VDB-Positionspapier der FG EKK zum Thema Energieoptimierte Klimaanlagen mit alternativen Kältemitteln aktiver Umweltschutz in modernen Bahnsystemen Inhalt 1 Einführung 2 Optimierungspotenzial bei neuen Generationen von Klimaanlagen 3 Klimabilanz der Klimaanlagen und Maßnahmen zur Optimierung 4 Ausblick 1 Einführung Strategisches Ziel der europäischen und nationalen Politik ist es, im Sinne nachhaltiger Mobilität mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, da dieser Verkehrsträger eine höhere Sicherheit und eine bessere Umweltfreundlichkeit bietet als andere Verkehrsträger. Schon heute kann die Schiene im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern hinsichtlich des Energieverbrauchs auf eine sehr positive Bilanz verweisen. Neue Technologien, die die vorhandenen Klimasysteme weiterentwickeln, oder die Verwendung alternativer Kältemittel bieten weitere Möglichkeiten, signifikante Einsparungen beim Energieverbrauch und CO 2 - Ausstoß zu erreichen und somit die Umweltfreundlichkeit des Verkehrsträgers Bahn zu verbessern, sowie die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bahnindustrie zu sichern. Weitere Innovationen sind dringend notwendig, da der Einsatz von Klimaanlagen sich ständig verbreitert und damit die Bedeutung und der Einfluss von Klimaanlagen hinsichtlich des Gesamtenenergieverbauches und des Umwelteinflusses des Systems Bahn stetig zunimmt. Positionspapier Ad Hoc Kältemittel - 300108 clear Seite 1 von 5 30.01.2008
Dieses Positionspapier beschreibt die erkannten Potenziale und Handlungsempfehlungen aus Sicht der im Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) organisierten Hersteller von Klimaanlagen. 2 Optimierungspotenzial bei neuen Generationen von Klimaanlagen Die aktuelle öffentliche und politische Klimadiskussion zu den Treibhausgasemissionen sowie den gestiegenen Energiekosten stellt die Hersteller von Klimaanlagen vor neue Herausforderungen. Ziel muss es sein die vorhandenen Lösungen stetig weiterzuentwickeln und somit den spezifischen Beitrag des Systems Klimaanlage zur Umweltbelastung weiter zu reduzieren. Die Bahnindustrie stellt sich den Herausforderungen. Die modernen Klimaanlagen in Schienenfahrzeugen sind heute so ausgelegt, dass sie mit den Hauptfunktionen Kühlen, Heizen und Lüften ganzjährig ein thermisch behagliches Niveau für Fahrgäste und Mitarbeiter schaffen. Klimaanlagen in Schienenfahrzeugen werden ganzjährig betrieben und sind einer der großen Energieverbraucher in den modernen Zügen. Wesentliches Optimierungspotenzial wird bei der Reduzierung des jährlichen Energieverbrauchs sowie bei der Minimierung des Treibhauseinflusses der Kältemittel gesehen. Unter dem Blickwinkel neuer technischer Möglichkeiten wird zielgerichtet an der besseren Umweltverträglichkeit weitergearbeitet. Klimaanlagen kühlen nur durch den Einsatz von Kältemitteln als Energieträger, vergleichbar dem Einsatz von Wasser in einer Heizungsanlage. Bei Klimaanlagen in der Bahnbranche werden aufgrund der vorangegangenen Innovationsschritte Kältemittel in geschlossenen Kreisprozessen eingesetzt, die die O- zonschicht nicht schädigen, wie vorzugsweise R134a und R407C. Diese chemischen Kältemittel zeichnen sich durch ihren hohen energetischen Wirkungsgrad, der guten Handhabbarkeit, einer hohen Verbreitung und Verfügbarkeit aus. Nachteilig ist, dass es sich bei diesen Mitteln um Treibhausgase handelt, die bei Freisetzung in die Atmosphäre zur Klimaerwärmung beitragen, so dass ein weitgehend hermetischer Kältekreislauf mit regelmäßigen Dichtheitskontrollen und ein Recycling des KM bei Außerbetriebnahme der Anlage erforderlich sind. Im Vergleich zu anderen mobilen Anwendungen hat die Bahn hier einen sehr guten Stand erreicht. Positionspapier Ad Hoc Kältemittel - 300108 clear Seite 2 von 5 30.01.2008
Als Alternative (weil kein Treibhausgas) ist in den letzten Jahren durch eine spezielle Prozessführung auch der Einsatz von Luft als Kältemittel serienmäßig umgesetzt worden. Luft als Kältemittel ist jedoch nur durch Nutzung einer sehr anspruchsvollen, aus der Luftfahrt abgeleiteten Technologie möglich, deren Einsatz mit entsprechend hohen Investitionskosten verbunden ist. Der Luftprozess hat außerdem den Nachteil, dass eine mit chemischen Kältemitteln vergleichbare Energieeffizienz nicht erreicht wird. Für zukünftige Anlagenkonzepte sind alternative Kältemittel und Prozesse in der Entwicklung, die die Vorteile der beiden oben genannten Prozesstypen vereinen (hoher energetischer Wirkungsgrad, zu vernachlässigender Treibhauseffekt, akzeptable Industriealisierungskosten etc.). 