisierung) - Steuerkonkurrenz (und damit Zerstörung der Finanzierungsgrundlagen des Sozialstaates)

3. Säule Modernisierung der sozialen Sicherung: = Teilprivatisierung der Rentensysteme Denkfehler: Privatisierung löst keine Probleme der veränderten Alterstruktur Nachteile: Privatisierung macht Renten unsicher und teuer Interessen: Zugriff der Finanzinvestoren auf Rentenbeiträge

Lohnquote in der EU15, 1975-2006 78 76 in % des Volkseinkommens 74 72 70 68 66 197 5 76 77 78 79 198 0 81 82 83 84 198 5 86 87 88 89 199 0 91 92 93 94 199 5 96 97 98 99 200 0 200 1 200 2 200 3 200 4 200 5 200 6 Lohnquote 76,3 75,6 75,2 74,7 74,5 75,3 75,1 74,3 73,4 72,4 71,8 71 71 70,3 69,8 70,4 71,1 71,3 70,4 69,3 68,5 68,3 68,1 67,8 68,1 67,7 67,6 67,3 67,1 66,6 66,5 66,2

Gewinnsteuern für Kapitalgesellschaften in der EU, 1995-2006 40 35 Steuersätze in % 30 25 20 15 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 source: Schratzenstaller 2007, p. 93 EU 15 EU8 EU23

Profitquote und Investitionsquote in der EU15, 1975-2006 35 33 in % d e s V o lk s e in k o m m e n s 31 29 27 25 23 21 19 Profitquote Investitionsquote 17 15 1975 76 77 78 79 1980 81 82 83 84 1985 86 87 88 89 1990 91 92 93 94 1995 96 97 98 99 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Wirtschaftswachstum in der EU15, 1975-2006 5 V erän d eru n g g e g enüber Vorja h r in % 4 3 2 1 0-1 1975 76 77 78 79 1980 81 82 83 84 1985 86 87 88 89 1990 91 92 93 94 1995 96 97 98 99 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006-0,6 4,5 2,7 3 3,6 1,3 0,1 1 1,8 2,5 2,5 2,8 2,8 4,2 3,5 3 1,8 1,1 0,4 2,8 2,4 1,6 2,5 2,9 2,9 3,9 1,9 1,1 1,1 2,2 1,5 2,6

Arbeitslosenquote in der EU 15, 1975-2006 12 in % der zivilen Erwerbsbevölkerung 9 6 AL 3 1975 76 77 78 79 1980 81 82 83 84 1985 86 87 88 89 1990 91 92 93 94 1995 96 97 98 99 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 3,9 4,6 4,9 5,1 5,3 5,8 7 8,2 8,6 9,2 9,4 9,3 9,2 8,6 7,8 7,3 7,8 8,9 10,1 10,5 10,1 10,2 10 9,4 8,6 7,7 7,3 7,6 8 8,1 7,9 7,5

Teufelskreis aus Umverteilung, Wachstumsschwäche und Massenarbeitslosigkeit Umverteilung Wachstumsschwäche Arbeitslosigkeit

Folgen von Wachstumsschwäche und Umverteilung: Explosion der -Finanzmärkte Finanzmärkte Wachstum Arbeitslosigkeit Lohnquote Gewinnquote Investitionen

Marktkapitalisierung und Aktienhandel an europäischen Börsen, 1990-2006 25 20 B illio n en $ 15 10 5 0 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Aktienhandel 1,3 1,3 1,6 2,1 1,5 2,5 2,8 5,1 7,3 8,3 11,9 10,7 9,9 10,2 13,6 16,2 21,8 Marktkapitalisierung 2,0 2,3 2,1 2,7 3,6 4,3 5,2 6,4 8,1 10,2 9,6 7,8 6,4 9,1 11,3 12,2 16,1 Quelle: World Federation of Exchanges

Armutsraten in der EU, 2005 25 % 20 15 10 9 10 10 11 12 12 12 12 13 13 13 13 15 15 15 16 16 18 18 19 19 19 20 20 20 20 21 21 5 0 Quelle: Eurostat-Datenbank, Stand April 2007. * = Erhebungsjahr Bulgarien 2004, Slowenien 2003.

Armutsraten in % EU25 EU15 EU10 Höchstwerte Tiefstwerte Alle Altersstufen 2005 16 16 17 Polen, Litauen (21) Irland, Griechenland, Spanien, Portugal (20) Schweden (9) Tschechische Republik (10) Kinder (< 16) 2004/2005 Erwachsene (16-64) 2004/2005 Frauen 2005 Männer 2005 Ältere Menschen (> 65) 2005 20 20 22 Polen (29) Litauen (27), Rumänien (25) 15 15 15 Polen (20) Litauen (19) 17 17 17 Irland, Griechenland, Spanien, Italien, Litauen, Portugal (21) Polen, Lettland (20) 15 15 17 Polen (21) Litauen, Portugal (20) 19 20 8 Zypern (51) Irland (33), Spanien (29) Schweden (8) Finnland, Dänemark (10) Schweden, Slowenien (9) Tschechische Republik (10) Schweden (10) Tschech. Rep., Niederlande, Slowenien (11) Schweden, Slowenien (9) Tschechische Republik (10) Tschech. Rep., Niederlande (5) Ungarn (6) Quelle: Eurostat-Datenbank, Stand April 2007.

Der Industriekapitalismus Haushalte = Sparer Untersparen Unternehmen = Investoren Die Finanzmärkte werden getrieben durch Unternehmen, die Geld brauchen, um ihre Investitionen zu finanzieren

Der Finanzmarktkapitalismus Produktive Investition Sparer: Reiche Unternehmen Übersparen Spekulation Übernahmen Finanzanleger Privatisierung Die Finanzmärkte werden getrieben durch Unternehmen und Haushalte, die viel Geld haben und rentable Anlagemöglichkeiten suchen, die aber immer knapper werden

Alternativen zur LS 1. Gemeinsame Regeln für die Konkurrenz 2. Definition eines demokratischen öffentlichen Sektors 3. Gesamtwirtschaftlicher Steuerungsrahmen für Vollbeschäftigung und ökologischen Umbau 4. Soziale Mindeststandards mit Konvergenz nach oben 5. Kooperative und entwicklungsfördernde Außenwirtschaftsbeziehungen