3 Klimabilanz der Klimaanlagen und Maßnahmen zur Optimierung Aufgrund der Tatsache, dass in Deutschland bedingt durch den Energiemix bei der Erzeugung jeder kwh elektrischer Energie ca. 0,6 kg CO 2 emittiert werden, müssen für die ganzheitliche Betrachtung der Klimarelevanz alle Hauptfunktionen der Klimaanlage sowie weitere relevanten Eigenschaften (wie Gewicht) analysiert und berücksichtigt werden In Mitteleuropa z.b. wird beim Betrieb der Anlagen in Bahnfahrzeugen zur Klimatisierung ca. 2/3 der eingesetzten Energie zum Heizen und lediglich 1/3 zum Kühlen verwendet, bei in Deutschland eingesetzten Reisezugwagen liegt der jährliche Energiebedarf bei ca. 60-100 MWh. Daraus errechnet sich pro Fahrzeug eine jährliche CO 2 -Emission von ca. 36-60 t. Alleine für Deutschland mit ca. 10.000 klimatisierten Bahnfahrzeugen bedeutet dieses jährliche CO 2 -Emissionen aus Klimaanlagen von 360-600 kt. Zusätzlich verursachen die derzeit darin eingesetzten chemischen Kältemittel (1 kg Kältemittel R134a entspricht in der Klimabilanz ca. 1.300 kg CO 2 ) bei einer mittleren Füllmenge von 14 kg und einer mittleren Leckage von 7 % p.a. ein CO 2 e (equivalente Klimabelastung) von ca. 13 kt. Der durch Leckagen verursachte CO 2 e liegt damit unter 5 % im Vergleich zum CO 2 e verursacht durch den Energiebedarf für die Klimatisierung. Bezieht man den durch Leckagen verursachten CO 2 e auf den Gesamtenergiebedarf des Schienenfahrzeuges, ergibt sich ein Anteil von unter 1% durch Leckagen verursachter CO 2 e Emissionen an der Gesamtklimabilanz von Schienenfahrzeugen. Positionspapier Ad Hoc Kältemittel - 300108 clear Seite 3 von 5 30.01.2008
Damit wird deutlich, dass energetische Aspekte bei der Umsetzung verschiedener Maßnahmen unbedingt zu berücksichtigen sind und größere Effekte als bei weiterer Leckageminimierung erzielbar sind. Zurzeit stellen sich für die Fachgruppe Energie- und klimatechnische Komponenten (EKK) mehrere Entwicklungsmöglichkeiten bei Klimaanlagen dar, die parallel verfolgt werden müssen. Eine Fokussierung auf einen Weg ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll: 1. Reduzierung des leckagebedingten Treibhauseffekts durch weitere Hermetisierung der bekannten Ausführungen von Kältekreisen. 2. Reduzierung des leckagebedingten Treibhauseffekts durch Einsatz alternativer Kältemittel (z.b. CO 2, HFO 1234yf) 3. Reduzierung des Treibhauseffekts durch Absenkung des Jahresenergieverbrauchs unter Berücksichtigung der Einflussfaktoren, wie z.b.: Wartung, Anlagenkonzept, Auslegungskriterien, Reglungskonzept, Gewicht, Impuls. Dabei ist zu berücksichtigen, dass den einzelnen Entwicklungswegen unterschiedliche Potenziale bei der kurzfristigen Erreichung der Klimaschutzziele unterliegen und die Bahnindustrie insgesamt auch auf die Entwicklungen der Leitbranchen z.b. in der Automobilindustrie angewiesen ist. Zukünftig wird von der Industrie sowohl die Entwicklung von Anlagen mit alternativen Kältemitteln als auch die Umsetzung von Maßnahmen zur rationelleren Energieverwendung weiter vorangetrieben. Die Industrie sieht durch Umsetzung dieser Maßnahmen bei den durch den Betrieb von Klimaanlagen in Schienenfahrzeugen verursachten klimarelevanten Emissionen ein Gesamtreduktionspotenzial von bis zu 30 %. Positionspapier Ad Hoc Kältemittel - 300108 clear Seite 4 von 5 30.01.2008
4 Ausblick Es ist das Ziel dieses Positionspapiers, mittel- und kurzfristig umsetzbare technische Handlungsfelder für die Optimierung von Klimaanlagen aufzuzeigen. Die Industrie sieht die Notwendigkeit, dazu als ersten Schritt einvernehmliche Grundlagen für die Betrachtungsmethoden zu entwickeln, die die Wirksamkeit von Maßnahmen im Hinblick auf das Reduktionspotenzial klimarelevanter Emissionen vergleichbar darstellen. Darauf aufbauend wird es möglich, bestimmte technische Maßnahmen hinsichtlich der Klimarelevanz und der damit verbundenen Kosten-Nutzen-Relation einzeln zu bewerten und zu optimieren. Für die praktische Untermauerung des aufgezeigten Potenzials wird die Durchführung von Feldversuchen, z.b. im Rahmen von speziellen differenzierten Technologieförderprojekten, angeregt. Die FG EKK sieht für die Umsetzung der Maßnahmen die Notwendigkeit, als Partner und Bereitsteller von Testfahrzeugen die DB AG zu gewinnen. Die deutschen Klimaanlagenhersteller erheben für sich den Anspruch auf die Technologieführerschaft. Der Focus richtet sich dabei auf neue, qualitativ hochwertige Produkte, deren höheren Investitionskosten geringere LCC-Kosten gegenüberstehen. Diese Entwicklungen tragen somit dazu bei, den Wettbewerbsvorteil gegenüber Herstellern anderer konkurrierenden Regionen sichern helfen. Aufgrund der Lebensdauer von Schienenfahrzeugen von ca. 30-40 Jahren ist dieser Aspekt von erheblicher Bedeutung und entsprechend zu berücksichtigen. Aus diesem Grunde sollte die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit energieeffizienter Maßnahmen unter LCC-Gesichtspunkten ein wesentlicher Aspekt zukünftiger Forschungsschwerpunkte sein. Dabei muss eine ganzheitliche Betrachtung von der Herstellung bis zum Recycling angestrebt werden. Positionspapier Ad Hoc Kältemittel - 300108 clear Seite 5 von 5 30.01.2008